OGH 9Ob103/04v

OGH9Ob103/04v2.2.2005

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Rohrer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling, Dr. Hradil, Dr. Hopf und Univ. Doz. Dr. Bydlinski als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S*****, vertreten durch Dr. Peter Rudeck und Dr. Gerhard Schlager, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei Z***** GmbH & Co KG, *****, vertreten durch Grohs Hofer Rechtsanwälte GesmbH in Wien, wegen EUR 111.158,70 sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 28. April 2004, GZ 38 R 76/04i-36, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Nach nunmehr völlig einhelliger Rechtsprechung ist durch die mit dem 3. WÄG geschaffene Bestimmung des § 12a Abs 1 MRG hinsichtlich des Begriffs der Veräußerung eines Unternehmens keine Rechtsänderung eingetreten. Als Veräußerung des Unternehmens iSd § 12a Abs 1 MRG ist demnach jedes Rechtsgeschäft anzusehen, das nach seiner Art darauf gerichtet ist, im Wege der Einzelrechtsnachfolge eine Änderung der sachenrechtlichen Zuständigkeit an der Gesamtsache Unternehmen herbeizuführen. Ob damit auch eine wirtschaftliche Änderung am Unternehmen herbeigeführt wird, ist für diesen Grundtatbestand des § 12a Abs 1 MRG bedeutungslos (JBl 2000, 643 [verst Senat]; MietSlg 52.296/4; Würth/Zingher/Kovanyi, MRG21 § 12a Rz 11; Auer/Böhm in Schwimann, ABGB IV² § 12a MRG Rz 33, 41).

Demgemäß hat der Oberste Gerichtshof die gesellschaftsrechtliche Gesamtrechtsnachfolge nicht als Veräußerung iSd § 12 Abs 3 MRG aF bzw § 12a Abs 1 MRG gewertet und in diesem Sinn in der von den Vorinstanzen zitierten Entscheidung MietSlg 52.296/4 auch im Falle einer (dort allerdings „entflechtenden") Spaltung die Anwendbarkeit des § 12a Abs 1 MRG verneint, weil sich bei der Spaltung die mietrechtliche Rechtsnachfolge nicht auf das Rechtsgeschäft der Spaltung, sondern auf die (früher) in § 9 Abs 2 Z 1 bzw (nunmehr) in § 14 Abs 2 Z 1 SpaltG angeordnete Gesamtrechtsnachfolge gründet.

Dass hier eine Spaltung zur Aufnahme iSd § 17 SpaltG zu beurteilen ist, macht insofern keinen Unterschied, weil - was der Revisionswerber gar nicht bestreitet - auch bei dieser Form der Spaltung die mietrechtliche Rechtsnachfolge in Form der in § 14 Abs 2 Z 1 SpaltG angeordneten Gesamtrechtsnachfolge erfolgt (Kalss, Handkommentar zur Verschmelzung, Spaltung, Umwandlung, § 1 SpaltG Rz 5 und 6; zuletzt Fantur, Abspaltung zur Aufnahme auf eine Vorgesellschaft, GeSRZ 2003, 55 [59]). Der Spaltungs- und Übernahmevertrag ist nämlich nicht das kausale Element für den Eintritt der Spaltungswirkungen. Diese sind vielmehr die unmittelbare Folge der Eintragung der Spaltung in das Firmenbuch (Fantur, aaO 59).

Der Revisionswerber meint allerdings, dass die Spaltung zur Aufnahme wirtschaftlich einem „"klassischen" Unternehmenskauf gleichkomme und daher als Veräußerungsgeschäft iSd § 12a Abs 1 MRG gewertet werden müsse. Insofern gehe „die mietrechtliche lex specialis des § 12a Abs 1 MRG vor". Dieser Einwand ist aber durch die oben wiedergegebene Rechtsprechung, wonach § 12a Abs 1 MRG auf Fälle der Gesamtrechtsnachfolge nicht anzuwenden ist, nicht gedeckt und verkennt auch das Zusammenspiel des § 12a Abs 1 MRG und des § 12a Abs 3 MRG, der - im Gegensatz zu Abs 1 - auch die Gesamtrechtsnachfolge umfasst (Würth/Zingher/Kovanyi, MRG21 § 2a Rz 20).

Mit der Schaffung des § 12a Abs 3 MRG wurde der in § 12a Abs 1 MRG normierte Grundtatbestand (der dem § 12 Abs 3 idF vor dem 3. WÄG als seiner Vorläuferbestimmung entspricht) erweitert, um rechtlichen Umgehungskonstruktionen, die sich aus gesellschaftsrechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten ergeben, zu begegnen. Gesellschaftsrechtliche Gestaltungen, die eine Unternehmensveräußerung im engeren Sinn ersetzen und vorher keine Mietzinserhöhung durch den Vermieter ermöglichten, sollten nunmehr durch eine generelle Regelung der Veräußerung eines Unternehmens durch eine natürliche Person gleichgestellt werden (1268 BlgNR 18. GP 10 f; WoBl 1997/16; Würth/Zingher/Kovanyi, MRG21 § 12a Rz 16).

Allerdings setzt die Anwendbarkeit der aus diesem Grund geschaffene Bestimmung des § 12a Abs 3 MRG voraus, dass sich durch die zu beurteilende Veränderung „die rechtlichen und wirtschaftlichen Einflussmöglichkeiten entscheidend" ändern („Machtwechsel"). Damit trägt das Gesetz dem Umstand Rechnung, dass es nur unter dieser Voraussetzung gerechtfertigt ist, von einer Umgehungskonstruktion (und damit von einem „aufgezwungenen Mieterwechsel") zu sprechen. Einen mit der hier zu beurteilenden Gesamtrechtsnachfolge verbundenen Machtwechsel haben die Vorinstanzen aber übereinstimmend verneint. Die dazu vorgebrachten Argumente werden vom Revisionswerber in seinem Rechtsmittel nicht bekämpft.

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