OGH 9ObA2139/96s

OGH9ObA2139/96s10.7.1996

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Klinger als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Maier und Dr.Steinbauer sowie die fachkundigen Laienrichter Mag.Erich Deutsch und Dr.Gerhard Dengscherz als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Roland K*****, Gebietsleiter, ***** vertreten durch Dr.Georg Grießer und Dr.Roland Gerlach, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei ***** Versicherung AG, ***** vertreten durch Dr.Thomas Stampfer und Dr.Christoph Orgler, Rechtsanwälte in Graz, wegen Kündigungsanfechtung, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 8.März 1996, GZ 7 Ra 6/96w-12, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 19.September 1995, GZ 12 Cga 154/95v-6, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 13.725,-- bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 2.287,50 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Das Berufungsgericht hat zutreffend die Stellungnahme des Betriebsrates, daß gegen die Kündigung des Klägers keinerlei Einwände bestehen, als ausdrückliche Zustimmung gewertet, sodaß es insoweit ausreicht, auf die Ausführungen in der angefochtenen Entscheidung hinzuweisen (§ 48 ASGG).

Ergänzend ist anzumerken:

Die Stellungnahme des Betriebsrates im Sinne des § 105 Abs 4 ArbVG ist eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung (Floretta/Strasser Kommentar zu ArbVG 663) und ist gegenüber dem Betriebsinhaber abzugeben (Cerny/Haas-Laßnigg/Schwarz, ArbVG III, 200; Arb 9.449). Die Beurteilung des Inhaltes einer solchen Erklärung, für die keine bestimmte Form als Rechtswirksamkeitsvoraussetzung vorgeschrieben ist (Floretta/Strasser aaO, 667; Cerny ua aaO, 202; Arb 9.449) richtet sich danach, wie die Erklärung objektiv unter Würdigung der dem Betriebsinhaber bekannten Umstände nach Treu und Glauben unter Würdigung der Verkehrssitte aufgefaßt werden muß (Floretta/Strasser aaO, 667). Allein auf den subjektiven Empfängerhorizont des Betriebsinhabers oder des Arbeitnehmers, der nicht einmal Erklärungsempfänger ist, kommt es ebenso wenig an, wie darauf, welche nicht geäußerten Motive oder Vorbehalte den Betriebsrat bei seiner Stellungnahme leiteten. Klar und eindeutig muß die Stellungnahme aber zum Ausdruck bringen, ob der Kündigung widersprochen oder zugestimmt wird (Floretta/Strasser aaO, 660; Cerny ua aaO, 202, 247; Arb 10.110). Auf die Wortwahl kommt es allerdings nicht an, sodaß die Worte "Widerspruch" oder "Zustimmung" nicht genannt werden müssen (Floretta/Strasser aaO, 667). Nur Stellungnahmen, die keinen eindeutigen Erklärungsinhalt wiedergeben, sind dem Stillschweigen gleichzusetzen (Eypeltauer, Zum Begriff der Stellungnahme in § 105 Abs 2 Satz 2 ArbVG; RdW 1988, 426).

Aus der schriftlichen Stellungnahme des Betriebsrates, daß keinerlei Einwände gegen die Kündigung bestehen, ist auch unter dem Aspekt einer hohen Anforderung an die Eindeutigkeit oder Klarheit einer solchen Stellungnahme des Betriebsrates nichts anderes als eine ausdrückliche Zustimmung zur Kündigung zu verstehen. Da bereits die wörtliche Auslegung des Wortsinnes der Stellungnahme zu einem eindeutigen völlig unzweifelhaften Ergebnis führt und die dem Erklärungsgegner objektiv erkennbare Absicht des Betriebsrates wiedergibt, bedurfte es keiner weiteren Auslegungsmittel (Koziol/Welser, Grundriß10, 91 mwN; ÖBA 1992, 743 [Apathy]). Aus der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes (infas 1985 A 92) läßt sich kein verallgemeinerungsfähiges Argument für das Vorliegen einer undeutlichen Erklärung des Betriebsrates im vorliegenden Fall gewinnen, weil dort die Kündigung vom Betriebsrat kommentarlos zur Kenntnis genommen und keine Stellungnahme abgegeben wurde. Lediglich dem gekündigten Dienstnehmer wurde vom Betriebsrat eine Urkunde ausgestellt, in der bestätigt wurde, daß der Kündigung nicht zugestimmt wurde, was aber keine dem Betriebsinhaber gegenüber abgegebene Stellungnahme bedeutet und daher nicht als ausdrücklicher Widerspruch angesehen werden konnte.

Auch der Wortlaut der der Entscheidung des Einigungsamtes Linz (Arb 10.110) zugrunde liegenden Erklärung, "das der Betriebsrat keine Veranlassung sehe, oben stehende Kollegen aus Arbeitsmangel zu kündigen. Da sich die OKA laut Kooperationsvertrag verpflichtet hat, für sämtliche Arbeitnehmer der Firma H. Arbeitsaufträge zu gewährleisten. Vielmehr sollte ein Gespräch mit der OKA angestrebt werden, um den Arbeitsmangel zu beseitigen", läßt sich mit der im Gegensatz hiezu eindeutigen Erklärung des Betriebsrates im vorliegenden Fall nicht vergleichen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 Abs 1 ZPO in Verbindung mit § 58 Abs 1 ASGG.

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