Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die Beklagte ist schuldig, dem Kläger die mit S 3.397,35 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (davon S 308,85 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Streitteile sind seit 19. Mai 1979 verheiratet. Die Beklagte ist Zahnärztin. Der Kläger war bei ihr seit 1. Februar 1979 - mit einer strittigen Unterbrechung vom 1. November 1980 bis 31. Mai 1981 - angestellt. Das Dienstverhältnis wurde mit 12. November 1984 einvernehmlich aufgelöst.
Gegenstand des Revisionsverfahrens sind nicht mehr die vom Kläger aus diesem Dienstverhältnis geltend gemachten restlichen Bezüge von S 70.383,-- netto sA, sondern die von der Beklagten erhobene Gegenforderung in Höhe von 3 Millionen S, zu der sie mit Schriftsatz ON 3 nur vorbrachte, daß der Kläger als ihr Angestellter ihr Geld verwaltet und ihr hiebei einen Schaden in dieser Höhe zugefügt habe. Als Beweismittel für dieses Vorbringen bezeichnete die Beklagte den Akt 24 Cg 359/86 des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz und zwei Zeugen. Bei der Erörterung des Schriftsatzes ON 3 in der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 20. März 1987 erklärte der Beklagtenvertreter, derzeit kein weiteres Vorbringen erstatten zu können. Zuletzt beantragte die Beklagte noch die Einholung eines Sachverständigengutachtens darüber, daß ihr der Kläger während seiner Tätigkeit als Angestellter einen Schaden in der Höhe zwischen 2 und 3 Millionen S zugefügt habe.
Der Kläger erwiderte, daß die Ehe der Streitteile zumindest dem Bande nach noch aufrecht sei und es sich bei der erhobenen Gegenforderung um einen Aufteilungsanspruch (nach § 81 ff EheG) handle.
Das Erstgericht sprach dem Kläger an restlichem Gehalt samt anteiligen Sonderzahlungen und Abfertigung den begehrten Betrag von S 70.383,-- netto sA zu. Die Gegenforderung wies es als nicht entsprechend substantiiert ab; es sei nicht einmal die Aufrechnungseinrede erhoben worden.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten teilweise Folge. Es verurteilte sie - von einer Unterbrechung des Dienstverhältnisses zwischen 1. November 1980 und 31. Mai 1981 ausgehend - nur zur Zahlung von S 51.903,85 netto sA und wies das Mehrbegehren von S 18.479,15 netto sA sowie die Einrede der Aufrechnung der Klagsforderung mit einer Gegenforderung von 3 Millionen S ab. Zur sachlichen Behandlung der Gegenforderung fehle es an genügend substantiierten Prozeßbehauptungen. Das Vorbringen der Beklagten lasse lediglich erkennen, daß sie aus der Dienstnehmerhaftung des Klägers einen Schadenersatzanspruch ableite. Sie habe es unterlassen, das konkrete haftungsbegründende Verschulden des Schädigers kurz und vollständig anzugeben und nur rechtliche Qualifikationen (Schadenszufügung als angestellter Vermögensverwalter) behauptet. Die Beklagte beantrage lediglich Ausforschungsbeweise, durch deren Aufnahme das Gericht erst herausfinden solle, welche Schäden der Beklagten durch welches konkrete Verhalten des Klägers entstanden seien. Eine solche Beweisführung sei unzulässig. Das Erstgericht sei daher auf die Gegenforderung mit Recht nicht sachlich eingegangen. Die Beklagte erhebt Revision wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung. Sie beantragt, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, daß das Klagebegehren abgewiesen werde. Hilfsweise stellt sie einen Aufhebungsantrag sowie den Antrag, der zweiten Instanz aufzutragen, das Verfahren bis zur rechtskräftigen Beendigung des gegen den Kläger eingeleiteten Strafverfahrens zu unterbrechen.
Der Kläger beantragt, der Revision der Beklagten nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
Gemäß § 226 Abs 1 ZPO sind in der Klage die Tatsachen, auf welche sich der Anspruch des Klägers in Haupt- und Nebensachen gründet, im einzelnen kurz und vollständig anzugeben und ebenso die Beweismittel im einzelnen genau zu bezeichnen, deren sich der Kläger zum Nachweis seiner tatsächlichen Behauptung bei der Verhandlung zu bedienen beabsichtigt. Es besteht somit im österreichischen Recht die Pflicht zur Substantiierung der Klage; alle rechtserheblichen, also für die Schlüssigkeit des Klagebegehrens erforderlichen Tatsachen müssen vollständig vorgetragen werden (Fasching III 21;
derselbe LB Rz 1038 bis 1040, 490 ff, JBl. 1965, 151; JBl. 1974, 46;
SZ 54/7 uva). Dieselbe Pflicht trifft gemäß § 243 Abs 2 ZPO den Beklagten bezüglich seiner Einwendungen gegen das Klagebegehren (JBl. 1972, 478). Das Erfordernis der hinreichenden Substantiierung (Konkretisierung) des Anspruchs besteht daher in gleicher Weise für dessen Geltendmachung durch Klage und Einrede (ZVR 1976/54). Wendet der Beklagte eine Gegenforderung ein, so muß er deren Rechtsbestand ebenfalls durch kurze und vollständige Anführung der Tatsachen, auf die sich dieser (Gegen-)anspruch gründet, angeben und die hiefür beantragten Beweismittel bezeichnen (vgl. MietSlg 33.628). Das Vorbringen rechtlicher Qualifikationen allein reicht nicht aus (vgl. Fasching III 36 f). Das Vorbringen der Beklagten zur Aufrechnungseinrede entspricht, wie die zweite Instanz zutreffend erkannte, nicht den einschlägigen Vorschriften der ZPO. Die bloße Behauptung einer Schadenszufügung durch den Kläger in seiner Eigenschaft als angestellter Vermögensverwalter reicht nicht aus. Das Vorbringen der Beklagten läßt alle tatsächlichen Angaben darüber vermissen, durch welche Handlungen, insbesondere Vermögenstransaktionen oder -machinationen der Kläger die Beklagte geschädigt haben soll. Die doppelte Rechtsstellung des Klägers - er war nicht nur Angestellter der Beklagten, sondern lebt mit ihr noch in aufrechter Ehe - machte konkrete Behauptungen darüber erforderlich, in welcher Form der Beklagte als Angestellter rechtswidrig gehandelt hat und daß nicht etwa nur eine der Gestaltung der konkreten ehelichen Lebensgemeinschaft widersprechende Verringerung ehelichen Gebrauchsvermögens oder ehelicher Ersparnisse (vgl. § 91 Abs 2 EheG) ohne Verstoß gegen den Dienstvertrag vorliegt. Die bloße Anführung von Beweismitteln, durch deren Aufnahme das Gericht erst selbst herausfinden müßte, durch welches konkrete Verhalten des Klägers die Beklagte rechtswidrig geschädigt wurde, reicht zur Konkretisierung der Gegenforderung nicht aus, weil dies auf einen unzulässigen Erkundungsbeweis hinausliefe (2 Ob 3/77; 1 Ob 578/86 ua).
Der Revision, die die von der Beklagten in erster Instanz nur unzureichend behauptete Schädigung durch Malversationen des Klägers als erwiesen unterstellt und sich auf unzulässige, erst in zweiter Instanz vorgebrachte Neuerungen stützt, muß daher ein Erfolg versagt werden.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 41, 50 ZPO.
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