European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:009OBA00055.21K.0728.000
Spruch:
Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
[1] Bei der Beurteilung der Vertrauensunwürdigkeit im Sinne des § 27 Z 1 letzter Fall AngG kommt es vor allem darauf an, ob für den Dienstgeber vom Standpunkt vernünftigen kaufmännischen Ermessens die gerechtfertigte Befürchtung bestand, dass seine Belange durch den Angestellten gefährdet seien, wobei nicht das subjektive Empfinden des Dienstgebers entscheidet, sondern an das Gesamtverhalten des Angestellten ein objektiver Maßstab anzulegen ist, der nach den Begleitumständen des einzelnen Falles und nach der gewöhnlichen Verkehrsauffassung angewendet zu werden pflegt (RS0029833). Eine bloße Vertrauenserschütterung oder -beeinträchtigung reicht nicht aus. Entscheidend ist, ob das Verhalten des Angestellten objektiv als so schwerwiegend anzusehen ist, dass dem Arbeitgeber eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses auch nur für die Kündigungsfrist nicht mehr zugemutet werden kann (8 ObA 57/03w mwN).
[2] Unter „beharrlich“ iSd § 27 Z 4 zweiter Fall AngG ist die Nachhaltigkeit, Unnachgiebigkeit oder Hartnäckigkeit des in der Dienstverweigerung zum Ausdruck gelangenden, auf die Verweigerung der Dienste beziehungsweise der Befolgung der Anordnung gerichteten Willens zu verstehen. Daher muss sich die Weigerung entweder wiederholt ereignet haben oder von derart schwerwiegender Art sein, dass auf die Nachhaltigkeit der Willenshaltung des Angestellten mit Grund geschlossen werden kann. Nur im ersten Fall bedarf es einer vorangegangenen Ermahnung oder einer wiederholten Aufforderung zur Dienstleistung beziehungsweise Befolgung der Anordnung (RS0029746).
[3] Die Beurteilung, ob im Einzelfall ein – hier von den Vorinstanzen verneinter – Kündigungs- oder Entlassungsgrund verwirklicht wurde, stellt keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO dar, es sei denn, dem Berufungsgericht wäre bei seiner Entscheidung eine auffallende Fehlbeurteilung unterlaufen (RS0106298 [T18]). Das ist hier nicht der Fall.
[4] Die Entscheidung 9 ObA 148/15b führt zu keiner anderen Beurteilung, weil jene Klägerin als Filialleiterin die der Zentrale übermittelten Zeitaufzeichnungen bezüglich einer Mitarbeiterin weisungswidrig nicht vollständig ausgefüllt und ohne Kenntnis der Mitarbeiterin für diese unterschrieben hatte, wodurch im Ergebnis eine Falschangabe über tatsächlich erbrachte Arbeitsleistungen erfolgte. Vergleichbares liegt hier nicht vor.
[5] Die außerordentliche Revision der Beklagten ist daher zurückzuweisen.
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