Spruch:
1.) Dem Revisionsrekurs der erstbeklagten Partei gegen Punkt 1 des angefochtenen Beschlusses wird nicht Folge gegeben.
Die erstbeklagte Partei ist schuldig, den dritt- bis neuntklagenden Parteien die mit 26.326,62 S bestimmten Kosten des Revisionsrekursverfahrens (darin 4.387,77 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution wie folgt zu ersetzen: Dem Drittkläger 9.319,63 S, der Viertklägerin 5.344,31 S, dem Fünft-, Sechst-, Siebent- und Achtkläger je 2.132,45 S und dem Neuntkläger 3.132,88 S.
2.) Dem Revisionsrekurs der dritt- bis neuntklagenden Partei gegen Punkt 2 des angefochtenen Beschlusses wird, soweit damit die Beschlüsse des Erstgerichtes und das diesen vorangegangene Verfahren bezüglich der gegen die Zweit-, Dritt-, Viert- und Fünftbeklagte gerichteten Klagebegehren als nichtig aufgehoben wurden und die Klage in diesem Umfang zurückgewiesen wurde, keine Folge gegeben.
Die dritt- bis neuntklagenden Parteien sind schuldig, den zweit- bis fünftbeklagten Parteien die mit 23.401,44 S bestimmten Kosten des Revisionsrekursverfahrens (darin 3.900,24 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution wie folgt zu ersetzen: Der Drittkläger einen Betrag von 2.071,03 S, die Viertklägerin einen Betrag von 1.187,62 S, der Fünft-, Sechst-, Siebent- und Achtkläger einen Betrag von je 473,88 S und der Neuntkläger einen Betrag von 696,19 S an jede der zweit- bis fünftbeklagten Parteien.
3.) Dem Revisionsrekurs der dritt- bis neuntklagenden Parteien wird im übrigen teilweise Folge gegeben und der angefochtene Beschluß in seinem Punkt 2, soweit damit die erstgerichtlichen Beschlüsse und das diesen vorangegangene Verfahren hinsichtlich der gegen die siebentbeklagte Partei gerichteten Klagebegehren der dritt- bis neuntklagenden Parteien als nichtig aufgehoben und die Klage in diesem Umfang zurückgewiesen wurde, sowie in seinem Punkt 3, soweit die dritt- bis neuntklagenden Parteien zum Kostenersatz an die siebentbeklagte Partei verpflichtet wurden, behoben, die von der siebentbeklagten Partei gegen die Klagebegehren der dritt- bis neuntklagenden Partei erhobene Einrede der Unzulässigkeit des Rechtsweges verworfen und dem Erstgericht die Fortsetzung des gesetzlichen Verfahrens über die Klage unter Abstandnahme von dem vom Rekursgericht gebrauchten Zurückweisungsgrund aufgetragen.
Die siebentbeklagte Partei ist schuldig, den dritt- bis neuntklagenden Parteien die mit 21.459,33 S bestimmten Kosten des Rekursverfahrens (darin 3.576,56 S Umsatzsteuer) sowie die mit 4.875,30 S bestimmten Kosten des Revisionsrekursverfahrens (darin 812,56 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution wie folgt zu ersetzen: Dem Drittkläger 9.322,45 S, der Viertklägerin 5.345,93 S, dem Fünft- bis Achtkläger je 2.133,11 S und dem Neuntkläger 3.133,81 S.
Text
Begründung
Die siebentbeklagte Partei besitzt in Wien einen kunststoffverarbeitenden Betrieb, mit dem sie der Landesinnung Wien der Kunststoffverarbeiter angehört. Die dritt- bis achtklagende Partei sind als Angestellte, der Neuntkläger ist als Arbeiter in diesem Betrieb beschäftigt. Erst- und Zweitkläger sind der Angestellten- und Arbeiterbetriebsrat dieses Betriebes.
