OGH 8ObS25/95

OGH8ObS25/9513.7.1995

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Huber als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Petrag und Dr.Langer sowie die fachkundigen Laienrichter Ministerialrat Dr.Edith Söllner und Paul Binder als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Alois D*****, vertreten durch Dr.Gerhard Folk und Dr.Gert Folk, Rechtsanwälte in Kapfenberg, wider die beklagte Partei Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen S***** (vormals Arbeitsamt L*****), ***** vertreten durch die Finanzprokuratur in Wien, wegen Insolvenz-Ausfallgeld (Streitwert S 457.648,56 sA), infolge Revision des Klägers gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 12.Jänner 1995, GZ 7 Rs 100/94-16, mit dem das Urteil des Landesgerichtes Leoben als Arbeits- und Sozialgericht vom 17.März 1994, GZ 21 Cgs 173/93a-10 (- mit diesem Verfahren war das den Kläger betreffende Verfahren 21 Cgs 174/93y verbunden -), teilweise bestätigt, teilweise abgeändert und teilweise aufgehoben wurde, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Oberste Gerichtshof stellt gemäß Art 89 Abs 2 B-VG und Art 140 Abs 1 B-VG an den Verfassungsgerichtshof den Antrag, auszusprechen, daß der zweite Satz des § 7 Abs 1 IESG, BGBl 1977/324, in der Stammfassung verfassungswidrig war.

Mit der Fortführung des Rechtsmittelverfahrens wird gemäß § 62 Abs 3 VfGG bis zur Zustellung des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes innegehalten.

Text

Begründung

Der Kläger war Dienstnehmer einer GmbH, über deren Vermögen am 18.8.1992 zu S 48/92 des LG Leoben das Konkursverfahren eröffnet wurde. Bereits vor der Konkurseröffnung gab es Probleme mit der fristgerechten Zahlung des Arbeitsentgeltes, weshalb sich der Kläger an den Klagevertreter gewandt hatte, der in der Folge sowohl vor als auch nach der Konkurseröffnung einige längere Besprechungen und Telefonate mit dem Kläger, Firmenvertretern, und nach der Konkurseröffnung auch mit dem Masseverwalter führte. Der Masseverwalter hat, wie der Oberste Gerichtshof durch Einsicht in den Konkursakt festgestellt hat, die angemeldete Forderung zur Gänze anerkannt, im an das Arbeitsamt gerichteten Forderungsverzeichnis gemäß § 6 Abs 3 IESG allerdings nur die angemeldete Entgeltforderung anerkannt und zu den vom Kläger geltend gemachten Kosten des Klagevertreters, die in diesem vom Arbeitsamt ihm übersandten Verzeichnis nicht aufgenommen waren, nicht Stellung genommen.

Das beklagte Arbeitsamt (nunmehr Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen) erkannte die geltend gemachte Entgeltforderung sowie die Kostenforderung des Klägers nur zum Teil als gesicherte Ansprüche nach dem IESG zu.

Mit der vorliegenden Klage begehrt der Kläger insgesamt S 457.648,56 sA. Er sei bei der Gemeinschuldnerin ab 10.1.1992 in einem mit zwei Jahren befristeten Dienstverhältnis gestanden, weshalb ihm aufgrund seines am 20.8.1992 erklärten vorzeitigen Austrittes eine Kündigungsentschädigung nicht nur bis zum 1.10.1992, sondern bis zum 9.1.1994 in der Höhe von S 412.050 zustehe. Bis zum 1.10.1992 habe ihm das Arbeitsamt die Kündigungsentschädigung zwar ordnungsgemäß zuerkannt, von diesem Betrag jedoch zu Unrecht den als Arbeitslosenunterstützung gewährten Betrag von S 21.091 in Abzug gebracht, weil dieser Betrag erst für spätere Monate zur Auszahlung gelangt sei. Weiters begehrt er den Differenzbetrag zwischen den geltend gemachten und den von der beklagten Partei anerkannten tarifmäßigen Kosten für die Forderungsanmeldung im Konkursverfahren inklusive Barauslagen.

