OGH 8ObA260/98p

OGH8ObA260/98p28.1.1999

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Langer und Dr. Rohrer sowie die fachkundigen Laienrichter Divr. Mag. Dr. Gerhard Fuchs und Ernst Boran als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei I***** Warenhandelsges. m. b. H., *****, vertreten durch Dr. Norbert Moser, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wider die beklagte Partei Wilhelm M*****, vertreten durch Dr. Walter Silbermayr, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 518.169,76 sA (Revisionsinteresse S 100.000 sA bzw. S 40.000 sA) infolge Revisionen der klagenden sowie der beklagten Partei gegen das Teilurteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 17. Dezember 1997, GZ 7 Ra 177/97x-34, mit dem das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Arbeits- und Sozialgericht vom 21. Jänner 1997, GZ 30 Cga 13/96z-26, teilweise bestätigt und teilweise aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Den Revisionen wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 2.027,52 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 337,92 USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Am 28. 5. 1993 schloß der Beklagte mit der klagenden Partei zu einem Zeitpunkt, als er noch als freier Mitarbeiter bei der klagenden Partei - einem Handelsunternehmen zum Verrieb von Büroartikeln und -maschinen - tätig war, eine Vereinbarung folgenden Inhalts:

"Betrifft: Wahrung sämtlicher betriebsinterner Belange.

Die Verkaufsunterlagen wie Kataloge, Waren- und Preisangaben sind Eigentum der Firma "I*****".

Es ist dem Mitarbeiter M***** Wilhelm ausdrücklich untersagt, Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse des Geschäftsherrn während und nach Beendigung der Zusammenarbeit sowie eine Veräußerung, Weiterleitung in irgendeiner Form und Eigennutzung der Geschäfts- und Verkaufsunterlagen einzuleiten. Dasselbe hat auch für sämtliches Daten- und Kundenmaterial Gültigkeit.

Bei Nichteinhaltung ist eine Konventionalstrafe von S 300.000 (in Worten dreihunderttausend Schilling) an die Firma "I*****" zu zahlen."

Ab 4. 10. 1993 übte der Beklagte seine Verkaufstätigkeit, ohne inhaltliche Änderung, als Angestellter aus. Er war mit einer kleinen Unterbrechung bis 31. 8. 1994 bei der klagenden Partei beschäftigt. Das Dienstverhältnis endete durch Kündigung des Beklagten. Bereits im August 1994 akquirierte der Beklagte bei den Firmen E***** und S***** Aufträge für ein eigenes Unternehmen, nämlich die Firma B***** & Partner OEG, für welches am 1. 9. 1994 der Gesellschaftsvertrag abgeschlossen und das am 14. 9. 1994 im Firmenbuch eingetragen wurde. Der Tätigkeitsbereich deckt sich sowohl räumlich als auch sachlich mit dem der klagenden Partei. Der beklagte Dienstnehmer warb der Klägerin teils bei noch aufrechtem Dienstverhältnis, teils danach Kunden ab.

Zu Beginn des Dienstverhältnisses wurden dem Beklagten verschiedene Geschäftsunterlagen wie Auftragsbücher, Verkaufsunterlagen, Offertmappen sowie Preis- und Kundenlisten, die bereits Bestellungen bei der Klägerin getätigt hatten, übergeben. Gegen Ende seines Dienstverhältnisses hat der Beklagte auch Kundenadressen mit entsprechenden Informationen (etwa über die in Verwendung stehenden Kopiergeräte) erhalten. Der Beklagte hat, wie auch andere Mitarbeiter der Klägerin, Feldarbeit unter systematischem Aufsuchen von Kunden nach Straßenzügen geleistet. Bereits im August 1994 hat er für seine eigene Firma bei vormaligen Kunden der Klägerin Aufträge akquiriert, so etwa bei der Firma E*****, wo er angegeben hat, billiger als die Klägerin anbieten zu können, da er deren Preisunterlagen kenne. Daß der Beklagte systematisch Kunden unter Ausnützung von Daten oder Kundenmaterial der Klägerin besucht hat, konnte nicht festgestellt werden.