Der Erst- und Zweitkläger begehrte gegenüber der siebentbeklagten Partei die Feststellung, daß den Angestellten bzw den Arbeitern der siebentbeklagten Partei jene Entgeltansprüche zustehen, die sich aus der Differenz zwischen dem tatsächlich gewährten Entgelt und der besseren kollektivvertraglichen Regelung des Kollektivvertrages für Angestellte bzw für Arbeiter der chemischen Industrie unter Außerachtlassung einzelvertraglicher günstigerer Regelungen ergeben. Die Dritt- bis Neuntkläger begehren gegenüber der erst- bis fünftbeklagten Partei (die Klage gegen die sechstbeklagte Partei wurde zurückgezogen) eine gleichartige Feststellung bezüglich ihrer Entgelte.
Die Kläger brachten vor, daß die erstbeklagte Landeskammer der gewerblichen Wirtschaft über Betreiben des Zentralbetriebsrates der siebentbeklagten Partei geprüft habe, ob der Betrieb der siebentbeklagten Partei als Gewerbebetrieb bzw als Industriebetrieb der Sektion Gewerbe oder Industrie zugehöre. Auf Grund unrichtiger Information durch die zweitbeklagte Sektion Gewerbe und die drittbeklagte Sektion Industrie der erstbeklagten Landeskammer habe der bei der erstbeklagten Partei angestellte Fünftbeklagte unter Mißachtung der Abgrenzungskriterien des § 7 GewO 1973 und unter Zugrundelegung offenbar unrichtiger Betriebsdaten ein unrichtiges Gutachten erstattet, in dem er zum verfehlten Schluß gekommen sei, daß lediglich ein großgewerblicher Betrieb vorliege, dessen Überstellung in den Betreuungsbereich der Sektion Industrie nicht empfohlen werden könne. Der Vierbeklagte habe als Präsident der erstbeklagten Partei mit Bescheid vom 29.5.1990 ausgesprochen, daß lediglich ein großgewerblicher Betrieb vorliege und in einer nicht nachvollziehbaren Scheinbegründung lediglich auf das eingeholte Gutachten verwiesen. Die erst- bis fünftbeklagten Parteien hätten der siebentbeklagten Partei vorsätzlich die unrichtige Zugehörigkeit zum Kollektivvertragsbereich des Gewerbes erhalten, damit diese ihren Arbeitnehmern nicht das höhere Entgelt nach dem Kollektivvertrag für Angestellte bzw für Arbeiter der chemischen Industrie zahlen müsse. Die siebentbeklagte Partei habe die Zweitbeklagte mit unrichtigen Daten versorgt; sie sei bestrebt gewesen, zwecks Entgeltersparnis einen für sie günstigen Verfahrensausgang zu erreichen.
Bei der Regelung der Kollektivvertragszugehörigkeit in § 8 Z 1 ArbVG sei der Gesetzgeber davon ausgegangen, daß die Kammer im Rahmen der Selbstverwaltung eine Entscheidung über die Zuordnung treffe, die mit der Gesetzeslage übereinstimme. Der mit der GewO Nov. BGBl 1988/399 eingeführte § 2 Abs 11 Satz 2 GewO sehe vor, daß die Normen der kollektiven Rechtsgestaltung, die für Arbeitgeber gelten, die ihre Tätigkeit auf Grund von Gewerbeberechtigungen ausüben, auch für Arbeitsverhältnisse zu jenen Arbeitgebern gelten, welche diese Tätigkeiten ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung ausübten. Gehe man davon aus, daß für die von der siebentbeklagten Partei ausgeübte Tätigkeit eine Gewerbeberechtigung für Industrie erforderlich sei, dann dürfte die siebentbeklagte Partei ihr Gewerbe nicht mit der bisherigen Gewerbeberechtigung ausüben. Eine unbefugte gewerbliche Betätigung liege aber bereits dann vor, wenn der Unternehmer nicht die zu ihrer Ausübung erforderliche Gewerbeberechtigung habe. Darüber habe aber nicht die Kammer, sondern das Gericht zu entscheiden. Damit, daß die nur Arbeitgeberinteressen vertretende Kammer der gewerblichen Wirtschaft auf Grund der Transmissionsfunktion des § 8 ArbVG darüber entscheide, auf welchen Betrieb welcher Kollektivvertrag anzuwenden sei, werde Artikel 3 des Übereinkommens BGBl 1974/293 nicht Rechnung getragen, mit dem sich die Republik Österreich verpflichtet habe, bei Festsetzung von Mindestlöhnen die Arbeitgeber und Arbeitnehmer in gleicher Anzahl und gleichberechtigt teilnehmen zu lassen. Überdies sei diese Regelung aus der Sicht des Artikel 6 MRK und des Artikel 83 Abs 2 B-VG bedenklich, weil dem Arbeitnehmer die Möglichkeit genommen werde, sein Anliegen auf Anwendung des richtigen Kollektivvertrages vor den zuständigen Richter zu bringen.
