OGH 9ObA168/95

OGH9ObA168/9517.1.1996

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Klinger als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Maier und Dr.Petrag und die fachkundigen Laienrichter Dr.Theodor Zeh und Walter Darmstädter als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Land Tirol, vertreten durch Dr.Hansjörg Schweinester und Dr.Paul Delazer, Rechtsanwälte in Innsbruck, wider die beklagte Partei Eugen F*****, Angestellter, ***** vertreten durch Dr.Gerhard Ebner und Dr.Joachim Tschütscher, Rechtanwälte in Innsbruck, wegen Räumung (Streitwert nach GGG 6.000,-- S, nach RATG 24.000,-- S), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 4.Juli 1995, GZ 5 Ra 79/95-18, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Arbeits- und Sozialgericht vom 14.März 1995, GZ 25 Cga 252/94s-12, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Der Beklagte ist schuldig, der klagenden Partei die mit 3.655,68 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 609,25 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die gemeinnützige Bauvereinigung N***** (im folgenden: N*****) ist Eigentümerin und Errichterin des Hauses V*****-Straße *****. Im Jahre 1950 mietete das Land Tirol von der N***** mit Generalmietvertrag 20 Wohnungen mit einer Gesamtnutzfläche von 1166,69 m2 in diesem Haus gegen Gewährung eines unverzinslichen, unkündbaren, jährlich mit 1 % zu tilgenden Darlehens von 600.000,-- S auf die Dauer von 40 Jahren zum ausschließlichen Gebrauch als Dienstwohnungen zwecks Weitervermietung an Bedienstete. Der aufgrund des unverzinslichen und unkündbaren Darlehens errechnete Mietzins für diese 20 Wohnungen betrug im Jahre 1950 insgesamt 2.907,-- S monatlich. Die N***** behielt sich eine Erhöhung dieser Miete für den Fall einer Änderung der der Mietenberechnung zugrundegelegten Kostenelemente vor. Aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung richtete die N***** auch bei Generalmietwohnungen des Landes Tirol Vorschreibungen und Abrechnungen direkt an die Benützer der Wohnungen; die N***** fungierte dabei als Hausverwaltung und Zahlstelle. Ein Unterschied zwischen den Generalmietwohnungen und der direkten Vermietung durch die N***** bestand in der Höhe des Benützungsentgeltes. Leistete der Generalmieter wie im vorliegenden Fall eine finanzielle Hilfestellung bei der Errichtung des Objektes, ist das Benützungsentgelt für die von diesem Generalmieter gemieteten Wohnungen wesentlich niedriger.

Der Vater des Beklagten war Vertragsbediensteter des Landes Tirol. Mit Schreiben des Amtes der Tiroler Landesregierung vom 7.Dezember 1950 wurde ihm die Wohnung Nr.17 in diesem Haus (Eckhaus, auch B*****straße *****) vom Land Tirol unter Berufung auf § 3 des Landesbeamtengesetzes LGBl 7/1949 bzw § 23 Gehaltsüberleitungsgesetz BGBl 22/1947 und § 23 VBG 1948 mit Wirkung ab 15.Dezember 1950 als Dienstwohnung für die Dauer seiner Dienstverwendung zugewiesen, wobei die von den Dienstbezügen im Abzugsweg einzubehaltende Vergütung für die Benützung der Wohnung mit 129,-- S festgesetzt wurde. Weiters wurde der Vater des Beklagten angewiesen, sich bezüglich der Benützung der Wohnung und deren Einrichtungen an die Weisungen der Hausinhaberin N***** oder des von ihr beauftragten Verwalters zu halten. Sodann wurde in einem Aktenvermerk vom 13.März 1951 festgehalten, daß das an die Landesregierung vermietete Haus B*****straße ***** an die einzelnen Untermieter der Landesregierung übergeben wurde und zum 1.April 1951 bezogen werde. Die Miete wurde ab diesem Tag von der Landesregierung einbehalten und direkt an die N***** überwiesen. Am 18.April 1962 übernahm der Vater des Beklagten von einem anderen Bediensteten des Landes Tirol im Zuge eines Wohnungstausches die gegenständliche, gleichfalls in diesem Haus gelegene, aus drei Zimmern, Wohnküche, Vorraum, Bad mit WC und einem Kellerabteil bestehende, eine Nutzfläche von 80,5 m2 aufweisende Wohnung Nr.3. Am 29.September 1985 verstarb der Vater des Beklagten; die Mutter des Beklagten und der Beklagte verblieben in der Wohnung. Im Jahre 1986 betrug das Benützungsentgelt 265,77 S, das Gesamtentgelt einschließlich Betriebskosten und Umsatzsteuer 1.630,75 S. Im Schreiben der N***** an die Mutter des Beklagten wurde die Anrede "Sehr geehrter Mieter" oder "Nutzungsberechtigter" verwendet, weiters war darin von "Mietzinsänderungen" bzw "Mietzinsvorschreibungen" die Rede. Im November 1988 wurde ihr von der N***** ein Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrag von 815,08 S vorgeschrieben. Im Dezember 1988 betrug das Benutzungsentgelt 311,05 S, das gesamte Entgelt einschließlich des Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrages, der Betriebskosten und der Umsatzsteuer 2.314,05 S. Ab April 1994 betrug das Benützungsentgelt 405,51 S, das gesamte Entgelt für die Wohnung auf 2.753,64 S. Am 13.Mai 1994 verstarb die Mutter des Beklagten. Sowohl dem Vater des Beklagten als auch dessen Witwe - der Mutter des Beklagten - war klar, daß ihnen die Wohnung ausschließlich aufgrund des Dienstverhältnisses des Vaters des Beklagten zum Land Tirol zugewiesen worden war.

