Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die Klägerin ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 3.655,68 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 609,28 USt) binnen 14 Tagen zu bezahlen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin war bei der beklagten Stadtgemeinde vom 1.2.1985 bis 31.8.1994 beschäftigt. Sie erhielt die vollen Bezüge bis 25.2.1993 ausbezahlt, vom 26.2.1993 bis 27.5.1993 49 % derselben samt anteiligen Sonderzahlungen und ab 28.5.1993 wegen Krankenstandes nach Ausschöpfung des Entgeltfortzahlungsanspruches keine Bezüge.
Die Klägerin begehrt den der Höhe außer Streit stehenden Betrag mit dem Vorbringen, ihr gebührten für das vierte Kalendervierteljahr 1993 und für das erste Kalendervierteljahr 1994 die unverminderten Sonderzahlungen.
Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens; der Klägerin gebührten nach Ende des Entgeltfortzahlungszeitraumes keine (auch anteiligen) Sonderzahlungen.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt, weil nach dem anzuwendenden nö Gemeindevertragsbedienstetengesetz im Falle der Verringerung der Monatsbezüge bzw des Entfalles derselben infolge von Krankheit die (vollen) Sonderzahlungen (§ 7 Abs 3 nöGVBG) gebührten.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der beklagten Partei Folge und wies das Klagebegehren ab. Für die Zeiten ohne Entgeltansprüche gebührten nach seiner Rechtsansicht auch keine (anteiligen) Sonderzahlungen; § 7 Abs 3 nöGVBG enthalte keine Anordnung der Auszahlung von Sonderzahlungen auch für Zeiten ohne Entgeltanspruch. Lediglich im Falle der Minderung des Entgeltanspruches infolge Krankheit bestehe noch ein Anspruch auf (unverminderte) Sonderzahlung. Die Revision sei zulässig, weil zum Anspruch auf Sonderzahlungen bei Entfall des Entgeltanspruches infolge Krankheit eine höchstgerichtliche Rechtsprechung fehle.
Gegen das berufungsgerichtliche Urteil richtet sich die Revision der Klägerin aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, es abzuändern und das klagsstattgebende erstinstanzliche Urteil wieder herzustellen. Sie bringt vor:
Aus der Bestimmung des § 7 Abs 3 nöGVBG ergebe sich, daß ein Vertragsbediensteter jedenfalls Anspruch auf ungeschmälerte Sonderzahlungen habe, und zwar sowohl im Falle des wegen Krankheit auf 49 vH verminderten Monatsbezuges, als auch im Falle des gänzlichen Entfalls gemäß § 26 nöGVBG. Durch diese Sonderregelung werde der Anspruch auf Sonderzahlung im Krankheitsfall gänzlich vom sonstigen Entgelt getrennt ("abgekoppelt"). Der vollständige Entfall des Monatsbezuges sei in Wahrheit lediglich ein Unterfall des Tatbestandes "nicht ununterbrochen im Genuß des vollen Monatsbezuges".
Die beklagte Partei beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.
Die Revision ist zulässig, weil die Anspruchsvoraussetzung für Sonderzahlungen im Falle von langdauernder Krankheit des Arbeitnehmers und dem Ende des Entgeltfortzahlungsanspruches von erheblicher Bedeutung ist und überdies die konkrete Regelung des nöGVBG notorisch für eine Vielzahl von Arbeitnehmern anzuwenden ist.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist aber nicht begründet.
Sonderzahlungen sind eine Form aperiodischen Entgelts, dh mit abweichenden Fälligkeitsterminen (vgl § 15 und § 16 AngG), das für Zeiten, in denen kein Entgeltanspruch - dem Arbeitgeber gegenüber (anders als gegenüber dem Träger der Krankenversicherung gemäß den §§ 138 ff ASGG) - besteht, etwa nach Ausschöpfung des Entgeltfortzahlungsanspruches im Falle der Krankheit gemäß § 8 Abs 1 AngG (§ 2 Abs EFZG und der insoweit vergleichbaren Regelung des § 26 nöGVBG), regelmäßig nicht gebührt (9 Ob A 38/94 = DRdA 1995/31, 336), soferne nicht ein Kollektivvertrag (vgl WBl 1993, 403) oder eine andere, auf das jeweilige Arbeitsverhältnis einwirkende Norm, Gegenteiliges anordnet (8 Ob A 264 bis 266/94).
