OGH 9Ob11/08w

OGH9Ob11/08w20.8.2008

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling, Dr. Hradil, Dr. Hopf und Dr. Kuras als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden und gefährdeten Partei Gemeinde J*****, vertreten durch Dr. Klaus Rinner, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen die beklagte Partei und Gegnerin der gefährdeten Partei Ö*****, vertreten durch Koller & Schreiber, Rechtsanwälte-Partnerschaft in Wien, wegen Unterlassung und einstweiliger Verfügung, infolge Revisionsrekurses der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Innsbruck als Rekursgericht vom 9. Jänner 2008, GZ 5 R 67/07b-9, womit der Beschluss des Landesgerichts Innsbruck vom 14. November 2007, GZ 11 Cg 199/07y-3, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird teilweise Folge gegeben.

Die Entscheidung des Rekursgerichts wird dahin abgeändert, dass sie insgesamt zu lauten hat:

1. Der Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung wird zurückgewiesen soweit sich die gefährdete Partei auf § 3 der Post-Universaldienstverordnung sowie § 16 der Tiroler Gemeindeordnung stützt.

2. Dem Erstgericht wird die Fortsetzung des Verfahrens über den Antrag der klagenden Partei auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung aufgetragen, soweit sich die gefährdete Partei auf ein privatrechtliches Rechtsverhältnis als Privatkunde mit der Gegnerin der gefährdeten Partei stützt.

Die gefährdete Partei ist schuldig der Gegnerin der gefährdeten Partei

500,66 EUR (darin 83,33 EUR an USt) der Kosten des erstgerichtlichen Verfahrens

626,16 EUR (darin 104,36 EUR an USt) der Kosten des Rekursverfahrens und

838,32 EUR (darin 139,78 EUR an USt) der Kosten des Revisionsrekursverfahrens

binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Die Gemeinde als klagende und gefährdete Partei (im Folgenden Klägerin) begehrt, die Beklagte und Gegnerin der gefährdeten Partei (im Folgenden Beklagte) schuldig zu erkennen, sämtliche Maßnahmen zur Schließung und zur Verringerung der bisher angebotenen Dienste des näher bezeichneten Postamtes der Gemeinde zu unterlassen; damit verbunden ist ein gleichlautender Sicherungsantrag.

Zur Begründung brachte die Klägerin zusammengefasst vor, die Beklagte beabsichtige, das im Gemeindegebiet der Klägerin gelegene Postamt mit 30. 11. 2007 zu schließen. Die beklagte Partei sei nach § 4 PostG iVm § 5 PostG verpflichtet, bei Erbringung des bundesweiten Universaldienstes eine flächendeckende Grundversorgung sicherzustellen, deren Kriterien in § 3 der Post-Universaldienstverordnung (BGBl II 100/2002 UDVO) geregelt seien. Aufgrund § 3 Abs 2 UDVO gelte durch das derzeit bestehende Netz an Post-Geschäftsstellen eine flächendeckende Versorgung als gegeben, womit eine Bestandsgarantie ausgesprochen sei. Nur unter den Voraussetzungen des § 3 Abs 3 bis 5 UDVO dürfe ein bestehendes Postamt geschlossen werden. Diese Voraussetzungen seien für das Gemeindegebiet der Klägerin nicht gegeben. Die Zulässigkeit des Rechtswegs sei zufolge der Entscheidung 3 Ob 190/05w zu bejahen. Die Schließung eines Postamtes sei kein hoheitliches Handeln eines Rechtsträgers, vielmehr bestehe ein Unterlassungsanspruch einer Gemeinde gegen ein Privatrechtssubjekt, der den bürgerlich-rechtlichen Ansprüchen zuzurechnen sei. Die „Aktivlegitimation" leite die Klägerin primär aus § 3 Abs 4 und 5 UDVO ab, welcher der Gemeinde ein Mitspracherecht einräume. Die „Aktivlegitimation" stützte die Gemeinde aber auch auf § 16 Abs 1 Tiroler Gemeindeordnung, wonach der eigene Wirkungsbereich der Gemeinde unter anderem alle Angelegenheiten umfasse, die im ausschließlichen oder überwiegendem Interesse der in der Gemeinde verkörperten örtlichen Gemeinschaft gelegen und geeignet seien, durch die Gemeinschaft innerhalb ihrer örtlichen Grenzen besorgt zu werden. Letztlich stützt sich die Klägerin auch auf ein „privatrechtliches Rechtsverhältnis" der Klägerin zur Beklagten, da sie auch deren Privatkunde sei. Zum Antrag auf Erlassung der einstweiligen Verfügung brachte die Klägerin vor, dass die Schließung des Postamtes per 31. 11. 2007 zweifelsohne eine Veränderung des bisherigen Zustands darstelle, welcher die gerichtliche Verfolgung des angestrebten Anspruchs auf Unterlassung vereitle. Da der Klageanspruch auf eine dauerhafte Unterlassung gerichtet sei, während mit der einstweiligen Verfügung nur ein befristetes Verbot begehrt werde, greife die beantragte einstweilige Verfügung auch der Entscheidung über die Klage nicht vor. Der Gemeinde drohe durch die Schließung des Postamtes ein unwiederbringlicher Schaden, weil dies in die Infrastruktur der Gemeinde eine spürbare Lücke reiße. Dies mindere die Attraktivität der Gemeinde als Wirtschaftsstandort und Tourismusziel erheblich.

