Spruch:
Der Rekurs der klagenden Partei wird zurückgewiesen.
Dem Rekurs der beklagten Partei wird Folge gegeben. Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben und es wird in der Sache selbst dahin zu Recht erkannt, dass das abweisende Urteil des Erstgerichts einschließlich der Kostenentscheidung wiederhergestellt wird.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 2.486,30 EUR bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens sowie die mit 1.790,33 EUR bestimmten Kosten des Rekurses an den Obersten Gerichtshof binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger war ab 13. September 1993 bei der Beklagten als Bundeslehrer in einem Gymnasium tätig. Mit Schreiben vom 2. März 2012, zugegangen am 5. März 2012, kündigte die Beklagte das Dienstverhältnis zum 31. August 2012. Im Kündigungsschreiben wurden die Kündigungsgründe des § 32 Abs 2 Z 1 und 6 VBG angeführt. Die gegenüber dem Kläger erhobenen Vorwürfe wurden näher konkretisiert.
Aufgrund seiner chaotischen Art im Unterricht, die immer wieder Anlass zu Beschwerden wegen Überforderung und Verunsicherung der Schüler gab, wurde der Kläger ab dem Schuljahr 2005/2006 vom Landesschulinspektor fachlich betreut. Schon damals wurde ihm die Vorgabe gemacht, 14 Tage vor einer Schularbeit den Prüfungsstoff und eine Woche vorher die konkreten Schularbeitsangaben bekannt zu geben. Nach weiteren Beschwerden und Gesprächen wurde dem Kläger im Jahr 2010 eine schriftliche Weisung erteilt, die sich ebenfalls auf die Bekanntgabe des Prüfungsstoffs und die Vorlage der konkreten Schularbeitsangaben bezog. Nach weiteren Gesprächen mit dem Kläger wurde er nach einem Schulleiterwechsel Anfang Dezember 2011 darauf hingewiesen, dass die schriftliche Weisung in vollem Umfang aufrecht bleibt. Ankündigungen des Klägers, die Weisung nicht einzuhalten, wurden nicht akzeptiert. Kurz vor Weihnachten 2011 richteten die Schüler einer Klasse ein Schreiben an den Kläger, in dem sie ihre Probleme mit dem Unterricht des Klägers zum Ausdruck brachten. Im Jänner 2012 hat der Kläger die zeitlichen Vorgaben der Weisung nicht beachtet. Im Anschluss an die entsprechende Schularbeit erklärte der Kläger, dass er die Weisung inakzeptabel und nicht praktikabel finde und er sich an diese nicht halten werde. Am 9. Februar 2012 fand wiederum ein Gespräch mit dem Kläger statt, an dem der Landesschulinspektor, der Schulleiter und zwei Mitarbeiter der Personalvertretung teilnahmen. Im Laufe des Gesprächs erklärte der Landesschulinspektor, dass er das Kündigungsverfahren gegen den Kläger einleiten werde. Mit Schreiben vom 13. Februar 2012 wurde dem Kläger vom Landesschulrat mitgeteilt, dass das Dienstverhältnis durch Kündigung beendet und ihm eine einvernehmliche Lösung angeboten werde. Da eine einvernehmliche Auflösung nicht zustande kam, sprach die Beklagte die Kündigung aus.
Mit der zugrunde liegenden Klage begehrte der Kläger die Feststellung, dass sein Dienstverhältnis zur Beklagten über den 31. August 2012 hinaus aufrecht sei. Die Kündigungsgründe seien verfristet. Außerdem seien im Kündigungsschreiben nur unsubstantiierte Einzelvorwürfe von Schülern enthalten, die nicht ausreichten, eine Kündigung zu rechtfertigen. Unrichtig sei auch der von der Beklagten erhobene Vorwurf, er habe eine ihm erteilte Weisung nicht befolgt und er habe sich geweigert, der Weisung nachzukommen. Eine Weisung aus dem Jahr 2010 habe sich nur auf die Person des damaligen Schuldirektors bezogen.