Der möglicherweise früher motivierende Zusammenhang zwischen Urlaub und Weihnachten und den Sonderzahlungen ist weitestgehend weggefallen, wie sich aus der Fälligkeit des Urlaubszuschusses auch in den Fällen, in denen der Arbeitnehmer keinen Urlaub verbraucht bzw ihn erst nach Fälligkeit, etwa im Spätherbst, antritt, ergibt. Die ursprünglich zweckorientierten Sonderzahlungen sind nichts anderes als besonderer Teil des Entgelts als Gegenleistung für die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers (Trost, Anspruch auf Sonderzahlungen in entgeltfreien Zeiten, DRdA 1995, 116). Die Trennung von einem bestimmten Motiv oder Anlaß für die Gewährung von Sonderzahlungen wird insbesondere im öffentlichen Dienst deutlich, bei dem für jedes Kalendervierteljahr eine Sonderzahlung in der Höhe von 50 vH des Monatsbezuges (§ 3 Abs 3 GehaltsG; § 8a Abs 2 VBG; § 28 PensionsG) gebührt. Auch im Sozialversicherungsrecht ist diese Verknüpfung weitestgehend beseitigt (vgl § 105 ASVG). Damit wird der Sinn von Sonderzahlungen auf die Schaffung der Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Lohnsteuerbegünstigung gemäß § 67 Abs 1 EStG reduziert, sodaß für leitende Angestellte dementsprechend der Grundsatz der steueroptimalen Aufteilung des Jahresbezuges vertreten wird (Runggaldier-Schima, Die Rechtsstellung von Führungskräften, 133). Bei dieser Gleichartigkeit der Sonderzahlungen zum übrigen Entgelt des Arbeitnehmers, abgesehen von der Fälligkeit, gehören auch die Sonderzahlungen zum "laufenden Entgelt" im Sinne des § 61 Abs 1 Z 1 und 2 ASGG (vgl Kuderna, ASGG 329) und sind auch ganz selbstverständlich in die Berechnungsgrundlage von Abfertigungen, Urlaubsentschädigungen ua einzubeziehen.
Es bedarf keiner weiteren Rechtfertigung dafür, daß bei Enden (oder auch langdauerndem Ruhen) des Entgeltanspruches auch der Anspruch auf Sonderzahlungen endet bzw in der Übergangsperiode aliquotiert wird (§ 16 AngG; § 3 Abs 3 GehaltsG; § 28 PensionsG; § 8a Abs 2 VBG), während umgekehrt es eines besonderen Rechtsgrundes bedürfte, daß ein (anteiliger) Sonderzahlungsanspruch bestehen sollte, wenn der sonstige Entgeltanspruch nicht mehr besteht (vgl WBl 1993, 403).
Der Zweck von Sonderzahlungen (Gaul, Betriebsberater 1994, 494 und 565) kann sowohl in arbeitsleistungsbezogenen Zuwendungen (497), als auch in der Vergütung der Betriebszugehörigkeit (498) bestehen, wobei von dem allgemeinen Grundsatz auszugehen ist, daß die Bezeichnung einer Leistung nicht bereits ihre Rechtsnatur charakterisiert (494).
Dem entspricht die vom Obersten Gerichtshof ständig gebrauchte
Umschreibung des (weiten) Entgeltbegriffes (SZ 50/46 = JBl 1979, 215
= Arb 9573; vorher schon Arb 9430 = ZAS 1977/19, 140), wonach es
nicht auf die Bezeichnung, sondern nur auf die tatsächliche Funktion der Leistung ankomme.
Der Zweck eines 13. (und 14.) Monatseinkommens wird überwiegend darin gesehen, allein in der Vergangenheit erbrachte Leistungen des Arbeitnehmers zusätzlich zu vergüten (Gaul, aaO, 495; Schaub, Arbeitsrechtshandbuch7, 490). Indizien für eine arbeitsleistungsbezogene Zuwendung sind unter anderem deren Aliquotierung nach Maßgabe des Entgeltanspruches sowie deren zeitanteilige Minderung bei einem Ruhen des Arbeitsverhältnisses (Gaul aaO 497); demgegenüber sind die Vergütungen der Betriebszugehörigkeit, die nur an die Betriebszugehörigkeit während des in der Vergangenheit liegenden Bezugsraumes anknüpft, werden weniger häufig und kommen in Österreich in Form von Gewährungen von Zuwendungen aus besonderen betrieblichen Anlässen (§ 97 Abs 1 Z 15 ArbVB) oder Jubiläumsgeldern (vgl zB Jubiläumszuwendung gemäß § 20 c GehaltsG bzw § 22 VBG) vor. Es soll der Zirkelschluß bzw die petitio principii vermieden werden, von der Aliquotierungsmöglichkeit auf das Vorliegen einer arbeitsleistungsbezogenen Zuwendung zu schließen, wodurch dann die Aliquotierung gerechtfertigt werden kann. Arbeitsleistungsbezogene Sonderzahlungen sind in das synallagmatische Verhältnis von Leistung und Gegenleistung eingebaut (Gaul aaO 565), woraus sich die Kürzungsmöglichkeit zeitanteilig nach der Dauer des sonstigen Entgeltanspruches ergibt (574). In diesem Sinne wird ein "ungeschriebenes Kürzungsrecht" für Sonderzahlungen mit reinem Entgeltcharakter vertreten (Schiefer, Die schwierige Handhabung der Jahressonderzahlungen, NZA 1993, 1015, insb 1018).
