OGH 9Nc21/19s

OGH9Nc21/19s4.7.2019

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Dehn und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Hargassner als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei I***** GmbH, *****, vertreten durch Saxinger, Chalupsky & Partner Rechtsanwälte GmbH in Wels, gegen die beklagte Partei C***** S*****, vertreten durch Sudi Siarlidis Huber Ehß Rechtsanwälte OG in Graz, wegen 43.246,94 EUR sA, über den Delegierungsantrag der beklagten Partei den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:0090NC00021.19S.0704.000

 

Spruch:

Der Delegierungsantrag der beklagten Partei wird abgewiesen.

 

Begründung:

Mit ihrer beim Landesgericht Steyr als Arbeits- und Sozialgericht (Sitz des Unternehmens der Klägerin) eingebrachten Klage begehrt die Klägerin vom Beklagten wegen Verstoßes gegen die im Dienstvertrag vereinbarte Konkurrenzklausel eine Konventionalstrafe in Höhe des Klagsbetrags. Zum Beweis ihres Vorbringens beantragt sie die Einvernahme ihres Geschäftsführers und zwei Zeugen per Adresse ihres Unternehmenssitzes.

Der Beklagte bestreitet das Klagebegehren, beantragt seine Parteienvernehmung und macht seinerseits zwei Zeugen mit Wohnorten in der Steiermark namhaft.

Der Beklagte beantragt die Delegierung der Rechtssache an das Landesgericht Graz als Arbeits- und Sozialgericht. Unter den Gesichtspunkten der Kostenverringerung, Verfahrensbeschleunigung und Erleichterung des Gerichtszugangs für die Beteiligten sei eine Delegierung der Rechtssache an das Landesgericht Graz als Arbeits- und Sozialgericht zweckmäßig, weil alle einzuvernehmenden Zeugen im Sprengel des Landesgerichts Graz ihren Wohnsitz hätten und auch eine Einvernahme im Wege der Videokonferenz einen Mehraufwand darstelle.

Die Klägerin sprach sich mangels klarer und überwiegender Zweckmäßigkeit einer Delegierung gegen den Antrag aus.

Das Erstgericht hielt im Hinblick auf die Möglichkeit einer Videokonferenz eine Delegierung für nicht zweckmäßig (ON 9 S 2).

Rechtliche Beurteilung

Der Delegierungsantrag des Beklagten ist nicht berechtigt.

Gemäß § 31 Abs 1 JN kann aus Gründen der Zweckmäßigkeit auf Antrag einer Partei anstelle des zuständigen Gerichts ein anderes Gericht gleicher Gattung zur Verhandlung und Entscheidung bestimmt werden. Eine Delegierung soll allerdings nur den Ausnahmefall darstellen. Keinesfalls soll durch eine zu großzügige Handhabung der Delegierungsmöglichkeiten eine faktische Durchbrechung der gesetzlichen Zuständigkeitsordnung hervorgerufen werden (RS0046441). Aus Zweckmäßigkeitsgründen soll die Delegierung vor allem dann angeordnet werden, wenn die Übertragung der Zuständigkeit an ein anderes Gericht eine wesentliche Verkürzung, eine Kostenverringerung oder eine Erleichterung des Gerichtszugangs für die Beteiligten sowie der Amtstätigkeit zu bewirken verspricht (RS0046333). Die Delegierung gegen den Willen der anderen Partei ist daher nur dann auszusprechen, wenn die Frage der Zweckmäßigkeit eindeutig zu Gunsten aller Parteien des Verfahrens gelöst werden kann (RS0046589; RS0046324).

Dies ist hier nicht der Fall. Der Beklagte und die namhaft gemachten Zeugen wohnen zwar in der Steiermark, zwei Zeugen haben jedoch ihren Dienstort am Sitz der Klägerin und auch die Geschäftsführerin der Klägerin ist unter der Adresse der Klägerin im Sprengel des mit der Klage angerufenen Gerichts zu laden. Im Hinblick auf die Möglichkeit der Einvernahme auswärtiger Zeugen im Wege der Videokonferenz sind bei einer Verfahrensführung in Steyr keine höheren (zB Fahrt-)Kosten zu erwarten. Der Gesetzgeber hat eine Beweisaufnahme im Weg der Videokonferenz sogar zur unmittelbaren Beweisaufnahme erklärt (§ 277 ZPO; s auch Rechberger/Klicka in Rechberger/Klicka , ZPO 5 § 277 Rz 2), sodass auch unter dem Aspekt des Unmittelbarkeitsgrundsatzes keine Bedenken dagegen bestehen (9 Nc 10/19y). Angesichts dessen, dass eine Delegierung lediglich den Ausnahmefall bilden soll, liegen danach auch im vorliegenden Fall keine ausreichenden Umstände zu Gunsten aller Parteien dafür vor, dass mit einer Delegierung eindeutig eine wesentliche Verfahrensbeschleunigung oder Kostenreduzierung oder eine hinlängliche Erleichterung des Gerichtszugangs oder der Amtstätigkeit einherginge.

Der Delegierungsantrag des Beklagten ist daher abzuweisen.

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