OGH 8ObA80/11i

OGH8ObA80/11i20.1.2012

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kuras und Mag. Ziegelbauer sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Andreas Mörk und Mag. Herbert Böhm als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei D***** F*****, vertreten durch Gerlach Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei E***** GmbH, *****, vertreten durch Wolf Theiss Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen 3.106,87 EUR sA und Feststellung, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 27. September 2011, GZ 8 Ra 56/11f-31, (Revisionsinteresse 7.959,67 EUR), den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO iVm § 2 Abs 1 ASGG).

Begründung

Rechtliche Beurteilung

1. Die Grundsätze zu den Informationspflichten des Arbeitgebers bei Übertragung der Leistungsansprüche des Arbeitnehmers aus einer Betriebspension auf eine Pensionskasse sowie zu den Rechtsfolgen einer unzureichenden Risikoaufklärung haben die Vorinstanzen zutreffend dargelegt. Die konkrete Ausgestaltung und der Umfang von Aufklärungs- und Beratungspflichten im Vorfeld eines Veranlagungs- oder Versorgungsgeschäfts ist typisch von den Umständen des Einzelfalls geprägt (vgl RIS-Justiz RS0119752). Eine Einzelfallbeurteilung begründet in der Regel keine erhebliche Rechtsfrage (RIS-Justiz RS0034335; RS0034327).

2. Die Frage, in welchem Verhältnis die Versorgungszusage aus dem Jahr 1999 und die Pensionsantrittsvereinbarung aus dem Jahr 2007 zueinander stehen, betrifft die Auslegung der Vertragsgrundlagen, die regelmäßig ebenfalls keine erhebliche Rechtsfrage begründet (RIS-Justiz RS0042936; RS0042776; RS0112106; RS0044358). Das Gleiche gilt für die Ermittlung des für die Übertragung der Leistungspflichten relevanten Zeitpunkts. Die Beurteilung der Vorinstanzen, dass der Umstieg auf das Pensionskassenmodell hier bereits im Jahr 1999 erfolgte, erweist sich als nicht korrekturbedürftig (s dazu den weitgehend vergleichbaren Fall der Entscheidung 8 ObA 81/11m).

Auch hier erblickte der Kläger in der ihm - erst Monate nach Antritt seiner ASVG-Pension übersandten - Pensionsantrittsvereinbarung eine erforderliche Maßnahme zur Umsetzung und Durchführung der ursprünglichen Pensionszusage. Er glaubte nicht, dass sich seine bisherige Rechtsposition damit verschlechtern könnte. Es steht auch fest, dass dem Kläger die Pension auch dann, wenn er die Pensionsantrittsvereinbarung vom November 2007 nicht unterschrieben hätte, ebenfalls nach dem neuen System - auch bezüglich der Pensionshöhe - durch die Pensionskasse bezahlt worden wäre. Dass auch die Beklagte die Pensionsantrittsvereinbarung aus dem Jahr 2007 als erforderliche Konkretisierung der Versorgungszusage aus dem Jahr 1999 ansah, ergibt sich - wie auch bereits im Verfahren 8 ObA 81/11m - aus ihren Ausführungen in der außerordentlichen Revision, wonach der Übertragungsbetrag gemäß § 48 Abs 1 PKG erst in der Pensionsantrittsvereinbarung festgelegt worden sei, sowie aus ihrem Vorbringen im Verfahren erster Instanz, wonach sie die Unterfertigung beider Verträge durch den Kläger als Zustimmung zur „Pensionskassenlösung“ wertete. Die Versorgungszusage aus dem Jahr 1999 und die Pensionsantrittsvereinbarung aus dem Jahr 2007 sind daher auch im nunmehrigen Verfahren als einheitliches Vertragsverhältnis zu beurteilen, wodurch die pensionsrechtlichen Ansprüche des Klägers geregelt werden. Weder ist daher der zweite Vertrag als Novation im Verhältnis zum ersten Vertrag anzusehen, noch kann aus dem Umstand der Unterfertigung des zweiten Vertrags durch den Kläger in der Annahme einer bloßen Umsetzungsmaßnahme ein Verzicht des Klägers auf Schadenersatzansprüche abgeleitet werden.

3. Dass die dem Kläger im Jahr 1999 anlässlich seiner Umstiegsentscheidung von der Beklagten erteilte Information über das Risiko einer Pensionskürzung nicht ausreichend war, bestreitet die Beklagte in der Revision nicht. Dem Kläger wurde anlässlich seines Übertritts in das neue Pensionssystem der Gesamteindruck vermittelt, dass das Pensionskassenmodell für ihn nur mit Vorteilen verbunden sei, jedenfalls aber die Pensionshöhe erhalten bleibe. Der Umstand, dass der Kläger erstmals rund um den Abschluss des Pensionsantrittsvertrags 2007 erfuhr, dass die Pension auch gekürzt werden könne, ist ohne Relevanz, weil der Übertritt des Klägers in das neue Pensionskassensystem bereits mit der Vereinbarung im Jahr 1999 erfolgte und für ihn nicht mehr korrigierbar war. Die rechtliche Beurteilung der Vorinstanzen, dass dem Kläger aus Anlass des Übertritts in das neue Pensionskassensystem im Jahr 1999 keine ausreichend ausgewogene Information zu dem von ihm zu tragenden Kapitalmarktrisiko und den daraus resultierenden möglichen Pensionsverlusten erteilt wurde, ist nach den konkreten Umständen des Einzelfalls jedenfalls nicht korrekturbedürftig.

Die Formulierung des klagestattgebenden Urteilsspruchs wird in der außerordentlichen Revision nicht gerügt, weshalb diese Frage vom Obersten Gerichtshof nicht überprüft werden kann. Mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO war die außerordentliche Revision daher zurückzuweisen.

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