Die Beklagte bestritt die Zulässigkeit des Rechtswegs, da das Klagebegehren bzw das Begehren auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung auf Unterlassung sämtlicher Maßnahmen zur Schließung und zur Verringerung der bisher angebotenen Dienste des Postamtes gerichtet sei. Nach den durch die Novelle 2005 neu eingefügten Bestimmungen in § 4 Abs 5 Postgesetz sei das Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie (im Weiteren BMVIT) die zuständige oberste Behörde für den Universaldienst. Es handle sich daher nicht um eine bürgerliche Rechtssache. Außerdem sei der erhobene Unterlassungsanspruch den Verwaltungsbehörden (Postbehörden) zugewiesen. Der Klägerin werde durch die genannten Bestimmungen, insbesondere durch die UDVO kein Anspruch darauf eingeräumt, dass das gegenständliche Postamt nicht geschlossen werde.

Das Erstgericht wies den Sicherungsantrag a limine wegen Unzulässigkeit des Rechtswegs zurück. Es führte aus, dass es für die Frage der Zulässigkeit des Rechtswegs darauf ankomme, ob es sich bei dem geltend gemachten Anspruch um einen bürgerlich-rechtlichen handle und ob dieser nicht durch Gesetz ausdrücklich vor eine andere Behörde verwiesen wurde. Dabei komme es auf die Natur des Anspruchs an, wofür wiederum der geltend gemachte Rechtsgrund von ausschlaggebender Bedeutung sei. Die Schließung eines Postamtes als Willensentscheidung der beklagten Aktiengesellschaft stelle nach den Regeln des Postgesetzes kein hoheitliches Handeln dar, sodass nicht die Rückgängigmachung eines Hoheitsaktes angestrebt werde. Durch die Novelle zum Postgesetz 2006 seien in § 4 PostG die Abs 4 und 5 neu eingefügt worden, wodurch sich die Rechtslage zur Entscheidung des Obersten Gerichtshofs zu 3 Ob 190/05w nachträglich geändert habe. Es sei nunmehr eine Zuweisung des Verfahrens zur Entscheidung an das BMVIT erfolgt und daher der Rechtsweg unzulässig.