Die beklagte Partei bestritt das Klagebegehren und wendete ein, dem Kläger stehe nur eine Kündigungsentschädigung bis zum 1.10.1992 zu, da der Masseverwalter das Dienstverhältnis nach § 25 KO unter Einhaltung einer sechswöchigen Kündigungsfrist hätte kündigen können. Die geltend gemachte Kostenforderung sei, soweit sie nicht anerkannt worden sei, kein gesicherter Anspruch nach dem IESG.

Das Erstgericht erkannte dem Kläger eine Kündigungsentschädigung in der Höhe von S 409.895,45 zu, die dieser Höhe nach nicht nachvollziehbar ist, und wies das Mehrbegehren von S 47.753,11 sA ab; hievon entfiel ein Betrag von S 23.245,55 auf die geltend gemachte Kündigungsentschädigung, wobei im zuletzt genannten Betrag die abgezogene Arbeitslosenunterstützung von S 21.091 enthalten ist, und der Restbetrag auf die vom Kläger geltend gemachte Zinsen- und Kostenforderung.

Hiezu stellte das Erstgericht fest, daß der Kläger in einem bis 9.1.1994 befristeten Dienstverhältnis gestanden sei und folgerte rechtlich daraus, daß ihm eine Kündigungsentschädigung bis zu diesem Zeitpunkt zustehe. Den vom Arbeitsamt gewährten Vorschuß von S 21.091 auf die zuerkannte Kündigungsentschädigung müsse er sich anrechnen lassen. Die geltend gemachte strittige Kostenforderung beträfe Leistungen, die in den Tarifposten 6 und 8 RATG genannt seien; diese seien daher nach § 23 Abs 1 RATG durch den Einheitssatz gedeckt. Wenn auch dem Kläger darin gefolgt werden müsse, daß die von seinem Vertreter erbrachten Leistungen mit einem erheblichen Aufwand an Zeit und Mühe verbunden gewesen seien, so genüge dies nicht, eine gesonderte Entlohnung dieser Nebenleistungen zu begründen.

Das erstgerichtliche Urteil bekämpfte der Kläger insoweit, als seine Kostenforderung abgewiesen wurde. Die beklagte Partei bekämpfte es insofern, als dem Kläger S 409.895,45 an Kündigungsentschädigung zuerkannt wurde.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht, der der beklagten Partei hingegen Folge und änderte die angefochtene Entscheidung dahingehend ab, daß es das Klagebegehren hinsichtlich S 436.557,56 sA abwies und hinsichtlich S 21.091 zur Verfahrensergänzung aufhob.

Betreffend die Abweisung des Kostenbegehrens teilte es die Meinung des Erstgerichtes; Kosten gebührten nur nach § 1 Abs 2 Z 4 lit f IESG; auf die ausführliche Begründung des berufungsgerichtlichen Urteils hiezu (S 12 bis 15) wird verwiesen.

Der Berufung der beklagten Partei pflichtete es bei, daß dem Kläger nur eine Kündigungsentschädigung für sechs Wochen gebühre, weil nach ständiger oberstgerichtlicher Rechtsprechung im Falle des Austritts nach § 25 Abs 1 KO die Kündigungsentschädigung nur bis zu jenem Zeitpunkt zu gewähren sei, der bei einer außerordentlichen Kündigung durch den Masseverwalter als Lösungszeitpunkt in Frage gekommen wäre (Arb 9539, 9904, 10.093, 10.328 ua); der zuerkannte Klagsbetrag sei daher im Umfang von insgesamt S 436.557,56 sA abzuweisen, hinsichtlich S 21.091 aber aufzuheben, weil zu klären sei, ob dieser Betrag für den Zeitraum der Kündigungsentschädigung gewährt und daher von der beklagten Partei zu Recht in Abzug gebracht wurde, oder ob er, wie vom Kläger behauptet, für eine spätere Zeit zur Auszahlung gebracht worden sei.

Das Berufungsgericht verneinte zwar das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage, ließ aber die ordentliche Revision zu, weil der Berufungsstreitwert S 50.000 übersteige.

Gegen das berufungsgerichtliche Urteil richtet sich die Revision des Klägers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung. Er bekämpft das angefochtene Urteil insoweit, als seiner Berufung nicht, wohl aber jener der beklagten Partei Folge gegeben wurde, und beantragt die Abänderung dahingehend, daß der eigenen Berufung Folge, jener der beklagten Partei hingegen nicht Folge gegeben werde; hilfsweise stellt er einen Aufhebungsantrag.

