OGH 9Ob162/02t

OGH9Ob162/02t22.1.2003

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling, Dr. Hradil, Dr. Hopf sowie Univ. Doz. Dr. Bydlinski als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei DDr. Gerald Fürst, Rechtsanwalt, Wiener Straße 9, 2340 Mödling, als Masseverwalter in dem zu 10 S 248/02b des Landesgerichtes Wr. Neustadt über das Vermögen der P*****Vertriebsgesellschaft mbH, *****, eröffneten Konkurs, gegen die beklagte Partei X*****Entwicklungs GmbH, *****, vertreten durch Mag. Rainer Rienmüller, Rechtsanwalt in Wien, wegen EUR 58.757,99 sA, über den Rekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 14. März 2002, GZ 15 R 124/01t-21, womit das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 11. April 2001, GZ 19 Cg 78/98m-17 in der Hauptsache zur Gänze und im Zinsenbereich teilweise aufgehoben wurde, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

1.) Das durch die Eröffnung des Konkurses über das Vermögen der klagenden Partei am 15. November 2002 unterbrochene Verfahren wird aufgenommen. Die Bezeichnung der klagenden Partei wird wie im Urteilskopf ersichtlich berichtigt.

2.) Die Revision wird zurückgewiesen.

Der Antrag auf Zuspruch von Kosten der Rekursbeantwortung wird abgewiesen.

Text

Begründung

Zu 1.) Am 15. 11. 2002, somit nach Vorlage der Akten samt Rechtsmittelschriften an den Obersten Gerichtshof, wurde über das Vermögen der klagenden Partei P*****Vertriebsgesellschaft mbH der Konkurs eröffnet. Das dadurch unterbrochene Verfahren ist daher über Antrag des Masseverwalters unter gleichzeitiger Berücksichtigung des konkursrechtlich bedingten Parteiwechsels vom Obersten Gerichtshof als Rekursgericht aufzunehmen (8 ObA 311/95 mwN).

Zu 2.)

Die spätere Gemeinschuldnerin P*****Vertriebsgesellschaft mbH im Folgenden kurz "P*****" genannt, begehrt von der beklagten Partei die Zahlung von EUR 58.757,99 (früher: ATS 808.527,60) sA für gelieferte Software.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens, wendete Schlechterfüllung und daraus abgeleitet Preisminderung ein, weil P***** der beklagten Partei vereinbarungswidrig nicht den Zugang zum sogenannten "Quellcode" verschafft habe, welcher für die der Lieferantin bekannte Adaptierung der Software beim Endkunden erforderlich gewesen wäre. Um nicht ihrerseits gegenüber ihrem Abnehmer vertragsbrüchig zu werden, habe die beklagte Partei Hilfskräfte bzw Subunternehmer beiziehen müssen, welche berechtigt über den Quellcode verfügt und so die notwendigen Adaptierungen und Implementierungen beim Endkunden hätten vornehmen können. Dadurch und durch den Entfall von Folgeaufträgen im Rahmen eines Wartungsvertrages sei der beklagten Partei ein Schaden entstanden, welcher den restlichen Kaufpreis übersteige und compensando eingewendet werde.

Das Erstgericht stellte fest, dass die Software geliefert und dem Endkunden die Möglichkeit zum Abschluss eines Lizenzvertrages mit dem Hersteller (= Lieferanten der P*****) eröffnet worden sei, auf Grund dessen sowohl dem Endkunden als auch der beklagten Partei der benötigte Zugriff auf den Quellcode ermöglicht worden wäre. Der Endkunde verweigerte jedoch den Abschluss dieses Vertrages, weil ihm die Beischaffung des Quellcodes bereits durch die beklagte Partei als Vertragspartner zugesagt worden war und er keine weiteren Verpflichtungen gegenüber einer weiteren Person (nämlich gegenüber dem ihm unbekannten Hersteller) eingehen wollte.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt und erkannte die eingewendete Gegenforderung für nicht zu Recht bestehend. Es vertrat die Rechtsauffassung, dass die P***** ihren Vertragspflichten zur Gänze nachgekommen und die Hinderung der beklagten Partei am Zugriff auf den an sich notwendigen Quellcode nicht der Sphäre der P***** zuzurechnen sei.