Mit Mietvertrag vom 15.Oktober 1969 hatte der Vater des Beklagten zusätzlich von der N***** direkt ein Zimmer im Dachgeschoß dieses Hauses gemietet. Dieser Mietvertrag wurde von seiner Witwe mit Schreiben vom 5.Mai 1990 aufgekündigt.

Das klagende Land Tirol begehrt die Räumung der Wohnung, da der Beklagte sie titellos benütze.

Der Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wandte ein, daß er in das Mietverhältnis eingetreten sei. Es habe sich bereits zu Lebzeiten des Vaters um eine Mietwohnung gehandelt; jedenfalls sei mit der Mutter des Beklagten konkludent ein Mietvertrag abgeschlossen worden und nach ihrem Tod mit dem Beklagten selbst.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Der Vater des Beklagten sei Vertragsbediensteter des Landes Tirol gewesen. § 23 VBG verweise hinsichtlich der Sachleistungen auf die Bestimmungen für die Bundesbeamten und damit auf § 80 BDG, wonach dem Beamten im Rahmen des Dienstverhältnisses eine Dienst- oder Naturalwohnung zugewiesen werden könne. Die Zuweisung oder der Entzug einer Dienst- oder Naturalwohnung habe durch Bescheid zu erfolgen. Mit der Zuweisung einer Wohnung werde kein Bestandverhältnis begründet. Das Schreiben der klagenden Partei vom 7.Dezember 1950 sei als Zuweisungsbescheid zu qualifizieren. Beim Wohnungstausch vom 18.April 1962 sei keine neuerliche Zuweisung erfolgt, da die Wohnung im selben Haus gelegen sei. Die Übernahmserklärung sei vom Vater und der Mutter des Beklagten unterfertigt worden, denen beiden klar gewesen sei, daß diese Wohnung ausschließlich im Zusammenhang mit dem Dienstverhältnis zur klagenden Partei überlassen wurde. Dies ergebe sich auch aus der Höhe des Benützungsentgeltes. Zwischen der N***** und der beklagten Partei bestehe ein Generalmietvertrag, wobei die klagende Partei als Hauptmieterin die gegenständliche Wohnung an den bei ihr beschäftigten Vater des Beklagten überlassen habe. Nach dessen Tod sei seine Witwe in der Wohnung verblieben. Gemäß § 80 Abs 9 BDG könne die Dienstbehörde dem Beamten des Ruhestandes oder den Hinterbliebenen, die mit diesem bis zu dessen Tod im gemeinsamen Haushalt gelebt hätten, solange die tatsächliche Benützung der Naturalwohnung gestatten, als diese nicht für einen Beamten des Dienststandes dringend benötigt werde. Durch eine derartige Belassung der Wohnung werde kein Mietverhältnis begründet. Auch wenn die Mutter des Beklagten in diversen Schreiben der N***** als "Mieterin" bzw "Nutzungsberechtigte" bezeichnet worden sei, sei kein konkludentes Mietverhältnis begründet worden, da die Mutter des Beklagten gewußt habe, daß es sich um eine Naturalwohnung handle, die ausschließlich im Zusammenhang mit dem Dienstverhältnis ihres Gatten zum Land Tirol überlassen worden sei. Dies gelte auch für die Vorschreibung des Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrages unter Bezugnahme auf die Bestimmungen des WGG. Dieses Gesetz betreffe ausschließlich das Rechtsverhältnis zwischen der N***** als Eigentümerin und Vermieterin und dem Land Tirol als Hauptmieter. Nur aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung seien diese Schreiben im kurzen Weg von der N***** direkt an die Benützer der Wohnung übermittelt worden. Nach dem Tod seiner Mutter sei dem Beklagten mitgeteilt worden, daß die Wohnung nicht an ihn überlassen werde und er sie zu räumen habe; eine Weiterbenützung im Sinne des § 80 Abs 9 BDG sei damit nicht gestattet worden. Dem Beklagten müsse die Wohnung nicht bescheidmäßig entzogen werden, da er in keinerlei