OGH 9ObA183/92

OGH9ObA183/922.9.1992

Der Oberste Gerichtshof hat in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Kuderna als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Gamerith und Dr.Petrag als weitere Richter sowie durch die fachkundigen Laienrichter Mag.Erich Deutsch und Margarete Heidinger in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei H*****B*****, Pensionist, *****vertreten durch *****Rechtsanwalt *****wider die beklagte Partei Wohlfahrtseinrichtung für Arbeiter und Angestellte der S*****GesmbH, *****vertreten durch *****Rechtsanwälte *****, wegen 7.449 S sA und Feststellung (Streitwert 20.628 S), infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 5.Mai 1992, GZ 12 Ra 43/92-17, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Linz als Arbeits- und Sozialgericht vom 15.November 1991, GZ 15 Cga 77/91-13, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben und in der Sache selbst erkannt:

"Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 3.017,24 S bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens (darin 503,04 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen."

Die klagende Partei ist ferner schuldig, der beklagten Partei die mit 5.423,04 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 603,84 S Umsatzsteuer und 1.800 S Barauslagen) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die S*****AG war bis zum Jahre 1983 Arbeitgeberin des Klägers. Dieses Arbeitsverhältnis endete im April 1983 durch einvernehmliche Auflösung. Gleichzeitig wurde der Kläger in ein Arbeitsverhältnis mit der S*****GesmbH (im folgenden: S*****) mit gleichen Rechten und Pflichten unter Anrechnung der Vordienstzeiten übernommen. Über das Vermögen der S*****, einer 100 %igen Tochtergesellschaft der S*****AG, wurde der Konkurs eröffnet.

§ 5 der Satzung der beklagten Partei lautet:

"Leistungsanspruch

Ein Rechtsanspruch der Leistungsempfänger auf die Unterstützungsleistungen besteht nicht. Auch durch wiederholte oder regelmäßige Zahlung von Unterstützungen wird ein Rechtsanspruch weder gegen die Gesellschaft, noch die S***** AG, noch ein Organ dieser beiden begründet. Alle Zahlungen erfolgen freiwillig und unter dem Vorbehalt jederzeitigen Widerrufes.

Jeder Leistungsempfänger hat eine schriftliche Erklärung folgenden Inhaltes abzugeben:

Es ist mir bekannt, daß alle Leistungen der Wohlfahrtseinrichtung für die Arbeiter und Angestellten der S*****,Gesellschaft mit beschränkter Haftung, freiwillig gewährt werden. Es ist mir ferner bekannt, daß mir auch durch wiederholte und regelmäßig laufende Leistungen kein Anspruch gegen diese Gesellschaft, noch gegen Dritte erwächst."

Der Kläger begehrt, die beklagte Partei zur Zahlung eines Betrages von 7.449 S sA (an Betriebspension für den Zeitraum vom 1.Juli 1990 bis 31.Mai 1991) zu verpflichten und festzustellen, daß er Anspruch auf Zahlung einer Betriebspension durch die beklagte Partei habe.

Die S*****AG habe im Jahr 1977 eine Betriebsvereinbarung abgeschlossen, die folgende Neuformulierung des § 43 Abs 3 der Arbeitsordnung aus dem Jahre 1961 enthalten habe: "Für eine zusätzliche Betreuung der Arbeitnehmer hat das Unternehmen eine Wohlfahrtseinrichtung geschaffen und wird diese von Unternehmen laufend dotiert. Auf Antrag können Arbeitnehmer und ihre Angehörigen im Sinne der geltenden Satzungen einmalige oder laufende Zuwendungen erhalten." Diese Betriebsvereinbarung sei nicht aufgekündigt worden; bei den laufenden Zuwendungen handle es sich vor allem um Betriebspensionen. Die genannte Wohlfahrtseinrichtung sei die beklagte Partei. Sie sei eine 100 %ige Tochtergesellschaft der S*****AG und zu dem ausschließlichen Zweck gegründet worden, um bei Durchführung von Zuwendungen die Verwaltung vereinfachen zu können. Die S*****AG habe die beklagte Partei auch laufend mit den erforderlichen Geldmitteln für die Auszahlung von Betriebspensionen ausgestattet. Ohne diese Zuwendungen der S***** AG und deren Tochtergesellschaften hätte die beklagte Partei keine Pensionen auszahlen können.

