OGH 8ObA31/18v

OGH8ObA31/18v19.7.2018

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Kuras als Vorsitzenden, die Hofrätin Mag. Korn, den Hofrat Dr. Stefula sowie die fachkundigen Laienrichter Helmut Purker und Gerald Fida als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Dr. N*****, vertreten durch Kocher & Bucher Rechtsanwälte OG in Graz, gegen die beklagte Partei F***** GmbH, *****, vertreten durch die Denkmair Hutterer Hüttner Waldl Rechtsanwälte GmbH in Linz, wegen 53.265,47 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 19. April 2018, GZ 6 Ra 13/18f‑17, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:008OBA00031.18V.0719.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

 

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Nach dem zwischen den Parteien geschlossenen Dienstvertrag bildet die – zugleich mit dem Vertragsentwurf der Klägerin übergebene – Dienstordnung der Beklagten einen Bestandteil des Vertrags. Entgegen der Revision lässt sich daraus weder ableiten, dass die Dienstordnung dem Vertrag „nachgeordnet“ ist, noch dass darin keine für das Dienstverhältnis relevanten Gestaltungsrechte festgelegt werden.

2. Diese Dienstordnung sieht vor, dass das Dienstverhältnis während des ersten Dienstmonats (Probemonats) von jeder der Parteien ohne Angaben von Gründen jederzeit aufgelöst werden kann.

Gemäß § 19 Abs 2 AngG kann ein Arbeitsverhältnis auf Probe nur für die Höchstdauer von einem Monat vereinbart und während dieses Zeitraums von jedem Vertragsteil jederzeit gelöst werden. Es handelt sich dabei um eine Auflösung besonderer Art, die ohne Rücksicht darauf möglich ist, ob die Vertragspartner ihre Möglichkeit besonders vereinbart haben oder nicht (RIS-Justiz RS0028290). Das Probearbeitsverhältnis soll dem Arbeitgeber die Möglichkeit geben, sich davon zu überzeugen, ob der Arbeitnehmer sich für die zugedachte Stelle eignet; umgekehrt soll auch der Arbeitnehmer Gelegenheit haben, die Verhältnisse im Betrieb kennenzulernen (RIS‑Justiz RS0028444). Der Gefahr einer Umgehung arbeitsrechtlicher Schutzvorschriften trägt der Gesetzgeber durch die enge zeitliche Beschränkung der Probezeit auf einen Monat Rechnung. Ein Probearbeitsverhältnis kann grundsätzlich bereits vor seiner Effektuierung (durch Antritt) durch einseitige Erklärung eines Vertragspartners ohne weitere Rechtsfolgen aufgelöst werden (RIS‑Justiz RS0028461).

3. Demgemäß gehen die herrschende Lehre und die Rechtsprechung, etwa 8 ObA 3/11s, davon aus, dass es den Parteien selbst dann, wenn zwischen ihnen vorher bereits ein Dienstverhältnis bestanden hat, grundsätzlich freisteht, zu Beginn des Dienstverhältnisses eine Probezeit zu vereinbaren, sofern nicht unter den gegebenen Umständen eine Umgehung arbeitsrechtlicher Schutzvorschriften zu befürchten ist. Ist daher etwa der Gegenstand der Probedienstleistung ein anderer als die frühere Tätigkeit des Arbeitnehmers, so ist auch im Anschluss an ein früheres Dienstverhältnis in einem neuen Dienstverhältnis die Vereinbarung einer Probezeit zulässig (RIS‑Justiz RS0028216; 9 ObA 68/12h; 8 ObA 3/11s mwN). Maßgeblich ist somit, ob es durch die Vereinbarung der Probezeit zur Umgehung arbeitsrechtlicher Schutzvorschriften kommt.

4. Das ist hier nicht ersichtlich: Die Klägerin sollte ab 1. 7. 2017 hauptberuflich als Professorin für die Beklagte tätig sein. Bereits ab April 2017 betreute sie Masterarbeiten auf Basis einer gesonderten Vereinbarung als nebenberufliche Tätigkeit. Die Rechtsmeinung der Vorinstanzen, dass auf Basis der beiden Verträge, auch wenn sie zeitlich unmittelbar aufeinander folgen sollten, von der Klägerin inhaltlich unterschiedliche Tätigkeiten erbracht werden sollten, weshalb die Vereinbarung einer Probezeit von einem Monat im Rahmen des später beginnenden Vertrags zulässig war, ist jedenfalls vertretbar. Es mag sein, dass die Beklagte sich bereits während des Auswahlverfahrens und des ersten Dienstverhältnisses ein Urteil über gewisse Aspekte der Persönlichkeit und Arbeit der Klägerin bilden konnte, daraus lässt sich jedoch nicht ableiten, dass sie kein sachlich gerechtfertigtes Interesse daran hatte, sich ein abschließendes Urteil erst in Zusammenhang mit der Arbeitsleistung, für die die Arbeitnehmerin nach dem späteren Vertrag aufgenommen worden war, zu bilden.

Soweit in der Revision umfangreiche Ausführungen zu Leistungen der Klägerin im Rahmen des ersten Dienstverhältnisses enthalten sind, entfernt sie sich vom festgestellten Sachverhalt und ist schon deshalb nicht weiter darauf einzugehen.

5. Die außerordentliche Revision ist daher mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen. Einer weiteren Begründung bedarf diese Entscheidung nicht.

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