OGH 9ObA109/11m

OGH9ObA109/11m25.10.2011

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Dehn sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Martin Gillinger und AR Angelika Neuhauser als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei H***** K*****, vertreten durch Mag. Egon Stöger, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagte Partei W***** Versicherungs AG, *****, vertreten durch Dr. Roland Kometer, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen (zuletzt) 42.016,70 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 14. Juli 2011, GZ 15 Ra 55/11t-67, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Der Kläger war seit 1. 4. 1999 bei der Beklagten zuletzt als Maklerbetreuer angestellt. Diese hatte mit einem ihrer Makler am 3./6. 4. 2002 eine Vereinbarung über eine Zusatzbonifikation getroffen, die von der zuständigen Landesdirektorin der Beklagten und dem Kläger unterzeichnet war. Über Wunsch des Maklers erstellte der Kläger eigenmächtig und ohne Zustimmung der Landesdirektorin eine mit 29. 7. 2002 datierte Urkunde, mit der für denselben Bonifikationszeitraum ein ungünstigerer Berechnungsschlüssel für die Bonifikation des Maklers festgelegt wurde. Dem Kläger musste bewusst sein, dass diese Urkunde nur den Zweck haben konnte, jemanden über tatsächlich gewährte Provisionen zu täuschen. Im Zuge einer kriminalpolizeilichen Einvernahme am 21. 5. 2008 erklärte er, dass die mit 3./6. 4. 2002 datierte Vereinbarung infolge Nachverhandlungen erst nach jener vom 29. 7. 2002 abgeschlossen worden sei. Der Makler wurde wegen gewerbsmäßigen schweren Betrugs an einem Submakler und Beweismittelfälschung verurteilt.

Die Landesdirektorin wurde am 2. 7. 2008 von einem Rechtsanwalt über das Vorliegen der widersprüchlichen Bonifikationsvereinbarungen in Kenntnis gesetzt, erhielt am 4. 7. 2008 ein Fax unter anderem über die Aussage des Klägers vor der Kriminalpolizei - die für sie die Unterstellung einer Rückdatierung der Vereinbarung auf den 3./6. 4. 2008 bedeutete -, und sprach am selben Tag die Entlassung des Klägers aus.

Die Beurteilung der Vorinstanzen, die eine rechtzeitige und berechtigte Entlassung des Klägers angenommen hatten, lässt keinen Korrekturbedarf erkennen:

Sowohl die Frage, ob ein Verhalten den Tatbestand der Vertrauensunwürdigkeit begründet als auch jene nach der Rechtzeitigkeit einer Entlassung sind nach den Umständen des Einzelfalls zu beurteilen, vermögen daher idR keine revisible Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO zu begründen (RIS-Justiz RS0103201; RS0106298; RS0031571 [T1, T9]).

Wenn der Kläger die Entlassung als verspätet erachtet, weil sie bereits am 2. 7. 2008 ausgesprochen werden hätte können, übersieht er, dass der Beklagten erst am 4. 8. 2008 seine Behauptungen anlässlich der Einvernahme im Mai 2008 über die vermeintliche Rückdatierung der Bonifikationsvereinbarung vom 3./6. 4. 2002 durch die Landesdirektorin bekannt wurden. Ungeachtet eines langjährigen Wohlverhaltens schließen diese Unterstellung und die Gefahr eines Ansehensverlustes der Beklagten auch bezüglich der Vertrauensunwürdigkeit des Klägers eine korrekturbedürftige Fehlbeurteilung der Vorinstanzen aus.

Die Revision war daher zurückzuweisen.

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