Die Klägerin begehrt vom Beklagten die Bezahlung eines Betrages von S 300.000 sA an Konventionalstrafe sowie einen weiteren Betrag von S 218.169,96 aus dem Titel des Schadenersatzes.

Gegenstand der Revisionsentscheidung ist lediglich die geforderte Konventionalstrafe in der Höhe von S 300.000 sA (im Revisionsverfahren eingeschränkt auf S 140.000 insgesamt), weshalb sich die Ausführungen auf diese Forderung beschränken.

Die Klägerin stützt ihre Klagsforderung einerseits auf die Vereinbarung vom 28. 5. 1993, andererseits habe der Beklagte gegen § 1 UWG verstoßen, da er unter Verwendung von Verkaufsunterlagen und in Kenntnis noch bestehender Abrufaufträge planmäßig Kunden abgeworben habe, dies teilweise noch bei aufrechtem Dienstverhältnis. So habe er im Juli 1994 der Firma V***** nicht ein Angebot der klagenden Partei, sondern eines seiner eigenen im Gründungsstadium befindlichen Firma zugeschickt. Weiters habe er im August 1994 der Firma S***** wahrheitswidrig erklärt, die klagende Partei hätte keine Bonrollen lagernd und eine Bestellung für seine eigene Firma aufgenommen. Nach Auflösung des Dienstverhältnisses habe er verschiedene Firmen im Glauben gelassen, er komme von der klagenden Partei, jedoch für seine eigene Firma Aufträge angenommen bzw. anzunehmen versucht. Durch das Vorgehen des Beklagten sei der Klägerin ein Schaden von zumindest S 300.000 entstanden, dies durch Beschwerden, Stornierungen, Retoursendungen, Lagerkosten, Bankzinsen, Bearbeitungs- und Versandkosten. Weiters habe man die Kunden S*****, C*****, N***** und S***** verloren, die Firma R***** habe ihre Verkaufskonditionen zum Nachteil der Klägerin geändert.

Der Beklagte bestritt, beantragte Klageabweisung und wendete ein, daß die Vereinbarung vom 28. 5. 1993 nur für die Zeit gelten sollte, als der Beklagte als freier Mitarbeiter bei der Klägerin beschäftigt sei. Die Firma S***** sei lediglich über seine eigene bevorstehende Firmengründung informiert worden. Der Beklagte habe niemals Kunden im Glauben gelassen, er komme von der Klägerin. Er habe auch sonst nicht gegen die Vereinbarung vom 28. 5. 1993 verstoßen, da diese kein Verbot beinhalte, im Geschäftszweig der Klägerin zu arbeiten. Die Klägerin habe über kein eigenes Daten- und Kundenmaterial verfügt, alle dem Beklagten bekannt erworbenen Kundenadressen habe dieser selbst akquiriert. Außer Streit gestellt wird lediglich das Vorbringen bezüglich der Firma V*****. Die Konventionalstrafe sei von sittenwidriger Höhe und stehe in keinem Verhältnis zum Monatseinkommen des Beklagten.

Das Erstgericht sprach an Konventionalstrafe den Betrag von S 40.000 samt 4 % Zinsen ab 1. 1. 1996 und wies das Mehrbegehren in der Höhe von S 260.000 samt 10 % Zinsen seit 1. 1. 1996 ab.

Rechtlich folgerte das Erstgericht, daß lediglich im Hinweis des Beklagten an die Firma E***** er könne die Klägerin unterbieten, weil er deren Preis kenne, ein Verstoß gegen die Vereinbarung vom 28. 5. 1993 liege. Davon, daß ein Schaden von S 300.000 durch einen derartigen Verstoß erwiesen sei, könne nicht ausgegangen werden. Der durch das beiderseitige Parteienvorbringen abgesteckte Einkommensrahmen des Beklagten rechtfertige eine Mäßigung der Konventionalstrafe auf S 40.000.

