Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 3.397,35 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 308,85 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger war vom 1. März 1987 bis 2. Juni 1987 bei der Beklagten als reisender Vertreter beschäftigt.
Der Kläger begehrt die Zahlung eines Betrages von 70.923 S brutto sA an Kündigungsentschädigung, anteiligen Sonderzahlungen und Urlaubsentschädigung. Er sei von der Beklagten ungerechtfertigt entlassen worden. Er habe dem Geschäftsführer der Beklagten am Entlassungstag mitgeteilt, daß ihm für die Zeit vom 7. bis 28. Juli 1987 ein Kuraufenthalt in Bad Schallerbach bewilligt worden sei. Da der Kläger die von der Beklagten verlangte Verschiebung des Kuraufenthaltes abgelehnt habe, sei er entlassen worden. Die Beklagte beantragte Abweisung des Klagebegehrens. Der Kläger habe vom Kuraufenthalt bereits seit 20. März 1987 gewußt. Auf den Hinweis der Beklagten, daß dadurch die Urlaubseinteilung völlig durcheinander gebracht werde, habe der Kläger erklärt, er könne seinen Kuraufenthalt nicht verschieben. Der Kläger habe das Gespräch schließlich mit seinem vorzeitigen Austritt beendet. Das Erstgericht gab der Klage statt und stellte folgenden Sachverhalt fest:
Am 2. Juni 1987 besprach der Kläger mit dem Geschäftsführer der Beklagten, Karl S***, verschiedene Geschäftsagenden und übergab ihm Verkaufsunterlagen. Als Karl S*** den Kläger aufforderte, er möge ihm Bestätigungen über den Verkauf von Vorverkaufsartikeln zeigen, der Kläger aber keine Belege vorweisen konnte, kam es zu einer Debatte, die dadurch heftiger wurde, daß der Kläger Karl S*** ein Schreiben der Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten vom 19. März 1987 über die Bewilligung eines Kuraufenthaltes vom 7. Juli bis 28. Juli 1987 vorlegte. Damals waren bereits alle Urlaubsvereinbarungen getroffen. Der bewilligte Kuraufenthalt des Klägers fiel mit der Urlaubszeit des von ihm zu vertretenden Angestellten Otto J*** zusammen. Als dieser die Überschneidung mit seinem Urlaubstermin bestätigte, fragte Karl S*** den Kläger neuerlich, ob er seinen Kurtermin nicht verschieben könne; der Kläger lehnte dieses Ansinnen mit Vehemenz ab, wobei er auch die Worte "dann gehe ich" verwendete. Bei dieser Auseinandersetzung wurde dem Kläger vorgehalten, daß er der Beklagten den Kurtermin, von dem er schon seit März wußte, zu spät bekannt gegeben habe. Karl S*** faßte die Erklärung "dann gehe ich" wörtlich auf, stellte sich innerlich darauf ein, die für den nächsten Tag geplante Tour zu übernehmen und verneinte die die Auseinandersetzung beendende Frage des Klägers, ob er morgen auf Tour fahren müsse, mit dem Hinweis "Sie gehen". Der Kläger begab sich daraufhin wutentbrannt zum Auto, um die Schlüssel abzugeben, und ließ sich von seiner Frau abholen.
Das Erstgericht vertrat die Rechtsauffassung, daß die Erklärung des Klägers "dann gehe ich" nicht isoliert zu beurteilen sei; berücksichtige man, daß der Kläger danach gefragt habe, ob er am morgigen Tag auf Tour fahren solle, dann habe seinem Gesprächspartner klar sein müssen, daß der Kläger mit der vorangehenden Erklärung das Arbeitsverhältnis nicht beenden wollte. Die Verneinung dieser Frage mit dem Hinweis "Sie gehen" sei allerdings eine jeden Zweifel ausschließende Entlassungserklärung. Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil, übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes und vertrat die Rechtsauffassung, daß der Kläger nach seiner Äußerung "dann gehe ich" sofort und für den Geschäftsführer der Beklagten erkennbar zum Ausdruck gebracht habe, daß er sein Arbeitsverhältnis nicht auflösen wollte. Dem Erstgericht sei darin beizupflichten, daß erst die abschließende Äußerung des Geschäftsführers der Beklagten "Sie gehen" als einseitige Auflösung zu werten sei. Mit dem Einwand, den Kläger treffe an der Entlassung das überwiegende Verschulden, weil er die Entlassungserklärung des Geschäftsführers der Beklagten provoziert habe, die Ansprüche des Klägers seien daher gemäß § 32 AngG mit höchstens 20.000 S brutto zu begrenzen, mache die im Verfahren erster Instanz durch eine qualifizierte Person vertretene Beklagte eine unzulässige Neuerung geltend. Im übrigen sei dem Kläger ein als Mitverschulden zu qualifizierendes Verhalten nicht anzulasten. Seine Erklärung "dann gehe ich" sei als Reaktion auf die vom Geschäftsführer der Beklagten mehrfach verlangte Verlegung der bewilligten Kur anzusehen, die der Geschäftsführer im Hinblick auf die unmittelbar danach bekundete Arbeitsbereitschaft nicht habe ernst genommen werden dürfen. Das Verhalten des Klägers könne nicht als schuldhafte Mitwirkung am Zustandekommen der unberechtigten Entlassung angesehen werden.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der beklagten Partei aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne einer Abweisung des Klagebegehrens abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die klagende Partei beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
