Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 1.187,28 EUR (darin 197,88 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen vierzehn Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die am 26. 1. 1952 geborene Klägerin war seit 1. 3. 1998 als Vertragsbedienstete (Hilfskraft im Hol- und Bringdienst im A.ö. Krankenhaus W*****) im Dienstzweig 15 (Hilfsdienst mit einschlägigen Vorkenntnissen) bei der beklagten Partei vollzeitbeschäftigt. Auf dieses Dienstverhältnis finden die Bestimmungen des NÖ Gemeinde-Vertragsbedienstetengesetzes 1976, LGBl 2420 (NÖ GVBG) Anwendung. Mit Schreiben vom 29. 3. 2005 wurde das Dienstverhältnis der Klägerin zum 30. 6. 2005 gekündigt.
Im Bereich des Hol- und Bringdienstes verrichtete die Klägerin ihre Arbeit fast ausschließlich im Gehen. Im Juli 2004 musste sich die Klägerin einer Knieoperation unterziehen und befand sich im Anschluss daran im Krankenstand. Im September 2004 kontaktierte die Klägerin den Personalvertreter und teilte ihm mit, dass sie ihre bisherige Tätigkeit aufgrund der Knieoperation nicht mehr durchführen könne. Dies äußerte die Klägerin auch gegenüber der Pflegedienstleitung und im Dezember 2004 gegenüber dem kaufmännischen Direktor. Dieser schlug ihr daher vor, im Bereich des Medikamentendepots zu arbeiten, wobei er der Klägerin die einzelnen Arbeitsschritte erläuterte. Am 2. 1. 2005 trat die Klägerin ihren Dienst im Medikamentendepot an. Bereits nach kurzer Zeit klagte die Klägerin über Kreuzschmerzen und ersuchte um einen Termin beim kaufmännischen Direktor. Nach ca vierzehn Tagen erklärte sie diesem, dass sie die Arbeit im Medikamentendepot körperlich nicht aushalte, weil sie schwere Infusionskartons tragen müsse. Auf den Einwand einer Arbeitskollegin, dass sie nicht den ganzen Karton heben müsse, sondern es reiche, die einzelnen Flaschen herauszunehmen, antwortete die Klägerin, dass das „ebenfalls nicht machbar" sei. Im Zuge des Gesprächs erklärte sie sich aber bereit, an fünf Tagen in der Woche je vier Stunden im Medikamentendepot zu arbeiten. Der kaufmännische Direktor wies darauf hin, dass ein solcher Dienstposten nicht vorhanden sei und bot ihr in der Folge auf Vorschlag der Personalvertretung an, in der Aufnahme zu arbeiten, wobei er darauf hinwies, dass sie dort überwiegend sitzen müsse. Über Nachfragen, ob sie das Sitzen aushalte, erklärte die Klägerin, dass dies kein Problem sei.
Nach drei Tagen wandte sich die Klägerin wieder an den kaufmännischen Direktor und erklärte ihm, dass sie auch diese Tätigkeit nicht ausüben könne, weil sie das lange Sitzen wegen ihrer Wirbelsäulenprobleme nicht aushalte. Sie wurde angewiesen, sich mit dem Leiter des Personalbereichs der beklagten Partei in Verbindung zu setzen. Dieser führte am 19. 1. 2005 ein Gespräch mit der Klägerin, die ihm erklärte, dass ihr aufgrund der Einschränkung im Bereich des Knies der Hol- und Bringdienst, wegen des Hebens schwerer Lasten die Tätigkeit im Medikamentendepot und wegen des langen Sitzens die Arbeit in der Aufnahme nicht möglich seien. Die Klägerin erwähnte auch, dass sie eine Teilzeitbeschäftigung, wenn möglich an fünf Tagen je vier Stunden, anstrebe. Im Anschluss an dieses Gespräch konsumierte die Klägerin im Einverständnis mit dem Personalleiter bis 20. 2. 2005 ihren Resturlaub. Während dieser Zeit versuchte der Leiter des Personalbereichs erfolglos, einen Ersatzdienstposten für die Klägerin, etwa im Bereich des Magistrats, zu finden. Am 21. 2. 