Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 3.397,35 (darin S 308,85 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger war bei der Beklagten vom 1.Juli 1985 bis 31. März 1986 als Leiter der Abteilung Hochbau der Niederlassung der Beklagten in Graz angestellt. Zufolge der Anrechnung von Vordienstzeiten begann sein Urlaubsjahr mit 1.März. Sein Arbeitsverhältnis endete durch einvernehmliche Auflösung. Während er für den bis 28.Februar 1986 nicht verbrauchten Urlaub eine Urlaubsentschädigung erhielt, wurde ihm für März 1986 nur eine Urlaubsabfindung gezahlt.
Mit der vorliegenden Klage begehrt der Kläger unter anderem eine für das Revisionsverfahren noch wesentliche, der Höhe nach unbestrittene restliche Urlaubsentschädigung von S 59.766,52 sA mit der Begründung, daß sich die Beklagte vertraglich verpflichtet habe, ihm nicht nur den unverbrauchten "alten" Urlaub abzugelten, sondern ihn auch für den am 1.März 1986 neu entstandenen Urlaubsanspruch voll zu entschädigen.
Die Beklagte beantragte, das Klagebegehren abzuweisen. Die zwischen den Parteien abgeschlossene Vereinbarung über die Abgeltung des Urlaubs habe lediglich den "alten" offenen Urlaub bis 28. Februar 1986 betroffen, nicht aber den neuen Urlaubsanspruch ab März 1986.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es traf im wesentlichen folgende Feststellungen:
Der Kläger teilte im Herbst 1985 sowohl dem Geschäftsführer der Beklagten, Norbert J***, als auch deren Niederlassungsleiter in Graz, Ing. Manfred N***, mit, daß er das Arbeitsverhältnis zur Beklagten beenden wolle. Da er eine Abfertigung erhalten wollte, strebte er eine einvernehmliche Auflösung des Arbeitsverhältnisses an. Der Geschäftsführer J*** forderte den Kläger auf, noch so lange zu bleiben, bis ein Nachfolger gefunden sei. Dies war zwar zum Jahreswechsel 1985/1986 der Fall, doch ersuchte der Geschäftsführer J*** den Kläger telefonisch, noch bis Ende März 1986 zu bleiben, damit er den Betrieb übergeben und sich der Nachfolger einarbeiten könne. Der Kläger erklärte, daß er 32 Tage offenen Urlaub habe und daher eigentlich sofort aufhören könnte. Der Geschäftsführer J*** ersuchte den Kläger neuerlich, noch zu bleiben; er erhalte diesen Urlaub (32 Tage) ausgezahlt. Darüber, daß mit 1.März 1986 bereits ein neues Urlaubsjahr begann, wurde nicht gesprochen. Dies war dem Geschäftsführer J*** auch nicht bekannt. Es kam bei dem Telefongespräch schließlich zur Vereinbarung, daß der Kläger eine Abfertigung in Raten erhalten und ihm der restliche Urlaub abgegolten werden sollte.
Der Geschäftsführer J*** teilte diesen Sachverhalt telefonisch dem Niederlassungsleiter Ing. N*** mit und forderte ihn auf, er möge mit dem Kläger eine Aktennotiz über diese Vereinbarung anfertigen. Zu diesem Zeitpunkt hatte Ing. N*** bereits einen handschriftlichen Vermerk des Klägers unter anderem folgenden Inhalts erhalten:
"Das Arbeitsverhältnis von Herrn E. B*** wird einvernehmlich mit 31.März 1986 aufgelöst. Mit diesem Zeitpunkt werden Herrn E. B*** die Abfertigung und für die nicht verbrauchten Urlaubstage eine Urlaubsentschädigung mit allen aliquoten Gehaltsanteilen bezahlt."
Ing. N*** informierte den Geschäftsführer J*** über den Inhalt des handschriftlichen Vermerks sinngemäß dahin, daß der Kläger den alten Urlaub ausbezalt haben wolle und daher bis Ende März 1986 arbeiten werde. Ing. N*** war der Begriff "Urlaubsentschädigung" nicht bekannt; es war ihm auch der Unterschied zum Ausdruck "Urlaubsabfindung" nicht geläufig. Er und der Kläger sprachen lediglich darüber, daß es beider Wunsch sei, daß sich der Kläger nicht den offenen Urlaub nehme, sondern diesen ausbezahlt erhalte, und der Kläger im März 1986 noch für die Beklagte arbeite. Darüber, daß ab 1.März 1986 ein neues Urlaubsjahr begann, was auch Ing. N*** nicht wußte, wurde wiederum nicht gesprochen. Es ist daher auch keine ausdrückliche Regelung darüber erfolgt, was hinsichtlich der Auszahlung des ab 1.März 1986 neu entstehenden Urlaubs geschehen soll.