Das Rekursgericht gab dem dagegen von der Klägerin erhobenen Rekurs Folge, hob den Beschluss auf und trug dem Erstgericht die Entscheidung über den Antrag der Klägerin auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung auf. Es erklärte den Rekurs an den Obersten Gerichtshof gemäß §§ 402 Abs 4 EO, 527 Abs 2 ZPO iVm § 528 Abs 1 ZPO für zulässig, da zur Frage der Zulässigkeit des Rechtswegs hinsichtlich der Schließung eines Postamtes lediglich eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofs vorliege, die vor der Postgesetznovelle 2006 erging. In rechtlicher Hinsicht führte es aus, dass die Zulässigkeit des Rechtswegs im Hinblick auf die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs zu 3 Ob 190/05w gegeben sei, weil die Schließung eines Postamtes kein hoheitliches Handeln darstelle. Der Oberste Gerichtshof habe darüber hinaus ausgesprochen, dass der Verweisung eines Anspruchs vor die Verwaltungsbehörde durch Art 6 Abs 1 EMRK insoweit eine verfassungsrechtliche Schranke gesetzt sei, als zivilrechtliche Ansprüche von Gerichten zu entscheiden seien. Privatrechtliche Ansprüche seien nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs dadurch gekennzeichnet, dass einander gleichberechtigte Rechtssubjekte gegenüber stünden. Hier werde ein Unterlassungsanspruch einer Gemeinde gegen ein Privatrechtssubjekt (Aktiengesellschaft) geltend gemacht, der zweifellos den bürgerlich-rechtlichen Ansprüchen zuzuzählen sei. Der Oberste Gerichtshof habe in der zitierten Entscheidung ausgeführt, dass sich weder aus § 5 Abs 2 PostG 1997 noch aus §§ 25 ff PostG 1997, welche die Postbehörde und das Aufsichtsrecht regeln, ergebe, dass der behauptete Anspruch der Klägerin im Verwaltungsverfahren durchzusetzen sei. Das PostG 1997 enthalte keine Regelungen, die in Ansehung des erhobenen - dem gegenständlichen Verfahren gleichgelagerten - Unterlassungsanspruches eine verwaltungsbehördliche Zuständigkeit vorsähen. Für privatrechtliche Ansprüche bestehe eine Generalklausel zu Gunsten der Kompetenz der Gerichte. Ausnahmen von der Zulässigkeit für einen dem Privatrecht angehörenden Anspruch durch ein besonderes Gesetz müssten klar und unzweideutig zum Ausdruck kommen. Die Zuständigkeit der Verwaltungsbehörde dürfe in bürgerlichen Rechtssachen schon dann nicht angenommen werden, wenn sich dies nur bei ausdehnender Auslegung des Gesetzes rechtfertigen ließe. Eine klare Zuweisung des von der Klägerin geltend gemachten Anspruchs könne aus der Bestimmung des § 4 Abs 5 PostG nicht abgeleitet werden, ebensowenig aus den Materialien. Auch die neue Regelung des § 28 PostG 1997 betone, dass durch die Regelung die Zuständigkeit der Gerichte trotz erweiterter Zuständigkeit des Postbüros für Streit- oder Beschwerdefälle von Kunden und Interessenvertretungen nicht angetastet werde. Die Zulässigkeit des Rechtswegs sei daher gegeben.

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen von der Beklagten erhobene Revisionsrekurs ist aus dem vom Rekursgericht genannten Grund zulässig und teilweise auch berechtigt.

Für die Zuständigkeit ist in erster Linie die Zuweisung durch gesetzliche Bestimmungen maßgeblich (RIS-Justiz RS0045438; Mayr in Rechberger, ZPO3 Vor § 1 JN Rz 4). § 1 JN sieht die Zuständigkeit der Gerichte in bürgerlichen Rechtssachen vor, soweit diese nicht durch besondere gesetzliche Regelungen anderen Behörden und Organen zugewiesen sind.

Bei der Entscheidung über die Zulässigkeit des Rechtswegs ist in erster Linie der Wortlaut des Klagebegehrens und darüber hinaus der Klagesachverhalt (die Klagebehauptungen) maßgebend. Wesentlich ist die Natur, das Wesen des geltend gemachten Anspruchs, wofür wiederum der geltend gemachte Rechtsgrund von ausschlaggebender Bedeutung ist. Ohne Einfluss ist hingegen, was der Beklagte einwendet oder ob der behauptete Anspruch begründet ist; es kommt nur darauf an, ob nach dem Inhalt der Klage ein privatrechtlicher Anspruch erhoben wird, über den die ordentlichen Gerichte zu entscheiden haben (RIS-Justiz RS0045584; RIS-Justiz RS0045718 mwN etwa 8 Ob 40/07a; Mayr in Rechberger ZPO3 Vor § 1 JN Rz 6; Ballon in Fasching2 I § 1 JN Rz 72). Im Zweifel müssen bürgerliche Rechtssachen mangels ausdrücklicher anderer Anordnung durch die Gerichte entschieden werden. Es besteht daher für diese Rechtsstreitigkeiten eine Generalklausel zu Gunsten der Zivilgerichte. Soll von der Zuständigkeit der Gerichte eine Ausnahme geschaffen werden, so muss diese in den hiefür erforderlichen „besonderen Gesetzen" klar und unzweideutig zum Ausdruck gebracht werden. Eine ausdehnende Auslegung von Vorschriften, die eine Zuständigkeit einer Verwaltungsbehörde normieren, ist unzulässig (RIS-Justiz RS0045474; Mayr in Rechberger ZPO3 Vor § 1 JN Rz 5). Bürgerliche Rechtssachen sind solche Ansprüche, die auf Gleichbehandlung beruhende Rechtsbeziehungen zwischen beliebigen Rechtssubjekten zum Gegenstand haben (RIS-Justiz RS0045438 mwN etwa 3 Ob 229/07h; Mayr in Rechberger, ZPO3 Vor § 1 JN Rz 5).