Nach Erhebung der Einrede der Unzulässigkeit des Rechtsweges durch die beklagten Parteien dehnten die Dritt- und Neuntkläger die Klage um Leistungsbegehren von insgesamt 425.000 S sA gegen sämtliche beklagten Parteien aus, stützten ihre Klagebegehren gegen die erstbis viertbeklagte Partei auch auf das Amtshaftungsgesetz und beantragten die Überweisung dieser Klagebegehren an das offenbar nicht unzuständige Landesgericht für ZRS Wien.
Die beklagten Parteien beantragten die Zurückweisung der Klagen, in eventu die Abweisung der Klagebegehren. Der Rechtsweg sei unzulässig, weil die Lösung der Vorfrage, ob die Zuordnung des Betriebes der siebentbeklagten Partei zur Landesinnung Gewerbe der Kunststoffverarbeiter gesetzwidrig sei, den ordentlichen Gerichten entzogen sei; andernfalls würde unzulässig in das Selbstverwaltungsrecht der Kammer eingegriffen. Der zweit- und drittbeklagten Partei komme als Gliederungen der erstbeklagten Kammer keine eigene Rechtspersönlichkeit zu. Die Haftung des Viertbeklagten sei ausgeschlossen, weil der Geschädigte den Ersatz des Schadens nur vom Rechtsträger und nicht auch vom Organ verlangen könne; gegen das Organ könne ein Ersatzanspruch im ordentlichen Rechtsweg nicht geltend gemacht werden.
Ebenso sei die Haftung des Fünftbeklagten ausgeschlossen, weil er im Rahmen seiner Tätigkeit als Angestellter der erstbeklagten Partei die Kriterien zusammengestellt habe, die zur Beurteilung der Ausübungsform des Betriebes der siebentbeklagten Partei heranzuziehen sein. Der Fünftbeklagte hafte zwar der erstbeklagten Partei auf Grund des Dienstverhältnisses, nicht aber Dritten, zu denen er in keinem Schuldverhältnis stehe.
Die siebentbeklagte Partei wandte überdies bezüglich des Klagebegehrens des Drittklägers Streitanhängigkeit ein, weil dieser bereits am 9.10.1986 eine gleichartige Klage auf Feststellung und Leistung eingebracht habe; in diesem Verfahren sei Ruhen eingetreten.
Das Feststellungsbegehren gegen die erst- bis fünftbeklagten Parteien sei unzulässig, weil eine besondere Feststellungsklage nach § 54 Abs 1 ASGG nur gegen den Arbeitgeber zulässig sei. Das Feststellungsbegehren gegen die siebentbeklagte Partei sei unzulässig, weil bereits die Klage auf Leistung möglich sei.
Schließlich wandten die erst- bis fünftbeklagten Parteien Unzuständigkeit des Arbeits- und Sozialgerichtes ein. Weiters wurde beantragt, die Klageänderung durch Ausdehnung um die Leistungsbegehren nicht zuzulassen.