Das Berufungsgericht bestätigte bezüglich der Konventionalstrafe das Urteil des Erstgerichtes, übernahm die Feststellungen und folgerte rechtlich, daß sich aus der Textierung der Vereinbarung vom 28. 5. 1993, wonach auf die Zeit vor und während (richtig während und nach) der Beendigung der Zusammenarbeit abgestellt werde, bereits ergebe, daß sie sich nicht bloß für die Zeit der selbständigen Tätigkeit des Beklagten, sondern auch für das spätere Angestelltenverhältnis gelten sollte. Nur diese Vereinbarung könne Anlaß und Maßstab für Entstehen und Höhe eines Konventionalstrafenanspruches sein. Der Vertrag spreche von einer verbotenen Verwendung von "Unterlagen" und "Material" sowie von "Geschäfts- oder Betriebsgeheimnissen". Unter solchen Geheimnissen könnten nur Informationen verstanden werden, die dem Arbeitnehmer ausdrücklich als Betriebsgeheimnis erklärt worden seien. "Unterlagen" und "Material" seien im Zweifel nicht alle erdenklichen Informationen, die der Arbeitnehmer im Betrieb gesammelt hat, nicht einmal selbst angelegte Kundenlisten.

Daraus ergebe sich eine Beschränkung des Vertrages auf den Schutz von Material und Unterlagen, die vom Arbeitgeber dem Arbeitnehmer übergeben worden sind. Der Schutz von "Geheimnissen" sei mangels geeigneten grammatikalischen Prädikates sowie einer Definition, was im einzelnen "Geheimnis" sein sollte, inhaltsleer und mißlungen.

Konventionalstrafenauslösend seien somit lediglich Tatbestände, die mit einem Mißbrauch von schriftlichen, dem Beklagten übergebenen Unterlagen einhergehen. Es blieb somit nur zwei Verstöße, nämlich gegenüber der Firma E***** und der Firma V*****; ersteres sei festgestellt, letzteres unstrittig.

Zur Schadenshöhe sei kein hinreichend konkretes Vorbringen erstattet worden. Weder aus dem Vorbringen noch aus den Feststellungen ergäben sich konkrete Anhaltspunkte dafür, daß der Schaden höher gewesen sein könnte als S 40.000. Es sei zwar richtig, daß der wirkliche Schaden für die Mäßigung der Konventionalstrafe eine absolute Untergrenze bilde, doch sei der Anspruch auf Konventionalstrafe vom Schadensnachweis grundsätzlich unabhängig, es genüge vielmehr die Möglichkeit des Schadenseintrittes. Das Mäßigungsrecht erfolge unter Berücksichtigung der Verhältnismäßigkeit der Vertragsstrafe, der Vermögenslage, des Verschuldengrades, usw., also unter Abwägung der gegenseitigen Interessen. Der Arbeitnehmer werde im Hinblick auf die Unzumutbarkeit des Negativbeweises von der Beweispflicht des tatsächlichen Schadens entbunden.

Bei Berücksichtigung der Nettoeinkünfte des Beklagten und der geringen Anzahl der Verstöße gegen die Vereinbarung vom 28. 5. 1993, könne der vom Erstgericht zum Ersatz auferlegte Betrag von S 40.000 nicht als unangemessen bezeichnet werden.

Die ordentliche Revision sei zulässig, da der Frage, inwieweit sich wettbewerbswidriges Verhalten eines Dienstnehmers während aufrechtem und nach Beendigung eines Dienstverhältnisses ohne Vorliegen eines Konkurrenzverbotes auf eine Konventionalstrafenvereinbarung auswirke, erhebliche Bedeutung im Sinne von § 46 ASGG zukomme.

