Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 2.435,52 bestimmten Revisionskosten (darin enthalten S 405,52 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger war ab 23.6.1993 bei der A ***** Gesellschaft mbH Jenbach als Verkäufer beschäftigt. Vom 1.10.1994 bis zum 31.8.1995 leistete er den Zivildienst ab. Während dieser Zeit, nämlich am 4.1.1995, wurde über das Vermögen seiner Dienstgeberin zu S 151/94 des Landesgerichtes Innsbruck der Konkurs eröffnet. Hievon erlangte der Kläger am 19.7.1995 Kenntnis. Mit Schreiben vom 9.8.1995 erklärte er unter Hinweis auf § 25 Abs 1 KO seinen vorzeitigen Austritt.
Der Kläger meldete im Konkurs eine Forderung von S 127.509 (darin u. a. Kündigungsentschädigung für drei Monate und Urlaubsentschädigung) an. Diese Forderung wurde vom Masseverwalter zunächst bestritten, schließlich aber - nachdem sie der Kläger klagsweise geltend gemacht hatte - im Umfang von S 60.134 anerkannt.
Ein Antrag des Klägers vom 30.8.1995 auf Zahlung von Insolvenzausfallgeld in Höhe von S 127.472 sA wurde von der beklagten Partei mit Bescheid vom 9.11.1995 unter Hinweis auf § 6 Abs 1 IESG als verfristet abgelehnt.
In seiner gegen diesen Bescheid erhobenen Klage begehrte der Kläger die Zuerkennung von Insolvenzausfallgeld in Höhe von S 60.134 (Kündigungsentschädigung für drei Monate von S 42.179, Urlaubsentschädigung für 25 Werktage von S 17.955) zuzüglich S 1.203 an Zinsen sowie von S 270 an Kosten. Er habe von der Konkurseröffnung unverschuldet nichts erfahren und sei von mehreren an der Konkursabwicklung beteiligten Personen übersehen worden. Es seien daher berücksichtigungswürdige Gründe iS des § 6 Abs 1 IESG gegeben.
Die beklagte Partei beantragte, das Klagebegehren aus dem im Bescheid angeführten Grunde abzuweisen. Überdies brachte sie vor, daß die auf § 25 KO gestützte Austrittserklärung außerhalb der hiefür offenstehenden Fristen abgegeben worden sei und die geltend gemachten Ansprüche daher nicht entstanden seien. Zudem sei die Auflösung des Dienstverhältnisses nicht innerhalb des gesicherten Zeitraumes nach § 3 Abs 1 IESG erfolgt.
Dem hielt der Kläger entgegen, daß er auch aufgrund offener Ansprüche aus dem Jahr 1994 zum Austritt berechtigt gewesen sei und daß die für die Versäumung der Frist des § 6 Abs 1 IESG in dieser Bestimmung normierte Härteklausel analog auch auf die Versäumung der Fristen des § 3 Abs 1 und 2 IESG anzuwenden sei.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Über den schon eingangs wiedergegebenen Sachverhalt hinaus stellte es fest, daß in einem Schreiben der Arbeiterkammer (Bezirksstelle Schwaz) an die beklagte Partei die Glaubwürdigkeit der verspäteten Kenntnis des Klägers von der Insolvenz seiner Dienstgeberin u.a. damit begründet wurde, daß das Geschäft des insolventen Arbeitgebers durch einen anderen Unternehmer fast nahtlos weitergeführt worden und daher keine Schließung des Geschäftes erfolgt sei. Das Erstgericht vertrat die Rechtsauffassung, daß die Härteklausel des § 6 Abs 1 IESG nicht entscheidungsrelevant sei. Das Klagebegehren sei schon deshalb nicht berechtigt, weil das Arbeitsverhältnis nicht innerhalb des gesicherten Zeitraumes des § 3 Abs 1 IESG aufgelöst worden sei. Die vom Kläger geforderte analoge Anwendung der Härteklausel des § 6 Abs 1 IESG auf die Frist des § 3 Abs 1 IESG komme nicht in Betracht.
