OGH 9ObA34/90

OGH9ObA34/9014.2.1990

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof. Dr. Kuderna als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith und Dr. Bauer sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Heinrich Basalka und Erika Hantschel als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Hildegard P***, Herbergsleiterin, Ardning, Frauenberg 5, vertreten durch Dr. Gottfried Reif, Rechtsanwalt in Judenburg, wider die beklagte Partei Ö***

J***, Wien 1., Helferstorferstraße 4, vertreten durch Dr. Gustav Etzl, Rechtsanwalt in Wien, wegen 117.063 S sA, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 28. September 1989, GZ 7 Ra 62/89-30, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Kreisgerichtes Leoben als Arbeits- und Sozialgericht vom 10. November 1988, GZ 22 Cga 13/88-25, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig der klagenden Partei die mit 6.172,20 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten 1.028,70 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Da die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichtes, wonach keine Grundlagen für die Annahme eines Verzichtes der Klägerin auf Ansprüche aus der Buffetbeteiligung und der Umsatzprovision bestehen, zutreffend ist, genügt es diesbezüglich auf diese Begründung zu verweisen (§ 48 ASGG).

Ergänzend ist auszuführen:

Feststeht, daß im Zusammenhang mit der Übernahme der Führung des Buffets durch das Steirische Jugendherbergswerk - sie oblag zuvor den Herbergseltern auf eigene Rechnung - mit 1. Jänner 1980 vereinbart wurde, daß den Herbergseltern der Entfall der Einkünfte durch eine Beteiligung von 70 % am Erlös der Buffetführung abzugelten war. Der die monatlich hierauf geleisteten Vorschüsse von 600 S übersteigende Betrag war jährlich nach Vorliegen des Gesamtergebnisses abzurechnen. Eine Abrechnung in diesem Sinn wurde für das Jahr 1982 im März 1983 durchgeführt und der sich ergebende Differenzbetrag an die Klägerin ausgezahlt. Daneben stand den Herbergseltern (Vorstandsbeschluß vom 21. März 1974) eine Umsatzprovision von 2 % des Nettoumsatzes zu. Auch hier erfolgte eine monatliche Acontierung; nach Vorliegen des Jahresergebnisses wurde der sich ergebende Differenzbetrag ausgezahlt. Diese Vorgangsweise wurde bis 1981 (Zahlung der Differenz für 1980) beibehalten.

Die beklagte Partei ist in das Dienstverhältnis mit der Klägerin unter Übernahme aller Rechte und Pflichten aus dem (alten) Dienstvertrag eingetreten. Eine ausdrückliche Vereinbarung über eine Abänderung dieser Vertragspunkte kam auch in der Folgezeit nicht zustande. Die beklagte Partei vertritt nun die Auffassung, das Verhalten der Klägerin, die seit mehreren Jahren die ihr begehrten Ansprüche nicht geltend gemacht habe, könne nur dahin ausgelegt werden, daß sie der von der beklagten Partei vorgeschlagenen Änderung des Dienstvertrages, derzufolge diese Leistungen nicht mehr zustehen, zugestimmt habe.

Diese Auffassung ist verfehlt. Das Schweigen auf einen Vertragsantrag hat grundsätzlich nicht die Bedeutung der Annahme; will daher der Arbeitgeber eine vom Arbeitsvertrag abweichende Regelung treffen, so muß er klar und deutlich auf die abweichende Neuregelung hinweisen und die Zustimmung des Arbeitnehmers zu dieser Maßnahme einholen. Nur unter besonderen Umständen kann "Stillschweigen", das auf die Willenserklärung eines anderen folgt, als Zustimmung und Annahme nur gewertet werden, wenn der Nichtzustimmende nach dem Gesetz, nach der Verkehrssitte oder nach Treu und Glauben hätte reden müssen, der andere Teil also nach den Umständen diesem Stillschweigen keine andere Bedeutung als die der Zustimmung beilegen konnte (Martinek-Schwarz AngG6, 121; Arb 9776). Im widerspruchslosen Hinnehmen einer vertraglichen Herabsetzung des Entgelts allein kann jedoch eine stillschweigende Zustimmung des Arbeitnehmers zur Änderung seiner Arbeitsbedingungen nicht erblickt werden, da vom Arbeitnehmer im Hinblick auf seine persönliche Abhängigkeit und wirtschaftliche Lage in der Regel eine solche Willenserklärung nicht zu erwarten ist (Martinek-Schwarz aaO; 564 f mwH; 4 Ob 98/73). Ein stillschweigender Verzicht des Arbeitnehmers kann nur dann angenommen werden, wenn in der späteren Geltendmachung ein Verstoß gegen Treu und Glauben liegt (Arb 8788). Ein solcher Verstoß kann aber nicht darin erblickt werden, daß die Klägerin nunmehr Ansprüche erhebt, die sie in der Vergangenheit nicht geltend machte. Darüber hinaus liegt aber kein Verhalten der Klägerin vor, das die Annahme eines Verzichtes rechtfertigen könnte. Der Hinweis der beklagten Partei, die Klägerin habe insgesamt eine Verbesserung ihrer Gehaltssituation erfahren und durch die Annahme der erhöhten Bezüge dem vorgeschlagenen Gehaltsschema, das die hier begehrten Leistungen nicht mehr vorgesehen habe, zugestimmt, geht fehl. Die Erhöhung der Bezüge der Klägerin ging kaum über die allgemein üblichen Gehaltserhöhungen hinaus und es hätte sich bei Anwendung des neuen Gehaltsschemas, wie sich unter Berücksichtigung der hier geltend gemachten Forderungen ergibt, gegenüber dem Dienstvertrag eine beträchtliche Verschlechterung ergeben. Dies spricht aber eher gegen als für die Annahme einer Zustimmung der Klägerin zum Anbot der beklagten Partei.

Die Buffetbeteiligung wurde nicht für die Arbeitsleistung bei Führung des Buffets, sondern als Äquivalent für den Entfall der Einnahmen aus dem früher von den Herbergseltern auf eigene Rechnung geführten Buffetbetrieb gewährt. Sie stand daher unabhängig davon zu, ob allenfalls die Agenden des Buffets im weiteren Verlauf von anderen Dienstnehmern der beklagten Partei geführt wurden. Soweit die beklagte Partei aus der Tatsache, daß Franz M*** ab Sommer 1984 in der Jugendherberge Röthelstein tätig war, eine Minderung der Ansprüche der Klägerin abzuleiten versucht, weicht sie von der Feststellung ab, daß Franz M*** nicht Herbergsvater war, sondern ihm ein anderes Aufgabengebiet zugewiesen worden war, sodaß auch nach seiner Einstellung der Anspruch der Klägerin als Herbergsleiterin auf Zahlung der Buffetbeteiligung und der Umsatzprovision ungeschmälert weiterbestand.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.

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