Gegen dieses Urteil richten sich die Revisionen der klagenden und beklagten Partei aus dem Grund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung.

Die Klägerin beantragt, das angefochtene Teilurteil dahingehend abzuändern, daß ihr ein weiterer Betrag von S 100.000 samt 4 % Zinsen seit 1. 1. 1996 zuerkannt werde; in eventu wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Beklagte begehrt die Abänderung im Sinne der Abweisung des gesamten Klagebegehrens, in eventu wird ebenfalls ein Aufhebungsantrag gestellt.

Sowohl Klägerin als auch Beklagter erstatteten fristgerecht Revisionsbeantwortungen jeweils mit dem Antrag, der Revision des Prozeßgegners keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revisionen sind zwar als gerade noch zulässig anzusehen, da es zu der vom Berufungsgericht aufgezeigten Frage keine ausreichende oberstgerichtliche Judikatur gibt, jedoch nicht berechtigt.

Zur Revision der Klägerin:

Zusammenfassend führt sie aus, daß entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes Anlaß und Maßstab für Entstehen des Konventionalstrafenanspruches nicht nur die Vereinbarung vom 28. 5. 1993 sein könne; sie habe ihre Ersatzansprüche auch auf den Verstoß gegen die guten Sitten im Sinne des § 1 UWG gestützt. So lägen besondere Umstände, die über eine reine Vertragsverletzung hinausgingen beispielsweise dann vor, wenn der Arbeitnehmer mit den Geschäftsunterlagen seines Arbeitgebers weiterarbeiten würde, um ihn mit diesem Material Konkurrenz zu machen. Sie seien aber auch dann zu bejahen, wenn ein Dienstnehmer noch während des aufrechten Dienstverhältnisses von ihm für den Dienstgeber betreute Kunden im eigenen Interesse abwerbe, nur um seine Tätigkeit als selbständiger Unternehmer oder Gesellschafter einer von ihm geplanten Gesellschaft vorzubereiten; liegt doch darin ein besonderer Vertrauensbruch des Dienstnehmers. Gerade ein solches Verhalten habe der Beklagte aber an den Tag gelegt.

Aufgrund unrichtiger rechtlicher Beurteilung des Erstgerichtes, welche vom Berufungsgericht übernommen worden sei, habe das Erstgericht in diesem Zusammenhang weitere Vorfälle, bei denen der Beklagte unter sittenwidriger Irreführung die jeweiligen Kundenaufträge erschlichen habe, nicht festgestellt. Dies sei umso gravierender, als der Beklagte gewußt habe, daß mit diesen Kunden noch offene Abrufaufträge der klagenden Partei bestanden haben.

Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes sei auch ein detailliertes Vorbringen zur Schadenshöhe erstattet worden. Im übrigen treffe den Beklagten die Beweislast dafür, daß der erwachsene Schaden geringer als der Vergütungsbetrag sei. Einen solchen Beweis habe der Beklagte aber nicht angetreten. Bei der Mäßigung der Konventionalstrafe sei weder auf die Art und das Ausmaß des Verschuldens an der Vertragsverletzung noch auf das Schadensausmaß Bedacht genommen worden.