Anläßlich der Anstellung sei dem Kläger von der S*****AG zugesichert worden, daß er eine Betriebspension zuzüglich zur ASVG-Pension erhalten werde. Anläßlich der Umstrukturierung der S***** AG im Jahre 1983 sei der Betrieb in W*****, in welchem der Kläger gearbeitet habe, ausgegliedert und als S*****verselbständigt worden. Der Kläger sei von der S*****mit gleichen Rechten und Pflichten als Arbeitnehmer von der S***** AG übernommen worden. Die S*****habe mit dem Vorstand der S***** AG und den Arbeiterbetriebsräten die Weitergeltung der bestehenden Arbeitsordnung auch in ihrem Bereich vereinbart. Aufgrund dieser Verpflichtung habe die S***** die beklagte Partei dotiert.

Das Arbeitsverhältnis zwischen der S*****und dem Kläger sei mit Schreiben des Arbeitgebers vom 25.November 1988 aufgelöst worden. Ferner sei dem Kläger zugesichert worden, daß der Anspruch auf Wohlfahrtspension erhalten bleibe, sollte er von dem Arbeitsverhältnis direkt in die Pension übertreten. Tatsächlich sei der Kläger aus dem Arbeitsverhältnis im Juli 1990 in Pension gegangen.

Im Jahre 1989 habe die S***** ihre Geschäftstätigkeit eingestellt und sei dem Kläger von der beklagten Partei bekanntgegeben worden, daß nach Ablauf des Jahres 1989 keine Betriebspensionen mehr ausgezahlt würden, weil die S***** der beklagten Partei keine finanzielle Unterstützung mehr zukommen lasse.

Auch aus § 5 der Satzung der beklagten Partei ergebe sich eine Verpflichtung zur Gewährung der Pension. Die beklagte Partei werde von der S***** AG weiterhin dotiert und sei auch aufgrund des Gleichbehandlungsgrundsatzes verpflichtet, dem Kläger als ehemaligem Arbeitnehmer der S***** ebenso eine Betriebspension zu gewähren, wie den ehemaligen Arbeitnehmern der S***** AG, die von anderen Tochtergesellschaften weiterbeschäftigt worden seien.

Die beklagte Partei sei aufgrund ihrer Satzung, der betrieblichen Gepflogenheiten und der Tatsache, daß der Kläger wie alle anderen Leistungsempfänger die für die Auszahlung geltenden Voraussetzungen und Bedingungen erfüllt habe, zur Zahlung verpflichtet. Zwischen der S***** AG und der beklagten Partei, aber auch zwischen der S*****und der beklagten Partei sei eine Vereinbarung zugunsten Dritter abgeschlossen worden, aufgrund derer der Kläger direkte Ansprüche gegen die beklagte Partei richten könne.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Sie habe dem Kläger niemals Zusagen gemacht und an ihn auch keine Leistungen erbracht. Aus dem Schreiben der S***** vom 25.November 1988 könne er nur Ansprüche gegen die S***** ableiten, nicht aber gegen die beklagte Partei.

Das Erstgericht wies die Klage ab und vertrat die Rechtsauffassung, daß der Kläger weder eine direkte Leistungszusage der beklagten Partei noch auch die Zustimmung der beklagten Partei zu einer von dritter Seite gegenüber dem Kläger übernommenen Leistungsverpflichtung behauptet habe. Auch auf eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes könne sich der Kläger gegenüber der beklagten Partei nicht berufen. Der Kläger habe selbst behauptet, daß die beklagte Partei ohne Dotationen durch die S***** AG und ihre Tochtergesellschaften keine Pensionen auszahlen könne und daß die S***** aufgrund des Konkurses die Dotation der beklagten Partei eingestellt habe. Wenn die beklagte Partei nur an ehemalige Mitarbeiter von Töchtern der S***** AG (Holding), welche weiterhin die Wohlfahrtseinrichtungen dotierten, Pensionen auszahle, könne ihr keine sachlich nicht gerechtfertigte Differenzierung vorgeworfen werden.

Das Berufungsgericht hob über Berufung des Klägers das Ersturteil auf, trug dem Erstgericht eine neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf und sprach aus, daß der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei. Es vertrat die Rechtsauffassung, daß die S***** AG - folge man dem Vorbringen des Klägers - mit der beklagten Partei einen Vertrag zugunsten Dritter, nämlich der Arbeitnehmer der S***** AG und ihrer Töchter, abgeschlossen habe, aus dem der Kläger, dem die Leistung hauptsächlich zum Vorteil gereiche, ein unmittelbares Recht ableiten könne.

Gegen diesen Beschluß richtet sich der Rekurs der beklagten Partei mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und das Ersturteil wieder herzustellen.

Der Kläger beantragt, dem Rekurs nicht Folge zu geben.

