Spruch:
Die Revision der klagenden Partei wird zurückgewiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 559,15 EUR (darin 93,19 EUR an USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung
I. Die ordentliche Revision wurde vom Berufungsgericht mit der Begründung zugelassen, dass es an einer Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Beurteilung von Klagen nach Schiedsgutachten für den Fall fehle, dass sich die Unrichtigkeit des Schiedsgutachtens aufgrund eines Sachverständigenbeweises ergebe.
Der Beklagte hat in seiner Revisionsbeantwortung die Zurückweisung der Revision mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage beantragt.
Rechtliche Beurteilung
II. Der Oberste Gerichtshof ist bei der Prüfung der Zulässigkeit der Revision an den Ausspruch nach § 500 Abs 2 Z 3 ZPO nicht gebunden (§ 508a Abs 1 ZPO). Gemäß § 502 Abs 1 ZPO ist die Revision nur dann zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechts abhängt, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt, etwa, weil das Berufungsgericht von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs abweicht oder eine solche Rechtsprechung fehlt oder uneinheitlich ist.
Dies ist hier nicht der Fall.
Die Zurückweisung der ordentlichen Revision kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 letzter Satz ZPO).
III. Zum besseren Verständnis werden Auszüge aus den wesentlichen Sachverhaltsfeststellungen und Verfahrensabläufen vorangestellt.
III.1. Mit Gesellschaftsvertrag vom 30.5.2007 errichteten die Streitteile eine OEG. Zur Auflösung des Vertrags wurde in Punkt 6.2. des Gesellschaftsvertrags vereinbart, dass vor Auszahlung des kündigenden Gesellschafters eine Einigung über die Höhe des Abfindungsbetrags getroffen werden muss, ansonsten das Gutachten eines Wirtschaftsprüfers einzuholen ist. 2005 trat der Kläger aus der Gesellschaft aus. Die Auseinandersetzung über das Ausscheiden wurde gemäß Punkt Zweitens der Vereinbarung einer gesonderten Vereinbarung vorbehalten. In einem Vorverfahren wurde die Forderung des Klägers auf Bezahlung einer Abfindung von 5.972,56 EUR sA mit der Begründung abgewiesen, dass gemäß Punkt 6.2. des Gesellschaftsvertrags ein Schiedsgutachten eines Wirtschaftsprüfers eingeholt werden muss. Daraufhin beauftragte der Kläger eine Wirtschaftsprüfung- und Steuerberatungsgesellschaft mbH mit der Berechnung des Abfindungsbetrags. Diese erstellte das Gutachten jedoch ohne Beiziehung des Beklagten oder des betreuenden Steuerberaters. Dieses Gutachten wurde allein auf Grundlage des Gesellschaftsvertrags, des Jahresabschlusses 2005, des Anlagenverzeichnisses (7. 6. 2005 bis 29. 11. 2005) sowie der Steuererklärung 2005 erstellt. Nicht berücksichtigt wurden die Gesellschafterkonten, die Unterlagen über die ausgeführten Arbeiten der Gesellschafter und die noch zu berichtigenden Schulden, die auf Gesellschaftertätigkeit beruhen. Bei Einbeziehung dieser Unterlagen hätte sich der Abfindungsbetrag nicht mit den in dem Schreiben der Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungs GmbH bezifferten 4.661,10 EUR berechnet. Für einen sachkundigen und unbefangenen Beurteiler war offensichtlich, dass dieses Gutachten nicht den Grundsätzen einer ordnungsgemäßen Unternehmensbewertung entspricht.
III.2. Der Kläger stützt sein Begehren auf das Gutachten der Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungs GmbH sowie die Kosten des Gutachtens in Höhe von 900 EUR. Weitere Buchhaltungsunterlagen seien ihm vom Beklagten vorenthalten worden. Die vom Beklagten eingewendeten Schadenersatzansprüche und Pönalezahlungen seien unberechtigt.