Dem ist zu entgegnen, daß konventionalstrafenauslösend nur Tatbestände sein können, die gegen die Vereinbarung vom 28. 5. 1993 verstoßen. Wie sowohl das Erst- als auch das Berufungsgericht zu Recht festgestellt haben, war zwischen den Parteien keine Konkurrenzklausel (§§ 36 ff AngG, dazu ausführlich 8 ObA 225/95, DRdA 1996/14 mwN), sondern nur ein durch die Konventionalstrafe gesichertes Verbot der Verwendung der dem Beklagten übergebenen Unterlagen der Klägerin insbesondere zur Eigennutzung, vereinbart. Der Beklagte sollte also für die Zeit nach Beendigung des Dienstverhältnisses in seiner Erwerbstätigkeit nicht grundsätzlich beschränkt werden, sondern durfte nur geringe Teilaspekte einer Konkurrenztätigkeit, nämlich solche, wozu er die ihm überlassenen Unterlagen der Klägerin hätte verwenden müssen, nicht ausüben. Laut Feststellungen des Erstgerichts konnte dem Beklagten nur ein dem Verbot widersprechendes Verhalten, und zwar im Fall E***** nachgewiesen werden. Aus der Konventionalstrafen- vereinbarung ergibt sich nicht, daß es dem Beklagten auch verboten gewesen wäre, bei den Kunden der Klägerin Aufträge für seine eigene Firma zu aquirieren, und zwar auch dann nicht, wenn dies der Beklagte noch während des aufrechten Dienstverhältnisses tat. Daher mag das nicht bestrittene Vorgehen im Fall V***** zwar unzulässig sein; es widerspricht dem Konkurrenzverbot des § 7 AngG, ist aber - entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts - nicht durch die Konventionalstrafenvereinbarung abgesichert.

Der Zweck der Vertragsstrafe liegt in der Pauschalierung des wegen Nicht- oder Schlechterfüllung eines Vertrages künftig eintretenden Schadens (Reischauer in Rummel ABGB II2 RZ 1-3 zu § 1336 mwN). Neben der Schadenpauschalierung soll die Konventionalstrafe auch in mehr oder weniger deutlicher Ausprägung der Verstärkung der Verpflichtung dienen. Auslösendes Moment für die Verpflichtung zur Leistung der Vertragsstrafe - da es sich um "eine Art Schadenersatz" handelt - ist immer ein verschuldetes Nicht- oder Schlechterfüllen eines konkreten Vertrages.

Demgegenüber stellt das UWG im Verhältnis zur Konventionalstrafe eine eigene gesetzliche Anspruchsgrundlage dar. Die Konventionalstrafenvereinbarung erfaßt schon nach ihrem Wortlaut nur den sich aus dem Vertragsbruch ergebenden Erfüllungs- und Schadenersatzanspruch des Dienstgebers gegen den Dienstnehmer, nicht jedoch auch Ansprüche, die dem Dienstgeber aufgrund anderer - gesetzlicher - Anspruchsgrundlagen zustehen (4 Ob 2358/96, ÖBl 1998, 22). Vor allem Kuderna hat dies (in: Wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche gegen durch Konkurrenzklausel gebundene Arbeitnehmer, in FS-Weißenberg [1980] 287 ff, insb 295 f) deutlich herausgearbeitet. Demnach bestehen neben Ansprüchen aus einer allfälligen gewöhnlichen Konkurrenzklausel oder einer Geheimhaltungsverpflichtung - zusätzlich und unabhängig davon - Strafnormen, Schadenersatz- und Unterlassungsansprüche wegen sittenwidrigem Wettbewerb gemäß dem UWG. Es ist somit zwischen dem bloß allenfalls durch eine Konkurrenzklausel oder sonstigen vertraglich untersagtem Wettbewerbsverhalten und wettbewerbswidrigen Handlungen iSd UWG zu unterscheiden.