Erkennbares Begehren des Klägers bei den Verhandlungen über die einvernehmliche Auflösung des Arbeitsverhältnisses war es, daß er sich den ihm nach dem Urlaubsrecht zustehenden Urlaub nicht vor der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nehmen, sondern ausgezahlt erhalten wollte. Er äußerte sich nicht darüber, daß er zum Ende seines Arbeitsverhältnisses ein höheres Ausmaß an Urlaubstagen abgegolten haben wolle, als ihm bei einer einvernehmlichen Auflösung ohnehin zugestanden wäre. Ing. N*** konnte daher das Begehren des Klägers in seinem handschriftlichen Vermerk auf Urlaubsentschädigung lediglich so verstehen, daß der Kläger damit die ihm gesetzlich zustehende Zahlung für den zum 31.März 1986 nicht verbrauchten Urlaub bei einvernehmlicher Auflösung begehre. Diesem Begehren stimmte Ing. N*** zu. Er fertigte am 13.Jänner 1986 einen Aktenvermerk an, der unter anderem lautete:
"Das Arbeitsverhältnis wird auf Wunsch von E. B*** einvernehmlich mit 31.März 1986 gelöst.
Für die nicht verbrauchten Urlaubstage erhält Herr B*** eine Urlaubsentschädigung mit allen aliquoten Gehaltsanteilen ausbezahlt. Bezüglich der Abfertigung wurde folgende Vereinbarung getroffen......"
Es kann nicht festgestellt werden, ob der Kläger das von ihm verwendete Wort "Urlaubsentschädigung" sowohl auf den offenen Resturlaub von 32 Tagen als auch auf den neuen gesamten Jahresurlaub ab 1.März 1986 bezog. Er hat jedenfalls eine solche Ansicht nicht erklärt.
Das Erstgericht vertrat die Rechtsauffassung, daß die im Aktenvermerk vom 13.Jänner 1986 festgehaltene Vereinbarung nur so verstanden werden könne, daß mit dem Wort "Urlaubsentschädigung" lediglich der Urlaub aus dem Urlaubsjahr bis Ende Februar 1986 gemeint gewesen sei, der Aktenvermerk aber keine Regelung hinsichtlich des ab 1.März 1986 beginnenden neuen Urlaubsjahres beinhalte. Es sei daher diesbezüglich keine ausdrückliche Vereinbarung der Parteien zustandegekommen. Es sei weiters kein Anhaltspunkt dafür hervorgekommen, daß sich die Beklagte zu einer Zahlung von rund S 60.000 über die gesetzlichen Ansprüche hinaus verpflichten habe wollen. Dem Interesse der Beklagten an einem Weiterverbleib und einer fallweisen Mitarbeit des Klägers sei schon durch die Vereinbarung einer Abfertigung Rechnung getragen worden. Sein Begehren auf zusätzliche Urlaubsentschädigung lasse sich daher auch im Wege einer ergänzenden Vertragsauslegung nicht begründen. Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung. Es billigte die Rechtsansicht des Erstgerichtes und führte ergänzend aus, daß die Vertragsauslegung nicht auf die Ermittlung des buchstäblichen Sinns des Ausdrucks beschränkt sei. Es sei vielmehr die Absicht der Parteien zu erforschen und es seien auch alle außerhalb des Erklärungsaktes liegenden Begleitumstände einzubeziehen. Der Kläger müsse sich hinsichtlich seines Formulierungsvorschlags einerseits die Unklarheitenregel des § 915 ABGB entgegenhalten und andererseits auf die zwischen den Parteien geführten Gespräche verweisen lassen. Es gehe dabei weniger um die Bedeutung des Begriffs der "Urlaubsentschädigung" als vielmehr um den Sinn der Formulierung "für die nicht verbrauchten Urlaubstage". Dazu stehe aber eindeutig fest, daß sich die Zusage der Beklagten, den noch offenen Urlaub zu entschädigen, ausschließlich auf den zum Zeitpunkt der Vereinbarung noch offenen Urlaubsrest aus dem vergangenen Urlaubsjahr, nicht jedoch auf den erst im März 1986 anfallenden neuen Urlaubsanspruch bezogen habe.