öffentlich-rechtlichem Bezug zum Land Tirol stehe. Mit dem Beklagten sei auch weder ein konkludentes Mietverhältnis noch ein konkludentes Nutzungsverhältnis im Sinne des WGG zustandegekommen. Das WGG erfasse ausschließlich das Rechtsverhältnis zwischen der N***** als Eigentümerin und Vermieterin und dem Land Tirol als Hauptmieter. Da sich der Beklagte daher nicht auf § 20 WGG berufen könne, komme auch ein Eintrittsrecht nach § 14 MRG nicht in Betracht. Seit dem Tode seiner Mutter wohne der Beklagte titellos allein in der Wohnung; die Räumungsklage sei daher nicht gegen die Verlassenschaft seiner Mutter, sondern gegen ihn zu richten.

Das Berufungsgericht bestätigte das Urteil des Erstgerichtes und sprach aus, daß die Revision zulässig sei.

Nach § 1 Abs 2 Z 2 MRG fielen Wohnungen, die aufgrund eines Dienstverhältnisses oder im Zusammenhang mit einem solchen als Dienst-, Natural- oder Werkswohnungen überlassen würden, nicht in den Anwendungsbereich dieses Gesetzes. Grund für diese Ausnahmsregelung sei der Zusammenhang mit dem Dienstverhältnis, der es angebracht erscheinen lasse, die Überlassung der Wohnung nicht nach den Schutzbestimmungen des MRG, sondern ebenso wie den die Geschäftsgrundlage bildenden Dienstvertrag nach arbeitsrechtlichen Vorschriften und Grundsätzen zu behandeln. Dies führe insbesondere zu einer engen zeitlichen Verknüpfung des Bestandvertrages mit dem Dienstverhältnis, sodaß eine Dienstwohnung grundsätzlich mit Beendigung des Dienstverhältnisses frei werde und sie der Arbeitgeber zur Unterbringung eines anderen Arbeitnehmers verwenden könne. Dem Vater des Beklagten sei die Dienstwohnung im Zusammenhang mit seinem Dienstverhältnis zum Land Tirol zugewiesen worden; da er Vertragsbediensteter gewesen sei, seien die Beziehungen zwischen Dienstgeber und Dienstnehmer nicht hoheitlich, sondern vertraglich zu regeln und sei nach § 23 VBG § 80 BDG nur sinngemäß anzuwenden gewesen. Habe es sich um eine Dienstwohnung im Sinne des § 1 Abs 2 Z 1 MRG gehandelt, sei das Fortbestehen des Vertragsverhältnisses nach dem Ende des Dienstverhältnisses für die Ausnahmsbestimmung unschädlich; auch für die Gestattung der Weiterbenützung der Wohnung durch die Witwe im Sinne des § 80 Abs 3 und 9 BDG werde ein Bestandverhältnis nicht begründet, und zwar auch dann nicht, wenn dabei Genossenschaften zur Verwaltung eingeschaltet würden. Dem Beklagten sei die Wohnung nicht bescheidmäßig zu entziehen gewesen, da er weder in einem privatrechtlichen noch in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Land Tirol stehe. Benütze er die Wohnung tittellos, müsse für die Räumung ein Urteil oder ein gerichtlicher Räumungsvergleich erlangt werden. Die Verweisung des § 20 Abs 1 Z 1 lit b WGG auf das Eintrittsrecht nach § 14 MRG auch für die gemäß § 1 Abs 2 Z 2 MRG vom Geltungsbereich des MRG ausgenommenen Dienstwohnungen komme nur dann zum Tragen, wenn die Dienstwohnung im Wege eines Miet- oder Nutzungsverhältnisses von einer gemeinnützigen Bauvereinigung überlassen werde; würden die Dienstwohnungen aber direkt vom Dienstgeber oder einem nicht gemeinnützigen Vermieter überlassen, seien die Bestimmungen des WGG und damit auch § 14 MRG auf diese Vertragsverhältnisse nicht anzuwenden. Da im vorliegenden Fall der direkte vertragliche Bezug zwischen Wohnungsbenützer und gemeinnütziger Bauvereinigung fehle, sei § 20 WGG nicht anwendbar. In diesem Zusammenhang zitiert das Berufungsgericht Würth (Erstes WÄG und Fragen des WGG in WoBl 1988, 60 ff [62] sowie in Rummel2 II § 1 MRG Rz 21).