Die beklagte Partei beantragt, der Revision des Klägers nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Es kann dahingestellt bleiben, ob - wie das Berufungsgericht offensichtlich meint - die Revision des Klägers gemäß § 46 Abs 3 Z 1 ASGG zulässig ist, weil es sich um einen Streit über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses im weiteren Sinn handelt. Die Revision ist nämlich jedenfalls gemäß § 46 Abs 1 ASGG zulässig, weil erhebliche Rechtsfragen im Sinn dieser Gesetzesstelle zu klären sind: Einerseits liegt zu der hier zu entscheidenden Kostenfrage, nämlich, ob die Kosten der Vertretung, die dem Arbeitnehmer aus der Beantragung oder Teilnahme am Konkursverfahren erwachsen sind, nur im tarifmäßigen Umfang (§ 1 Abs 2 Z 4 lit f IESG) oder auch darüber hinaus gesichert sein können, keine oberstgerichtliche Judikatur vor. Andererseits entspricht die Entscheidung über die dem Kläger zustehende Kündigungsentschädigung zwar der bisherigen oberstgerichtlichen Rechtsprechung zu der hier anzuwendenden alten Fassung des § 25 KO, vernachlässigt aber die Bindungswirkung von Anerkenntnissen des Masseverwalters im Konkursverfahren gemäß § 7 Abs 1 zweiter Satz (iVm § 6 Abs 5 dritter Satz) IESG, gegen dessen Verfassungsmäßigkeit der Oberste Gerichtshof allerdings Bedenken hat.

Der Kläger verweist zu Recht darauf, daß sich das Berufungsgericht hinsichtlich seines Anspruchs auf Kündigungsentschädigung überhaupt nicht mit der in § 7 Abs 1 zweiter Satz IESG angeordneten Bindungswirkung der Anerkenntnisse des Masseverwalters im Konkursverfahren auseinandersetzt, sondern Grund und Höhe der angemeldeten Forderung eigenständig prüft. Eine selbständige Beurteilung des Arbeitsamtes ist aber, soweit die Feststellungswirkung der Forderungsanmeldung im Konkurs reicht, nach § 7 Abs 1 zweiter Satz IESG nicht zulässig. Für die Frage, ob und welcher Anspruch gegen den Arbeitgeber vorliegt, ist die Entscheidung des Gerichtes bindend bzw seine Feststellung im Konkurs (§ 109 Abs 1 KO) der Entscheidung des Arbeitsamtes ohne weitere Prüfung zugrunde zu legen. Nur in der Beurteilung, ob überhaupt ein gesicherter Anspruch vorliegt, sowie hinsichtlich von Anspruchsbegrenzungen und Anspruchsausschlüssen bleibt das Arbeitsamt in allen Fragen, die im gerichtlichen Verfahren (als dort nicht anspruchsbegründend) von vornherein nicht zu prüfen waren oder (mangels Einwendung) nicht geprüft wurden, frei (SZ 62/16; WBl 1991, 328; Arb 11.013 ua). Gleiches gilt auch beim Anerkenntnis des Masseverwalters; auch hier hat das Arbeitsamt selbständig zu prüfen, ob überhaupt ein gesicherter Anspruch vorliegt oder ob Anspruchsbegrenzungen oder Anspruchsausschlüsse vorhanden sind (SZ 62/90 ua).