Art 94 B-VG schließt nicht aus, dass aus demselben Sachverhalt privatrechtliche und öffentlich-rechtliche Ansprüche, also aus verschiedenen Rechtsgrundlagen abgeleitet werden, über die einerseits die Gerichte, andererseits die Verwaltungsbehörden zu entscheiden haben (RIS-Justiz RS0045497 mwN etwa 1 Ob 89/07f; Ballon in Fasching2 I § 1 JN Rz 72). Der Grundsatz der Trennung der Justiz von der Verwaltung beinhaltet aber das Verbot, über dieselbe Frage Gerichte und Verwaltungsbehörden, sei es im gemeinsamen Zusammenwirken, sei es im instanzenmäßigen Nacheinander, entscheiden zu lassen (RIS-Justiz RS0045475 mwN etwa 1 Ob 329/97g).

Während in den Abs 1 und 2 des § 4 PostG 1997 idF vor der Novelle 2006 bzw in den Abs 1 bis 3 des § 4 PostG 1997 idF der Novelle 2006 der Umfang des Universaldienstes beschrieben wird, enthalten der Abs 3 des § 4 PostG 1997 idF vor der Novelle 2006 und die Abs 4 und 5 des § 4 PostG 1997 idF nach der Novelle 2006 folgende Bestimmungen über das einzuhaltende „Verfahren".

Das Postgesetz hatte vor der Novelle BGBl I 2006/2 in § 4 folgende Regelungen:

„2. Abschnitt Postdienste Universaldienst

§ 4. (1) ...

(3) Der Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr kann durch Verordnung für die dem Universaldienst zuzurechnenden Dienstleistungen, insbesondere die den Bedürfnisse der Kunden entsprechende Dichte an Abhol- und Zugangspunkten und die Abhol- und Zustellfrequenz näher bestimmen. Dabei ist auch auf geographische Gegebenheiten sowie auf die wirtschaftlichen Auswirkungen des Zustellvorgangs auf den Betreiber Rücksicht zu nehmen, um ein dauerhaft zufriedenstellendes Erbringen des Universaldienstes zu gewährleisten. Dies gilt sinngemäß auch für den reservierten Dienst.

Durch die Novelle des Postgesetzes 2006 wurden unter anderem zwei neu Absätze in § 4 PostG eingefügt.

Die Bestimmung lautet nunmehr wie folgt:

2. Abschnitt Universaldienst und reservierter Postdienst Universaldienst

§ 4. (1) ...

(4) Der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie kann durch Verordnung für die dem Universaldienst zuzurechnenden Dienstleistungen nähere Bestimmungen erlassen, wie insbesondere über die Dichte an Abhol- und Zugangspunkten, die Abhol- und Zustellfrequenz, die Berichtspflicht an die Regulierungsbehörde und die Weiterentwicklung des Universaldienstes. Dabei hat er auch auf geographische Gegebenheiten sowie auf die wirtschaftlichen Auswirkungen auf den Betreiber Rücksicht zu nehmen, um ein dauerhaft zufriedenstellendes Ergebnis des Universaldienstes zu gewährleisten.

(5) Der Universaldienstbetreiber hat ein Konzept zur Erbringung des Universaldienstes zu erstellen (Universaldienstkonzept) und der obersten Postbehörde bis spätestens 1. März jeden Jahres vorzulegen. Das Konzept ist jährlich zu aktualisieren; es kann bei Bedarf auch innerhalb des Jahres angepasst werden. Alle den Universaldienst betreffenden Maßnahmen, wie insbesondere die Restrukturierung des Filialnetzes, allgemeine Änderungen bei den Öffnungszeiten der Filialen und Änderungen im Bereich der Versorgung mit Briefkästen, haben im Rahmen dieses Konzeptes zu erfolgen, wobei auf die flächendeckende Versorgung mit Universaldienstleistungen Bedacht zu nehmen ist. Im das Filialnetz betreffenden Teil des Konzeptes (Filialnetzkonzept) vorgesehene Schließungen von Postämtern dürfen nur dann vollzogen werden, wenn die kostendeckende Führung eines Postamtes dauerhaft ausgeschlossen ist und die Erbringung des Universaldienstes durch eine alternative Lösung (Post-Geschäftsstelle, Landzusteller, „Mobiles Postamt" oder eine ähnliche alternative Versorgungslösung) gewährleistet ist. Vor der Schließung eines Postamtes sind die von diesem Postamt bisher versorgten Gemeinden zeitgerecht zu informieren und im einvernehmlichen Zusammenwirken mit den betroffenen Gemeinden innerhalb von 3 Monaten alternative Lösungen zu suchen mit dem Bemühen, den Standort zu erhalten; die sonstigen diesbezüglichen Vorgaben der Post-Universaldienstverordnung sind dabei einzuhalten. Der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie kann die Vorlage von Unterlagen zum Nachweis der Einhaltung dieser Kriterien verlangen und diese auch durch Sachverständige überprüfen lassen. Werden diese Kriterien nicht erfüllt oder die verlangten Nachweise nicht vorgelegt, so kann der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie die Schließung eines Postamtes bescheidmäßig untersagen.

