OGH 9Ob24/10k

OGH9Ob24/10k11.5.2010

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsrekursgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hradil, Dr. Hopf, Hon.-Prof. Dr. Kuras und Dr. Brenn als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj V***** S*****, geboren am ***** 2000, wegen Entziehung der Obsorge, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Mutter D***** S*****, vertreten durch Mag. Kathrin Lichtenegger, Rechtsanwältin in Mürzzuschlag, gegen den Beschluss des Landesgerichts Leoben als Rekursgericht vom 12. Mai 2009, GZ 2 R 152/09s-S65, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Mürzzuschlag vom 13. März 2009, GZ 1 P 98/06f-S41, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 71 Abs 3 AußStrG).

Text

Begründung

Die Revisionsrekurswerberin erblickt das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage darin, dass das Rekursgericht von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs abgewichen sei, weil es bei seiner Entscheidung nicht das Kindeswohl in den Mittelpunkt gestellt habe. Konkret habe das Rekursgericht nicht darauf abgestellt, dass sich die Mutter gegenüber der Sachverständigen „doch noch“ bereit erklärt habe, sich von ihrem wegen des Vergehens pornographischer Darstellungen Minderjähriger nach § 207a Abs 3 zweiter Satz StGB rechtskräftig strafgerichtlich verurteilten Ehegatten zu trennen. Hauptgrund für die Entziehung der Obsorge sei ja die Sorge vor einem Missbrauch ihrer Tochter durch deren Stiefvater gewesen.

Rechtliche Beurteilung

Eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 62 Abs 1 AußStrG wird mit dieser Argumentation nicht aufgezeigt. Richtig ist, dass das Obsorgeverfahren von der Bedachtnahme auf das Kindeswohl beherrscht wird (vgl Stabentheiner in Rummel, ABGB³ § 176 Rz 2 mwN ua). In den vorinstanzlichen Entscheidungen ging es auch - entgegen der Auffassung der Revisionsrekurswerberin - um nichts anderes als um das Wohl bzw die Frage der Gefährdung des Wohls der Tochter der Revisionsrekurswerberin. Das Erstgericht hat sich auch mit den in erster Instanz noch eher spekulativen Äußerungen der Mutter zur allfälligen Trennung von ihrem Ehegatten auseinandergesetzt, dazu aber dargelegt, dass es im vorliegenden Fall nicht nur um den Stiefvater der Minderjährigen, sondern auch um die Mutter selbst geht, die nicht in der Lage sei, Missbrauchsanzeichen oder Verhaltensauffälligkeiten ihrer Tochter zu erkennen und adäquat darauf einzugehen. Letzteres wurde auch vom Rekursgericht bekräftigt. Die in erster Instanz aufgeworfene Frage, was ändere sich in Bezug auf das Kindeswohl im Fall einer Trennung der Mutter von ihrem pädophilen Ehegatten, spielte im Rekurs der Mutter gegen die erstgerichtliche Entscheidung keine besondere Rolle. Es bestand daher für das Rekursgericht auch keine besondere Veranlassung, sich diesbezüglich mit hypothetischen Überlegungen zu befassen. Die Revisionsrekurswerberin vermag insoweit auch nicht aufzuzeigen, von welcher Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs das Rekursgericht in diesem Punkt abgewichen sein soll. Dies gilt auch für ihre nunmehrige neue Behauptung, dass sie sich „zwischenzeitlich“ von ihrem Ehegatten getrennt habe, weshalb eine „vollkommen veränderte Situation“ bestehe. Eine erst zwischenzeitlich veränderte Situation konnte naturgemäß von den Vorinstanzen nicht in unvertretbarer Weise unrichtig beurteilt werden. Daraus kann daher keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 62 Abs 1 AußStrG resultieren, zumal auch sonst keine aktenkundige Entwicklung zu erkennen ist, die die bisherige Tatsachengrundlage unter Bedachtnahme auf die Maxime des Kindeswohls wesentlich verändern würde (vgl RIS-Justiz RS0122192 ua). Was die Revisionsrekurswerberin damit meint, dass die Vorinstanzen die Bereitschaft der Revisionsrekurswerberin sich von ihrem Ehemann zu trennen, hätten „unterstützen“ müssen, ist nicht verständlich. Die diesbezüglichen hypothetischen Überlegungen der Mutter fanden ohnehin Eingang in die erstgerichtliche Entscheidung. Wie aber schon vorstehend erwähnt, geht es hier nicht nur um den strafgerichtlich verurteilten Stiefvater der Minderjährigen, sondern auch um die Revisionsrekurswerberin und deren vom Erstgericht festgestellten Probleme. Dass insoweit auch eine „vollkommen veränderte Situation“ in Bezug auf das Kindeswohl besteht, ist nicht aktenkundig.

Mangels Geltendmachung einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 62 Abs 1 AußStrG ist der außerordentliche Revisionsrekurs zurückzuweisen. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Zurückweisungsbeschluss nicht (§ 71 Abs 3 Satz 3 AußStrG).

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