OGH 9Ob91/04d

OGH9Ob91/04d29.9.2004

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling, Dr. Hradil, Dr. Hopf und Univ. Doz. Dr. Bydlinski als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1.) Elenora K*****, Lehrerin, und 2.) Mag. Peter K*****, Vorstandsdirektor, beide *****, beide vertreten durch Dr. Siegfried Leitner, Rechtsanwalt in Graz, wider die beklagte Partei H*****-F***** Gesellschaft mbH, *****, vertreten durch Scherbaum/Seebacher Rechtsanwälte GmbH in Graz, wegen 11.884,77 EUR sA, infolge ordentlicher Revision der klagenden Parteien (Revisionsinteresse 4.983,37 EUR) gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht vom 26. Mai 2004, GZ 3 R 66/04g-44, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 23. Dezember 2003, GZ 13 Cg 95/03h-38, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass sie einschließlich der bereits in Rechtskraft erwachsenen Teile insgesamt zu lauten haben:

"Die beklagte Partei ist schuldig, den klagenden Parteien binnen 14 Tagen 10.824,26 EUR samt 4 % Zinsen seit 22. 6. 2002 zu zahlen.

Das Mehrbegehren von weiteren 1.060,51 EUR samt 4 % Zinsen seit 22. 6. 2002 wird abgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, den klagenden Parteien je zur Hälfte die mit 7.015,92 EUR (darin 758,08 EUR an USt und 2.467,50 EUR an Barauslagen) bestimmten Kosten aller drei Instanzen binnen 14 Tagen zu ersetzen."

Text

Entscheidungsgründe:

Folgender Sachverhalt steht in Ansehung der im Revisionsverfahren noch relevanten Streitpunkte fest:

Die Kläger erwarben von der beklagten Partei ein Fertigteilhaus, welches sie 1989 bezogen. Im Jahr 1992 traten an der Außenfassade des Wohnhauses erstmals Feuchtigkeitsschäden auf, die die beklagte Partei im selben Jahr sanierte. 1996/1997 zeigten sich wiederum dieselben Mängel an der Außenfassade des Wohnhauses der Kläger. Während die beklagte Partei an den übrigen Fassaden der von ihr errichteten Wohnhausanlage die Sanierung alsbald vornahm, vereinbarten die Kläger mit dem - für die Zusage von Sanierungen kompetenten - Bauleiter der beklagten Partei, die Sanierung ihrer Fassade erst später im Zuge eines von den Klägern geplanten Keller- und Terrassenzubaus vorzunehmen; ein genauer Zeitpunkt wurde nicht vereinbart. Vor Beginn des Zubaus wurde die beklagte Partei von den Klägern mit eingeschriebenem Brief vom 6. August 2001 darüber in Kenntnis gesetzt, dass die Bauarbeiten ab 1. Oktober 2001 erfolgen würden. Da die beklagte Partei die Sanierung ablehnte, beauftragten sie ein anderes Unternehmen mit der Sanierung der Fassade. Die Sanierungskosten beliefen sich auf insgesamt 10.824,26 EUR. Vor Beginn dieser Arbeiten war die Oberfläche der Fassade stark veralgt und bereits in einem optisch unansehnlichen Zustand, sodass eine Überarbeitung zumindest aus optischen Gründen in den nächsten fünf bis zehn Jahren hätte durchgeführt werden müssen. Die Kosten für eine derartige optische Sanierung der Fassade hatten 4.983,37 EUR betragen.

Mit ihrer am 8. August 2002 eingebrachten Klage begehrten die Kläger von der beklagten Partei die Zahlung von 11.884,77 EUR für die Sanierung der Fassade und stützten sich dabei auf Gewährleistung und auf jeden in Betracht kommenden Rechtsgrund.

