OGH 9ObA26/94

OGH9ObA26/9416.3.1994

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Klinger als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Maier und Dr.Petrag sowie die fachkundigen Laienrichter Dr.Christian Kleemann und Thomas Mais als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Gertraud K*****, Angestellte,***** vertreten durch Dr.Georg Grießer und Dr.Roland Gerlach, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei M*****Gesellschaft mbH,***** vertreten durch Mag.DDr.Ingeborg Schäfer-Guhswald, Rechtsanwältin in Wien, wegen Kündigungsanfechtung (Streitwert S 1,215.000), infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 3.November 1993, GZ 32 Ra 130/93-13, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 25.Juni 1993, GZ 5 Cga 61/93-6, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Rekurskosten sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Das Berufungsgericht hat die entscheidenden Rechtsfragen der Anfechtbarkeit einer Motivkündigung (§ 105 Abs 3 Z 1 ArbVG iVm § 105 Abs 6 ArbVG) und der Anfechtbarkeit einer Kündigung wegen Sittenwidrigkeit zutreffend gelöst. Es reicht daher insofern aus, auf die Richtigkeit der Begründung der angefochtenen Entscheidung hinzuweisen (§ 48 ASGG).

Ergänzend ist den Ausführungen der Revisionswerberin entgegenzuhalten, daß die Anfechtung einer Motivkündigung gemäß § 105 Abs 6 ArbVG auch dann zulässig ist, wenn der Betriebsrat der Kündigung zugestimmt hat. Soweit das Berufungsgericht das Bescheinigungsverfahren im Sinne des § 105 Abs 5 ArbVG noch für ergänzungsbedürftig hält, kann den Ergänzungsaufträgen, da der Oberste Gerichtshof keine Tatsacheninstanz ist, nicht entgegengetreten werden.

Richtig ist, daß hinsichtlich der Beschlußfassung des Betriebsrats von der Klägerin allfällige relative Nichtigkeitsgründe nicht geltend gemacht werden können; dazu fehlt ihr die Klagelegitimation. Lag hingegen ein absoluter (formeller oder materieller) Nichtigkeitsgrund vor, wäre kein rechtswirksamer Betriebsratsbeschluß zustande gekommen (vgl Floretta, Das "Sperrecht" des Betriebsrats im Lichte der jüngsten VfGH-Erkenntnisse, WBl 1987, 77 ff, 80; Schwarz-Löschnigg, ArbR4 406; DRdA 1991/13 [zustimmend Binder]). Insoweit ist auch das Vorbringen der Klägerin beachtlich, daß der Betriebsrat in Schädigungsabsicht (um der Klägerin eine Kündigungsanfechtung abzuschneiden) bei der neuerlichen Kündigung (mit dem Betriebsinhaber) "mitgespielt" habe (vgl WBl 1987, 102). Im Falle der Kollusion wäre, wie das Berufungsgericht richtig erkannte, das Vertrauen der beklagten Partei auf das ordnungsgemäße Zustandekommen des Betriebsratsbeschlusses nicht mehr schutzwürdig. Die Kündigung könnte wie im Fall des Stillschweigens des Betriebsrats angefochen werden. Wie der Oberste Gerichtshof bereits entschieden hat, ist bei einer gravierenden Verletzung rechtlich geschützter Interessen, soweit nicht ohnehin die Regelungen der §§ 105 Abs 3 Z 1 und 130 Abs 4 ArbVG eingreifen, auch eine Berufung auf § 879 ABGB möglich und zulässig, so daß der Kündigung auch der Einwand der Sittenwidrigkeit entgegengehalten werden kann (vgl WBl 1994, 55 mwH). In diesem Zusammenhang ist der Hinweis des Berufungsgerichtes auf eine bisherige Rechtsprechung überholt. Zur Frage der allfälligen Sittenwidrigkeit der Kündigung fehlt es aber an jeglichen Feststellungen, so daß sich nähere Ausführungen dazu erübrigen.

Die Kostenentscheidung ist im § 52 ZPO (§ 58 Abs 1 ASGG) begründet.

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