Der Beklagte beantragte die Abweisung und wendete zusammengefasst ein, dass das Gutachten auf unrichtigen Informationen basiere und ohne Einbeziehung des Beklagten erstellt worden sei. Insbesondere seien die vom Kläger an die Gesellschaft nicht abgeführten Gelder in Höhe von über 80.000 EUR nicht berücksichtigt worden, ebenso wenig die offenen Ansprüche des Beklagten gegen den Kläger in Höhe von 5.196,19 EUR. Der Beklagte wendete weiters ein Vertragspönale und Schadenersatzansprüche von Werkbestellern ein.
III.3. Die Vorinstanzen wiesen übereinstimmend das Klagebegehren ab. Sie gingen zusammengefasst im Wesentlichen davon aus, dass eine Einigung über den Abfindungsbetrag nicht zustandegekommen sei. Das Sachverständigengutachten könne mangels Eignung keine Grundlage für den Anspruch bieten. Dieses sei augenscheinlich unrichtig.
IV.1. Die Ausführungen der Revision, die zugrundelegen, dass der Beklagte seine Mitwirkung an der Gutachtenserstellung verweigert habe und dem Gutachter ohnehin alle Unterlagen vollständig zur Verfügung gestanden seien, weichen von den konkreten Feststellungen ab. Nach ständiger Rechtsprechung ist aber eine Rechtsrüge nur dann gesetzmäßig ausgeführt, wenn sie vom festgestellten Sachverhalt ausgeht (RIS-Justiz RS0043312 mwN). Insoweit kann also die Rechtsrüge des Klägers einer weiteren Behandlung nicht zugeführt werden.
IV.2. Soweit sich der Kläger darauf stützt, dass der Beklagte der so durchgeführten Erstellung des Gutachtens schlüssig zugestimmt habe, vermag er damit ebenfalls keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO darzustellen. Entspricht es doch der ständigen Rechtsprechung, dass an das Vorliegen einer rechtsgeschäftlichen Willenserklärung durch schlüssiges Verhalten iSd § 863 ABGB ein strenger Maßstab zu legen ist und dass das bloße Schweigen grundsätzlich keinen Erklärungswert hat (RIS-Justiz RS0014146 mwN). Die Frage, inwieweit eine solche schlüssige Willenserklärung vorliegt, kann nur anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls beurteilt werden und stellt damit regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO dar (RIS-Justiz RS0042936; Kodek in Rechberger ZPO3 § 502 Rz 26). Ein unvertretbares Auslegungsergebnis vermag der Kläger nicht darzustellen.
IV.3. Auch die Frage, inwieweit Schiedsgutachten als bindend anzusehen sind, wurde von der Rechtsprechung bereits wiederholt gelöst. Danach ist ein Schiedsgutachten dann nicht als bindend zu beurteilen, wenn dieses den Maßstab von Treu und Glauben in grober Weise verletzt und die Unrichtigkeit sich dem Blick eines sachkundigen und unbefangenen Beurteilers sofort aufdrängen muss (RIS-Justiz RS0016769 mzwN). Dies kann naturgemäß nur nach den konkreten Umständen des Einzelfalls beurteilt werden und stellt damit regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO dar. Auch hier kann eine unvertretbare Beurteilung durch das Berufungsgericht nicht angenommen werden. Wurde doch konkret festgestellt, dass sich für den sachkundigen und unbefangenen Beurteiler die Unvollständigkeit und Unrichtigkeit des in einem zweiseitigen Schreiben erstellten Gutachtens erschloss. Dass auf einen sachkundigen Beurteiler abzustellen ist, hat der Oberste Gerichtshof in der oben wiedergegebenen Rechtsprechung bereits wiederholt ausgesprochen. Insoweit stellt sich auch die vom Berufungsgericht dargestellte Frage nicht neu.
V. Insgesamt vermögen die Ausführungen der Revision keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO darzustellen.
Die Revision war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 50 und 41 ZPO.
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