Gegen dieses Urteil richtet sich die aus den Gründen der unrichtigen rechtlichen Beurteilung erhobene Revision des Klägers mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung im Sinne des Klagebegehrens abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Beklagte beantragte in ihrer Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
Der Revisionswerber macht in seiner Rechtsrüge im wesentlichen geltend, daß Basis der Vereinbarung der Parteien der Aktenvermerk des Klägers gewesen sei, aus dem eindeutig hervorgehe, daß mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses des Klägers am 31.März 1986 für alle offenen Urlaubstage eine Urlaubsentschädigung gezahlt werde. Hätte diese Vereinbarung nicht den am 1.März 1986 neu entstandenen Urlaubsanspruch umfaßt, wäre sie auf Grund der Regelung der §§ 9 und 10 UrlG sinnlos gewesen. Der Kläger habe daher mangels Aufklärung durch Ing. N*** darauf vertrauen dürfen, daß ihm der am 31. März 1986 offene Urlaub voll entschädigt werde. Da gemäß § 7 iVm § 12 UrlG während des aufrechten Arbeitsverhältnisses den Urlaubsanspruch des Arbeitnehmers betreffende Ablösevereinbarungen mit dem Arbeitgeber nichtig sind (§ 879 ABGB; Klein-Martinek, Urlaubsrecht UrlG § 7 Anm. 2; Cerny, Urlaubsrecht UrlG § 7 Erl. 2, § 12 Erl. 2), ist vorerst zu prüfen, ob die zwischen den Parteien geschlossene Vereinbarung überhaupt wirksam zustandekam. Der Annahme ihrer Rechtsunwirksamkeit steht nicht nur entgegen, daß sich keine der Parteien darauf berufen hat (Koziol-Welser, Grundriß8 I 140; KleinMartinek aaO § 7 Anm. 3; MietSlg. 25.076), sondern auch, daß die Vereinbarung nicht auf eine Abgeltung des Urlaubsverzichts während des aufrechten Arbeitsverhältnisses, sondern ausdrücklich auf die Rechtsfolgen der einvernehmlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses abstellt. Für den Fall der einvernehmlichen Auflösung des Arbeitsverhältnisses sind aber schon im Gesetz Bestimmungen über die Abgeltung des nicht verbrauchten Urlaubs in Form der Urlaubsentschädigung (§ 9 Abs 1 Z 5 UrlG) bzw. Urlaubsabfindung (§ 10 Abs 1 UrlG) vorgesehen. Diese Bestimmungen gehen nicht von einer Vereinbarung über den Nichtverbrauch des Urlaubs aus, sondern lediglich von der Tatsache, daß das Arbeitsverhältnis vor dem Urlaubsverbrauch endet (Cerny aaO § 7 Erl. 4; Arb. 9.643). Auch wenn Erklärungen des Arbeitnehmers über einen Verzicht auf den Verbrauch künftiger oder schon fälliger Urlaubsansprüche daher so lange unwirksam sind, als das Arbeitsverhältnis andauert, erlangt die bewußte Nichtinanspruchnahme des Urlaubs durch den Arbeitnehmer mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses und der damit verbundenen Unmöglichkeit des Urlaubsverbrauches rechtliche Bedeutung (Klein-Martinek aaO § 12 Anm. 5.1). Dem Revisionswerber ist insoweit beizupflichten, daß es einer Vereinbarung über die Abgeltung des "alten Urlaubs" ebenso wenig bedurft hätte, wie über die Zuerkennung einer Abfertigung (§ 23 Abs 7 AngG; Martinek-Schwarz, AngG6 § 23 Erl. 40). Daraus ist aber noch keineswegs zu schließen, daß schon aus diesem Grunde nur über das Gesetz hinausreichende Ansprüche vereinbart worden sein könnten. Der schriftlich festgehaltenen Vereinbarung kann allenfalls beweissichernde Wirkung dahin zuerkannt werden, daß es der Kläger jedenfalls nicht abgelehnt hatte, einen von der Beklagten angebotenen zumutbaren Erholungsurlaub zu verbrauchen und ihm dadurch seine finanziellen Ansprüche gewahrt geblieben sind. Im