Bei der begehrten Kündigungsentschädigung handelt es sich um einen gesicherten Anspruch im Sinn des § 1 Abs 2 Z 1 IESG, bei dem Anspruchsausschlüsse oder Einschränkungen nicht zur Diskussion stehen. Es ist die rein arbeitsrechtliche Frage streitentscheidend, für welche Zeit dem infolge Konkurseröffnung nach § 25 KO aF ausgetretenen Arbeitnehmer Kündigungsentschädigung gebührt. Das Arbeitsamt ist daher nach § 7 Abs 1 zweiter Satz IESG iVm § 6 Abs 4 und Abs 5 dritter Satz IESG an das Anerkenntnis des Masseverwalters im Konkurs gebunden. Hiebei ist alerdings nicht die - hier fälschlich - eingeholte, nicht bindende Erklärung des Masseverwalters nach § 6 Abs 5 erster Satz IESG, sondern die Eintragung in das Anmeldungsverzeichnis (§ 108 KO), aufgrund deren zur Hereinbringung der dort eingetragenen Forderung Exekution geführt werden kann und die richtigerweise gemäß § 6 Abs 5 dritter Satz IESG in einem Auszug oder in einer Abschrift zu übersenden gewesen wäre, maßgeblich (Arb 11.013 ua). Beides - eine Erklärung des Masseverwalters nach § 6 Abs 5 erster Satz IESG und ein exekutionsfähiges Anerkenntnis des Masseverwalters im Konkursverfahren - liegt hier vor, wie der Oberste Gerichtshof durch Einsicht in das Anmeldungsverzeichnis festgestellt hat (das auszugsweise in Ablichtung den Akten angeschlossen ist), sodaß der versehentlichen Übersendung der bloßen Erklärung nach § 6 Abs 5 erster Satz IESG keine Bedeutung zukommt.

Der Oberste Gerichtshof hat gegen die im zweiten Satz des § 7 Abs 1

IESG angeordnete Bindungswirkung (- das Arbeitsamt hat dem Antrag

ohne weitere Prüfung insoweit stattzugeben, als nach dem übersendeten

Auszug (Abschrift) aus dem Anmeldungsverzeichnis der gesicherte

Anspruch im Konkurs oder Ausgleichsverfahren festgestellt ist -)

bisher keine Bedenken gehegt (so 9 ObS 4/90, EvBl 1990/126 = WBl

1990, 271 = ZAS 1991, 65 = RdW 1990, 353 unter ausdrücklicher

Ablehnung von Schima, ZAS 1979, 206 f; 9 ObS 3/90, 9 ObS 16/93 und

zuletzt 8 ObS 12/94).

Eine nochmalige Überprüfung des bisher vertretenen Standpunktes, insbesondere unter den im Beschluß des Obersten Gerichtshofes vom 16.3.1995, 8 ObS 13/95 - mit dem dort der Antrag an den Verfassungsgerichtshof gestellt wurde, auszusprechen, daß der erste Satz des § 7 Abs 1 IESG in der Stammfassung verfassungswidrig war -,

angeführten Gesichtspunkten läßt den Obersten Gerichtshof auch Bedenken gegen die Bindungswirkung des zweiten Satzes des § 7 Abs 1 IESG in der Stammfassung aufkommen.

Der Oberste Gerichtshof hegt auch gegen die im vorliegenden Fall anzuwendende Bestimmung des § 7 Abs 1 zweiter Satz IESG wegen Verstoßes gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art 7 Abs 1 B-VG Bedenken. Die Bindung des Arbeitsamtes führt dazu, daß die Ansprüche jener Arbeitnehmer, die vor der Entscheidung des Arbeitsamtes einen exekutionsfähigen Titel durch Eintragung in das Anmeldungsverzeichnung (§ 108 KO) infolge Anerkennung durch den Masseverwalter und Nichtbestreitung eines hiezu berechtigten Konkursgläubigers (§ 109 Abs 1 KO) erlangt haben, im Rahmen der Zuerkennung der aus öffentlichen Mitteln zu erbringenden Leistungen des Insolvenz-Ausfallgeldfonds einer weniger umfassenden Überprüfung unterliegen, als die der Arbeitnehmer, die einen solchen Titel nicht erlangt haben. Zwar besteht bei der Anerkennung der Forderung durch den Masse- oder Ausgleichsverwalter, der die allgemeinen Interessen gegenüber den Sonderinteressen einzelner Gläubiger zu wahren hat und der Aufsicht durch das Insolvenz-Gericht unterliegt (vgl §§ 80 f KO, §§ 29 f AO), weniger die Gefahr einer mit dem Arbeitgeber abgesprochenen Manipulation zu Lasten Dritter, nämlich des Insolvenz-Ausfallgeldfonds (in diesem Sinn 8 ObS 12/94), doch sind einerseits solche Manipulationen nicht ausgeschlossen, ist doch der Masseverwalter in vielen Fällen, insbesondere bei mangelhafter Buchführung, auf die Auskünfte des Gemeinschuldners angewiesen, und sind andererseits auch gravierende Fehler des Masseverwalters, die nicht im Wege eines Rechtsmittels überprüft werden können, - wie der vorliegende Fall zeigt, in dem der Masseverwalter einen dem Kläger nach ständiger oberstgerichtlicher Rechtsprechung nicht gebührenden Betrag in Höhe von über S 400.000 anerkannt hat - nie auszuschließen. Auch das Bestreben des Gesetzgebers, damit einfache und leicht handhabbare Regelungen zu schaffen und einen Verfahrensaufwand zu vermeiden, rechtfertigt es nicht, den Eintritt einer Rechtsfolge von Zufälligkeiten, insbesondere von der Manipulation zugänglichen Umständen, abhängig zu machen (s Walter-Mayer, Grundriß des österreichischen Bundesverfassungsrechts7 Rz 1350).