Zutreffend haben die Vorinstanzen die Erklärung des Klägers "dann gehe ich" angesichts der unmittelbar danach und jedenfalls vor Abschluß des Gespräches gestellten Frage, ob er morgen auf Tour fahren müsse, nicht als Austrittserklärung gewertet. Daraus, daß in den Entscheidungen Arb. 9.217 und Ind 1977/2, 1031 die Äußerung des Arbeitnehmers, er gehe, als Austrittserklärung gewertet wurde, kann die Revisionswerberin für ihren Standpunkt nichts gewinnen, weil diese Erklärung in beiden Fällen am Schluß des Gespräches fiel und die Auflösungsabsicht durch das sofortige Verlassen des Arbeitsplatzes überdies noch verstärkt bekundet wurde. Soweit die Revisionswerberin ins Treffen führt, nach der vom Obersten Gerichtshof gemäß § 48 ASGG gebilligten Rechtsansicht des Berufungsgerichtes in RdW 1988, 326, sei das der Willenserklärung des Austretenden folgende Verhalten der Parteien für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses ohne Bedeutung, ist ihr zu erwidern, daß auch in diesem Fall der Arbeitnehmer unmittelbar nach seiner Austrittserklärung den Betrieb verließ und die gegenüber seinem Vorgesetzten abgegebene Austrittserklärung erst zu einem Zeitpunkt zu widerrufen versuchte, als sie bereits an dem vom Arbeitgeber bevollmächtigten Personalchef weitergeleitet worden war. Zum Abschluß der von der Revisionswerberin zitierten Entscheidung findet sich hingegen der auf den vorliegenden Fall anzuwendende Rechtssatz, daß der Widerruf der Austrittserklärung nur mit Zustimmung des anderen möglich ist, es sei denn, daß der Widerruf der Lösung im Zuge einer sich an diese unmittelbar anschließenden Auseinandersetzung sofort nachfolgt. Verhält sich - wie im vorliegenden Fall - der die Auflösung mündlich erklärende Vertragspartner angesichts des sogleich hinzugefügten Widerrufs so widersprüchlich, daß seinem Verhalten kein objektiver Erklärungswert im Sinn der Ausübung eines sofortigen Lösungsrechtes beigemessen werden kann, kommt die Auflösungserklärung von vorneherein nicht gültig zustande (siehe Krejci in Rummel ABGB § 1162 Rz 167). Da im Hinblick auf den zugleich hinzugefügten Widerruf gar keine ernstliche Erklärung des Klägers, das Arbeitsverhältnis zu lösen, vorlag, kann entgegen der Ansicht der Revisionswerberin die das Gespräch abschließende Erklärung des Geschäftsführers der Beklagten "Sie gehen" nicht als Zustimmung zur Erklärung des Klägers gewertet werden; diese Erklärung ist vielmehr, wie die Vorinstanzen richtig erkannt haben, als (einseitige) Entlassungserklärung zu werten. Zu Unrecht rügt die Revisionswerberin auch, daß das Berufungsgericht die Ansprüche des Klägers nicht gemäß § 32 AngG gemindert habe. Selbst wenn man davon absieht, daß die Beklagte gar nicht behauptet hat, ihre Entlassungserklärung sei durch das Verhalten des Klägers veranlaßt worden, zumal sie eine Entlassung überhaupt in Abrede stellt und man auch darauf Bedacht nimmt, daß dann, wenn eine Entlassung mangels der Tatbestandsvoraussetzungen ungerechtfertigt ist, die Culpa-Kompensation nicht dazu dient, die den Arbeitgeber wegen der ungerechtfertigten Entlassung treffenden Rechtsfolgen zu mindern (vgl. Kuderna aaO 51 f; Arb. 10.222 sowie Pfeil, Die Mitverschuldensregel bei vorzeitiger Auflösung des Arbeitsverhältnisses, WBl 1987, 176 f), ist dem Berufungsgericht jedenfalls darin beizupflichten, daß im Hinblick darauf, daß der Kläger seine offenbar unbedachte Äußerung "dann gehe ich" sofort widerrief und sich um Klarstellung des aufrechten Bestehens des Arbeitsverhältnisses bemühte, indem er seine Arbeitsbereitschaft zum Ausdruck brachte, eine Provokation und damit ein nennenswertes Verschulden des Klägers am Zustandekommen der Entlassung nicht angenommen werden kann, sodaß eine Minderung der Ansprüche des Klägers nach § 32 AngG nicht gerechtfertigt wäre (vgl. auch ARD 3846, 5).
Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.
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