OGH 9ObA185/00x

OGH9ObA185/00x20.9.2000

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Steinbauer und Dr. Spenling sowie die fachkundigen Laienrichter MR Dr. Werner Hartmann und Rat DI Werner Conrad als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Parteien 1. Stefan G*****, Angestellter, ***** 2. Stefan G*****, Angestellter, ***** beide vertreten durch Mag. Wolfgang Kleinhappel, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei V***** reg. Genossenschaft mbH, ***** vertreten durch Weiss-Tessbach Rechtsanwälte OEG in Wien, wegen 1. S 553.019,97 brutto sA und 2. S 1,013.303,29 brutto sA, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 29. März 2000, GZ 8 Ra 29/00v-40, womit über Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Korneuburg als Arbeits- und Sozialgericht vom 15. Oktober 1999, GZ 7 Cga 139/97t-35, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, den klagenden Parteien die mit S 26.679,47 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 4.446,58 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Das Berufungsgericht hat die Rechtzeitigkeit des Ausspruches der Entlassung zutreffend verneint. Es reicht daher aus, auf die Richtigkeit der Begründung der Entscheidung der Vorinstanzen hinzuweisen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Den Revisionsausführungen ist Folgendes entgegenzuhalten:

Das Berufungsgericht hat die Rechtsansicht des Erstgerichtes, dass die Entlassung verspätet ausgesprochen worden ist, ohne weitere darauf Bezug nehmende Ausführungen geteilt (§ 500a ZPO). Diese Auffassung ist richtig, sodass zu seiner weiteren Rechtsansicht, dass auch kein Entlassungsgrund vorliege, nicht mehr Stellung genommen werden muss. Die Verletzung des Grundsatzes der Unverzüglichkeit der Entlassung führt nämlich zum Untergang des Entlassungsrechts unabhängig davon, ob die Entlassung ansonsten gerechtfertigt wäre oder nicht (9 ObA 23/99v).

Nach den Feststellungen der Vorinstanzen ergaben sich in der Zeit zwischen der entscheidenden Generalversammlung und dem Ausspruch der Entlassung keine neuen Aspekte, sondern hat die Beklagte nach Kenntnis der von ihr zur Entlassung herangezogenen Gründe (19. 3. 1997) die Entlassung erst mit dem den Klägern am 25. 3. 1997 zugekommenen Entlassungsschreiben ausgesprochen, ohne den Klägern die Entlassung nach der Generalversammlung zumindest in Aussicht zu stellen oder von der Notwendigkeit des Ergebnisses weiterer Erhebungen abhängig zu machen. Den Klägern wurde lediglich eine Überlegungsfrist "bis zum nächsten Arbeitstag", nicht jedoch zur Stellungnahme zu einem Entlassungsgrund eingeräumt, sondern ob sie jetzt "einvernehmlich auflösen" wollen oder ob sie "gekündigt" werden wollen.

Die Dienstfreistellung der Kläger erfolgte nicht zur Klärung der tatsächlichen oder rechtlichen Voraussetzungen für einen Entlassungsausspruch und war daher auch nicht von ihnen als vorläufige Maßnahme zur Vorbereitung einer Entlassung erkennbar (Kuderna Entlassungsrecht2 16, 28). Nur wenn dem Dienstnehmer erkennbar ist, dass sein Verhalten die schwerwiegende Folge der Entlassung nach sich ziehen kann und nur noch Abklärungen der Sach- und Rechtslage erforderlich sind, kann aus dem Zeitablauf allein nicht auf einen Verzicht auf die Ausübung des Entlassungsrechtes geschlossen werden (Arb 11.378, 11.475).

Die den Klägern am 25. 3. 1997 zugekommenen Entlassungserklärungen waren daher aufgrund des Vorverhaltens der Beklagten überraschend. Anhaltspunkte dafür, dass das Zuwarten mit der Entlassung eine sachliche Rechtfertigung hatte (RIS-Justiz RS0029273; Arb 10.779) hat die beklagte Partei nicht nachgewiesen, sodass die Kläger sogar davon ausgehen konnten, dass die Androhung bloß einer Kündigung und nicht einer Entlassung einen Verzicht des Dienstgebers auf die Geltendmachung des ihm zu diesem Zeitpunkt bekannten Sachverhaltes, den er später als Entlassungsgrund heranzog, darstellte (vgl RIS-Justiz RS0029226).

Die Revision entfernt sich von der Sachverhaltsgrundlage, soweit sie die Rechtfertigung des Zuwartens mit dem Ausspruch der Entlassung in einer unklaren Rechtslage und den unklaren Hintergründen nach der Generalversammlung sieht. Nach den Feststellungen war im Rundschreiben des Zweitklägers lediglich die Rechtsgültigkeit der Abwahl der Anna Maria Sch***** strittig, was aber keinen Hinweis für die Aufklärungsbedürftigkeit des der Beklagten bekannten klägerischen Verhaltens in Bezug auf einen Entlassungsgrund abgibt.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 Abs 1 ZPO.

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