Aber auch wegen einer allfälligen Verletzung des durch Art 6 Abs 1 MRK vor der Entscheidung über seine zivilrechtlichen Verpflichtungen jedermann gewährleisteten rechtlichen Gehörs hegt der Oberste Gerichtshof gegen die angefochtene Gesetzesbestimmung Bedenken. Ungeachtet der öffentlich-rechtlichen Zuordnung im österreichischen Recht ist der Anspruch auf Insolvenz-Ausfallgeld als "civil right" im Sinn des Art 6 Abs 1 MRK zu qualifizieren, weil es sich um die Fortwirkung des aus seinem privatrechtlichen Rechtsverhältnis abgeleiteten Entgeltanspruchs handelt (s auch Liebeg, WBl 1990, 261 ff [264 Anm 17]; Fink ZAS 1991, 67 ff [69]). Der Oberste Gerichtshof erachtet den Umstand, daß es sich bei dem Insolvenz-Ausfallgeldfonds um eine juristische Person des öffentlichen Rechtes handelt, für nicht so bedeutsam, daß es gerechtfertigt wäre, diesem Fonds, der nur aus den Beiträgen der Dienstgeber gespeist wird, den in der MRK grundsätzlich jedermann gewährleisteten Schutz zu versagen (s Ermacora, Grundriß der Menschenrechte in Österreich, Rz 40). Auch dem Insolvenz-Ausfallgeldfonds muß daher wohl das Recht auf Prüfung der gegen ihn erhobenen privatrechtlichen Ansprüche in einem fairen Verfahren zugebilligt werden. Die angefochtene Regelung steht im Widerspruch zu dem in Art 6 Abs 1 MRK jedermann gewährleisteten Recht, von einem unabhängigen und unparteiischen Gericht gehört zu werden, das über ihn betreffende zivilrechtliche Ansprüche und Verpflichtungen zu entscheiden hat, da das Arbeitsamt (und damit das Gericht) an die Entscheidung in einem anderen Verfahren gebunden ist, zu dem der Insolvenz-Ausfallgeldfonds aus rechtlichen oder

tatsächlichen Gründen - es kommt ihm nur in Ausnahmsfällen die Stellung eines Gläubigers iSd § 109 Abs 1 KO zu - keinen Zugang

hatte (s VfSlg 12.504). In diesem Sinn argumentiert auch die beklagte Partei in ihrer Revisionsbeantwortung (S 2), die eine Bindungswirkung des § 7 Abs 1 IESG wegen Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör überhaupt verneint.

Der Oberste Gerichtshof stützt daher den vorliegenden Gesetzesprüfungsantrag sowohl auf einen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art 7 Abs 1 B-VG als auch auf eine Verletzung des in Art 6 Abs 1 MRK jedermann gewährleisteten rechtlichen Gehörs.

Da mit der Fortführung des Rechtsmittelverfahrens bis zur Zustellung des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes innezuhalten ist, erübrigt sich derzeit eine Auseinandersetzung mit der aufgezeigten Kostenfrage, auch wenn das Arbeitsamt- und bei Ablehnung das Gericht - bei einem Anerkenntnis des Masseverwalters iSd zweiten Satzes des § 7 Abs 1 IESG selbständig zu prüfen hat, ob überhaupt ein gesicherter Anspruch oder ob Anspruchsausschlüsse oder Anspruchsbeschränkungen vorliegen (SZ 62/90 ua).

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