Der Rekurs ist berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Geht man vom Vorbringen des Klägers aus, dann trifft die beklagte Partei gegenüber ihrer Alleingesellschafterin S***** AG die Verpflichtung, die ihr zur Verfügung gestellten Mittel zur Deckung der von der S***** AG (und ihren Tochtergesellschaften) übernommenen Pensionsverpflichtungen gegenüber ehemaligen Arbeitnehmern und ihren Angehörigen zu verwenden. Auch wenn man nun mit dem Rekursgericht daraus einen klagbaren Anspruch der Gesellschafterin gegenüber der beklagten Partei auf Einhaltung des Gesellschaftsvertrages und damit der Erfüllung der Pensionszusagen mit den der beklagten Partei zur Verfügung gestellten Mitteln ableitet, ist für den Kläger nichts gewonnen, ist doch nach seinem Vorbringen die Leistung der Pension durch die beklagte Partei davon abhängig, daß der Arbeitgeber entsprechende laufende Zuwendungen an die beklagte Partei vornimmt. Da der Kläger im Jahre 1983 aus den Diensten der S***** AG ausgeschieden ist und mit allen Rechten und Pflichten von der S***** übernommen wurde, die S*****aber an die beklagte Partei keine Zuwendungen zur Finanzierung der Pensionen ehemaliger Arbeitnehmer mehr erbringt, fehlt es an der Grundlage für eine Leistungspflicht der beklagten Partei auch nach dem Gesellschaftsvertrag, zumal der Kläger nicht einmal behauptet hat, die S***** AG (Holding) habe Leistungen an die beklagte Partei zur Finanzierung der Betriebspensionen der ehemaligen Arbeitnehmer der S*****erbracht.

Soweit sich der Kläger auf den Gleichbehandlungsgrundsatz beruft, ist ihm zu erwidern, daß dadurch lediglich der Arbeitgeber verpflichtet wird, einzelne Arbeitnehmer nicht willkürlich oder aus sachfremden Gründen schlechterzustellen als die Mehrheit der vergleichbaren Arbeitnehmer (siehe Schwarz-Löschnigg Arbeitsrecht4 270 f). Da die beklagte Partei nicht Arbeitgeberin des Klägers war und ihre Leistungen von Zuwendungen des jeweiligen (ehemaligen) Arbeitgebers des Pensionsberechtigten abhängig sind, ist auch der Gleichbehandlungsgrundsatz keine taugliche Grundlage für den gegen die beklagte Partei erhobenen Anspruch.

Mit den Ausführungen im Schriftsatz ON 4 Punkt 3, die beklagte Partei sei aufgrund ihrer Satzung, der betrieblichen Gepflogenheiten und der Tatsache, daß der Kläger wie alle anderen Leistungsempfänger die für die Auszahlung der Betriebspension geltenden Voraussetzungen und Bedingungen erfüllt habe, zur Zahlung verpflichtet; zwischen der S***** AG und der beklagten Partei, aber auch zwischen der S***** und der beklagten Partei sei eine Vereinbarung zugunsten Dritter abgeschlossen worden, aufgrund derer der Kläger direkt Ansprüche gegen die beklagte Partei richten könne, erstattete der Kläger kein weiteres Tatsachenvorbringen. Er zog lediglich aus dem einleitend kurz zusammengefaßten bisherigen Tatsachenvorbringen den - unzutreffenden - rechtlichen Schluß, daß er aufgrund eines zwischen der beklagten Partei und der S*****AG sowie der S***** abgeschlossenen Vertrages zugunsten Dritter direkt Ansprüche gegen die beklagte Partei richten könne.

Abschließend ist darauf hinzuweisen, daß die vom Kläger in der vorliegenden, ursprünglich auch gegen die S***** AG Holding gerichteten Klage ins Treffen geführte Durchgriffshaftung der S***** AG Holding als Alleingesellschafterin der S*****, die diese anläßlich der Ausgliederung nicht mit den erforderlichen Mitteln ausgestattet habe, um ihre Geschäftstätigkeit mit Aussicht auf Gewinn zu führen und die Auszahlung der Betriebspensionen durch die beklagte Partei anstelle der S***** AG zu finanzieren, keine taugliche Grundlage für die Haftung auch der hier beklagten Partei bildet.

Da der Kläger demnach einen Sachverhalt, aus dem sich die Haftung der beklagten Partei für die ihm von seiner ehemaligen Arbeitgeberin zugesagte Betriebspension ableiten ließe, nicht einmal behauptet hat, war dem Rekurs der beklagten Partei Folge zu geben und gemäß § 519 Abs 1 letzter Satz ZPO in der Sache selbst im Sinne einer Bestätigung des Ersturteils zu erkennen.

Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens zweiter und dritter Instanz beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.

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