Das Erstgericht wies die Einreden der Unzulässigkeit des Rechtsweges sowie der Streitanhängigkeit (hinsichtlich des Drittklägers) ab, ließ die Klageänderung zu, sprach seine Unzuständigkeit bezüglich der von der dritt- bis neuntklagenden Partei gegen die erst- bis viertbeklagte Partei erhobenen Feststellungs- und Leistungsbegehren aus, und überwies die Rechtssache in diesem Umfang an das offenbar nicht unzuständige Landesgericht für ZRS Wien.
Der Rechtsweg sei zulässig, weil das Gericht auch dann, wenn es hinsichtlich einer Vorfrage an die Entscheidung der Handelskammer gebunden sei, zur Entscheidung über Schadenersatzansprüche berufen sei. Die dritt- bis neuntklagenden Parteien machten gegen die erstbis viertbeklagten Parteien einen Amtshaftungsanspruch geltend, für den das angerufene Arbeits- und Sozialgericht nicht zuständig sei; die Unzuständigkeit sei eingewendet worden, nachdem die klagenden Parteien ihre Ansprüche auch auf § 1 AHG gestützt hätten.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs der erstbeklagten Partei gegen die Verwerfung der Einrede der Unzulässigkeit des Rechtsweges nicht Folge (Punkt 1) und hob aus Anlaß der Rekurse der zweit-, dritt-, viert-, fünft- und siebentbeklagten Partei die angefochtenen Beschlüsse des Erstgerichtes und das diesen vorangegangene Verfahren hinsichtlich der Feststellungs- und Leistungsbegehren sämtlicher klagender Parteien gegen die zweit-, dritt-, viert-, fünft- und siebentbeklagte Partei als nichtig auf und wies die Klagen zurück (Punkt 2).
Das Rekursgericht vertrat die Rechtsauffassung, daß zwar die Zuordnung der Mitglieder zu den einzelnen Kammerorganisationen in den Kernbereich der Selbstverwaltung falle und durch Entscheidung der ordentlichen Gerichte nicht geändert werden könne; damit sei aber die Haftung der erstbeklagten Partei für den durch eine unrichtige Zuordnung rechtswidrig und schuldhaft zugefügten Schaden nach dem AHG nicht ausgeschlossen. Da die behauptete Rechtsverletzung durch die Organe der erstbeklagten Partei im Sprengel des Landesgerichtes für ZRS Wien begangen worden sei, habe das Erstgericht seine sachliche Unzuständigkeit mit Recht ausgesprochen und das Feststellungs- und Leistungsbegehren der dritt- bis neuntklagenden Partei gegen die erstbeklagte Partei zutreffend an dieses Gericht überwiesen.
Bezüglich der übrigen beklagten Parteien lägen hingegen Prozeßhindernisse vor. Die zweit- und drittbeklagten Parteien seien als unselbstständige Untergliederungen der erstbeklagten Partei, die über kein Vermögen verfügten, in vermögensrechtlichen Streitigkeiten nicht parteifähig. Die viert-, fünft- und siebentbeklagten Parteien seien Organe im Sinne des § 1 Abs 2 AHG. Gemäß § 9 Abs 5 AHG könne der Geschädigte den Ersatz des Schadens, den ihm ein Organ in Vollziehung der Gesetze zugefügt habe, gegen das Organ nicht im ordentlichen Rechtsweg geltend machen. Der Viertbeklagte sei Präsident der erstbeklagten Partei und als solcher Organ; der Fünfbeklagte sei nicht als selbstständiger Gutachter für die erstbeklagte Partei tätig geworden, sondern auf Grund seiner Dienstpflicht als deren Angestellter. Die siebentbeklagte Partei bzw die für sie handelnden vertretungsbefugten Organe seien nach dem Klagevorbringen bei der Klärung der Zuordnungsfrage nicht als Partei tätig geworden, sondern hätten mit den anderen beklagten Parteien, insbesondere mit dem Fünftbeklagten vorsätzlich dadurch zusammengewirkt, daß sie diesen über die für die Zuordnung maßgeblichen Tatsachen unrichtig informiert hätten, um die Zugehörigkeit der siebentbeklagten Partei zum Kollektivvertragsbereich des Gewerbes zu erhalten.