2005 meldete sich die Klägerin wieder bei ihm. Er erklärte ihr, dass kein Dienstverhinderungsgrund vorliege und sie ihren Dienst im Krankenhaus wieder antreten müsse. Gleichzeitig schlug er der Klägerin eine amtsärztliche Untersuchung vor, um abzuklären, für welche Tätigkeiten sie noch einsetzbar wäre. Dies akzeptierte die Klägerin. Nach ihrem Gespräch mit dem Personalleiter wollte die Klägerin ihren Dienst im Bereich des Hol- und Bringdienstes wieder antreten, erfuhr jedoch, dass ihr bisheriger Dienstposten mit 1. 2. 2005 nachbesetzt worden war. In der Direktion des Krankenhauses teilte ihr die Stellvertreterin des kaufmännischen Direktors mit, dass zur Zeit nur eine leichte Tätigkeit im Reinigungsdienst zur Verfügung stehe. Darauf erklärte die Klägerin sofort, „dass sie sich das gar nicht erst anfange". Die Stellvertreterin des kaufmännischen Direktors meinte, sie solle sich das wenigstens einmal ansehen. Dies lehnte die Klägerin unter Hinweis auf gesundheitliche Gründe ab. Die Stellvertreterin des kaufmännischen Direktors verständigte darauf den Personalvertreter. Auch in dessen Gegenwart wiederholte die Klägerin, dass sie den Reinigungsdienst nicht mache. Der Personalvertreter forderte die Klägerin ebenfalls auf, diese Tätigkeit wenigstens zu versuchen; allenfalls sollte sie sich wieder krankmelden, wenn es ihr zu viel werde. Die Klägerin lehnte dies jedoch ab und äußerte den Wunsch, „ein bisschen in der Apotheke mitzuarbeiten", worauf ihr die Stellvertreterin des kaufmännischen Direktors erklärte, dass derzeit ein derartiger Dienstposten nicht vorhanden sei. Da die Klägerin ihren Urlaub verbraucht hatte und auch sonst keine Lösung mit ihr in Sicht war, verwies die Stellvertreterin des kaufmännischen Direktors sie wieder an den Leiter des Personalbereichs.
Der für die Klägerin in Aussicht genommene Reinigungsdienst wäre dieser ohne Überschreitung ihres Leistungskalküls möglich gewesen. Hinsichtlich der Einstufung wäre bei der Klägerin keine Änderung vorgenommen worden.
Nach dem Gespräch am 21. 2. 2005 befand sich die Klägerin bis einschließlich 16. 3. 2005 wegen Beschwerden nach einem Sturz auf das Knie während ihres Urlaubs wiederum im Krankenstand. Am 22. 2. 2005 informierte der Leiter des Personalbereichs die Klägerin, dass die amtsärztliche Untersuchung am nächsten Tag stattfinden würde. Nach Ende ihres Krankenstands am 17. 3. 2005 bot die Stellvertreterin des kaufmännischen Direktors der Klägerin wiederum die Tätigkeit im Reinigungsdienst, diesmal im Ausmaß von 20 Stunden, an. Die Klägerin lehnte dies mit der Begründung, dass sie sich aufgrund ihrer Beschwerden nicht niederknien könne, neuerlich ab.
Am selben Tag entschied der Leiter des Personalbereichs, das Kündigungsverfahren einzuleiten und verständigte schriftlich die Personalvertretung. Am 22. 3. 2005 langte ein Schreiben der Personalvertretung ein, in dem mitgeteilt wurde, dass die Kündigung der Klägerin nicht beeinsprucht werde. Bereits am 25. 3. 2005 informierte der Personalleiter die Klägerin über die bevorstehende Kündigung, wobei er für die Zeit der Kündigungsfrist eine Dienstfreistellung ansprach. Bei diesem Gespräch erwähnte er auch das Ergebnis der amtsärztlichen Untersuchung, wonach die Klägerin für eine Vollzeitbeschäftigung im Bereich des Hol- und Bringdienstes als ausreichend belast- und einsetzbar angesehen worden war. Tatsächlich war zum Zeitpunkt der Kündigung die Tätigkeit im Bereich des Hol- und Bringdienstes ebenso wie die Arbeit im Medikamentendepot kalkülsüberschreitend. Der für die Klägerin vorgesehene Reinigungsdienst wäre hingegen sowohl im Rahmen einer Ganz- als auch einer Halbtagsbeschäftigung möglich gewesen, ebenso die Tätigkeit in der Aufnahme.
