European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:009OBA00049.19Z.1030.000
Spruch:
Die außerordentliche Revision wird mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
Das Berufungsgericht wies mit dem bekämpften Punkt 2. des Berufungsurteils das Begehren des Klägers auf (Verdienstentgangs-)Rente ab dem Zeitraum 1. 1. 2018 ab. In seiner dagegen gerichteten außerordentlichen Revision bringt der Kläger vor, dass der Beklagte kein ausreichendes Prozessvorbringen zu seiner mangelnden Aktivlegitimation als Geschädigter infolge Legalzession des § 332 ASVG zugunsten des Sozialversicherungsträgers erstattet habe. Eine Vorteilsanrechnung und das Quotenvorrecht seien nicht gleichzusetzen. Damit zeigt er hier keine Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO auf.
1. Allgemein ist die Frage, ob im Hinblick auf den Inhalt der Prozessbehauptungen eine bestimmte Tatsache als vorgebracht anzusehen ist, eine solche des Einzelfalls, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung keine erhebliche Bedeutung im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO zukommt. Auch ob das bisher erstattete Vorbringen so weit spezifiziert ist, dass es als Anspruchsgrundlage hinreicht beziehungsweise wie weit ein bestimmtes Vorbringen einer Konkretisierung zugänglich ist, ist eine Frage des Einzelfalls (RS0042828), sodass ihr – sofern das Berufungsgericht nicht seinen Beurteilungsrahmen überschritten hat – nicht die Bedeutung einer revisiblen Rechtsfrage zukommt. Das ist auch hier nicht der Fall.
2. Richtig ist, dass die Legalzession zugunsten des Sozialversicherungsträgers und dessen Quotenvorrecht (nach der nunmehr einheitlichen Berechnungsmethode) im Direktprozess des Geschädigten gegen den Ersatzpflichtigen nur dann berücksichtigt werden können, wenn in dieser Hinsicht eine Einwendung des Beklagten im erstinstanzlichen Verfahren erhoben worden ist. Der etwaige Mangel der diesbezüglichen Aktivlegitimation des Geschädigten darf nicht schon aufgrund seiner Angaben über Bezüge aus der Sozialversicherung angenommen werden, es wäre denn, dass er – über die allgemeine Vorteilsausgleichung hinaus – in seinem Prozessvorbringen selbst das Quotenvorrecht des Sozialversicherungsträgers zugestanden hat (RS0084869). Ein diesbezüglicher erst im Berufungsverfahren erhobener Einwand ist zufolge des Neuerungsverbots unbeachtlich (RS0041990). Allerdings müssen (in erster Instanz) nur die Tatsachen vorgebracht werden, aus denen sich in rechtlicher Beurteilung der Mangel der Sachlegitimation ergibt (RS0084869 [T2]).
3. Im vorliegenden Fall hat der Kläger selbst nicht nur Angaben über seine Bezüge aus der Sozialversicherung getätigt, sondern sie unter Berücksichtigung eines 50%-igen Mitverschuldens auch der Berechnung seines Klagebegehrens zugrunde gelegt. Dabei folgte er erkennbar der Rechenweise des Sachverständigengutachtens, in dem vom fiktiven Jahresnettobezug die Sozialversicherungsleistungen abgezogen wurden, der Differenzbetrag um die Mitverschuldensquote gekürzt wurde und daraus der entsprechende Bruttoentschädigungsbetrag ermittelt wurde. Das Berufungsgericht sah hier unter Verweis auf die genannte Rechtsprechung ein ausreichendes Tatsachenvorbringen des Klägers als erstattet an, folgte aber der Berufung des Beklagten zur rechnerischen Ermittlung des Verdienstentgangs, bei der nach der Rechtsprechung vom fiktiven Einkommensverlust alle sonstigen dem Geschädigten zugeflossenen adäquaten Leistungen abzuziehen sind, im Weiteren die verbleibende Differenz um die Mitverschuldensquote zu kürzen ist und erst vom so errechneten Betrag die Leistungen der Legalzessionare in voller Höhe in Abzug zu bringen sind (s RS0030508; RS0027370 ua).
Diese Vorgangsweise des Berufungsgerichts, das heißt die Korrektur der rechnerischen Ermittlung des Schadens, ist hier nicht weiter zu beanstanden und stellt insbesondere auch keinen Verstoß gegen das Neuerungsverbot dar, geht es hier doch nur um die richtige Methode der Schadensberechnung (s RS0038824 [T1]). Dem steht auch die vom Kläger ins Treffen geführte Entscheidung 2 Ob 61/02p nicht entgegen. Dort lag dem Verfahren zugrunde, dass jener Kläger in seiner Ausdehnung des Klagebegehrens lediglich auf die „allgemeine Vorteilsausgleichung“ Bezug genommen und die erhaltenen Leistungen auf den Verdienstentgang angerechnet hatte. Zu einer Bezugnahme auf das „Quotenvorrecht des Sozialversicherungsträgers“ war er nicht verhalten, weil er, ausgehend vom Alleinverschulden des Erstbeklagten, die gesamte Nettoverdienstentgangsforderung geltend gemacht hatte. In jener Konstellation wurde daher angenommen, dass es an den Beklagten gelegen gewesen wäre, darauf hinzuweisen, dass im Falle eines angenommenen Mitverschuldens des Klägers (oder einer Mithaftung) das Quotenvorrecht der Sozialversicherung zu berücksichtigen wäre. Davon unterscheidet sich der vorliegende Fall, weil der Kläger hier bei der Ermittlung des Schadens selbst sein Mitverschulden berücksichtigt hatte, womit bei der Schadensberechnung auch ohne entsprechenden Einwand des Beklagten darauf Bedacht genommen werden konnte.
4. Mangels einer Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO ist die außerordentliche Revision des Klägers daher zurückzuweisen.
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