Gegen diesen Beschluß richten sich die Revisionsrekurse der drittbis neuntklagenden Parteien sowie der erstbeklagten Partei. Die dritt- bis neuntklagenden Parteien bekämpfen Punkt 2 des angefochtenen Beschlusses, soweit damit der ihre Feststellungs- und Leistungsbegehren gegen die zweit-, dritt-, viert-, fünft- und siebentbeklagte Partei betreffende erstgerichtliche Beschluß und das diesem vorangegangene Verfahren als nichtig aufgehoben und die Klagen zurückgewiesen wurden, und beantragen die Abänderung des angefochtenen Beschlusses im Sinne der Wiederherstellung des Beschlusses des Erstgerichtes. Die erstbeklagte Partei bekämpft Punkt 1 des angefochtene Beschlusses, soweit damit die Einrede der Unzulässigkeit des Rechtsweges verworfen wurde und beantragt, ihn dahin abzuändern, daß auch das Verfahren über die Klage gegen die erstbeklagte Partei als nichtig aufgehoben und die Klage als unzulässig zurückgewiesen werde.
Die zweit-, dritt-, viert-, fünft- und siebentbeklagten Parteien beantragen, dem Revisionsrekurs der dritt- bis neuntklagenden Parteien, die dritt- bis neuntklagenden Parteien beantragen, dem Revisionsrekurs der erstbeklagten Partei nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Nur der Revisionsrekurs der dritt- bis neuntklagenden Parteien ist teilweise berechtigt.
1. Zum Revisionsrekurs der erstbeklagten Partei (gegen Punkt 1 des angefochtenen Beschlusses):
Wie der Oberste Gerichtshof bereits in der einen Beschluß der Hauptversammlung des österreichischen Arbeiterkammertages betreffenden Entscheidung SZ 61/106 = Arb 10.740 = DRdA 1990/22 (Öhlinger) mit zahlreichen Hinweisen auf die Lehre und die Judikatur des Verfassungsgerichtshofes ausgesprochen hat, ist sogar für jenen Bereich, in dem durch die Rechtssetzung der Selbstverwaltungskörper nur die eigenen Mitglieder berechtigt und verpflichtet werden, eine Determination der wichtigsten Grundfragen bereits im Gesetz erforderlich (siehe auch VfSlg 12.175 ua). Soweit die Selbstverwaltungskörper hingegen Bescheide und Verordnungen erlassen, die nicht nur die eigenen Mitglieder berechtigen und verpflichten, sondern nach außen wirken, kommt das Legalitätsprinzip uneingeschränkt zum Tragen. Der keine gesetzliche Determination erfordernde Freiraum, der den Selbstverwaltungskörpern zugebilligt wird, erstreckt sich lediglich auf die Gestaltung der inneren Organisation der Selbstverwaltungsorgane, wie etwa auf Geschäftsordnungen und Haushaltsordnungen, die weder eine unmittelbare Außenwirkung gegenüber den Mitgliedern noch gegenüber Außenstehenden entfalten. Dementsprechend ist die erstbeklagte Partei, die bei der Entscheidung über die Zugehörigkeit ihrer Mitglieder zu einer Sektion (§ 42 Abs 4 HKG) behördliche Aufgaben wahrnimmt (siehe auch VwGH vom 18.10.1988, infas A 61/89) und deren Bescheide in diesen Angelegenheiten zumindest gegenüber ihren Mitgliedern eine unmittelbare Außenwirkung entfalten, an die in § 36 HKG genannten Zuordnungskriterien gebunden. Da die Rechtsregeln, die die Verfassung für die staatliche Verwaltung aufstellt, auch für hoheitliches Handeln der Selbstverwaltungskörper gelten, ist auf dieses nicht nur Artikel 18 B-VG sondern auch Artikel 23 B-VG und das diese Verfassungsbestimmung ausführende AHG anzuwenden. Auch die Träger wirtschaftlicher Selbstverwaltung haften daher für den Schaden, den die als ihre Organe handelnden Personen in Vollziehung der Gesetze rechtswidrig