Nicht verändert haben sich die Bestimmungen der Post-Universaldienstverordnung. § 3 enthält ua folgende Regelungen:

Post-Geschäftsstellen

§ 3. (1) ...

(4) Vor der beabsichtigten Schließung eines Postamtes hat der Universaldienstbetreiber die von diesem Postamt bisher versorgten Gemeinden zeitgerecht zu informieren und im einvernehmlichen Zusammenwirken mit den betroffenen Gemeinden innerhalb von drei Monaten alternative Lösungen zu suchen mit dem Bemühen, den Standort zu erhalten. Dabei ist insbesondere auch auf regionale Gegebenheiten Bedacht zu nehmen. Der Universaldienstbetreiber hat den betroffenen Gemeinden entsprechende Unterlagen vorzulegen, welche die Voraussetzungen gemäß Abs 3 belegen. Unbeschadet allfälliger Vorschläge der Gemeinden hat der Universaldienstbetreiber den betroffenen Gemeinden jedenfalls konkrete Vorschläge zur Erhaltung der Versorgungsqualität zu unterbreiten.

(5) Der Bewerbung eine Postagentur zu betreiben oder einem entsprechenden Vorschlag einer Gemeinde ist nach Möglichkeit zu entsprechen. Eine solche vertragliche Vereinbarung darf keine unbillige Belastung für die Vertragspartner enthalten. Ist die Versorgung durch eine Postagentur nicht mehr möglich, ist die Erbringung des Universaldienstes jedenfalls durch Landzusteller sicherzustellen."

Durch die gesetzlichen Änderungen wurde klargestellt, dass die Informationen und Stellungnahmen der Gemeinden in § 4 Abs 5 PostG 1997 idF nach der Novelle 2006 in die Beurteilung des nach dieser Bestimmung zu erstellenden Universaldienstkonzeptes eingebettet sind. Diese Beurteilung kommt nunmehr dem BMVIT zu. In diesem Rahmen hat das BMVIT auch die Möglichkeit, die Schließung einzelner Geschäftsstellen mit Bescheid zu untersagen. Insoweit unterscheidet sich die Rechtslage wesentlich von jener, die noch der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs zu 3 Ob 190/05w zugrunde gelegt wurde. Die Schließung eines Postamtes ist nun in ein der verwaltungsbehördlichen Überprüfung unterliegendes Gesamtkonzept eingepasst - unterliegt also nicht mehr bloß der Willensentscheidung der Beklagten. Die Mitwirkungsrechte der Gemeinde sind auch in diesem Zusammenhang vorgesehen. Es kann die Schließung nun in einem Verfahren vor einer Verwaltungsbehörde überprüft und auch untersagt werden. Dabei sind die gesetzlich festgelegten Kriterien anzuwenden. Damit ist klargestellt, dass die geltend gemachten Rechtspositionen im Rahmen eines Verwaltungsverfahrens einer Überprüfung zugeführt werden können. Es liegt dann an der Verwaltungsbehörde bzw dem Verwaltungsgerichtshof, welche Bedeutung sie den vom Gesetzgeber den Gemeinden zugeordneten Informations- und Stellungnahmerechten - wie sie etwa auch in anderen Bestimmungen vorgesehen sind (vgl etwa § 94f StVO) zumessen (8 Ob 122/04f; noch zur alten Rechtslage VwGH 2005/03/0193). Die im Rahmen des Prüfungsverfahrens nach § 4 Abs 5 PostG 1997 den Gemeinden eingeräumten Rechte können nun aber nicht mehr als auf Gleichbehandlung beruhende privatrechtliche Rechtsbeziehungen zwischen beliebigen Rechtssubjekten angesehen werden, über die im Zweifel von den ordentlichen Gerichten zu entscheiden wäre.