Das Berufungsgericht hob das Ersturteil auf und erklärte den Rekurs an den Obersten Gerichtshof für zulässig. Es vertrat gegenüber dem Erstgericht die Rechtsauffassung, dass die P***** aus dem ihr bekannten Vertragszweck heraus (- Weiterveräußerung der von ihr gelieferten Software unter Vornahme von Adaptierungs- und Wartungsarbeiten durch die beklagte Partei beim Endkunden, welche den Zugriff auf den Quellcode bedingten -) verpflichtet gewesen wäre, der beklagten Partei - auf welche Art auch immer - den für die Adaptierung und Wartung der Software beim Endkunden erforderlichen Zugang zum Quellcode zu verschaffen. Dies sei durch die Vermittlung des - letztlich nicht zustande gekommenen - Lizenzvertrages an den Endkunden nicht bewirkt worden, weil der Hersteller selbst darauf hingewiesen habe, dass dadurch dem Endkunden die Überlassung des Quellcodes an die beklagte Partei als ihren Lieferanten nicht eingeräumt werde. Zu Recht könne sich die beklagte Partei daher auf Preisminderung aus Schlechterfüllung berufen und - entprechendes Verschulden der P***** vorausgesetzt - ihren daraus entstandenen Schaden geltend machen. Zur diesbezüglichen Beurteilung fehle es aber noch an Feststellungen, welche das Erstgericht, ausgehend von seiner Rechtsauffassung, nicht getroffen habe. Der Rekurs an den Obersten Gerichtshof sei zuzulassen, weil die Frage der "Abgrenzung der Vertragspflichten beim Verkauf eines Softwareproduktes in Bezug auf den zur Bearbeitung notwendigen Quellcode" in ihrer Bedeutung über den Einzelfall hinausgehe und Rechtsprechung dazu fehle. Gegen diese Entscheidung richtet sich der Rekurs der klagenden Partei aus dem Grunde der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss aufzuheben, in der Sache selbst zu entscheiden und das Urteil des Erstgerichtes wieder herzustellen; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die beklagte Partei beantragte, den Rekurs als unzulässig zurückzuweisen, hilfsweise, diesem nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist unzulässig.

Gemäß § 526 Abs 2 ZPO ist der Oberste Gerichtshof bei der Prüfung der Zulässigkeit eines Rekurses nicht an die Beurteilung des Gerichtes zweiter Instanz über das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage gebunden. Eine solche ist im vorliegenden Fall auch zu verneinen. Das Berufungsgericht gelangte auf Grund vertretbarer Auslegung des zwischen den Streitteilen geschlossenen Vertrages zur somit unüberprüfbaren Rechtsauffassung, dass die bloße Vermittlung eines in seinen Konsequenzen nicht absehbaren Lizenzvertrages mit dem Endkunden keine ausreichende Erfüllung der Vertragspflicht, nämlich der Ermöglichung des Zuganges zum notwendigen Quellcode, war. Damit lassen aber die in der Zulassungsbegründung enthaltenen Erwägungen keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung erkennen, zumal das Berufungsgericht selbst aufzeigt, dass mehrere vertragliche Möglichkeiten denkbar gewesen wären, der beklagten Partei als Weiterveräußerer die Verwendung urheberrechtlich geschützter Software zu ermöglichen. Für die Festlegung des Inhalts eines allgemein verbindlichen Vertragstypus im Zusammenhang mit einer Softwareveräußerung fehlt es an der gesetzlichen Grundlage. Da das Berufungsgericht von vertretbarer Vertragsauslegung ausgeht, vermag auch die Rekurswerberin mit ihren allgemein gehaltenen Argumenten, welche letztlich nur auf eine andere Vertragsauslegung abzielen, keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 519 Abs 2 iVm § 502 Abs 1 ZPO aufzuzeigen.

Wenngleich die beklagte Partei in ihrer Rekursbeantwortung auf die Unzulässigkeit des Rekurses hingewiesen hat, kann dennoch kein Kostenzuspruch erfolgen. Nicht nur die vor Konkurseröffnung entstandenen Rechtsverfolgungs- sondern auch vor diesem Zeitpunkt aufgelaufene Rechtsverteidigungskosten sind nämlich Konkursforderungen, welche zu ihrer weiteren Verfolgbarkeit der Anmeldung im Konkurs bzw der Bestreitung durch den Masseverwalter bedürfen (SZ 61/31, 8 Ob 13/94 uva, M. Bydlinski in Fasching/Konecny II/1 Rz 9 zu § 53 ZPO). Eine solche Anmeldung der vor der Konkurseröffnung aufgelaufenen Kosten für die Rekursbeantwortung hat die beklagte Partei den Erhebungen des Rekursgerichtes zufolge aber unterlassen.

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