Diese Entscheidung erwuchs in der Abweisung des Klagebegehrens im Umfang von S 2.766 zuzüglich S 55,64 an Zinsen in Rechtskraft. Im übrigen wurde sie vom Berufungsgericht bestätigt, das die ordentliche Revision für zulässig erklärte. Auch das Berufungsgericht verwies auf die Frist des § 3 Abs 1 IESG. Darüber hinaus vertrat es die Auffassung, daß die geltend gemachten Ansprüche mangels Wahrung der für den Austritt nach § 25 KO offenstehenden Fristen gar nicht entstanden seien. Anhaltspunkte für eine analoge Anwendung der Nachsicht einer verfahrensrechtlichen Fristversäumung auf die Versäumung der erforderlichen rechtzeitigen Austrittserklärung seien nicht zu erkennen. Die Revision sei zulässig, da die Frage, wieweit eine analoge Anwendung der Härteklausel des § 6 Abs 1 IESG in Betracht komme, bisher vom Höchstgericht nicht abschließend entschieden worden sei.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen erhobene Revision des Klägers ist nicht berechtigt.
Der Revisionswerber verweist abermals darauf, daß er wegen seines Zivildienstes nicht rechtzeitig von der Insolvenz seiner Dienstgeberin erfahren und deshalb nicht die Möglichkeit gehabt habe, innerhalb der ihm hiefür offenstehenden Fristen sein Beschäftigungsverhältnis aufzulösen und Insolvenzausfallgeld zu beantragen. Das IESG sei somit planwidrig unvollständig. Diese Lücke sei durch die analoge Anwendung der Härteklausel des § 6 Abs 1 IESG zu schließen.
Diesem Vorbringen des Revisionswerbers ist die im bisherigen Verfahren unbeachtet gebliebene Bestimmung des § 3 Abs 3 a IESG entgegenzuhalten. Diese durch BGBl 1992/835 in das IESG eingefügte Bestimmung hat folgenden Wortlaut:
"Wenn der Anspruchsberechtigte
1. einem Beschäftigungsverbot gemäß § 3 Abs 1 oder 3 oder § 5 Abs 1 des Mutterschutzgesetzes, BGBl Nr 221/1979, in der geltenden Fassung unterliegt,
2. einen Karenzurlaub gemäß dem Mutterschutzgesetz oder dem Eltern-Karenzurlaubsgesetz, BGBl Nr 651/1989, in der jeweils geltenden Fassung, oder einer anderen gleichartigen österreichischen Rechtsvorschrift in Anspruch nimmt,
3. Präsenz- oder Zivildienst im Sinne des Arbeitsplatzsicherungsgesetzes, BGBl Nr 683/1991, in der geltenden Fassung leistet,
gebührt Insolvenz-Ausfallgeld auch für gesicherte Ansprüche (§ 1 Abs 2) für die Zeit des Kündigungsschutzes nach der Geburt, nach dem Ende des Karenzurlaubes oder des Präsenz- oder Zivildienstes, wenn der Anspruchsberechtigte das Arbeitsverhältnis rechtzeitig wieder antritt. Das Erfordernis des Wiederantrittes entfällt, wenn wegen der erfolgten Betriebsstillegung der Kündigungs- und Entlassungsschutz noch vor dem Wiederantritt des Arbeitsverhältnisses endet oder wenn Insolvenz-Ausfallgeld für eine Abfertigung nach § 23a Abs 3 und 4 AngG gebührt."