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Klägers aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne der Abweisung des Klagebegehrens abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die klagende Partei beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Soweit der Revisionswerber aus der Vorschreibung des Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrages durch die N***** und die Bezeichnung der Mutter des Beklagten als Mieterin bzw Nutzungsberechtigte auf die Begründung eines direkten Miet- oder Nutzungsverhältnisses nach dem WGG schließt, weiters ins Treffen führt, es handle sich um keine Dienstwohnung und schließlich die Passivlegitimation des Beklagten in Zweifel zieht, sei er auf die zutreffende Begründung des angefochtenen Urteils sowie auf MietSlg 23.539, 22.525 und 33.542 verwiesen (§ 48 ASGG).

Hingegen ist die Auffassung des Berufungsgerichtes, § 20 Abs 1 Z 1 lit b WGG sei im vorliegenden Fall nicht anzuwenden, nur im Ergebnis richtig, da das Berufungsgericht in seiner Argumentation nur auf die durch das 1.WÄG geschaffene Rechtslage Bezug nahm, nach der ausschließlich auf die Vermietung durch eine gemeinnützige Bauvereinigung abgestellt wurde (siehe Würth Erstes WÄG und Fragen des WGG, WoBl 1988, 60 ff [62]). Nach den §§ 1 Abs 3 MRG und 20 Abs 1 WGG jeweils idF des 2.WÄG kommt es hingegen nur mehr auf die Errichtung durch eine gemeinnützige Bauvereinigung an (siehe Würth in Rummel ABGB2 II § 1 MRG Rz 22; derselbe, 2.WÄG - ein Überblick, WoBl 1991, 25 ff [26]). Des weiteren ist nach § 2 Abs 1 MRG idF des 3.WÄG als Hauptmieter auch der Mietvertrag mit dem Mieter eines ganzen Hauses als Hauptmiete zu behandeln, wobei als Partner dieses Hauptmietverhältnisses nicht der Eigentümer des Hauses, sondern der Generalmieter anzusehen ist (siehe Iro, Die Hauptmiete nach dem

3. WÄG, WoBl 1994, 125 ff [130 f]; Tades-Stabentheiner, Das 3. Wohnrechtsänderungsgesetz, ÖJZ 1994, Heft 1 A, 1 ff [23]). Nach § 20 Abs 1 Z 1 lit b WGG idF des 2.WÄG ist für die Anwendung von § 14 MRG auch auf Dienstwohnungen neben der Errichtung der Baulichkeit durch eine gemeinnützige Bauvereinigung lediglich maßgeblich, daß die Miet- oder sonstigen Nutzungsgegenstände der Baulichkeit im Eigentum einer gemeinnützigen Bauvereinigung stehen, nicht aber - wie nach der bisherigen Rechtslage - daß die gemeinnützige Bauvereinigung Partnerin des Miet- oder sonstigen Nutzungsvertrages ist.