Die Beklagte entgegnete, dass der Kläger gemäß § 32 Abs 2 Z 1 und 6 VBG ordnungsgemäß gekündigt worden sei. Aufgrund seines dienstbezogenen Verhaltens sei er vom Landesschulinspektor etwa acht Jahre begleitet worden. Es sei häufig zu Beschwerden über den Kläger gekommen, die sich insbesondere im Jahr 2009 und 2010 gehäuft hätten. Dies habe es notwendig gemacht, dass am 16. September 2010 eine schriftliche Weisung ausgesprochen worden sei. Die Weisung habe sich darauf bezogen, alle Kopien von Texten, Vokabeln und Aufgabenstellungen vor dem Austeilen an die Schüler zur Genehmigung vorzulegen und nur nach Genehmigung durch den Schuldirektor zu verteilen. Weiters sei angeordnet worden, dass der Kläger 14 Tage vor den Schularbeiten den jeweiligen Stoffbereich und eine Woche vorher die konkreten Schularbeitsangaben dem Schuldirektor vorlegen müsse. Im Schuljahr 2011/2012 sei es erneut zu nicht tolerierbarem Fehlverhalten des Klägers gekommen. Auch die Beschwerden hätten sich wieder gehäuft. Am 30. Jänner 2012 habe der Kläger gegen die Weisung vom 16. September 2010 verstoßen, zumal er die entsprechende Englischschularbeit dem Direktor erst am selben Tag vorgelegt habe. Der Kläger habe die Weisung bewusst ignoriert. Die Kündigung sei rechtzeitig erfolgt.
Das Erstgericht wies das Feststellungsbegehren ab. Der Kläger habe die Schüler durch seine chaotische Unterrichtsmethode überfordert und verunsichert sowie durch Äußerungen auch verletzt. Zudem habe er die ständigen Vorgaben der Vorgesetzten, die notwendig gewesen seien, um seinen Unterricht zu strukturieren, sowie die schriftliche Weisung zu den Schularbeiten nicht eingehalten. Der Kündigungsgrund des § 32 Abs 2 Z 1 VBG werde typischerweise durch dienstlichen Ungehorsam verwirklicht. Eine Verfristung der Kündigungsgründe sei nicht eingetreten, weil von dauerhaften, immer wieder auftretenden Pflichtverletzungen des Klägers auszugehen sei.
Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers Folge und hob das angefochtene Urteil des Erstgerichts auf. In den Schuljahren 2009 bis 2011 sei dem Kläger kein rechtswidriges Dauerverhalten zu unterstellen. In dieser Hinsicht habe die Beklagte auf das Kündigungsrecht verzichtet, weil sie die ihr zur Kenntnis gelangten Vorfälle bloß zum Anlass für eine Ermahnung genommen habe. In den darauffolgenden Zeitraum fielen zwei Ereignisse. Im Zusammenhang mit dem Brief der Schüler an den Kläger kurz vor den Weihnachtsferien 2011 habe der Schulleiter keine Reaktion gezeigt. Das Wissen des Schuldirektors sei der Personalstelle, konkret dem Landesschulrat, zuzurechnen. Seine zögerliche Vorgangsweise führe zum Untergang des Kündigungsrechts. Im Zusammenhang mit dem Vorfall um die Schularbeit im Jänner 2012 habe der Kläger gegen die ihm erteilte Weisung verstoßen. Durch die Missachtung dieser Weisung sei gerade deren Zweck, Schularbeiten zeitgerecht und vollständig zu entwerfen, vereitelt worden. Dennoch erwiesen sich diese Vorfälle als noch nicht so schwerwiegend, um die Kündigungstatbestände des § 32 Abs 2 Z 1 und 6 VBG zu erfüllen. Der Schulleiter sei reaktionslos geblieben. Der Kläger habe daher durchaus davon ausgehen können, dass auch diese neuerlichen Vorfälle nicht zum Anlass eines Kündigungsverfahrens genommen werden. Trotz dieser Überlegungen lasse sich das Klagebegehren allerdings noch nicht abschließend beurteilen. Im vorliegenden Fall komme nämlich insbesondere der Kündigungstatbestand nach § 32 Abs 2 Z 3 VBG (Nichterreichen des angemessenen Arbeitserfolgs trotz Ermahnungen) in Betracht. Dazu habe das Erstgericht keine Feststellungen getroffen. Der Rekurs an den Obersten Gerichtshof sei zulässig, weil zur Frage, inwieweit eine allgemein gehaltene Ermahnung des direkten Vorgesetzten der Geltendmachung des Kündigungsgrundes nach § 32 Abs 2 Z 3 VBG entgegenstehe, höchstgerichtliche Rechtsprechung fehle.
