OGH 9Nc21/10b

OGH9Nc21/10b23.7.2010

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hradil und Dr. Brenn als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei H***** K*****, vertreten durch Plankel Mayrhofer & Partner, Rechtsanwälte in Dornbirn, gegen die beklagte Partei A***** Gesellschaft mbH, *****, vertreten durch Kraft & Winternitz, Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen 18.000 EUR sA, über den Delegierungsantrag der klagenden Partei den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Arbeitsrechtssache wird an das Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits- und Sozialgericht überwiesen.

Text

Begründung

Die in ***** wohnhafte Klägerin macht mit ihrer beim Arbeits- und Sozialgericht Wien eingebrachten Klage aus einem mit der Beklagten abgeschlossenen Agenturvertrag einen Ausgleichsanspruch in analoger Anwendung des § 24 HVertrG geltend. Nach dem Einspruch der Beklagten und einem Schriftsatzwechsel stellte die Klägerin in der vorbereitenden Tagsatzung vom 15. 6. 2010 einen Delegierungsantrag an das Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits- und Sozialgericht. Aufgrund der notwendigen Betreuung ihres 5-Monate alten Kindes würde ihr eine Anreise nach Wien schwer fallen. Außerdem seien die einzuvernehmenden Zeugen vornehmlich in Graz bzw in der Steiermark wohnhaft. Durch eine Delegierung werde diesen Zeugen und auch ihr selbst ein Erscheinen vor dem erkennenden Gericht wesentlichen erleichtert.

Die Beklagte sprach sich gegen die beantragte Delegierung aus. Der Klägerin sei schon von Anfang an bewusst gewesen, dass sie die Klage fernab von ihrem Wohnsitz einbringe. So wie die Klägerin hätten auch eine Reihe anderer früherer Mitarbeiter der Beklagten unter Einschaltung desselben Rechtsvertreters ihre Ansprüche beim Arbeits- und Sozialgericht Wien geltend gemacht. Ein Delegierungsantrag sei aber nur in jenen Verfahren gestellt worden, in denen dem Klagevertreter offenbar nicht genehme Richter zuständig seien. Da die Beklagte einen Zeugen mit Wohnsitz in Wien angeboten habe und auch noch (voraussichtlich zwei) weitere Zeugen namhaft machen müsse, sei die Übertragung der Rechtssache nicht im überwiegenden Vorteil beider Parteien gelegen.

Das Arbeits- und Sozialgericht Wien legte den Akt dem Obersten Gerichtshof zur Entscheidung über den Delegierungsantrag vor.

Rechtliche Beurteilung

Der Delegierungsantrag ist gerechtfertigt.

Neben der Klägerin hat die weit überwiegende Anzahl der bisher angebotenen (14) Zeugen ihren Wohnsitz in Graz und Umgebung. Dass die Beklagte bisher einen Zeugen mit Wohnsitz in Wien beantragt hat und voraussichtlich noch zwei weitere Zeugen namhaft machen wird, fällt demgegenüber nicht entscheidend ins Gewicht. Im Fall der beantragten Delegierung kann der überwiegende Teil des Beweisverfahrens vor dem erkennenden Gericht durchgeführt werden, ohne dass der Großteil der Zeugen eine weite und kostspielige Anreise in Kauf nehmen müsste. Auf diese Weise werden durch die kürzeren Anreisewege sowohl Reisezeit als auch Reisekosten gespart. Dies dient jedenfalls der Erleichterung des Gerichtszugangs und der Kostenersparnis und entspricht daher den dargestellten Zielsetzungen der Delegierung. Die auf diese Weise erzielbare Verfahrenskonzentration samt der damit verbundenen Kosten- und Zeitersparnis ist im Interesse beider Parteien gelegen. Es können daher durchaus eindeutig überwiegende Gründe für die Zweckmäßigkeit der Delegierung ins Treffen geführt werden.

Für die Behauptung der Beklagten, die Klägerin bzw ihr Rechtsvertreter würde nur in Ansehung unangenehm erscheinender Richter die Delegierung beantragen, bestehen keine Anhaltspunkte. Es ist zwar richtig, dass die Klägerin gemäß § 4 Abs 1 Z 1 ASGG die Klage bereits von Anfang an beim Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits- und Sozialgericht hätte einbringen können und diese Vorgangsweise auch zweckmäßiger gewesen wäre. Dieser Umstand ändert aber nichts an der Beurteilung, dass sich die Delegierung als zweckmäßig erweist. Es besteht kein Grundsatz, demzufolge eine Delegierung ausgeschlossen wäre, wenn der Kläger die Unzweckmäßigkeit seiner Vorgangsweise hätte voraussehen können (9 Nc 5/10z mwN).

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