Mit Schreiben vom 29. 3. 2005 wurde die Klägerin zum 30. 6. 2005 gekündigt. Im Kündigungsschreiben wurde auf die Versuche, der Klägerin nach ihrer Knieoperation zumutbare Beschäftigungsmöglichkeiten anzubieten, ausführlich eingegangen und zusammenfassend ausgeführt: „durch die Weigerung, die im Dienstvertrag vereinbarte Dienstpflicht der mit Vollbeschäftigung festgesetzten Dienstzeit einzuhalten (auch bei mehreren angebotenen alternativen Verwendungsarten mit unterschiedlicher körperlicher Belastungsintensität), erfüllen Sie den Umstand der gröblichen und beharrlichen Verletzung Ihrer Dienstpflichten". Die Kündigung wurde ausdrücklich auf § 37 Abs 2 lit a des NÖ GVBG gestützt. Die Klägerin begehrte (nach Modifizierung - ON 5 - ihrer am 30. 6. 2005 eingebrachten Klage) die Feststellung des aufrechten Bestands des Dienstverhältnisses. Die Kündigung sei unwirksam, weil die Klägerin niemals ihre Dienstpflicht gröblich verletzt habe. Ihr bisheriger Dienstposten sei bereits im Jänner 2005 vergeben worden. Es sei nicht von ihr ausgegangen, ihre bisherige Tätigkeit nicht ausüben zu wollen; sie habe sich nie geweigert, ihren vertraglichen Verpflichtungen im Hol- und Bringdienst nachzukommen. Die angebotenen Ersatztätigkeiten seien von ihr aus gesundheitlichen Gründen nicht durchführbar gewesen. Dem Personalleiter sei bereits am 20. 2. 2005 bekannt gewesen, dass für die Klägerin keine Teilzeitbeschäftigung zur Verfügung stehe, sodass der Ausspruch der Kündigung mit 29. 3. 2005 jedenfalls verfristet sei. Eine Versetzung in den Reinigungsdienst sei zudem nicht zulässig gewesen, da es sich hiebei um keine vergleichbare Arbeit gehandelt hätte. Zudem sei niemals eine Weisung erteilt worden, den Reinigungsdienst anzutreten. Die beklagte Partei bestritt das Klagebegehren, beantragte Klageabweisung und wendete im Wesentlichen ein, dass die Klägerin nach ihrer Knieoperation und dem darauffolgenden mehrmonatigen Krankenstand dem kaufmännischen Direktor des Krankenhauses mitgeteilt habe, aus gesundheitlichen Gründen ihre bisherige Tätigkeit nicht weiter ausüben zu können. Etliche angebotene Ersatztätigkeiten habe die Klägerin aus gesundheitlichen Gründen abgelehnt und darauf bestanden, dass für sie eine geeignete Teilzeitbeschäftigung zur Verfügung gestellt werde. Ein derartiger Dienstposten sei jedoch nicht vorhanden gewesen. Die Klägerin habe zu Unrecht behauptet, die Tätigkeit im Bereich der Aufnahme nicht verrichten zu können, was einer Arbeitsverweigerung gleichzusetzen sei. Darüber hinaus sei der Klägerin eine Tätigkeit im Bereich der Reinigung angeboten worden, was einer Weisung entspreche. Diese sei von ihr jedoch kategorisch abgelehnt worden, sodass die vorgenommene Kündigung zu Recht erfolgt sei.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Rechtlich folgerte es - soweit für das Revisionsverfahren noch relevant -, dass mit Rücksicht auf die erforderliche Befassung der Personalvertretung die bereits zwei Tage nach deren Stellungnahme mündlich bekannt gegebene Kündigung rechtzeitig gewesen sei. Sie sei auch berechtigt, weil die beklagte Partei nach § 4 NÖ GVBG der Klägerin bei Notwendigkeit im Interesse des Dienstes einen anderen Dienstposten habe zuweisen können. Das Angebot, sich den Reinigungsdienst zumindest einmal anzusehen, sei zweifellos eine dienstliche Anweisung gewesen, deren Ablehnung eine Arbeitsverweigerung und damit eine gröbliche Vernachlässigung der Dienstpflicht dargestellt habe. Das Berufungsgericht änderte über Berufung der Klägerin das Ersturteil im klagestattgebenden Sinn ab und erklärte die ordentliche Revision nicht für zulässig. Seine rechtliche Beurteilung lässt sich wie folgt zusammenfassen:
