European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2020:E128703
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
Der Akt wird zunächst dem Rekursgericht zurückgestellt.
Begründung:
Mit (rechtskräftigem) Beschluss des Erstgerichts vom 30. 8. 2017 bestellte das Erstgericht „für den anonymen Inhaber des Überbringer- bzw Inhabersparbuchs mit Losungswort, Konto-Nr *, und anonymen Mieter des Sparbuchschließfachs, Konto-Nr *, ebenfalls mit Losungswort … für die Zustellung und Entgegennahme von Schriftstücken und rechtsgeschäftlichen Erklärungen (insbesondere Kündigungserklärungen) der Antragstellerin, welche diese wegen Schließung der inländischen Zweigniederlassung R* … vorzunehmen beabsichtigt, Rechtsanwalt Dr. T* … zum Kurator gemäß § 270 ABGB ..., der die unbekannte Person auf deren Gefahr und Kosten vertritt, bis diese selbst auftritt oder deren Aufenthaltsort dem Gericht bekannt wird“.
Am 29. 8. 2018 berichtete der Abwesenheitskurator über seine bisherige Tätigkeit und beantragte, ihn zu ermächtigen, das im Schließfach Nr * von ihm aufgefundene Sparbuch Nr * mit einem Guthaben per 25. 9. 1987 von * DM aufzulösen und den Erlös auf ein Anderkonto, lautend auf Inhaber *, zu überweisen.
Das Erstgericht wies diesen Antrag zurück.
Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung mit der Maßgabe, dass der Antrag des Abwesenheitskurators, ihn pflegschaftsbehördlich zu ermächtigen, die Spareinlage bei der Sparkasse R* Nr * aufzulösen und den Erlös auf das Anderkonto Nr *, lautend auf Inh. *, bei der * Bank * zu überweisen, abgewiesen wird. Den ordentliche Revisionsrekurs ließ es mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG nicht zu.
Dagegen richtet sich der „außerordentliche“ Revisionsrekurs des Kurators mit dem Antrag, den ordentlichen Revisionsrekurs zuzulassen und die Entscheidung des Rekursgerichts dahin abzuändern, dass seinem Antrag auf pflegschaftsbehördliche Genehmigung stattgegeben werde.
Das Rechtsmittel des Kurators wurde dem Obersten Gerichtshof vorgelegt. Diese Vorlage ist verfrüht; sie widerspricht den maßgebenden Bestimmungen.
Rechtliche Beurteilung
Gemäß § 62 Abs 3 AußStrG ist der Revisionsrekurs – außer im Fall des § 63 Abs 3 AußStrG – jedenfalls unzulässig, wenn der Entscheidungsgegenstand an Geld oder Geldeswert insgesamt 30.000 EUR nicht übersteigt und das Rekursgericht nach § 59 Abs 1 Z 2 AußStrG den ordentlichen Revisionsrekurs für nicht zulässig erklärt hat. In einem solchen Fall kann eine Partei nach § 63 Abs 1 und Abs 2 AußStrG einen Antrag an das Rekursgericht stellen, seinen Ausspruch dahin abzuändern, dass der ordentliche Revisionsrekurs doch für zulässig erklärt werde (Zulassungsvorstellung). § 62 Abs 3 AußStrG gilt jedoch nicht, soweit der Entscheidungsgegenstand nicht rein vermögensrechtlicher Natur ist (§ 62 Abs 4 AußStrG).
Ob ein Anspruch vermögensrechtlicher Natur ist, ergibt sich aus seinem materiell-rechtlichen Inhalt (RS0007110 [T15]). Entscheidend für die Qualifikation als Gegenstand rein vermögensrechtlicher Natur ist stets der im betreffenden Verfahren zu beurteilende Hauptgegenstand, wogegen es nicht darauf ankommt, ob im Zusammenhang damit auch (verfahrensrechtliche) Nebenentscheidungen zu treffen sind (vgl 1 Ob 144/10y), etwa eine pflegschaftsbehördliche Genehmigung (vgl RS0109788).
Verfahrensgegenstand ist hier die Auflösung einer Spareinlage und Überweisung eines Geldbetrags. Dabei handelt es sich um einen Entscheidungsgegenstand rein vermögensrechtlicher Natur (vgl 3 Ob 239/15s; 1 Ob 76/18k je mwN; G. Kodek in Gitschthaler/Höllwerth, AußStrG I2 § 59 Rz 18), der allerdings nicht ausschließlich in einem Geldbetrag besteht. Der Verfahrensgegenstand betrifft nicht unmittelbar die Person eines Verfahrensbeteiligten (vgl RS0007215).
Daher hätte das Rekursgericht, weil es den ordentlichen Revisionsrekurs nicht für zulässig erklärte, gemäß § 59 Abs 2 AußStrG auch auszusprechen gehabt, ob der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR übersteigt oder nicht. Diesen im vorliegenden Fall unterlassenen Ausspruch wird es somit zunächst nachzuholen haben (RS0007073). Sollte das Rekursgericht zum Ergebnis kommen, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR nicht übersteigt, sind die Regeln des § 63 AußStrG über die Zulassungsvorstellung zu beachten. Ob der „außerordentliche“ Revisionsrekurs diesfalls einer Verbesserung bedarf, bleibt der Beurteilung der Vorinstanzen vorbehalten (RS0109505 [T16 und T27]).
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