European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:008OBA00030.17W.1025.000
Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO iVm § 2 Abs 1 ASGG).
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
Das Berufungsgericht hat seinen Ausspruch über die Unzulässigkeit der ordentlichen Revision zutreffend damit begründet, dass für die Beurteilung, ob dem Kläger im Anlassfall eine grobe Verletzung von Dienstpflichten nach § 42 Abs 2 Z 1 Wiener VBO vorzuwerfen war, die Umstände des Einzelfalls maßgebend sind. Mangels einer über den Anlass hinausreichenden Aussagekraft von Einzelfallentscheidungen steht die Revision zu ihrer Überprüfung nach § 502 Abs 1 ZPO nicht offen, es sei denn, dem Berufungsgericht wäre bei seiner Entscheidung eine krasse Fehlbeurteilung unterlaufen, die ausnahmsweise zur Wahrung der Rechtssicherheit eine Korrektur bedürfte (RIS‑Justiz RS0105940 [T8]).
Dies ist hier nicht der Fall. Während im Falle der Entlassung ein Sachverhalt verwirklicht sein muss, der seinem Gewichte nach die Weiterbeschäftigung des Vertragsbediensteten schlechthin unzumutbar erscheinen lässt, ist dies bei der Kündigung zwar nicht erforderlich, das inkriminierte Verhalten des Dienstnehmers muss jedoch „gröblich“ die Dienstpflichten verletzt haben und somit über bloß geringfügige Ordnungswidrigkeiten hinausgehen.
Die Revisionswerberin führt grundsätzlich richtig ins Treffen, dass auch frühere Pflichtverletzungen, die der Dienstgeber seinerzeit noch nicht zum Anlass für eine Beendigung genommen hat bzw für die der Arbeitnehmer lediglich verwarnt wurde, bei Wiederholung des Verhaltens im Rahmen einer Würdigung des Gesamtverhaltens noch nachträglich Berücksichtigung finden können (RIS‑Justiz RS0110657). Immer muss aber der eigentliche Anlassfall für die Beendigung eine gewisse Mindestintensität aufweisen, und zwar nicht nur wenn eine Entlassung ausgesprochen werden soll, sondern auch dann, wenn eine Kündigung an eine gröbliche Verletzung von Dienstpflichten geknüpft ist (RIS‑Justiz RS0029600 [T2]; RS0029095 [T5] = 9 ObA 41/02y; RS0110657; 8 ObA 65/15s). Die Vorinstanzen haben sich an dieser Rechtsprechung orientiert. Die von der Revisionswerberin in diesem Zusammenhang befürchtete Ungleichbehandlung von Vertragsbediensteten und privatrechtlich beschäftigten Arbeitnehmern entbehrt einer Grundlage.
Die Kündigung des als Linienbusfahrer eingesetzten Klägers wurde wegen Zuspätkommens zum Dienst ausgesprochen. Es steht zwar fest, dass er bereits in der ferneren Vergangenheit wiederholt wegen Verschlafens den Dienst verspätet angetreten hatte, der letzte dazu einschlägige Vorfall lag aber bereits rund zwei Jahre zurück. Hinzu kommt, dass der Anlassfall durch einen Stromausfall im Haushalt des Klägers ausgelöst worden war, der zum Versagen seines Weckers geführt hatte. Zweifellos wäre es dem Kläger bei besonderer Sorgfalt möglich gewesen, auch gegen eine solche seltene Panne Vorsorge zu treffen, dennoch ist die Beurteilung der Vorinstanzen, dass dieser Anlassfall noch keine „gröbliche“ Verletzung von Dienstvorschriften im Sinne des § 42 Abs 2 Z 1 Wiener VBO begründete, im Einzelfall nicht unvertretbar.
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