und schuldhaft zufügen (siehe Korinek, wirtschaftliche Selbstverwaltung [Springer 1970], 223 ff; vgl Schragel, AHG2 Rz 18). Da somit aus dem von den klagenden Parteien behaupteten Handeln der Organe der erstbeklagten Partei gegen diese ein Amtshaftungsanspruch abgeleitet werden könnte, ist für die mit Schriftsatz ON 4 ausdrücklich auf den Titel der Amtshaftung gestützten Ansprüche gegen die erstbeklagte Partei der Rechtsweg zulässig; im Hinblick darauf, daß der Streitgegenstand nicht nur durch den Entscheidungsantrag sondern auch durch die zu seiner Begründung vorgetragenen Tatsachen bestimmt wird (Fasching, ZPR2 Rz 1155 ff), kann die diesem Haftungsgrund nicht ganz entsprechende Formulierung der Feststellungsbegehren jedenfalls nicht zur Zurückweisung wegen Unzulässigkeit des Rechtsweges führen.
Die von der Revisionsrekurswerberin relevierte Frage eines allfälligen Ausschlusses des Ersatzanspruches nach § 2 Abs 2 AHG ist - ebenso wie die Frage des Rechtswidrigkeitszusammenhanges - im Rahmen der materiellen Prüfung des Amtshaftungsanspruches und nicht im Rahmen der Entscheidung über die Zulässigkeit des Rechtsweges zu lösen.
Dem Revisionsrekurs der erstbeklagen Partei war daher ein Erfolg zu versagen.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsrekursverfahrens beruht auf den §§ 41, 46, 50 ZPO. Hiebei wurde von einem gleich hohen Interesse sämtlicher klagender Parteien an den begehrten Feststellungen ausgegangen und berücksichtigt, daß die erst- und zweitklagende Partei ihr Feststellungsbegehren nicht gegen die erstbeklagte Partei gerichtet haben. Auf der Basis eines vom Revisionsrekurs betroffenen Streitwertes von 658.333 S waren den Klägern daher die Kosten anteilig unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Höhe ihrer Leistungsbegehren zuzuerkennen.
2.) Zum Revisionsrekurs der dritt- bis neuntklagenden Parteien (gegen Punkt 2 des angefochtenen Beschlusses):
a) Zur Parteifähigkeit der zweit- und drittbeklagten Partei:
Wie das Rekursgericht zutreffend erkannt hat, sind die zweit- und drittbeklagte Partei als bloße Untergliederungen der erstbeklagten Partei ohne eigene Organe und ohne eigenes Vermögen im vorliegenden Verfahren nicht parteifähig (siehe auch Korinek aaO 50 f; Schrank, Kollektivvertragsangehörigkeit und Handelskammermitgliedschaft, ZAS 1978, 129 ff [131]). Entgegen der Auffassung von B. Schwarz (Zur Kollektivvertragsangehörigkeit von Arbeitgebern als Mitglieder gesetzlicher Interessenvertretungen, DRdA 1986, 379 ff [383]) ist dies mit der Entscheidung VwSlg 4669 A vereinbar, weil dort den Sektionen nur in jenem beschränkten Umfang, in dem ihnen durch das Gesetz ein Mitsprache- und Berufungsrecht eingeräumt worden ist, für den Bereich des Verwaltungsverfahrens Rechtspersönlichkeit zugebilligt wird.
b) Zur Frage der Organstellung der viert- und fünftbeklagten Partei:
Die Revisionswerber haben ungeachtet der nur die zweit-, dritt-, viert- und siebentbeklagte Partei nennenden Anfechtungserklärung auch die Zurückweisung der gegen den Fünftbeklagten gerichteten Klagebegehren angefochten, weil sie in ihrem Rechtsmittel ausführen, daß der im Rubrum genannte Fünftbeklagte nicht Organ im Sinne des § 1 Abs 2 AHG sei; auch der auf Wiederherstellung des erstgerichtlichen Beschlusses (ohne Einschränkung) gerichtete Revisionsrekursantrag spricht dafür, daß sie auch bezüglich des Fünftbeklagten eine Abänderung der Entscheidung anstreben.