Im Ergebnis würden sonst wohl auch über dieselbe Frage Gericht und Verwaltungsbehörden entscheiden. Es könnten diese Entscheidungen insoweit im Rahmen der Prüfung nach § 4 Abs 5 PostG 1997 in Widerspruch geraten, als die Entscheidung über die Schließung einer Geschäftsstelle im Rahmen des Gesamtkonzepts zu erfolgen hat. Die mangelnde Möglichkeit der Schließung einer Geschäftsstelle in diesem Gesamtkonzept kann aber auf die Möglichkeit der Aufrechterhaltung anderer Geschäftsstellen Auswirkungen haben. Das Ergebnis, dass die Prüfung der Voraussetzungen für die Schließung von Geschäftsstellen unter dem Aspekt des § 4 Abs 5 PostG 1997 im Rahmen eines Verwaltungsverfahrens einheitlich zu erfolgen hat, entspricht wohl auch der Absicht des historischen Gesetzgebers der Novelle 2006, der eine flächendeckende Versorgung in effizienter Form sicherstellen wollte (RV 1068 BlgNR 22. GP, 3).

Auch § 16 der Tiroler Gemeindeordnung 2001 - TGO bietet keine Grundlage dafür, insoweit eine Zuständigkeit der Gerichte anzunehmen. Diese Bestimmung ordnet Folgendes an:

„§ 16 Eigener Wirkungsbereich der Gemeinde

(1) Der eigene Wirkungsbereich der Gemeinde umfasst neben den im § 2 Abs 2 genannten Angelegenheiten alle Angelegenheiten, die im ausschließlichen oder überwiegenden Interesse der in der Gemeinde verkörperten örtlichen Gemeinschaft gelegen und geeignet sind, durch die Gemeinschaft innerhalb ihrer örtlichen Grenzen besorgt zu werden.

(2) Der Gemeinde sind zur Besorgung im eigenen Wirkungsbereich die behördlichen Aufgaben insbesondere in folgenden Angelegenheiten gewährleistet:

a) Bestellung der Gemeindeorgane, unbeschadet der Zuständigkeit überörtlicher Wahlbehörden; Regelung der inneren Einrichtungen zur Besorgung der Gemeindeaufgaben,

b) Bestellung der Gemeindebediensteten und Ausübung der Diensthoheit unbeschadet der Zuständigkeit überörtlicher Disziplinar-, Qualifikations- und Prüfungskommissionen,

c) örtliche Sicherheitspolizei und örtliche Veranstaltungspolizei, ..."

Der eigene Wirkungsbereich beschreibt zwar im Allgemeinen neben den behördlichen Kompetenzen der Gemeinde auch deren Zuständigkeit im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung (Art 116 Abs 2 B-VG, Walter/Mayer/Kucsko-Stadlmayer, Bundesverfassungsrecht10, Rz 879), was aber voraussetzt, dass es sich überhaupt um privatrechtliche Rechtspositionen handelt. Gerade dies wurde aber gerade verneint.

Soweit sich der Antrag auf Erlassung der einstweiligen Verfügung also auf § 3 der Post-Universaldienstverordnung sowie § 16 der Tiroler Gemeindeordnung stützt, war er mangels Zulässigkeit des Rechtswegs zurückzuweisen.

Anders stellt sich dies dar, soweit die Klägerin ein - wenngleich nicht weiter substanziiertes - Privatrechtsverhältnis behauptet und sich auf ihre Stellung als Privatkunde der Beklagten bezieht.

Nach den hiefür - wie oben ausgeführt - allein maßgeblichen Klagsbehauptungen ist davon auszugehen, dass sich die Klägerin hier auf die Bestimmungen des bürgerlichen Rechts stützt. Insoweit ist die Zulässigkeit des Rechtswegs gegeben. Über die materielle Berechtigung des geltend gemachten Anspruchs ist im vorliegenden Verfahrensstadium nicht abzusprechen; dies ist allein der Sachentscheidung vorbehalten (RIS-Justiz RS0045584; Ballon aaO Rz 75 mwN).

Insoweit hat das Rekursgericht also zutreffend die gerichtliche Zuständigkeit bejaht.

Der Klägerin war der Ersatz der Kosten in jenem Ausmaß aufzuerlegen, in dem sie im Provisorialverfahren unterlegen ist (RIS-Justiz RS0005667 mwN).

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