übrigen hat das Berufungsgericht richtig erkannt, daß die Parteien ohnehin keine Vereinbarung über eine über das Gesetz hinausreichende höhere Urlaubsabgeltung getroffen haben. Der Revisionswerber geht nicht von den Feststellungen aus, soweit er unterstellt, die Basis der Vereinbarung zwischen den Parteien sei der von ihm stammende handschriftliche Vermerk gewesen. Abgesehen davon, daß Ing. N*** seine Formulierung "mit diesem Zeitpunkt" nicht übernahm, diente der Aktenvermerk vom 13.Jänner 1986 im wesentlichen nur dazu, die bereits mündlich getroffene Vereinbarung schriftlich festzuhalten; dies kommt hinsichtlich der Abfertigung in der Wendung "......wurde folgende Vereinbarung getroffen" deutlich zum Ausdruck. Abgestellt auf den Zeitpunkt der diesbezüglichen Vereinbarungen und der Errichtung des Aktenvermerks vom 13. Jänner 1986 war lediglich der Resturlaub des Klägers von 32 Tagen offen. Dazu kommt, daß der Kläger in keinem Stadium seiner Verhandlungen mit dem Geschäftsführer J*** und dem Niederlassungsleiter Ing. N*** eine Urlaubsentschädigung auch für das am 1.März 1986 beginnende neue Urlaubsjahr verlangt, sondern lediglich auf die 32 Tage offenen Urlaubs verwiesen hatte. Es steht nicht einmal fest, ob der Kläger selbst den Begriff "Urlaubsentschädigung" für sich auf den "neuen" Urlaub bezogen hat; er hat jedenfalls eine solche Ansicht nicht erklärt. Nach den maßgeblichen Feststellungen hat sich vielmehr die Zusage der Beklagten, den noch offenen Urlaub zu entschädigen, ausschließlich auf den zum Zeitpunkt der Vereinbarung noch offenen Urlaubsrest aus dem vergangenen Urlaubsjahr, nicht jedoch auf den erst im März 1986 anfallenden neuen Urlaubsanspruch bezogen.
Gemäß § 914 ABGB ist hinsichtlich dieser Entschädigungsvereinbarung wie bei jedem Vertrag die Absicht der Parteien zu erforschen und die Vereinbarung so zu verstehen, wie es der Übung des redlichen Verkehrs entspricht. Maßgeblich ist, wie der Kläger die Erklärungen des Geschäftsführers J*** und des Niederlassungsleiters Ing. N*** betreffend die Urlaubsentschädigung "für die nicht verbrauchten Urlaubstage" unter Berücksichtigung aller Umstände verstehen durfte (Rummel in Rummel, ABGB § 914, Rz 4 ff; Koziol-Welser, Grundriß8 I 87; Spielbüchler in Floretta-Spielbüchler-Strasser, Arbeitsrecht2 I 63; Schwarz-Löschnigg, Arbeitsrecht 154 f; MietSlg. 31.085; JBl 1986, 173; DRdA 1986/22 ua). Nach der objektiven Bedeutung der Zusage der Beklagten, gemessen am Empfängerhorizont des Klägers, konnte für diesen am Inhalt der getroffenen Vereinbarung kein Zweifel bestehen. Der Kläger kann dem Geschäftsführer und dem Niederlassungsleiter der Beklagten auch nicht vorwerfen, sie hätten den Beginn des neuen Urlaubsjahres ab 1.März 1986 aufklären und erörtern müssen, da diesen der neue Urlaubsanspruch nicht bekannt war. Es wäre bei dieser Sachlage vielmehr Sache des Klägers gewesen, auf das vor der Auflösung des Arbeitsverhältnisses beginnende neue Urlaubsjahr hinzuweisen, hätte er tatsächlich über die Vereinbarung hinausreichende Ansprüche anerkannt haben wollen.
Da sohin keine Regelung über die Auszahlung des ab 1.März 1986 neu entstehenden Urlaubs getroffen wurde, ist es auch diesbezüglich zu keiner vom Gesetz abweichenden Vereinbarung gekommen. Die dem Kläger nach dem Urlaubsgesetz zustehenden Ansprüche wurden aber von der Beklagten bereits abgegolten.
Die Kostenentscheidung ist in den §§ 41 und 50 ZPO begründet.
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