Gegen diese Entscheidung richten sich die Rekurse beider Parteien. Der Kläger begehrt, dem Klagebegehren stattzugeben, der Rekurs der Beklagten zielt auf eine Wiederherstellung der Entscheidung des Erstgerichts ab.
Mit ihren Rekursbeantwortungen beantragen die Streitteile, jeweils dem Rekurs der Gegenseite den Erfolg zu versagen.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs des Klägers erweist sich als unzulässig, weil es auf den Kündigungsgrund des Nichterreichens des angemessenen Arbeitserfolgs nicht ankommt. Demgegenüber ist der Rekurs der Beklagten zulässig, weil sich die Beurteilung des Berufungsgerichts zum Kündigungsgrund der gröblichen Verletzung der Dienstpflichten (§ 32 Abs 2 Z 1 VBG) als korrekturbedürftig erweist. Dementsprechend ist der Rekurs auch berechtigt.
1. Der Kläger macht die Unwirksamkeit der Kündigung bei Vorliegen eines besonderen Kündigungsschutzes nach § 32 VBG geltend.
Unstrittig ist, dass zum Ausspruch der Kündigung die Schulbehörde, konkret die Personalstelle des Landesschulrats, nicht aber der Schulleiter als unmittelbarer Dienstvorgesetzter und auch nicht der Landesschulinspektor als fachliches Aufsichtsorgan zuständig war (vgl 8 ObA 53/08i).
2.1 Das Berufungsgericht teilte den Sachverhalt in zwei Zeitperioden. Hinsichtlich der ersten Periode (bis zur Aufrechterhaltung der schriftlichen Weisung Anfang Dezember 2011) habe die Beklagte auf ihr Kündigungsrecht verzichtet, weil sie den Kläger lediglich ermahnt habe.
2.2 Hat der Dienstgeber ihm zur Kenntnis gelangte konkrete Vorfälle bloß zum Anlass für eine Ermahnung genommen, so kann eine derartige Erklärung nach herrschender Lehre und ständiger Rechtsprechung nur dahin verstanden werden, dass der Dienstgeber auf das Recht, den Dienstnehmer wegen dieses Verhaltens zu entlassen bzw hier zu kündigen, verzichtet hat. In einem solchen Fall kann nur ein danach erfolgtes oder dem Dienstgeber zur Kenntnis gelangtes Verhalten die Entlassung (bzw hier die Kündigung) rechtfertigen. Die Unbegründetheit einer im Anschluss an die Ermahnung doch noch ausgesprochenen Entlassung bzw Kündigung resultiert daraus, dass die Ermahnung wegen eines konkreten Anlassfalls als (schlüssiger) Verzicht auf die Ausübung des Auflösungsrechts wegen dieses Anlassfalls zu werten ist. Abgemahnte alte Vorfälle können daher später nicht neuerlich als Entlassungsgrund (hier Kündigungsgrund) herangezogen werden. Bei späterer Wiederholung des abgemahnten Verhaltens können aber die alten Vorfälle im Rahmen einer Würdigung des Gesamtverhaltens auch noch nachträglich Berücksichtigung finden (8 ObA 19/13x mwN).
2.3 Nach diesen Grundsätzen erweist sich die Aufsplittung des sich auf das Unterrichtsverhalten des Klägers beziehenden Sachverhalts auf zwei gesondert beurteilte Zeitperioden als nicht gerechtfertigt.
Der Kläger wurde aufgrund seiner chaotischen Art im Unterricht über viele Jahre vom Landesschulinspektor fachlich betreut. Schon im Schuljahr 2005/2006 wurden ihm Vorgaben in Bezug auf den Prüfungsstoff für Schularbeiten und die konkreten Schularbeitsangaben gemacht, die in der Folge auch in die schriftliche Weisung Eingang gefunden haben. Im Jänner 2012 hat der Kläger gegen die Weisung verstoßen und erklärt, er werde sich an diese nicht halten. Die Schwierigkeiten mit dem Kläger insbesondere in Bezug auf die Überforderung der Schüler bei Schularbeiten haben sich über die Jahre hinweggezogen und auch im Jänner 2012 wieder ergeben. Damit haben sich genau jene Probleme wiederholt, die durch die Vorgaben des Landesschulinspektors und durch die schriftliche Weisung verhindert werden sollten.
