Spruch:
Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung
Rechtliche Beurteilung
Die Beurteilung der Frage, ob bei Geltendmachung des Kündigungsgrunds nach § 30 Abs 2 Z 5 MRG ein dringendes Wohnbedürfnis der eintrittsberechtigten Person (§ 14 Abs 3 MRG) gegeben ist, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab (RIS-Justiz RS0044086 ua). Eine Rechtsfrage erheblicher Bedeutung im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO wird dadurch nicht begründet (RIS-Justiz RS0042789 ua). Das Vorhandensein einer rechtlich gleichwertigen Wohnmöglichkeit muss nicht schon schematisch und generell zur Verneinung des dringenden Wohnbedürfnisses an der aufgekündigten Wohnung führen; vielmehr kann auch in diesen Fällen eine dringende Notwendigkeit bestehen, in der aufgekündigten Wohnung zu verbleiben, oder es unzumutbar sein, in der anderen Wohnung zu wohnen (8 Ob 529/93 ua). Von letzterem Fall ist hier auszugehen. Der in erster Instanz erhobene Einwand der 88-jährigen Beklagten, dass es ihr unzumutbar sei, ihren Lebensmittelschwerpunkt in der gemieteten Wohnung in Wien zu Gunsten der im Zeitpunkt des Todes ihres Ehegatten noch gegebenen Wohnmöglichkeit in G***** aufzugeben, ist in Anbetracht des hohen Alters der Beklagten und der großen Entfernung zu bejahen (vgl 8 Ob 529/93; 7 Ob 2109/96i ua). Ob schon im Zeitpunkt des Todes des Mieters und Ehegatten der Beklagten absehbar war, dass die Beklagte das Haus in G***** aus wirtschaftlichen Gründen aufgeben werde müssen, kann daher dahingestellt bleiben. Vom Vorliegen eines dringenden Wohnbedürfnisses der Beklagten an der gegenständlichen Wohnung ist auszugehen.
Zweck des Eintrittsrechts nach § 14 MRG ist es, demjenigen, der schon bisher seinen dringenden Wohnbedarf in einer bestimmten Wohnung zusammen mit dem Mieter befriedigt hat, die weitere Befriedigung dieses Wohnbedarfs auf gleiche Weise zu ermöglichen (7 Ob 665/84, MietSlg 36.286 ua). Die Beklagte war mit ihrem 1995 verstorbenen Ehegatten seit 1948 verheiratet gewesen. Der Mietvertrag über die gegenständliche Wohnung wurde vom Ehegatten der Beklagten im Jahr 1953 abgeschlossen. Dass dieses Ehepaar über vier Jahrzehnte im gemeinsamen Haushalt gelebt hat, ist nicht weiter strittig. Umstritten ist lediglich, ob der gemeinsame Haushalt im Zeitpunkt des Todes des Ehegatten der Beklagten noch aufrecht war, weil sich dieser zuletzt in einem Pflegeheim befunden hat.
Vergleichbare Fälle haben die Gerichte bereits wiederholt beschäftigt. Hiezu wird in ständiger Rechtsprechung erkannt, dass die bestehende Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft mit der Unterbringung des Mieters in einem Pflegeheim nicht automatisch beendet wird. Eine durch die Lebensumstände bewirkte Unterbrechung des Zusammenlebens hebt den gemeinsamen Haushalt nämlich dann nicht auf, wenn die Absicht bestand, bei Änderung der Sachlage die erzwungene Trennung zu beenden. Ob die Abwesenheit vorübergehend oder auf Dauer ist, bestimmt sich daher maßgeblich nach der Willensrichtung der Betroffenen. Die Verwirklichung der Rückkehr darf nach der Rechtsprechung nur nicht schlechthin (objektiv) ausgeschlossen sein (1 Ob 608/90; RIS-Justiz RS0069705 ua).
Wohl trifft die Beweislast für die Voraussetzungen des Eintrittsrechts denjenigen, der sich auf dieses Recht beruft, doch kann es nicht zu Lasten der eintrittsberechtigten Person gehen, dass über die Absichten ihres früheren Ehegatten angesichts seines Gesundheitszustands möglicherweise deshalb keine Feststellungen getroffen werden können, weil er nicht mehr in der Lage war, für seine Belange geeignete Vorkehrungen zu treffen. Es widerspräche gewiss den Zielsetzungen des Gesetzgebers, wollte man dem Ehegatten eines Hauptmieters, der mit diesem viele Jahre hindurch in dessen Wohnung lebte, das Eintrittsrecht bloß deshalb verwehren, weil er nach der Aufnahme in das Krankenhaus oder Pflegeheim schicksalhaft nicht mehr imstande war, für den Fall der Besserung seines Zustands seinem Willen zur Rückkehr in seine Wohnung Ausdruck zu verleihen. Hat der Mieter demnach nicht seinen Willen bekundet, nicht mehr in die Wohnung zurückzukehren (zB durch die Äußerung, seine Mietrechte aufzugeben), dann ist davon auszugehen, dass er - so wie jeder andere Erkrankte auch - in seine Wohnung zurückkehren wolle, sobald dies sein Gesundheitszustand wieder zulasse (1 Ob 578/91 ua).