Die Kündigung sei nicht begründet. Gemäß §§ 35 Abs 3 iVm 37 Abs 1 NÖ GVBG könne ein Dienstverhältnis, das ununterbrochen ein Jahr gedauert habe, nur schriftlich und mit Angabe des Grundes gekündigt werden. Ein Nachschieben anderer als im Kündigungsschreiben angeführter Kündigungsgründe im Prozess sei unzulässig. Die beklagte Partei habe die Kündigung der Klägerin damit begründet, dass diese sich geweigert habe, weiterhin eine Vollzeitbeschäftigung auszuüben. Es sei aber zu berücksichtigen, dass die beklagte Partei der Klägerin im Text ihres Kündigungsschreibens doch auch zum Vorwurf gemacht habe, eine für zumutbar erachtete Tätigkeit im Reinigungsdienst abgelehnt zu haben. Das inkriminierte Verhalten des Dienstnehmers müsse jedenfalls „gröblich" die Dienstpflichten verletzen und damit über bloß geringfügige Ordnungswidrigkeiten hinausgehen. Eine weite Auslegung der Kündigungsgründe des NÖ GVBG verbiete sich schon deshalb, weil nach der Rechtsprechung durch die Bindung des Dienstgebers an wichtige Gründe ein Äquivalent zu dem sonst der Belegschaftsvertretung nach § 105 Abs 3 bis 6 ArbVG zustehenden, auf Vertragsbedienstete aber nicht anzuwendenden Recht auf Kündigungsanfechtung eingeräumt werde. Die gröbliche Verletzung der Dienstpflichten könne auf Vorsatz oder Fahrlässigkeit beruhen. Es sei nicht notwendig, dass der Dienstnehmer den betreffenden Kündigungstatbestand oder dessen Merkmale gekannt oder gewusst habe, dass sein Verhalten mit Kündigung bedroht sei; er müsse aber wissen, dass er gegen arbeitsvertragliche Pflichten verstoße. Die Klägerin mache mit Recht geltend, dass sie nach ihrem Dienstvertrag grundsätzlich nur zu Arbeitsleistungen im Bereich des Hol- und Bringdienstes verpflichtet gewesen sei. Zwar stehe fest, dass nur die Beschäftigung im Medikamentendepot für die Klägerin tatsächlich gesundheitlich abträglich gewesen wäre, die beklagte Partei habe ihr gegenüber aber nie darauf bestanden, dass sie die - grundsätzlich zumutbare - Tätigkeit in der Aufnahmekanzlei fortzusetzen habe. Beide Arbeitsversuche seien daher letztlich im Einverständnis beendet worden. Durch die Neubesetzung des bisherigen Dienstpostens der Klägerin im Bereich des Hol- und Bringdienstes habe die beklagte Partei ihr einseitig jede Möglichkeit genommen, wiederum die ursprünglich vereinbarten Dienste zu erbringen. Es könne dahingestellt bleiben, inwieweit die Situation die vorübergehende Zuweisung anderer Dienstleistungen und eine Versetzung gemäß § 4 NÖ GVBG rechtfertigen habe können, weil derartige Maßnahmen nicht gesetzt worden seien. Die stellvertretende Verwaltungsdirektorin habe der Klägerin vielmehr nur angeboten, im Reinigungsdienst zu arbeiten. Die Klägerin habe dieses Anbot unter Berufung auf ihren Gesundheitszustand abgelehnt. Eine Weisung sei dem Sachverhalt nicht zu entnehmen. Die Ablehnung eines bloßen Vorschlags begründe noch keinen Verstoß gegen die in § 4 NÖ GVBG geregelten Dienstpflichten. Selbst wenn man der Ansicht des Erstgerichts folge, dass dem Vorschlag der stellvertretenden