Diese Unterscheidung ist auch in den Fällen einer Konventionalstrafenvereinbarung zu beachten. Wenn daher die Vertragspartner für den Fall der Verletzung einer bestimmten Verpflichtung eine Konventionalstrafe vereinbart haben, besteht der Anspruch in Ansehung des durch die reine Vertragsverletzung dem ehemaligen Arbeitgeber entstandenen Schadens. Daneben besteht ein Schadenersatzanspruch des Arbeitgebers nach dem UWG hinsichtlich des durch das sittenwidrige Handeln des Arbeitnehmers, das über die reine Vertragsverletzung hinausreicht, entstandenen zusätzlichen Schaden nach den Bestimmungen des UWG (Kuderna aaO 295). Es kann dahinstehen, ob das von der Klägerin darüberhinaus inkriminierte Verhalten des Beklagten dem UWG widerspricht, weil es jedenfalls nicht der hier allein zur Diskussion stehenden Vertragsstrafe unterliegt, sodaß auch die schwierige Frage der Einordnung derjenigen wettbewerbswidrigen Handlungen, die mit der Vertragsverletzung zu einem einheitlichen, qualifizierten Verhalten verschmelzen und der Vertragsverletzung das Stigma der Sittenwidrigkeit aufdrücken (Kuderna aaO), nicht näher untersucht werden muß. Das Auffinden und Aufsuchen potentieller Kunden - ausgenommen es erfolgt systematisch nach einer bestehenden Kundenliste, was einen sittenwidrigen Verstoß nach § 1 UWG darstellen würde (Kuderna aaO 296 mwN), was aber im konkreten Fall aber ausdrücklich als nicht feststellbar festgestellt wurde - ist etwas, das jeder, der in dieser Branche tätig sein will, tun muß und wurde zu Recht nicht als Verstoß gegen die durch die Konventionalstrafe gesicherte Vereinbarung gewertet.

Mit ihrer Ansicht, daß dem Beklagten die Beweislast dafür, daß der erwachsene Schaden geringer als der Vergütungsbetrag sei, treffe, übersieht sie die bereits vom Berufungsgericht angeführte Judikatur des Obersten Gerichtshof, demnach der Arbeitnehmer im Hinblick auf die Unzumutbarkeit des Negativbeweises von der Beweispflicht der tatsächlichen Schadenshöhe entbunden wird. Wenn die Höhe des tatsächlichen Schadens nicht feststeht, dann bedeutet das nur, daß der wirkliche Schaden als Mäßigungskriterium unberücksichtigt zu bleiben hat (DRdA 1993/27 [Reissner] = SZ 65/102).

Der Revision der Klägerin kommt somit keine Berechtigung zu.

Zur Revision des Beklagten:

Zusammenfassend wendet er sich der Revisionswerber gegen die Annahme des Berufungsgericht, der festgestellte Sachverhalt stelle einen Verstoß gegen die Vereinbarung vom 28. 5. 1993 dar. Es sei nicht festgestellt worden, daß der Beklagte in beiden inkriminierten Geschäftsfällen übergebene Unterlagen der Klägerin mißbräuchlich verwendet habe. Es dürfe nicht unterstellt werden, daß vom Beklagten unter aufrechtem Dienstverhältnis ein Anbot nur unter Mißachtung von schriftlichen Unterlagen der Klägerin erstellt werden könnte. Der Beklagte sei als Filialleiter der Wiener Zweigstelle der klagenden Partei bestens mit der Preisgestaltung vertraut gewesen, er bedurfte daher keiner schriftlichen Unterlagen. Überdies sei ein allgemeiner Hinweis des Beklagten, daß er die Preisgestaltung der Klägerin kenne, noch kein Beweis dafür, daß er im konkreten Geschäftsfall den Preis auch kannte und nannte. Ein unbestimmtes Prahlen des Beklagten, die Preisgestaltung der klagenden Partei zu kennen, könne jedenfalls keine Vertragsverletzung begründen. Es sei somit nicht nachvollziehbar, daß der Beklagte mißbräuchlich Unterlagen der klagenden Partei verwendet habe.

Eine Vereinbarung, die die Erwerbstätigkeit nach Beendigung des Dienstverhältnisses beschränke, sei grundsätzlich eng auszulegen, im Zweifel müsse angenommen werden, daß sich der Angestellte eine geringere Beschränkung auferlegt habe.

Weiters sei diese Vereinbarung ohne jegliche zeitliche Befristung erfolgt und sowohl örtlich als auch inhaltlich unbeschränkt. Sie enthalte ein grobes Mißverhältnis zwischen den Interessen der Klägerin und des Beklagten, zu Lasten des Beklagten. Sie widerspreche daher § 879 ABGB.