Was die Organstellung des Viert- und Fünftbeklagten betrifft, ist er auf die zutreffende Begründung des angefochtenen Beschlusses hinzuweisen (§ 48 ASGG).
c) Zur Frage der Organstellung der siebentbeklagten Partei, sowie zu der von der siebentbeklagten Partei geltend gemachten Unzulässigkeit des Rechtsweges:
Entgegen der Auffassung des Rekursgerichtes kann aus der Tatsache, daß eine physische Person zur Erfüllung einer hoheitlichen Aufgabe durch andere beiträgt, nicht ihre Organstellung abgeleitet werden; dies gilt insbesondere dann, wenn zwischen den Beitrag und den zu setzenden Hoheitsakt ein gesonderter Willensakt eines Organs zu treten hat. Parteien eines Zivil- oder Verwaltungsverfahrens werden dadurch, daß sie durch ihr Vorbringen und ihre Aussagen aktiv zur Entscheidung beitragen, noch nicht Organe der Hoheitsverwaltung (siehe Schragel aaO Rz 37). Der siebentbeklagten Partei kam aber in dem Verfahren über ihre Sektionszugehörigkeit Parteistellung im Sinne des § 8 AVG zu, weil sich die Tätigkeit der - hoheitliche Aufgaben im Rahmen der Selbstverwaltung erfüllenden - erstbeklagten Partei auf sie bezog und ihr zumindest ein rechtliches Interesse an der Zuordnung zur Sektion Gewerbe bzw Industrie zuzubilligen war (siehe auch Walter-Mayer, Grundriß des österreichischen Verwaltungsverfahrens5 Rz 118).
Auch der Umstand, daß über die Zugehörigkeit der siebentbeklagten Partei zur Sektion Industrie oder Gewerbe im Verwaltungsverfahren zu entscheiden war, führt nicht zur Unzulässigkeit des Rechtsweges für die Geltendmachung jeder Schadenersatzansprüche, die die dritt- bis neuntklagenden Parteien aus der von ihnen behaupteten vorsätzlichen Herbeiführung einer unrichtigen Zuordnung durch die siebentbeklagte Partei ableiten, da zur Entscheidung über Schadenersatzansprüche der Arbeitnehmer gegen den Arbeitgeber jedenfalls die Gerichte berufen sind.
Die Frage, ob das Gericht hiebei an die Entscheidung der Vorfrage der Sektionszugehörigkeit der siebentbeklagten Partei durch die Verwaltungsbehörden gebunden ist (vgl Arb 10.559 und RdW 1988, 361), ist im Rahmen der materiellen Prüfung des Schadenersatzanspruches und nicht im Rahmen der Entscheidung über die Zulässigkeit des Rechtsweges zu lösen.
Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens über den Revisionsrekurs der dritt- bis neuntklagenden Parteien bezüglich der zweit- bis fünftbeklagten Parteien beruht auf den §§ 41, 46, 50 ZPO, die über die Kosten der dritt- bis neuntklagenden Partei gegenüber der siebentbeklagten Partei im Rekurs- und Revisionsrekursverfahren auch auf § 52 Abs 1 Satz 2 ZPO. Die siebentbeklagte Partei hat durch ihre Einrede der Unzulässigkeit des Rechtsweges einen Zwischenstreit veranlaßt (EvBl 1947/511; 1 Ob 3/86; 1 Ob 577/92; Fasching Komm ZPO II 362), so daß ihr die dadurch verursachten Kosten des Rekurs- und Revisionsrekursverfahrens aufzuerlegen waren.
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