Verwaltungsdirektorin dennoch die Qualität einer Weisung zuzubilligen sei, hätte es die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers verlangt, eine Ermahnung vorzunehmen, insbesondere, wenn dem Dienstnehmer die Fehlerhaftigkeit seines Verhaltens nicht habe bewusst sein müssen, weil der Arbeitgeber durch längere Zeit hindurch ein tatbestandsmäßiges Verhalten widerspruchslos hingenommen oder seine Gleichgültigkeit dokumentiert habe. Weder im Zusammenhang mit dem Ersuchen der Klägerin, nach ihrer Knieoperation eine leichtere Tätigkeit zugewiesen zu bekommen, noch im Zusammenhang mit dem Abbruch zweier Arbeitsversuche im Jänner 2005 seien ihre Angaben über gesundheitliche Probleme in Zweifel gezogen worden. Nach diesen Erfahrungen mit der Dienstgeberin habe die Klägerin nach Treu und Glauben keine Veranlassung zu der Annahme gehabt, dass ihr eine weitere, genauso mit gesundheitlichen Problemen begründete Ablehnung eines Postens im Bereich der Reinigung plötzlich als grobe dienstliche Verfehlung ausgelegt würde. Es wäre daher an der beklagten Partei gelegen gewesen, der Klägerin die Anforderungen der für sie vorgesehenen leichten Reinigungsarbeiten so konkret zu erläutern, dass sie deren Zumutbarkeit ex ante hätte beurteilen können, und sie insbesondere auf die Konsequenzen einer Weigerung diese Arbeiten zu verrichten, aufmerksam zu machen. Eine derartige Aufklärung und Ermahnung sei jedoch nicht erfolgt.
Im Übrigen sei die Kündigung auch verfristet. Die Klägerin habe bereits am 21. 2. 2005 erklärt, Reinigungsarbeiten nicht einmal versuchen zu wollen. Schon in diesem Gespräch habe sie daher den vom Erstgericht letztlich zur Rechtfertigung der Kündigung herangezogenen Sachverhalt verwirklicht. Berücksichtigungswürdige Gründe für das Zuwarten der beklagten Partei mit der Einleitung des formellen Kündigungsverfahrens bis zum 17. 3. 2005 seien nicht einmal behauptet worden. Ein solcher Grund könne nach der Natur des herangezogenen Kündigungstatbestands auch nicht in einem allfälligen weiteren Bemühen der Personalverantwortlichen um eine Ersatzstelle im Bereich der Stadtgemeinde erblickt werden, setze dieses doch gerade die Zumutbarkeit einer Weiterbeschäftigung voraus.
Das Berufungsgericht ließ die ordentliche Revision mit der Begründung nicht zu, dass es über Rechtsfragen von der in § 502 Abs 1 ZPO normierten allgemeinen Bedeutung nicht zu entscheiden gehabt habe und es sich um eine Einzelfallbeurteilung handle.
Gegen dieses Urteil richtet sich die außerordentliche Revision der beklagten Partei wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung und Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im klageabweisenden Sinn abzuändern; hilfsweise wird auch ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Klägerin beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung die Revision zurückzuweisen, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist zulässig, weil das Berufungsgericht die Frage der Verfristung der Kündigung unzutreffend beurteilt hat. Sie ist aber nicht berechtigt.
Das Berufungsgericht hat die Unwirksamkeit der Kündigung auch damit begründet, dass diese verspätet sei. Die Rechtsmittelwerberin weist im Ergebnis zutreffend darauf hin, dass diese Auffassung unter Berücksichtigung der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs rechtlich verfehlt ist.
