Spruch:
Die Arbeitsrechtssache wird an das Landesgericht Innsbruck als Arbeits- und Sozialgericht überwiesen.
Text
Begründung
Die im Sprengel des Landesgerichts Innsbruck wohnhafte Klägerin begehrte mit ihrer beim Arbeits- und Sozialgericht Wien eingebrachten Klage die Zahlung von 36.340 EUR sA. Mit Schriftsatz vom 29. 9. 2009 beantragte sie die Delegierung des Verfahrens an das Landesgericht Innsbruck als Arbeits- und Sozialgericht. Von den noch einzuvernehmenden 12 Zeugen sei lediglich einer in Wien wohnhaft. 10 Zeugen wohnten im Sprengel des Landesgerichts Innsbruck, eine Zeugin sei im Sprengel des Landesgerichts Salzburg ansässig. Die Delegierung werde daher zu einer wesentlichen Verkürzung und Verbilligung des Prozesses führen.
Die Beklagte sprach sich gegen die beantragte Delegierung aus und verwies insbesondere darauf, dass es der Klägerin bei Einbringung der Klage gemäß § 4 Abs 1 ASGG freigestanden wäre, die Zuständigkeit des Landesgerichts Innsbruck als Arbeits- und Sozialgericht in Anspruch zu nehmen. Es lägen keine wesentlichen, nachträglich entstandenen Gründe vor, die nun eine Delegierung zweckmäßig erscheinen lassen. Zudem habe der Klagevertreter in einem einen anderen Kläger betreffenden Parallelverfahren die Untersagung der Anmietung von Büroräumlichkeiten als eigentlichen Grund für die Beendigung des Vertragsverhältnisses angegeben. Dies sei von der Klägerin auch bestätigt worden. Dieser Fragenkomplex sei aber bereits geklärt, sodass die beantragte Delegierung keinesfalls zweckmäßig sei. Das Arbeits- und Sozialgericht Wien legte den Akt dem Obersten Gerichtshof zur Entscheidung über den Delegierungsantrag der Klägerin vor und sprach sich für die beantragte Delegierung aus.
Rechtliche Beurteilung
Der Delegierungsantrag der Klägerin ist gerechtfertigt. Gemäß § 31 Abs 1 JN kann aus Gründen der Zweckmäßigkeit auf Antrag einer Partei anstelle des zuständigen Gerichts ein anderes Gericht gleicher Gattung zur Verhandlung und Entscheidung bestimmt werden. Richtig ist, dass eine Delegierung nur den Ausnahmefall darstellen darf und nicht zu einer Durchbrechung der an sich maßgeblichen gesetzlichen Zuständigkeitsordnung führen soll. Gegen den Willen der anderen Partei kann die Delegierung daher nur dann ausgesprochen werden, wenn die Frage der Zweckmäßigkeit eindeutig zugunsten aller Parteien des Verfahrens gelöst werden kann (RIS-Justiz RS0046589 ua). Davon ist aber hier auszugehen. Nicht nur die Klägerin, sondern 9 der von ihr beantragten 11 Zeugen haben ihren Wohnsitz im Sprengel des Landesgerichts Innsbruck, ein weiterer Zeuge wohnt im Sprengel des Landesgerichts Salzburg. Dass die Beklagte - neben einem ebenfalls in Tirol wohnhaften Zeugen - einen Zeugen beantragt hat, der seinen Wohnsitz in Wien hat, fällt demgegenüber nicht entscheidend ins Gewicht. Zielsetzung der Delegierung ist eine wesentliche Verkürzung und/oder Verbilligung des Verfahrens sowie eine Erleichterung des Gerichtszugangs oder der Amtstätigkeit. Das wird hier durch eine Delegierung des Verfahrens an das Landesgericht Innsbruck erreicht, weil in diesem Fall der absolut überwiegende Teil des Beweisverfahrens vor dem dann erkennenden Gericht durchgeführt werden kann, ohne dass die zum weitaus größten Teil aus dem Sprengel des Landesgerichts Innsbruck stammenden Zeugen eine weite und kostspielige Anreise in Kauf nehmen müssen. Von der damit erreichbaren Verfahrenskonzentration, Kosten- und Zeitersparnis profitieren beide Parteien.
Die in der Stellungnahme der Beklagten zum Delegierungsantrag angestellten Überlegungen über eine Einschränkung der Beweisthemen durch die Klägerin können an diesem Ergebnis nichts ändern. Es trifft nicht zu, dass sich die Klägerin ausschließlich auf den in der Stellungnahme der Beklagten angeführten Grund für die Beendigung berufen hat. Sie hat vielmehr mehrere weitere Gründe vorgebracht und gerade auch zum Nachweis dieser Gründe die Einvernahme zahlreicher Zeugen beantragt. Erklärungen, dass einem der geltend gemachten Gründe eine besondere Bedeutung zukommt, bedeuten keinen Verzicht auf die anderen geltend gemachten Gründe und auf die Einvernahme der zu deren Nachweis beantragten Zeugen.
Es ist richtig, dass die Klägerin gemäß § 4 Abs 1 Z 1 lit a und c ASGG die Klage bereits von Anfang an beim Landesgericht Innsbruck als Arbeits- und Sozialgericht hätte einbringen können. Richtig ist auch, dass diese Vorgangsweise zweckmäßiger gewesen wäre, weil die Klägerin voraussehen hätte können, dass der Großteil insbesondere der von ihr namhaft gemachten Zeugen im Sprengel dieses Gerichts wohnt. Das ändert aber nichts daran, dass es immer noch zweckmäßig ist, die Rechtssache an das Landesgericht Innsbruck als Arbeits- und Sozialgericht zu delegieren, weil im Sprengel dieses Gerichts der Großteil der zu vernehmenden Zeugen wohnt. Es gibt keinen Grundsatz, dass nicht mehr delegiert werden dürfte, wenn der Kläger die Unzweckmäßigkeit seiner Vorgangsweise hätte voraussehen können (9 Nc 11/07b; 9 Nc 11/08d; 9 Nc 3/09d ua).
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)