OGH 9ObA131/87

OGH9ObA131/8730.9.1987

Der Oberste Gerichtshof hat in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes HonProf. Dr. Kuderna als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith und Dr. Maier sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Günther Schön und Mag. Wilhelm Patzold als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Josef A***, Arbeiter, Wien 11, Buchengasse 17-19/3/23, vertreten durch Dr. Otto Philp und Dr. Gottfried Zandl, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei Walter U***, Kaufmann, Wien 1, Brandstätte 5/32, vertreten durch Dr. Karl Bernhauser, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 68.054,85 sA (Rekursinteresse S 2.400,-- sA), infolge Rekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 4. Mai 1987, GZ 31 R a 26/87-40, womit das Urteil des Arbeitsgerichtes Wien vom 25. Juni 1986, GZ 2 Cr 392/85-24, im Umfang eines Betrages von S 2.400,-- sA für nichtig erklärt und insoweit die Klage zurückgewiesen wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Der Kläger hat die Kosten seines Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung

Der Beklagte entließ den bei ihm als Arbeiter beschäftigten Kläger am 19. Juni 1985. Der Kläger machte mit der Behauptung, ungerechtfertigt entlassen worden zu sein, neben anderen, nicht Gegenstand dieses Rekursverfahrens bildenden Ansprüchen in Höhe von zuletzt S 63.254,85 auch Ansprüche auf Familienbeihilfe für die Monate Juni und Juli 1985 in Höhe von S 4.800,-- sA geltend. Das Erstgericht wies das Klagebegehren auf Bezahlung von S 2.400,-- Familienbeihilfe für Juli 1985 - insoweit rechtskräftig - mit der Begründung ab, daß der Beklagte für diesen Monat die Familienbeihilfe erhalten habe. Die Familienbeihilfe für Juni 1985 in Höhe von S 2.400,-- sA sprach es zu.

Das Berufungsgericht hob das Ersturteil aus Anlaß der Berufung des Beklagten hinsichtlich der für Juni 1985 zugesprochenen Familienbeihilfe in Höhe von S 2.400,-- sA als nichtig auf und wies die Klage in diesem Umfang zurück, weil es sich dabei um einen öffentlich-rechtlichen Anspruch handle, für den der Rechtsweg nicht zulässig sei.

Gegen diesen Zurückweisungbeschluß erhebt der Kläger Rekurs mit dem Antrag, diesen Beschluß der zweiten Instanz aufzuheben und ihm S 2.400,-- sA mit Teilurteil zuzusprechen oder die Rechtssache insoweit an die zweite Instanz zurückzuverweisen.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist nicht berechtigt.

Wie der Oberste Gerichtshof bereits zweimal ausgesprochen hat (Arb. 8.901; 9.124), ist der Anspruch auf Auszahlung der Familienbeihilfe ein unmittelbar auf dem Gesetz (FamLAG vom 24. Oktober 1967, BGBl. 376) beruhender Anspruch, der dem öffentlichen Recht angehört. Der Dienstgeber ist zwar (regelmäßig) verpflichtet, dem Dienstnehmer, der ihm die Familienbeihilfenkarte übergeben hat, die Familienbeihilfe nach Maßgabe der Eintragungen in der Familienbeihilfenkarte gemeinsam mit den Bezügen auszuzahlen (§ 17 Abs 1 FamLAG); der Dienstgeber ist jedoch nur Zahlstelle, was sich insbesondere aus § 18 Abs 1 FamLAG ergibt, wonach der Dienstgeber von der Auszahlungsverpflichtung zu befreien ist, wenn er keine Möglichkeit hat, die ausgezahlten Beihilfen mit Abgabenschulden zu verrechnen. Kommt der Dienstgeber seiner Auszahlungsverpflichtung nicht nach, ist die Familienbeihilfenkarte gemäß § 19 FamLAG zur Auszahlung der rückständigen Familienbeihilfe dem nach § 43 zuständigen Finanzamt zur Auszahlung des Rückstandes zu übergeben. Der Rechtsweg zur Geltendmachung rückständiger Familienbeihilfen ist demnach in aller Regel ausgeschlossen (Arb. 8.901, 9.124).

Der Dienstnehmer kann zwar dadurch einen auf den Rechtsweg gehörenden Anspruch privatrechtlicher Natur erlangen, daß ihm der Dienstgeber die Auszahlung der Familienbeihilfe zusagt und damit durch konstitutives Anerkenntnis ein privatrechtlicher Titel entsteht (Arb. 9.124). Ein solches Anerkenntnis wurde jedoch im vorliegenden Fall nicht behauptet. In dem Umstand, daß der Beklagte in die Familienbeihilfenkarte die Auszahlung der Familienbeihilfe für die Zeit vom 1. Juni bis 30. Juni 1985 eingetragen haben soll, ist ein privatrechtliches Anerkenntnis nicht zu erblicken; die Eintragung konnte ja den Zweck haben eine noch gar nicht ausgezahlte Familienbeihilfe mit dem Finanzamt zu "verrechnen". Eine Fehleintragung in der Familienbeihilfenkarte ändert an der Unzulässigkeit des Rechtsweges nichts; entstehen über die Richtigkeit der Eintragung Streitigkeiten, entscheidet gemäß § 20 Abs 1 FamLAG das nach § 43 zuständige Finanzamt. Der Kläger kann sich daher auch in diesem Fall wegen der Auszahlung der rückständigen Familienbeihilfe nur an das Finanzamt wenden. Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 52 Abs 1 Satz 1 ZPO.

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