Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 333,12 EUR (darin 55,52 EUR Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin stand seit 15. 9. 1992 in einem Dienstverhältnis zur R*****, das am 1. 1. 1997 von der beklagten Partei mit allen Rechten und Pflichten übernommen wurde. Das Dienstverhältnis endete am 28. 2. 2003 durch Kündigung der Klägerin.
Die Klägerin beendete am 14. 9. 1992 die Ausbildung zur Diplomkrankenschwester. Zwischen 1. 7. 1997 und 28. 2. 2003 verrichtete sie (mit Unterbrechungen durch Mutterschutz und Karenzurlaub nach der Geburt ihres Kindes am 30. 6. 2001) Dienst in den Landeskliniken Salzburg an der Abteilung Anästhesie in der Intensivpflege. Im Jahr 2001 absolvierte sie den Kurs "Intensivpflege Sonderausbildung" mit 540 Theorie- und 720 Praktikumstunden. Sie schloss diesen Kurs am 25. 9. 2001 mit ausgezeichnetem Erfolg ab. 2002 verrichtete sie die noch ausständige Pflichtpraxis an der Abteilung Kinder-Intensivstation im LKH Salzburg im Umfang von 171 Stunden. Die Kursgebühr betrug 2.517,31 EUR netto.
In einer Erklärung vom 19. 5. 2001 (richtig: 2000) stimmte die Klägerin folgender von der beklagten Partei vorgeschlagener Regelung zu:
"Wenn Sie nach Beendigung des Kurses ihren Dienst in unserem Krankenhaus in Salzburg noch mindestens drei Jahre lang leisten, gilt die geschuldete Forderung als erloschen. Im gegenteiligen Fall wird der oben genannte Kostenersatz von ihren Bezügen bzw von ihrer Abfertigung einbehalten."
Der von der beklagten Partei in der Endabrechnung einbehaltene Betrag von 2.517,31 EUR erreicht nicht die Höhe des Sechsfachen eines Bezuges eines Beamten der Dienstklasse V, Gehaltsstufe 2, zuzüglich allfälliger Teuerungszulagen.
Die Klägerin begehrt 2.517,31 EUR sA. Die Gesamtkosten des von ihr absolvierten Intensivpflegekurses betrügen 3.775,97 EUR. § 64 Abs 5 des Salzburger L-VBG 2000 sei daher nicht anzuwenden. Eine von § 64 Abs 5 L-VBG 2000 abweichende Einzelvereinbarung zu Lasten des Arbeitnehmers sei unzulässig.
Die beklagte Partei wendet ein, den Betrag von 2.517,31 EUR netto zu Recht einbehalten zu haben. Die zwischen den Streitteilen geschlossene Vereinbarung über die Rückerstattung der Ausbildungskosten sei rechtlich zulässig. § 64 Abs 5 des Salzburger L-VBG stelle eine Schutzbestimmung zugunsten des Dienstgebers dar. Eine abweichende Sondervereinbarung zu Lasten des Arbeitnehmers sei zulässig.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt.
Die detaillierte gesetzliche Regelung des § 64 Abs 5 des Salzburger L-VBG sei sowohl für den Dienstgeber als auch für den Dienstnehmer zwingend. Die Einzelvereinbarung, auf die sich die beklagte Partei berufe, sei demnach nichtig.
Das Berufungsgericht gab der dagegen von der beklagten Partei erhobenen Berufung nicht Folge und sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil zur Rechtsfrage des Regelungsumfanges eines Bundes- oder Landesgesetzes, das die Ersatzpflicht eines Vertragsbediensteten für Ausbildungskosten gegenüber der Gebietskörperschaft ab einer bestimmten Höhe festlege, keine oberstgerichtliche Rechtsprechung vorhanden sei.
Das Berufungsgericht billigte die Rechtsauffassung des Erstgerichtes. § 64 Abs 5 des Salzburger L-VBG enthalte eine umfassende Regelung über die Zulässigkeit einer Kostenersatzpflicht des Vertragsbediensteten für Ausbildungen, und zwar mittels Umkehrschlusses auch für den Fall, dass die Ausbildungskosten unter der im Gesetz genannten Bezugsgröße lägen. Aus der gesetzlichen Regelung über eine Mindesthöhe der Ausbildungskosten, ab welcher die Ersatzpflicht des Dienstnehmers zum Tragen komme, könne nicht geschlossen werden, dass es Ziel der Gesetzesbestimmung sei, die Gebietskörperschaft vom Ersatz jeglicher Ausbildungskosten freizuhalten. Andernfalls hätte es keiner Einziehung einer Schranke, ab welcher (erst) die Kostenersatzpflicht zum Tragen komme, bedurft. Ausgehend von der Zielvorstellung des Gesetzgebers, dass kostspielige Ausbildungen nur unter bestimmten Voraussetzungen vom Dienstgeber finanziert werden sollten, stelle sich die gesetzliche Regelung vielmehr als Ausnahme vom allgemeinen Grundsatz dar, dass im Regelfall die Kosten der Ausbildung eines Dienstnehmers vom Dienstgeber zu tragen seien.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen von der beklagten Partei erhobene Revision ist aus dem Berufungsgericht genannten Grund zulässig. Die Revision ist jedoch nicht berechtigt.