Aufgrund des Umstands, dass sich das inkriminierte, weisungswidrige Verhalten des Klägers Ende Jänner 2012 wiederholt hat, kann nicht von einem Verzicht der Beklagten auf das Kündigungsrecht im Zusammenhang mit diesem Verhalten ausgegangen werden. Vielmehr sind auch die früheren Problem- und Beschwerdefälle in die Beurteilung miteinzubeziehen und als Gesamtverhalten des Klägers zu berücksichtigen. Aufgrund der mehrfachen Gespräche, der Vorgaben und letztlich der schriftlichen Weisung konnte der Kläger gerade nicht darauf vertrauen, dass bei einem künftigen Fehlverhalten von der Beklagten keine Kündigung ausgesprochen werde.
3.1 Das Berufungsgericht steht weiters auf dem Standpunkt, dass dem Schulleiter im Zusammenhang mit dem Brief der Schulklasse und den Vorfällen um die Schularbeit Ende Jänner 2012 eine zögerliche Vorgangsweise vorzuwerfen sei, weshalb die Kündigung verfristet sei.
3.2 In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass auch eine öffentlich‑rechtliche Körperschaft gehalten ist, einen Entlassungsgrund (hier einen Kündigungsgrund) unverzüglich geltend zu machen. Für den Beginn des Zeitraums zur Beurteilung der Unverzüglichkeit der Kündigung ist grundsätzlich die Kenntnisnahme des die vorzeitige Auflösung rechtfertigenden Sachverhalts durch das für den Ausspruch der Entlassung bzw Kündigung zuständige Organ maßgebend (RIS‑Justiz RS0029273; 9 ObA 84/10h). Hinsichtlich der Frage, ob der Kündigungsgrund unverzüglich geltend gemacht wurde, ist dem Dienstgeber allgemein zuzubilligen, den relevanten Sachverhalt aufzuklären. Dabei ist zu berücksichtigen, dass bei juristischen Personen und insbesondere im öffentlichen Bereich aufgrund der besonderen internen Organisationsstrukturen die Willensbildung regelmäßig umständlicher und langwieriger als bei physischen Personen erfolgt. Dadurch bedingte Verzögerungen werden von der Rechtsprechung grundsätzlich als gerechtfertigt anerkannt (RIS‑Justiz RS0029328; 9 ObA 155/09y).
3.3 Das weisungswidrige Verhalten des Klägers hat sich Ende Jänner 2012 wiederholt. Es liegt in dieser Hinsicht ein Dauerzustand vor, sodass dieses neuerliche Fehlverhalten unter Berücksichtigung des Gesamtverhaltens zum Anlass der Kündigung gemacht werden konnte (vgl RIS‑Justiz RS0028859).
Nach den Vorfällen rund um die Schularbeit Ende Jänner 2012 sprach der Schulleiter den Kläger auf sein weisungswidriges Verhalten an. Schon am 9. Februar fand ein Gespräch mit dem Landesschulinspektor statt. Die Schulbehörde teilte dem Kläger wenige Tage nach diesem Gespräch, bei dem sich der Landesschulinspektor zur Einleitung des Kündigungsverfahrens entschieden hatte, mit, dass das Dienstverhältnis gekündigt werde. Die weitere Frist bis zum tatsächlichen Ausspruch der Kündigung war vor allem durch das Angebot an den Kläger auf einvernehmliche Auflösung des Dienstverhältnisses bedingt.
