OGH 9ObA129/99g

OGH9ObA129/99g9.7.1999

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Steinbauer und Dr. Spenling sowie durch die fachkundigen Laienrichter Dr. Johann Meisterhofer und Rat DI Werner Conrad als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Reinhard G*****, Angestellter, ***** vertreten durch Dr. Karl Franz Leutgeb, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei J***** GesmbH, ***** vertreten durch Dr. Gustav Teicht und Dr. Gerhard Jöchl, Rechtsanwälte in Wien, wegen S 361.297,22 brutto sA und S 3.000 netto sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 20. Jänner 1999, GZ 7 Ra 365/98t-39, womit infolge Berufung des Klägers das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 3. März 1998, GZ 25 Cga 29/95g-28, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S

16.785 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 2.797,50 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsgrund der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO). Das Berufungsverfahren ist nur dann mangelhaft, wenn sich das Berufungsgericht mit der Beweisrüge überhaupt nicht oder nur so mangelhaft befaßt hat, daß keine nachvollziehbaren Überlegungen über die Beweiswürdigung angestellt und im Urteil festgehalten sind (4 Ob 355/98d). Dies ist hier nicht der Fall. Das Berufungsgericht hat eingehend dargelegt, warum es die Angaben der Zeugin B***** für unbedenklich hielt. Bei nachvollziehbaren Überlegungen des Berufungsgerichtes bildet der Umstand, daß es sich nicht mit jedem einzelnen Argument des Berufungswerbers auseinandergesetzt hat oder sich einer mangelhaften oder unzureichenden Begründung bedient hat, keinen Mangel des Berufungsverfahrens (8 ObA 266/98w; 9 ObA 350/98f). Ob hingegen die die Beweiswürdigungsrüge betreffende Begründung des Berufungsgerichtes richtig oder fehlerhaft ist, fällt in den Bereich der irrevisiblen Beweiswürdigung (9 ObA 350/98f).

Im übrigen hat das Berufungsgericht das Vorliegen des Entlassungsgrundes der Vertrauensunwürdigkeit zutreffend bejaht. Es reicht daher insofern aus, auf die Richtigkeit der Begründung der angefochtenen Entscheidung zu verweisen (§ 510 Abs 3 zweiter Satz ZPO).

Den Revisionsausführungen ist ergänzend entgegenzuhalten:

Der Entlassungsgrund der Vertrauensunwürdigkeit erfordert keine konkrete Schädigung, sondern stellt darauf ab, ob für den Dienstgeber vom Standpunkt vernünftigen Ermessens die gerechtfertigte Befürchtung bestand, daß seine Interessen und Belange durch den Angestellten gefährdet sind (Arb 10.001; Ind 1998/2443 uva). An das Verhalten eines Angestellten ist ein objektiver Maßstab anzulegen, der nach den Begleitumständen des Einzelfalles und nach den gewöhnlichen Anschauungen der beteiligten Verkehrskreise angewendet zu werden pflegt (Arb 10.212; Ind 1998/2443). Es kommt demnach nicht auf die subjektiven nach außen nicht erkennbaren Motivationen des Klägers an. Ebenso ist beim Entlassungsgrund der Vertrauensunwürdigkeit eine Ermahnung oder Verwarnung durch den Arbeitgeber nicht erforderlich, weil es sich dabei um keinen Entlassungsgrund handelt, der das Tatbestandsmerkmal der Beharrlichkeit voraussetzt (8 ObA 263/98d).

Im vorliegenden Fall geht es nicht um ein verschuldetes Kassenmanko, sondern darum, daß die festgestellten, nicht dokumentierten eigenmächtigen Geldentnahmen durch den Kläger aus der anvertrauten Wechselgeldkasse im Zusammenhang mit der unbefugten Verwendung der Kreditkarte der beklagten Partei geeignet waren, eine Interessengefährdung des Dienstgebers zu begründen. Diese eindeutigen Feststellungen lassen den Umstand, daß bei Abwicklung einzelner Geschäfte auch von anderen Mitarbeitern Wechselgeld aus der Wechselkasse genommen wurde und daß sich der Schlüssel bekannterweise meist in der oberen Schreibtischlade des Klägers befand, als ebenso bedeutungslos erscheinen, wie die Frage, daß den Arbeitgeber die Beweispflicht für ein schuldhaftes Kassenmanko trifft (Kuderna Entlassungsrecht2 89). Beim Entlassungsgrund der Vertrauensunwürdigkeit kommt es nicht nur auf den letzten Vorfall, sondern auf das Gesamtverhalten des Arbeitnehmers innerhalb eines längeren Zeitraumes an (8 ObA 228/95). Es kann daher die Summierung im Einzelfall geringfügiger Verstöße den Tatbestand erfüllen (8 ObA 2235/96a). Dies gilt auch für Fehlbeträge in der Kasse (8 ObA 2235/96a).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 Abs 1 ZPO.

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