§ 64 Abs 5 des hier anzuwendenden Salzburger L-VBG (LGBl Nr 4/2000) lautet wie folgt:
"Ein Vertragsbediensteter hat dem Land im Falle des Endens des Dienstverhältnisses durch einverständliche Lösung (Abs 1 Z 1), durch vorzeitige Auflösung (§ 69) oder durch Kündigung (§ 66) die Ausbildungskosten zu ersetzen, wenn die Ausbildungskosten für die betreffende Verwendung am Tag der Beendigung dieser Ausbildung das Sechsfache des Gehaltes eines Beamten der Dienstklasse V, Gehaltsstufe 2, zuzüglich allfälliger Teuerungszulagen übersteigen. Der Ersatz der Ausbildungskosten entfällt, wenn
1. das Dienstverhältnis mehr als fünf Jahre nach der Beendigung der Ausbildung geendet hat;
2. das Dienstverhältnis vom Dienstgeber aus den im § 66 Abs 2 Z 2, 5 und 7 angeführten Gründen gekündigt worden ist; oder
3. der Vertragsbedienstete aus den im § 69 Abs 5 angeführten wichtigen Gründen aus dem Dienstverhältnis ausgetreten ist."
§ 71 Abs 1 des Salzburger L-VBG legt fest, dass in Ausnahmefällen im Dienstvertrag Regelungen getroffen werden können, die von diesem Gesetz abweichen. Solche Dienstverträge sind als Sonderverträge zu bezeichnen. Mit Ausnahme der nach § 36 Abs 1 VBG notwendigen Genehmigung des Bundesministers für öffentliche Leistung und Sport entspricht die Regelung des § 71 des Salzburger L-VBG 2000 dem § 36 Abs 1 VBG. Soweit daher nicht die Genehmigungsbedürftigkeit in Frage steht, kann die zu § 36 Abs 1 VBG ergangene Rechtsprechung angewendet werden.
§ 36 Abs 1 VBG schafft zwar die Möglichkeit, von Bestimmungen des VBG abzugehen, doch ist diese Regelung nach dem Gesetzeswortlaut und dem Motivenbericht nur auf jene Ausnahmsfälle anwendbar, die infolge der besonderen Lage des Einzelfalls den zwingenden Bestimmungen des VBG nicht ohne weiteres zugeordnet werden können und daher einer Sonderregelung bedürfen. Von den zwingenden Bestimmungen des VBG abweichende Vereinbarungen in Sonderverträgen sind jeweils im Einzelnen unter diesem Gesichtspunkt auf ihre Wirksamkeit zu prüfen, zumal es nicht zulässig ist, ohne besondere, durch die konkreten Umstände des Einzelfalls bedingte Gründe zwingende Bestimmungen des VBG zum Nachteil des Bediensteten abzudingen (8 ObA 50/99g, RIS-Justiz RS0081680; Arb 10.942; 9 ObA 606/90 ua).
Im vorliegenden Fall haben die Vorinstanzen zutreffend erkannt, dass hier keine besonderen Gründe vorliegen, die eine zum Nachteil des Dienstnehmers abweichende Regelung über den Rückersatz von Ausbildungskosten rechtfertigen könnten: Auch unter Zugrundelegung des Motives, das den Gesetzgeber zur dem dem § 64 Abs 5 des Salzburger L-VBG inhaltsgleichen Regelung des § 30 Abs 5 VBG veranlasste, nämlich einem finanziellen Verlust des Bundes (hier des Landes) gegenzusteuern, kann eine solche Rechtfertigung nicht abgeleitet werden: Vielmehr ergibt sich aus der - wie die Vorinstanzen zutreffend erkannten - abschließenden Regelung des § 64 Abs 5 des Salzburger L-VBG, dass der Gesetzgeber dem finanziellen Verlust des Landes nur ab einer bestimmten Höhe der entstandenen Kosten gegensteuern wollte (zum vergleichbaren § 30 Abs 5 VBG vgl auch 8 ObA 210/00s). Die in der Revision mehrfach hervorgehobene wesentliche Zielrichtung der §§ 20 Abs 4 BDG, 30 Abs 5 VBG und 64 Abs 5 des Salzburger L-VBG ist durch die entsprechenden Regelungen ohnedies verwirklicht: Ohne eine entsprechende gesetzliche Regelung wäre nämlich zumindest fraglich, ob eine Einzelvereinbarung eines Dienstnehmers, dessen Dienstverhältnis dem VBG, BDG oder Salzburger L-VBG unterliegt, über die Rückerstattung von Ausbildungskosten überhaupt zulässig wäre, muss doch im Sinne der dargelegten Grundsätze der Rechtsprechung davon ausgegangen werden, dass im Regelfall die Bestimmungen des VBG (hier des Salzburger L-VBG) zum Nachteil der Bediensteten überhaupt nicht abbedungen werden können.
Daraus folgt, dass die Vorinstanzen zutreffend davon ausgegangen sind, dass die Bestimmung des § 64 Abs 5 des Salzburger L-VBG 2000 zwingendes Recht darstellt.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.
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