Unter diesen Umständen kann von einem verzögerten Ausspruch der Kündigung durch die Schulbehörde und von einer Verfristung des Kündigungsrechts nicht ausgegangen werden. Das Zustandekommen des Gesprächs mit dem Schulinspektor erforderte einen gewissen Zeitaufwand. Ob der Kläger ein solches Gespräch selbst angeregt hat, bleibt unerheblich. In Anbetracht der wiederholten Gespräche und vor allem der schriftlichen Weisung sowie aufgrund der unverzüglich nach dem Gespräch mit dem Landesschulinspektor durch den Landesschulrat mitgeteilten Entscheidung, dass das Dienstverhältnis gekündigt werde, konnte der Kläger nicht darauf vertrauen, dass das Dienstverhältnis aufrecht bleibe. Die befassten Personen auf Seiten der Beklagten haben die Probleme mit dem Kläger gerade nicht auf sich beruhen lassen. Vielmehr waren sie bemüht, nach dem neuerlichen Fehlverhalten des Klägers eine rasche Entscheidung herbeizuführen.
4.1 Schließlich verneinte das Berufungsgericht - anders als das Erstgericht ‑ das Vorliegen einer gröblichen Pflichtverletzung.
Die Grundsätze für das Vorliegen einer gröblichen Verletzung der Dienstpflichten nach § 32 Abs 2 Z 1 VBG hat das Erstgericht zutreffend dargelegt. Allgemein gilt, dass je schwerwiegender die verletzte dienstliche Pflicht wiegt, desto weniger häufig die Verletzung erfolgt sein muss. Auch kleine Dienstpflichtverletzungen können bei Beharrlichkeit das Gewicht einer gröblichen Dienstpflichtverletzung erreichen (Ziehensack Rz 399).
4.2 Der Kläger hat über Jahre ein problemhaftes Verhalten gegenüber den Schülern gezeigt, weshalb ihm dienstliche Vorgaben insbesondere in Bezug auf den Prüfungsstoff und die konkreten Schularbeitsangaben gemacht werden mussten. Er hat nicht nur gegen die ebenfalls darauf abzielende schriftliche Weisung verstoßen, sondern zudem erklärt, sich an diese nicht zu halten. In dieser Äußerung gelangt klar dienstlicher Ungehorsam zum Ausdruck. Ein solches weisungswidriges Verhalten verwirklicht je nach Umfang und Ausmaß des dienstlichen Ungehorsams in typischerweise den Kündigungsgrund des § 32 Abs 2 Z 1 VBG. Die Befolgung von Anordnungen der Vorgesetzten zählt nämlich zu den wesentlichen Pflichten des Vertragsbediensteten, insbesondere auch eines Lehrers, wenn die Vorgaben für die Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Schulbetriebs notwendig sind (Ziehensack Rz 403 f). Dabei ist zu berücksichtigen, dass gerade im schulischen Bereich, dem für die geistige und emotionale Entwicklung der Kinder und Jugendlichen ein großer Stellenwert zukommt, besondere Sensibilität zu fordern ist. Lehrkräfte üben im Hinblick auf die Aufgabenstellung der Schule eine Vorbildfunktion aus. An sie sind daher erhöhte Anforderungen zu stellen. Auch den Dienstgeber trifft in dieser Hinsicht eine Verantwortung gegenüber den Schülern und den Eltern sowie auch zur Wahrung des Ansehens des Schulunterrichts (Ziehensack Rz 408 f).
Durch das weisungswidrige Verhalten des Klägers und die Weigerung, die Weisung einzuhalten, wurde ein strukturierter, alters- und lernadäquater Lehrbetrieb gefährdet. Der Ansicht des Berufungsgerichts, dass das Verhalten des Klägers noch nicht als grobe Pflichtverletzung anzusehen sei, ist insgesamt nicht beizupflichten.
5.1 Zusammenfassend ergibt sich:
Auch dann, wenn der Dienstgeber ihm zur Kenntnis gelangte konkrete Vorfälle zum Anlass für eine Ermahnung genommen hat, kann er eine spätere Wiederholung dieses Verhaltens dennoch zur Begründung seines Auflösungsrechts heranziehen. Für die Beurteilung der Unverzüglichkeit der Auflösung des Dienstverhältnisses kommt es auch darauf an, ob der Dienstnehmer aufgrund des Verhaltens des Dienstgebers bzw des für den Ausspruch der Auflösung zuständigen Organs darauf vertrauen darf, dass das Dienstverhältnis aufrecht bleibt. Hat ein Lehrer gegen eine sich auf seinen Unterricht beziehende Weisung verstoßen und erklärt, sich an diese nicht mehr zu halten, so ist das Vorliegen einer gröblichen Verletzung der Dienstpflichten nach § 32 Abs 2 Z 1 VBG zu bejahen.