Aus den Materialien (AB 52 BlgNR 18.GP, 3 sowie 4 ff) ist folgendes

über die mit der Änderung der §§ 20 WGG und 1 Abs 3 MRG verfolgte

Absicht zu entnehmen: - Zu Art I Z 1 (§ 20 WGG) - "... Wird eine

Baulichkeit nach dem für gemeinnützige Bauvereinigungen prägenden

Kostendeckungsprinzip im eigenen Namen errichtet, richtet sich die

weitere Bewirtschaftung und Nutzung dieser Baulichkeit grundsätzlich

für den Rest ihres Bestandes nach den §§ 13 bis 22 WGG ... In allen

diesen Fällen bleiben für die aufrechten Miet- und sonstigen Nutzungsverhältnisse die §§ 14 bis 22 WGG aufrecht" und - zum Art II Z 1 (§ 1 Abs 3 MRG) - "Das Anliegen des neu gefaßten § 20 WGG ist es, die vom "Volkswohnungswesen" geprägte soziale Bindung gegen wesensändernde unbeabsichtigte Rechtsänderungen stärker abzusichern, um die Sozialpflichtigkeit dieses Wohnbestandes gezielter umsetzen zu können. Nach den Regeln des WGG errichtete Baulichkeiten sollen grundsätzlich dieses Rechtsstatut beibehalten. Damit soll das leitende Prinzip des Wohnungsgemeinnützigkeitsrechts, das in der funktionellen Inpflichtnahme gemeinnütziger Bauvereinigungen für Zwecke des öffentlichen Wohls (vgl Funk in Korinek-Krejci, Handbuch des Bau- und Wohnungsrechts III - Syst-1,8) besteht, gewahrt bleiben ...". In diesem Sinn ist die im § 1 Abs 2 WGG enthaltene programmatische Erklärung zu verstehen, daß Bauvereinigungen, die aufgrund dieses Bundesgesetzes als gemeinnützig anerkannt sind, ihre Tätigkeiten unmittelbar auf die Erfüllung dem Gemeinwohl dienender Aufgaben des Wohn- und Siedlungswesens zu richten und ihr Vermögen der Erfüllung solcher Aufgaben zu widmen haben (siehe Funk aaO). Stellt man auf die Absicht des Gesetzgebers bei Novellierung des § 20 WGG durch das 2.WÄG ab, dann sollten die von den gemeinnützigen Bauvereinigungen aus ihrem Vermögen sowie aus öffentlichen Förderungsmitteln (und Beiträgen der unmittelbar Nutzungsberechtigten) errichteten Wohnungen unabhängig vom weiteren rechtlichen Schicksal des Gebäudes weiterhin der Mietzinsbildung nach dem Kostendeckungsprinzip des WGG unterliegen (siehe auch Meinhart-Österreicher in "Die WGG-Novelle im 2.WÄG" WoBl 1991, 85 ff [94]: Gesetzeszweck ist das Bewahren gemeinnützigkeitsrechtlicher Kalkulation mit ihren Vorteilen für die Mieter und Nutzungsberechtigten ["Was einmal WGG ist, bleibt immer WGG"]). Mit dieser Gemeinwohlverpflichtung und dem verfassungsrechtlichen Gleichheitsgrundsatz ist es auch nicht vereinbar, Mieter derartiger Wohnungen, die ebenso wie andere Nutzungsberechtigte einen kostendeckenden Mietzins nach den Vorschriften des WGG leisten, bezüglich des Kündigungsschutzes und Eintrittsrechtes nur deshalb schlechter zu stellen, weil ihr Dienstgeber Einfluß auf die Vergabe der Wohnungen nahm; andererseits widerspricht es auch der Gemeinwohlverpflichtung und dem verfassungsrechtlichen Gleichheitsgrundsatz, aus dem Vermögen gemeinnütziger Bauvereinigungen und öffentlichen Förderungsmitteln (sowie allfälligen Eigenbeiträgen der unmittelbaren Benützer) errichtete Wohnungen bestimmten Arbeitgebern als Dienstwohnungen für ihre Arbeitnehmer zu überlassen (vgl auch Funk, Verfassungsrechtliche Fragen des MRG, in Korinek-Krejci, Handbuch zum MRG, 1 ff [25 f]). Auch wenn mit der Änderung des § 20 WGG durch das 2.WÄG in bestehende Verträge zwischen gemeinnützigen Bauvereinigungen und Arbeitgebern eingegriffen worden sein sollte, würde damit nur dem Allgemeininteresse im Sinne des Art 1 1.ZP zur MRK an einer Gleichbehandlung der Nutzungsberechtigten der von einer gemeinnützigen Bauvereinigung mit öffentlichen Mitteln errichteten Wohnungen gegenüber dem nicht schutzwürdigen Interesse des Arbeitgebers an einer Vergabe dieser Wohnungen nur an seine Arbeitnehmer der Vorzug gegeben.