Die beklagte Partei beantragte Klageabweisung und wendete unter anderem ein, die gesetzliche Gewährleistungsfrist sei zum Zeitpunkt der Klagseinbringung bereits abgelaufen gewesen und der Gewährleistungsanspruch der Kläger verfristet. Im Rahmen des Schadenersatzrechts sei stets eine wirtschaftliche Betrachtungsweise geboten, weshalb sich die Kläger jedenfalls einen Abzug "neu für alt" anrechnen lassen müssten.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren im Umfang von 5.840,89 EUR samt Zinsen statt und wies das auf Zahlung weiterer 6.043,88 EUR gerichtete Mehrbegehren ab. Zwischen den Streitteilen sei keine konkrete Frist vereinbart worden, in der die Mängelbehebung durch die beklagte Partei längstens hätte vorgenommen werden sollen, sodass die gesetzliche Gewährleistungsfrist von drei Jahren heranzuziehen sei. Da die Zusage über die Sanierung der Fassade bereits im Jahr 1996/1997 erfolgte, sei die gesetzliche Gewährleistungsfrist zum Zeitpunkt der Klagseinbringung am 8. August 2002 abgelaufen und der Gewährleistungsanspruch verfristet. Den Klägern stehe jedoch ein Schadenersatzanspruch zu, der aber um den Vorteil einer um Jahre verlängerten Lebensdauer der Hausfassade zu kürzen sei. Der tatsächliche Verbesserungsaufwand von 10.824,26 EUR sei unter Berücksichtigung eines anzurechnenden Abzugs "neu für alt" um 4.983,37 EUR zu kürzen, da die Kläger sonst um diesen Vorteil bereichert wären.

Das Berufungsgericht gab der gegen dieses Urteil in Ansehung der Abweisung eines Teilbetrages von 4.983,37 EUR erhobenen Berufung der Kläger nicht Folge und erklärte die ordentliche Revision letztlich für zulässig. Die beklagte Partei habe sich mit der Sanierung der Hausfassade nicht in Verzug befunden, weil zwischen den Streitteilen kein bestimmter Zeitpunkt vereinbart worden sei, zu dem die Mängelbehebung hätte erfolgen sollen. Die dreijährige Gewährleistungsfrist sei zum Zeitpunkt der Klageeinbringung bereits verstrichen gewesen, weshalb nur mehr ein Schadenersatzanspruch wegen Nichterfüllung der nach Ablauf der Gewährleistungsfrist zugesagten Verbesserung in Betracht komme, wobei jedoch nach der Rechtsprechung ein Abzug "neu für alt" vorzunehmen sei. Die Kläger würden nämlich bei vollem Ersatz des Verbesserungsaufwands lange nach Ablauf der Gewährleistungsfrist mehr erhalten, als sie bei mangelfreier Werksausführung oder bei fristgerechter Geltendmachung des gewährleistungsrechtlichen Verbesserungsanspruchs erlangt hätten. Die ordentliche Revision sei zulässig: Die vorliegend zu lösende Rechtsfrage bestehe im Wesentlichen darin, ob der von den Klägern geltend gemachte Anspruch aus dem Titel der Gewährleistung oder aus dem Rechtsgrund des Schadenersatzes gebühre, weil davon die Vornahme einer Vorteilsausgleichung abhänge; es fehle an einer eindeutigen Rechtsprechung dahin, ob Ansprüche aus der Nichteinhaltung einer nach Ablauf der Gewährleistungsfrist zugesagten Verbesserung Ansprüche aus dem Rechtsgrund der Gewährleistung oder des Schadenersatzes seien.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der Kläger ist zulässig und berechtigt.

Entgegen der Rechtsansicht der Vorinstanzen ist es ohne Belang, ob sich die Kläger für ihr Zahlungsbegehren allenfalls auch auf (noch nicht erloschene) Gewährleistungsansprüche stützen könnten. In der 1996/1997 zwischen den Vertragspartnern getroffenen Vereinbarung, wonach die beklagte Partei die Sanierung der Hausfassade erst zu einem späteren Zeitpunkt im Zuge des von den Klägern geplanten Terrassen- und Kellerzubaus vornehmen werde, ist nämlich eine Vereinbarung der Vertragspartner über die Verbesserung der behaupteten Mängel zu erblicken, die als neues Rechtsgeschäft gilt, aus dem ein neuer Erfüllungsanspruch erwächst (MietSlg 29.113; SZ 43/152; HS 12.980). Hält der Übergeber diese Verbesserungsvereinbarung nicht ein, so kann der Erwerber nach § 918 ABGB vorgehen und gegebenenfalls Schadenersatz verlangen. Soweit das Berufungsgericht vermeint, die beklagte Partei habe sich im Hinblick auf die vereinbarte Mängelbehebung nicht in Verzug befunden, weil dafür zwischen den Streitteilen kein bestimmter Zeitpunkt vereinbart worden sei, verkennt es, dass die Vertragspartner nach der vom Berufungsgericht übernommenen erstgerichtlichen Feststellungsgrundlage 1996/1997 vereinbart hatten, dass die Sanierung im Zuge eines von den Klägern geplanten Keller- und Terrassenzubaus vorzunehmen sei. Der Zeitpunkt wurde sohin durch ein künftiges Ereignis bestimmt, wobei es den Klägern oblag, den Zeitpunkt der Sanierungsarbeiten zu bestimmen. Die beklagte Partei befand sich daher mit der Mängelbehebung in Verzug, als sie von den Klägern im Oktober 2001 zur Vornahme der Sanierung der Hausfassade aufgefordert wurde, ihrer Verpflichtung aber nicht nachkam. Im Hinblick darauf, dass die beklagte Partei den Aufforderungen der Kläger nicht entsprach und die vereinbarte Sanierung der Hausfassade im Oktober 2001 endgültig verweigerte, waren die Kläger zur Veranlassung einer Ersatzvornahme berechtigt.