Mit dieser Rechtsprechung wurde unter Berücksichtigung des vorerwähnten Zwecks des Eintrittsrechts die unbefriedigende Abhängigkeit vom zufälligen Verlauf, ob der Mieter in seinem Bett in der Wohnung - und damit jedenfalls im gemeinsamen Haushalt mit dem Eintrittswilligen - stirbt, oder aber, wie dies in Zeiten der Intensivmedizin gegenwärtig immer häufiger der Fall ist, seinem Tod eine mehr oder weniger lange Pflege außerhalb der Wohnung - und damit häufig verbunden eine nachträgliche Diskussion über das Vorliegen eines gemeinsamen Haushalts im Todeszeitpunkt - vorangeht, weitgehend entschärft. Der interessante Lösungsansatz Vonkilchs (Eintrittsrecht bei noch nicht oder nicht mehr bestehendem gemeinsamem Haushalt in der Wohnung? wobl 2001, 65 [69 f]), der in derartigen Konstellationen das Eintrittsrecht bereits aufgrund einer teleologischen Reduktion des Texts des § 14 MRG bejaht, muss hier nicht weiter vertieft werden. Nach der Lage des Falls ist nämlich auch hier davon auszugehen, dass der Ehegatte der Beklagten - mangels gegenteiliger Willensbekundung - so wie jeder andere Erkrankte auch in den gemeinsamen Haushalt zurückkehren wollte. Damit hat die Beklagte der ihr insoweit obliegenden Beweislast entsprochen. Soweit nun der Kläger seinerseits eine Rückkehr des Ehegatten der Beklagten für schlechthin ausgeschlossen hält, wäre es an ihm gelegen, einen entsprechenden detaillierten Sachverhalt zur objektiven Unmöglichkeit zu behaupten (vgl 1 Ob 79/97t ua). Nun bezweifelt niemand in Anbetracht des Gesundheitszustands des Ehegatten der Beklagten, dass eine Rückkehr in die Wohnung wenig wahrscheinlich war. Damit ist aber nichts darüber ausgesagt, ob nicht mit entsprechendem Betreuungs- und Hilfsmaßnahmen (vgl 1 Ob 255/98a ua) die Pflege auch im gemeinsamen Haushalt möglich - und sohin jedenfalls nicht schlechthin (objektiv) unmöglich - war. Im Ersturteil findet sich zwar die überschießende Annahme, dass die Rückkehr des Ehegatten der Beklagten für die Zukunft schlechthin nicht mehr zu erwarten gewesen sei. Dabei handelt es sich aber um keine bindende Tatsachenfeststellung über eine objektive Unmöglichkeit, sondern um eine bloße Schlussfolgerung (vgl 3 Ob 558/95 ua), die auf keiner näheren Auseinandersetzung mit konkreten Betreuungs- und Hilfseinrichtungen beruht. Das Berufungsgericht ging daher zurecht davon aus, dass der gemeinsame Haushalt durch die Aufnahme des Ehegatten der Beklagten in einem Pflegeheim nicht beendet wurde.
Der Kündigungsgrund des § 30 Abs 3 Z 3, 1. Fall MRG liegt dann vor, wenn der Mieter vom Mietgegenstand einen erheblich nachteiligen Gebrauch macht, namentlich den Mietgegenstand in arger Weise vernachlässigt. Dies ist nach der Rechtsprechung dann der Fall, wenn durch eine wiederholte, längerwährende vertragswidrige Benützung des Bestandobjekts oder durch eine längere Reihe von Unterlassungen notwendiger Vorkehrungen eine erhebliche Verletzung der Substanz des Mietgegenstands erfolgte oder droht (3 Ob 164/02t ua). Abgesehen davon, dass im vorliegenden Fall eine Substanzschädigung bzw Gefährdung der Substanz des Bestandobjekts oder des Hauses vom Erstgericht nicht festgestellt werden konnte, ist die Frage, ob der Mieter vom Mietgegenstand einen erheblich nachteiligen Gebrauch macht, immer nach den Umständen des einzelnen Falls zu beurteilen (RIS-Justiz RS0021018, RS0068103 ua). Dies gilt auch für die Auslegung des diesbezüglichen Prozessvorbringens. Eine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO wird mit Fragen, ob eine bestimmte Tatsache als vorgebracht anzusehen ist oder ausreichend spezifiziert wurde, nicht begründet (RIS-Justiz RS0042828 ua).
Die außerordentliche Revision des Klägers ist daher mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen.
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