5.2 Da die Beklagte weder auf das Kündigungsrecht verzichtet noch von diesem verspätet Gebrauch gemacht hat und das weisungswidrige Unterrichtsverhalten des Klägers als grobe Dienstpflichtverletzung zu qualifizieren ist, erweist sich die Kündigung als berechtigt. Eine gesonderte Beurteilung des Kündigungsgrundes der Vertrauensunwürdigkeit nach § 32 Abs 2 Z 6 VBG ist entbehrlich. Das Gleiche gilt für die Überlegungen des Berufungsgerichts zum Kündigungstatbestand des § 32 Abs 2 Z 3 VBG. Dazu hat das Berufungsgericht im Rahmen seiner Beurteilung zunächst selbst festgehalten, dass die Beklagte im Kündigungsschreiben nur die Kündigungstatbestände des § 32 Abs 2 Z 1 und 6 VBG angeführt hat. Auch in ihrem Vorbringen hat sie sich auf diese Tatbestände berufen.
5.3 Dem Umstand, dass das Berufungsgericht die Tatsachenrüge des Klägers nicht behandelt hat, kommt im Anlassfall keine Bedeutung zu, weshalb über das Feststellungsbegehren eine Sachentscheidung zu treffen war.
Eine ordnungsgemäße Beweisrüge liegt nur dann vor, wenn klar ersichtlich ist, durch welche Tatsachen sich der Berufungswerber für beschwert erachtet, infolge welcher unrichtigen Beweiswürdigung sie getroffen wurden, welche Feststellungen stattdessen begehrt werden und aufgrund welcher Beweismittel die begehrten Feststellungen getroffen werden könnten (RIS-Justiz RS0041835).
Die Beweisrüge des Klägers entsprach diesen Anforderungen über weite Strecken nicht. Darin gab er zunächst nur den vom Erstgericht im Wesentlichen festgestellten Sachverhalt wieder. In der Folge bekämpfte er die Feststellung des Erstgerichts auf Seite 6 oben des Urteils, wonach die Vorwürfe im Herbst/Winter 2008 zum Teil richtig und insgesamt Ausfluss der starken Überlastung und des chaotischen Stils des Klägers gewesen seien. Weiters bekämpfte er die Feststellung auf Seite 10 unten des Urteils, wonach zwei Schülerinnen das kurz vor Weihnachten 2011 verfasste Schreiben der Klasse auch an den Schulleiter übergeben und gemeint hätten, es sei ihr letzter Versuch, das Verhältnis mit dem Kläger noch irgendwie zu regeln, damit es nach Weihnachten besser weiter gehe, sowie wonach das vom Kläger gesetzte Verhalten von den Schülern tatsächlich so erlebt worden sei.
Diese in der Berufung konkret bekämpften Feststellungen sind für die abschließende Beurteilung der Rechtssache unerheblich. Im Übrigen ist die Beweisrüge, soweit ihr überhaupt Relevanz beigemessen werden könnte, nicht gesetzmäßig ausgeführt.
5.4 In der Klage hat der Kläger ausgeführt, dass „die Kündigungsanfechtung“ hilfsweise auch auf Sozialwidrigkeit gemäß § 105 ArbVG gestützt werde, da er Sorgepflichten für drei Kinder habe und es aufgrund seines fortgeschrittenen Alters ausgeschlossen erscheine, dass er einen seiner Ausbildung und seinen Fähigkeiten entsprechenden Arbeitsplatz bekomme. Ein Anfechtungsbegehren hat der Kläger allerdings nicht formuliert. Aus diesem Grund wurde in der Verhandlung vom 27. Juni 2012 das Klagebegehren erörtert. Der Klagevertreter stellte dazu klar, dass die Feststellung eines aufrechten Dienstverhältnisses über den 31. August 2012 hinaus begehrt werde. Da trotz Erörterung kein Anfechtungsbegehren erhoben wurde, liegt eine endgültige Entscheidung vor.
6. Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO iVm § 2 ASGG. Die Beklagte hat in ihren Rekursbeantwortungen nicht auf die Unzulässigkeit des Rekurses des Klägers hingewiesen.
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