Mit Recht bekämpfen die Kläger die Auffassung des Berufungsgerichtes, sie hätten keinen Anspruch auf Ersatz der vollen Reparaturkosten, da sie bei vollen Ersatz des Verbesserungsaufwands nach Ablauf der dreijährigen gesetzlichen Leistungsfrist mehr erhielten, als bei ursprünglich mängelfreier Werksausführung. Dabei wird übersehen, dass der von den Klägern geltend gemachte Schadenersatzanspruch aus der Nichterfüllung der zwischen den Vertragspartnern getroffenen Sanierungsvereinbarung und nicht (allein) aus der mangelhaften Werksausführung resultiert. Wird bei Verzug mit der in einer Verbesserung bestehenden Leistung der Verbesserungsaufwand als Erfüllungsinteresse begehrt, so bilden Vorteile, die der Käufer auch bei ordnungsgemäßer Verbesserung erlangt hätte, unter Berücksichtigung der im Schadenersatzrecht stets gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise, keinen Gegenstand der Vorteilsausgleichung (SZ 55/29). Wurde nun die Sanierung der Hausfassade einvernehmlich für einen späteren Zeitpunkt vereinbart, so war von vornherein abzusehen, dass sich aus der erst zu einem späteren Zeitpunkt vorzunehmenden Mängelbehebung insofern Vorteile für den Käufer ergeben können, als mit der Verbesserung als Nebenwirkung auch allfällige Schäden beseitigt werden, die inzwischen an der Sache entstanden sind. Hätte die beklagte Partei die Sanierung der Hausfassade vereinbarungsgemäß nach Aufforderung durch die Kläger vorgenommen und dadurch einen Verzug mit der ihr obliegenden Verpflichtung vermieden, hätte sie nur das herbeigeführt, wozu sie auf Grund der abgeschlossenen Vereinbarung verpflichtet war. Dass die Sanierung der Hausfassade zu einem späteren Zeitpunkt für die Kläger einen gewissen Vorteil gebracht hätte - dem stand allerdings der Nachteil gegenüber, einige Jahre mit einer unsanierten Fassade zu wohnen -, musste der beklagten Partei zum Zeitpunkt des Abschlusses der Vereinbarung über die vorzunehmende Mängelbehebung erkennbar sein und berechtigt sie nicht, den Ersatzanspruch der Kläger zu schmälern. Es wäre vielmehr unvertretbar, die Kläger schlechter zu stellen, als sie bei pflichtgemäß durchgeführter Verbesserung stünden.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 43 Abs 2 und 46 Abs 1 iVm 50 Abs 1 ZPO. Für das Verfahren erster Instanz waren den Klägern die gesamten zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten zuzusprechen, weil sie nur mit einem verhältnismäßigen geringen Teil (9 %) ihres Anspruchs unterlegen sind, dessen Geltendmachung überdies keine besonderen Kosten verursacht hat (§§ 43 Abs 2 ZPO). Als Bemessungsgrundlage für das Verfahren erster Instanz war jedoch nicht der begehrte, sondern nur den ersiegte Betrag, sohin 10.824,26 EUR, heranzuziehen; nach ständiger Rechtsprechung sind die "gesamten Kosten" nur nach den für den ersiegten Betrag geltenden Tarifsätzen zuzusprechen. Die Kosten der Vertagungsbitte ON 13 sind von den Klägern selbst zu tragen (M. Bydlinski in Fasching II², § 48 ZPO Rz 8 mwN). Von ihrem Kostenausschuss für den Sachverständigen wurden nur 812 EUR verbraucht.

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