Ganz anders ist die Situation, wenn der Arbeitgeber, wie im vorliegenden Fall, die Wohnung selbst zu einer erheblich unter den nach dem WGG für gleichartige Wohnungen gebührenden Nutzungsentgelt liegenden Vergütung an seine Arbeitnehmer vergibt. Ein derartiger Nutzungsvertrag fiel bisher nicht unter die Bestimmungen des WGG bezüglich der Zinsbildung und ist wohl kein legitimes öffentliches Interesse daran gegeben, den auf diese Weise begünstigten Mieter dem eine kostendeckende Miete nach dem WGG zahlenden Nutzungsberechtigten gleichzustellen und - nach Wegfall des Dienstverhältnisses als Grund für die niedrige Miete - sogar noch durch Beibehaltung dieser günstigen Konditionen besserzustellen. Hingegen würde durch die weitgehende Einschränkung der durch eine erhebliche Eigenleistung des Arbeitgebers erst geschaffenen Verfügungsberechtigung über zu nicht kostendeckenden Mieten vergebene Wohnungen ohne sachliche Rechtfertigung in die nach Art 5 StGG und Art 1 1.ZP zur MRK geschützten Rechte des Arbeitgebers eingegriffen (vgl Funk, Verfassungsrechtliche Fragen des MRG, aaO, 24). Daß der Gesetzgeber diesem Gesichtspunkt für die Schutzwürdigkeit der Arbeitgeberinteressen an einer Dienstwohnung große Bedeutung beimißt, zeigt die Regelung des § 88 Abs 1 Z 2 EheG, nach der die Zuweisung einer Dienstwohnung nur dann von der Zustimmung des Dienstgebers oder des für die Vergabe zuständigen Rechtsträgers abhängig gemacht wird, wenn sie unentgeltlich oder gegen ein bloß geringfügiges, wesentlich unter dem ortsüblichen Maß liegendes Entgelt benützt wird (siehe AB 916 BlgNR 14.GP, 17; Hofmann-Wellenhof, Dienstwohnung und Mietrechtsgesetz in Korinek-Krejci, Handbuch zum MRG, 121 ff [126]; vgl Wachter, Die Herausnahme von Dienst-, Natural- und Werkswohnungen aus dem Mietrechtsgesetz, RdW 1983, 76 ff [82]).

§ 20 Abs 1 Z 1 lit b WGG ist daher bei verfassungskonformer und an den Absichten des Gesetzgebers orientierter Interpretation nicht auf Dienstwohnungen zu beziehen, die zwar von einer gemeinnützigen Bauvereinigung errichtet wurden, zu denen der Dienstgeber aber eine erhebliche Eigenleistung erbracht hat und die daher vom Dienstgeber mit Generalmietvertrag zu einem erheblich unter dem sonst nach dem WGG zu leistenden, kostendeckenden Mietzins gemietet und sodann auch zu einer erheblich unter dem kostendeckenden Nutzungsentgelt nach dem WGG liegenden Vergütung an seine Dienstnehmer vergeben wurden.

Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.

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