Grund für die Einführung dieser Bestimmung war die Erkenntnis, daß die von ihr erfaßten besonders kündigungsgeschützten Arbeitnehmer bei Wiederantritt ihrer Arbeitsverhältnisse nach Ablauf der Schutzfrist, des Präsenz- oder Zivildienstes bzw des Karenzurlaubes im Falle der mittlerweiligen Eröffnung eines Insolvenzverfahrens häufig keinen Anspruch auf Insolvenz-Ausfallgeld hatten, weil zu diesem Zeitpunkt der Anspruchszeitraum bereits abgelaufen war. Zur Vermeidung sozialer Härten wurde daher vorgesehen, daß auch in diesen Fällen unter den in § 3 Abs 3 a IESG genannten Voraussetzungen Anspruch auf Insolvenz-Ausfallgeld besteht (Liebeg, Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz 122). Gemäß § 6 Abs 1 Z 3 IESG idF BGBl 1992/835 läuft die Antragsfrist in diesen Fällen ab dem rechtzeitigen Wiederantritt des Arbeitsverhältnisses, ist ein solcher wegen der inzwischen erfolgten Betriebseinstellung nicht mehr möglich, ab dem Ende des Arbeitsverhältnisses.
Da somit der Gesetzgeber der vom Kläger beschriebenen Situation ohnedies Rechnung getragen hat, kann von einer Lücke des Gesetzes nicht die Rede sein, weshalb die angestrebte analoge Anwendung der Härteklausel des § 6 Abs 1 IESG auf den hier zu beurteilenden Fall nicht in Betracht kommt.
Unter den hier gegebenen Umständen verhilft aber auch § 3 Abs 3a IESG dem Begehren des Klägers nicht zum Erfolg:
Wie ausgeführt, kommt § 3 Abs 3 a IESG zur Anwendung, wenn der Anspruchsberechtigte das Arbeitsverhältnis rechtzeitig wieder antritt. Diese Voraussetzung ist hier nicht erfüllt. Das Erfordernis des Wiederantrittes entfällt - soweit hier von Interesse - allerdings dann, wenn wegen der erfolgten Betriebsstillegung der Kündigungs- und Entlassungsschutz noch vor dem Wiederantritt des Arbeitsverhältnisses endet. Daß der Betrieb seiner Dienstgeberin stillgelegt wurde, hat aber der Kläger in erster Instanz weder behauptet noch bewiesen. Erstmals in der Revision bringt er vor, daß nach den Feststellungen des Erstgerichtes der Betrieb der Gemeinschuldnerin nicht fortgeführt wurde. Dieser Hinweis ist aber unzutreffend, da das Erstgericht zu dieser Frage gar keine Feststellungen getroffen hat. Festgestellt wurde nur, daß in einem Schreiben der Arbeiterkammer an die beklagte Partei die Glaubwürdigkeit der verspäteten Kenntnis des Klägers von der Insolvenz seiner Dienstgeberin u.a. damit begründet wurde, daß das Geschäft des insolventen Arbeitgebers durch einen anderen Unternehmer fast nahtlos weitergeführt worden und daher keine Schließung des Geschäftes erfolgt sei. Dabei handelt es sich aber lediglich um die Feststellung der Äußerung eines Dritten, die keine verwertbare Grundlage für eine Beurteilung der Sach- und Rechtslage darstellt. Überdies wäre sie auch inhaltlich nicht geeignet, die Annahme einer Betriebsstillegung zu rechtfertigen, zumal im wiedergegebenen Schreiben der Arbeiterkammer die "Schließung des Geschäftes" verneint wird. Von einer Stillegung des Betriebes kann aber nur dann die Rede sein, wenn die Betriebseigenschaft aufweisende Organisationseinheit als solche nicht mehr fortbesteht und ihre Stillegung auf Dauer gerichtet ist; im Wechsel des Betriebsinhabers allein liegt daher keine Einstellung des Betriebes (SZ 53/171; SZ 56/1; JBl 1986, 267; ecolex 1997, 42).
Da somit die Voraussetzungen für die Anwendung des § 3 Abs 3 a IESG weder behauptet wurden, noch erwiesen sind, erweist sich daher die Abweisung des Klagebegehrens durch die Vorinstanzen schon aus diesem Grunde als zutreffend.
Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG. In Anbetracht der rechtlichen Schwierigkeiten des Verfahrens sowie der unwidersprochen gebliebenen Behauptungen des Revisionswerbers über seine Einkommensverhältnisse entspricht es der Billigkeit, ihm die Hälfte seiner Revisionskosten zuzusprechen.
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