Der Oberste Gerichtshof vertritt zwar in ständiger Rechtsprechung den Grundsatz, dass auch für die Kündigung eines Vertragsbediensteten der Unverzüglichkeitsgrundsatz gilt, dieser darf allerdings nicht überspannt werden (RIS-Justiz RS0028543 [T3]; Arb 11.343; 9 ObA 112/97d; 9 ObA 160/98i; 9 ObA 103/02s vgl auch Pfeil in ZellKomm § 25 AngG Rz 31 f mwH). Bei Dauertatbeständen, bei denen sich die Pflichtverletzung wiederholt, bzw über einen längeren Zeitraum erstreckt, können die Auflösungsgründe solange geltend gemacht werden, als sie andauern (Pfeil aaO Rz 28 mwN; RIS-Justiz RS0029273 [T10]; vgl zur Entlassung bei Dauerzuständen RS0028865 mwN; RS0028859).
Das der Klägerin von der Beklagten zur Begründung der Kündigung vorgeworfene Verhalten, nämlich deren ablehnende Haltung gegenüber den von der Beklagten angebotenen Ersatztätigkeiten und letztlich die (faktische) Weigerung die angebotenen Reinigungstätigkeiten auch nur probeweise aufzunehmen, würde aber - wenn man seine Eignung als Kündigungsgrund hier bejahte - gerade ein derartiges Dauerverhalten, das den Dienstgeber zum jederzeitigen Ausspruch der Kündigung berechtigte, darstellen.
Allerdings ist die Revision aus folgenden Erwägungen nicht berechtigt:
Soweit die Rechtsmittelwerberin ins Treffen führt, dass das Berufungsgericht zu Unrecht eine „weite Auslegung" der Kündigungsgründe des NÖ GVBG zu Lasten der Arbeitnehmer ablehne, ist ihr zu entgegnen, dass das Berufungsgericht ungeachtet dieser Rechtsmeinung im Einklang mit der von der Lehre gebilligten Rechtsprechung im hier zu beurteilenden Fall das Vorliegen des von der Beklagten herangezogenen Kündigungsgrundes zutreffend verneint hat. Mit ihrer Argumentation, der Klägerin habe vollkommen klar sein müssen, dass eine fortgesetzte Weigerung, die von der Beklagten „angebotenen" Tätigkeiten zu verrichten, von dieser als Dienstpflichtverletzung gewertet werden würde, übergeht die Beklagte, dass sie selbst (nur) von einem „Angebot" ausgeht. Das Berufungsgericht hat dem Einwand der Rechtsmittelwerberin, dass die Klägerin keinen Zweifel haben durfte, dass es sich bei den „Anboten" um dienstliche Weisungen handle, ohnehin dadurch Rechnung getragen, dass es mit ausführlicher und rechtlich nicht zu beanstandender Begründung dargelegt hat, dass selbst dann, wenn man dem Anbot die Qualität einer Weisung zubilligen wollte, vor der Kündigung eine vorangehende Ermahnung erforderlich gewesen wäre. Hat der Arbeitgeber auf ein Dauerverhalten des Arbeitnehmers nicht reagiert, dann muss er, bevor er eine Entlassung oder - wie hier - eine darauf gegründete Kündigung ausspricht, den Arbeitnehmer nämlich zur Beseitigung des Zustands unter Hinweis auf arbeitsvertragliche Konsequenzen auffordern (RIS-Justiz RS0028865 [T1] ua).
Der Oberste Gerichtshof schließt sich daher der Rechtsansicht des Berufungsgerichts an, dass das der Klägerin vorgeworfene Verhalten den Kündigungsgrund der gröblichen Dienstpflichtverletzung nach § 37 Abs 2 lit a NÖ GVBG nicht verwirklicht und verweist im Übrigen auf die insoweit zutreffende rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichts (§ 510 Abs 3 ZPO).
Der Revision ist daher nicht Folge zu geben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.
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