Die Rechtsprechung habe auch die Vereinbarung einer unverhältnismäßig hohen, den tatsächlichen Schaden weit übersteigenden und damit die Existenz des Verpflichteten bedrohenden Konventionalstrafe als Verstoß gegen die guten Sitten angesehen. Berücksichtige man das monatliche Bruttofixum des Beklagten in der Höhe von S 11.195, so übersteige eine Konventionalstrafe in der Höhe von S 300.000 diese um das 27fache. Die Rechtsprechung akzeptiere jedoch nur Konventionalstrafen in der Höhe des 3-4fachen Monatsbezuges. Man habe daher von einem Betrag von ca. 45.000 brutto auszugehen, bei einer Mäßigung der Konventionalstrafe auf 1/7, wäre ein Betrag unter S 10.000 als angemessen anzusehen.

Entgegen der Ansicht des Revisionswerbers wurde ihm nachgewiesen, daß er jedenfalls im Fall E***** gegen die Vereinbarung vom 28. 5. 1993 verstoßen hat (zum Fall V***** siehe oben). Dem Beklagten war die Eigennutzung von Geschäfts- und Verkaufsunterlagen sowie des Daten- und Kundenmaterials verboten. Eine solche liegt gerade dann vor, wenn man sich bei der eigenen Preisgestaltung an der seines ehemaligen Arbeitgebers orientiert und, um dessen Kunden zu gewinnen, dessen Preise gerade etwas unterbietet. Ob man sich den Preis "gemerkt" oder nochmals in den übergebenen Unterlagen nachgesehen hat, ist unerheblich. Wesentlich ist, daß der Beklagte ein solches Anbot nur in Kenntnis der vom ehemaligen Arbeitgeber verrechneten Preise stellen konnte und daß ihm eine solche Ausnützung interner Unterlagen vertraglich verboten war.

Zur vom Revisionswerber geltend gemachten Sittenwidrigkeit ist auszuführen, daß, da es sich nicht um eine Wettbewerbsabrede im Sinn von § 36 AngG handelt, die Konventionalstrafenvereinbarung daher auch nicht der hiefür normierten zeitlichen Beschränkung unterliegt (8 ObA 225/95, DRdA 1994/14). Das gänzliche Fehlen einer zeitlichen Beschränkung ist schon deshalb nicht unangemessen und daher auch nicht sittenwidrig im Sinn von § 879 ABGB, da die durch die Konventionalstrafenvereinbarung geschützten Unterlagen, wie etwa Preis- und Kundenlisten, sowieso einer andauernden Veränderung unterliegen, somit in sich selbst befristet sind.

Auch sonst ergeben sich keine Anhaltspunkte für eine Sittenwidrigkeit, insbesondere auch was die Höhe der Konventionalstrafe betrifft. Es trifft nicht zu, daß von der Rechtsprechung lediglich Konventionalstrafen bis zu einer Höhe von 3-4 Monatsgehältern akzeptiert werden. Im übrigen wird eine dadurch hervorgerufene ungerechtfertigte Belastung des Schuldners durch entsprechende Ausübung des richterlichen Mäßigungsrechtes vermieden. Daß die Vorinstanzen bei der Ausübung dieses Mäßigungsrechts zu berücksichtigende Kriterien vernachlässigt oder unrichtig gewürdigt hätten, hat der Beklagte nicht vorgebracht.

Der Revision des Beklagten war somit ebenfalls der Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50. Die Parteien sind mit ihren Revisionen nicht durchgedrungen und haben daher die Kosten der Revisionsbeantwortung des Prozeßgegners zu ersetzen. Da es sich um unterschiedliche Revisionsstreitwerte handelt, hat im Ergebnis die klagende Partei der beklagten Partei die im Spruch angeführten Kosten zu ersetzen.

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