Soferne nicht ein außerhalb des Austauschverhältnisses von Entgelt und Arbeitsbereitschaft stehender Rechtsgrund ("Stichtagsregelungen" oder "Betriebsbindungsklauseln" ua, vgl Runggaldier, Grenzen der Kollektivvertragsautonomie bei Regelung des Entgelts, 34 und 132), der etwa auch in dem besonderen arbeitsrechtlichen Schutzprinzip, in der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers und anderem bestehen kann, nachgewiesen wird, ist vom reinen Entgeltcharakter der nur oder auch überwiegend arbeitsleistungsbezogenen Sonderzahlungen auszugehen. Wenn sogar bei besonders schutzwürdigen Arbeitnehmergruppen eine anteilige Kürzung nach Maßgabe des gegenüber dem Arbeitgeber bestimmten Entgeltanspruches eintritt (vgl § 14 Abs 4 MSchG; § 10 APSG), so ist grundsätzlich von der Aliquotierung von Sonderzahlungen auch im Falle entgeltfreier Perioden auszugehen (aM Trost, Kürzung von Urlaub und Sonderzahlungen bei entgeltfreien Dienstzeiten, DRdA 1995, 336; 342). Dabei handelt es sich nicht nur um ein obiter dictum (Trost aaO, 342), sondern um eine aus dem grundsätzlichen Austauschverhältnis ergebende Rechtsfolge. Folgerichtig wird daher gemäß § 125 Abs 3 ASVG die Bemessungsgrundlage für die Barleistungen aus dem Versicherungsfall der Arbeitsunfähigkeit unter Berücksichtigung der Sonderzahlungen nach § 49 Abs 2 ASVG durch einen allgemein festzusetzenden Hundertsatz ua erhöht (aM RdW 1990, 55). Ein Grund für einen erhöhten Bezug von Sonderzahlungen im Falle der unterlassenen Aliquotierung nach Ausschöpfung des Entgeltfortzahlungsanspruches gegenüber dem Arbeitgeber und des Bezuges von Barleistungen aus der Krankenversicherung (Krankengeld) ist nicht ersichtlich, womit es (teilweise, dh bis zum Betrag der Höchstbeitragsgrundlage) zu Doppelzahlungen käme.
Gemäß § 7 Abs 3 nöGVBG hat eine zeitanteilige Kürzung der Sonderzahlungen zu erfolgen, "es sei denn, daß die Minderung des Monatsbezuges auf Krankheit zurückzuführen ist (§ 26)". Durch die Ausnahme von der Aliquotierungsregelung (es denn .....) wird das Synallagma, das eine grundsätzliche Aliquotierung zur Folge hätte, zugunsten des Arbeitnehmers in den Fällen durchbrochen, in denen dieser einen geminderten Entgeltanspruch hat (§ 26 Abs 1 und 3 nöGVBG im Ausmaß von 42, 91 oder 182 Kalendertagen abhängig von der Dauer des Dienstverhältnisses), in der Weise, daß sich die Minderung auf 49 vH des Monatsbezuges (vgl § 143 Abs 1 Z 3 ASVG) zunächst nicht auf die Sonderzahlungen auswirkt. Für eine weitergehende Begünstigung des Arbeitnehmers auch in dem Fall, daß der Monatsbezug vollständig entfällt, bietet das Gesetz keinen Anhaltspunkt, zumal eine Gleichsetzung der Minderung des Monatsbezuges (§ 7 Abs 3 zweiter Satz nöGVBG) mit dem Entfall des Entgeltanspruches nach Ende der Ansprüche bei Dienstverhinderung unzulässig ist. Es ist nämlich der völlige Entfall des Entgeltanspruches kein Unterfall der Minderung, wie dies die Rechtsmittelwerberin annimmt, wie sich aus den Möglichkeiten des Weiterbelassens des Entgeltanspruches (§ 26 Abs 6 nöGVBG im Falle eines nicht vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführten Unfalls) auch über das Ende des Dienstverhältnisses hinaus (§ 26 Abs 8 nöGVBG) ergibt. Damit wird dem Arbeitgeber eine Berücksichtigung sozialer Umstände im Rahmen der Fürsorgepflicht im Bereiche des (Gesamt)Entgelts eröffnet, weshalb für eine "halbherzige" Fortzahlung nur der Sonderzahlungen umsoweniger ein Bedürfnis besteht.
Dieses Ergebnis wird letztlich durch die Gleichartigkeit zur Regelung nach dem Vertragsbedienstetengesetz im Hinblick auf Art 21 Abs 4 B-VG bestätigt; zufolge des Homogenitätsprinzipes sollen die Unterschiede zwischen dem Arbeitsrecht der Gebietskörperschaften im Zweifel gering gehalten werden (vgl JBl 1994, 57).
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.
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