European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:008OBA00073.21Z.1217.000
Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
[1] Die Beklagte betreibt eine Fachhochschule. Ihr Lehrpersonal besteht aus etwa 310 Personen, von denen etwa 280 L2‑Dienstverträge (Fachhochschulprofessoren) und etwa 30 L1‑Dienstverträge (Assistenten der Lehre und Assistenzprofessoren) nach der Dienstordnung der Beklagten vom 12. 12. 2002 haben. Auf ihre Angestellten ist kein Kollektivvertrag anwendbar.
[2] Die Klägerin ist seit 1. 10. 2013 bei der Beklagten als Assistenzprofessor in der Lehre für einen Fachhochschulstudiengang mit der Einstufung L1 beschäftigt. Sie ist überwiegend in der Lehre tätig. Sie leistet – wie im Dienstvertrag vorgesehen – bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 20 Stunden mindestens 210 Lehreinheiten pro Jahr.
[3] In einem vom Angestelltenbetriebsrat der Beklagten eingeleiteten Verfahren nach § 54 Abs 1 ASGG wurde festgestellt, dass die Assistenten der Lehre und Assistenzprofessoren der Beklagten in die Verwendungsgruppe L2 der Dienstordnung vom 12. 12. 2002 einzustufen sind (9 ObA 89/20h).
[4] Die Vorinstanzen gaben dem Begehren der Klägerin auf Zahlung der Entgeltdifferenzen, die sich aus einer höheren Einstufung in L2 ergeben, übereinstimmend dem Grunde nach statt.
Rechtliche Beurteilung
[5] Die außerordentliche Revision der Beklagten ist mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig.
[6] Der Umstand, dass gegen die Beklagte insgesamt eine Vielzahl von Verfahren aufgrund gleichartiger Ansprüche anhängig gemacht wurden, kann für sich allein die Revisionszulässigkeit nicht begründen (RIS‑Justiz RS0042816 [T3, T5]).
[7] Die Entscheidungen der Vorinstanzen stützen sich auf die Auslegung des zwischen den Streitteilen geschlossenen Arbeitsvertrags. Fragen der Vertragsauslegung hängen aber grundsätzlich von den Umständen des Einzelfalls ab und es kommt ihnen, soweit sie – wie hier – mit den Grundsätzen der Lehre und Rechtsprechung im Einklang steht, keine darüber hinausgehende Bedeutung zu (RS0042776).
[8] Die Beklagte macht geltend, ihre Dienstordnung sei als bloße Vertragsschablone anzusehen, zu deren Verwendung sie nicht verpflichtet sei. Sie habe mit allen Assistenten, darunter auch die Klägerin, zulässig eine davon abweichende Vereinbarung getroffen. Die im Dienstvertrag enthaltenen Verweise auf die Dienstordnung seien nur als Hinweis auf das dort zu findende Gehaltsschema L1 zu verstehen. Es gehe nicht an, entgegen dem Wortlaut des Dienstvertrags die Vereinbarung der Einstufung in L1 in eine solche in L2 umzudeuten.
[9] Diesen Ausführungen steht insbesondere entgegen, dass die Klägerin nach ihrem Dienstvertrag nicht „abweichend von den Bestimmungen der FH‑DO“, sondern „entsprechend den Bestimmungen der FH‑DO“ in die Verwendungsgruppe L1 eingestuft wurde. Der Dienstvertrag enthält zudem die Generalklausel, dass „die Bestimmungen der FH‑DO in der jeweils gültigen Fassung“ „als Bestandteil des Dienstvertrags“ gelten und dass diese, „sofern im Dienstvertrag nicht ausdrücklich andere Regelungen sind, in der jeweils gültigen Fassung auf diesen Vertrag anwendbar [sind]“.
[10] Davon ausgehend entspricht die bekämpfte Rechtsauffassung des Berufungsgerichts, der objektive Erklärungswert der Verweise auf die FH‑DO bedeute für einen redlichen Empfänger die Anwendung (auch) der Einreihungskriterien ihres Gehaltsschemas und gerade nicht deren Ausschluss, der nunmehr ständigen Rechtsprechung (vgl 9 ObA 120/21v; 9 ObA 125/21d ua). Dass der Klägerin, wie in der Revision ins Treffen geführt, die Einstufung in L1 vor Vertragsschluss bekannt war, ändert nichts am Ergebnis, konnte sie doch darauf vertrauen, dass diese Einstufung von der Beklagten in Entsprechung der FH‑DO vorgenommen wurde (vgl 9 ObA 120/21v [Pkt 3]).
[11] Da die Revision der Beklagten insoweit keine korrekturbedürftige Vertragsauslegung durch die Vorinstanzen aufzeigt, ist sie mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen.
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