OGH 9ObA129/10a

OGH9ObA129/10a25.10.2011

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf und Hon.-Prof. Dr. Kuras sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Martin Gillinger und AR Angelika Neuhauser als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei K***** M*****, vertreten durch Dr. Odo Schrott, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen die beklagte Partei B***** SE *****, vertreten durch Dr. Peter Berethalmy und Dr. Christiane Berethalmy-Deuretzbacher, Rechtsanwälte in Wien, wegen 250.000 EUR sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 19. Oktober 2010, GZ 15 Ra 106/10s-49, womit das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Arbeits- und Sozialgericht vom 5. Mai 2010, GZ 44 Cga 150/07f-43, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der beklagten Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Die nach § 24 Abs 1 Z 3 HVertrG 1993 „unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere der dem Handelsvertreter aus Geschäften mit den betreffenden Kunden entgehenden Provisionen“ nach Billigkeit festzusetzende Ausgleichszahlung ist geradezu ein Musterbeispiel für eine nach dem jeweiligen Einzelfall zu treffende Billigkeitsentscheidung, weshalb sie - abgesehen von einer krassen Fehlbeurteilung durch das Berufungsgericht - regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage darstellt (6 Ob 204/05a; RIS-Justiz RS0112590 ua).

Die Revisionswerberin bestreitet nicht die Anwendung des Handelsvertretergesetzes (HVertrG 1993), BGBl 1993/88, auf den Tankstellen-Agenturvertrag des Klägers (vgl 2 Ob 252/08k; 9 ObA 49/09k ua). Sie räumt auch ein, dass im vorliegenden Fall die Berechnung des Ausgleichsanspruchs des Klägers nach den Grundsätzen der gesicherten Rechtsprechung erfolgt sei (vgl zur Berechnung 8 ObA 45/08p ua). Ihr Ansatz, bei der Ermittlung des angemessenen Ausgleichsanspruchs anstelle der dem Kläger entgehenden Provisionen die niedrigeren Gewinne zugrundezulegen, findet im HVertrG 1993 keine Grundlage. Wie schon einleitend ausgeführt, stellt § 24 Abs 1 Z 3 HVertrG 1993 ausdrücklich auf die „entgehenden Provisionen“ (RV 578 BlgNR 18. GP 15) - und nicht auf die entgehenden Gewinne - ab. Dies entspricht den Vorgaben der Richtlinie 86/653/EWG des Rates vom 18. 12. 1986 zur Koordinierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten betreffend die selbständigen Handelsvertreter, die ihrerseits in Art 17 Abs 2 lit a ausdrücklich auf die dem Handelsvertreter „entgehenden Provisionen“ abstellen. Bemessungsgrundlage des Ausgleichsanspruchs sind daher die berücksichtigungsfähigen Provisionen (vgl 4 Ob 65/06x; RIS-Justiz RS0121117 ua). Wie viel dem Handelsvertreter von den vom Unternehmer erhaltenen Provisionen nach Abzug seiner Kosten für das Büro, das Personal etc verbleibt, ist daher unerheblich (Nocker, HVertrG 1993 § 24 Rz 633 ua).

Bezüglich der im vorliegenden Fall zugrundegelegten, von den Umständen des Einzelfalls abhängigen Billigkeitsabschläge wird die Revisionswerberin auf die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichts verwiesen (§ 510 Abs 3 Satz 2 ZPO; 9 ObA 49/09k ua). Eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO besteht insoweit nicht, insbesondere auch nicht im Zusammenhang mit den Überlegungen der Revisionswerberin, den jährlich erwirtschafteten Gewinnen des Klägers durch weitere Billigkeitsabschläge bei der Ermittlung des Ausgleichsanspruchs Rechnung zu tragen.

Zusammenfassend ist die außerordentliche Revision der Beklagten mangels Geltendmachung einer erheblichen Rechtsfrage zurückzuweisen. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Zurückweisungsbeschluss nicht (§ 510 Abs 3 Satz 3 ZPO).

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