OGH 8ObA26/07t

OGH8ObA26/07t11.10.2007

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Langer als Vorsitzende sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling und Dr. Glawischnig und die fachkundigen Laienrichter ADir. Brigitte Augustin und Wolfgang Birbamer als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Michael A*****, vertreten durch Dr. Walter Riedl, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei L***** GmbH, *****, vertreten durch die Finanzprokuratur in Wien, wegen Feststellung des aufrechten Bestandes des Dienstverhältnisses, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 30. Jänner 2007, GZ 8 Ra 163/06a-29, mit dem das Urteil des Landesgerichts Korneuburg als Arbeits- und Sozialgericht vom 4. August 2006, in den verbundenen Rechtssachen GZ 7 Cga 45/05h und GZ 7 Cga 113/05h-22, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird teilweise Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass sie zu lauten haben:

„Es wird festgestellt, dass das Dienstverhältnis zwischen den Parteien ungeachtet der am 21. 2. zum 31. 7. 2005 ausgesprochenen Dienstgeberkündigung über den 31. 7. 2005 hinaus bis 31. 12. 2005 aufrecht bestand.

Hingegen wird das Mehrbegehren, festzustellen, dass das Dienstverhältnis zwischen den Parteien auch ungeachtet der am 26. 7. 2005 ausgesprochenen Kündigung über den 31. 12. 2005 aufrecht bestehe, abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben."

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

Text

Entscheidungsgründe:

Der 45-jährige Kläger war nach Abschluss einer landwirtschaftlichen Fachschule seit 1979 in der Bundesversuchswirtschaft Fuchsenbigl beschäftigt. Auf der Grundlage des Bundesgesetzes über die Gründung der Landwirtschaftlichen Bundesversuchswirtschaften Gesellschaft mbH (BVWG-Gesetz) wurde 1997 die beklagte Partei gegründet, die als Gesamtrechtsnachfolgerin der Bundesversuchswirtschaften Fuchsenbigl, Königshof und Wieselburg in alle bestehenden Rechte und Pflichten eintrat. Gemäß § 4 Abs 2 Z 1 BVWG-Gesetz wurden für jene Dienstnehmer, deren Dienstverhältnis durch das Vertragsbedienstetengesetz 1948 geregelt war - unter anderem für den Kläger - die Bestimmungen des Vertragsbedienstetengesetzes (gemäß § 12 leg cit in der jeweils geltenden Fassung) Inhalt des Arbeitsvertrags.

Der Kläger war in Fuchsenbigl als Büroangestellter für sämtliche Aufzeichnungen und Berechnungen landwirtschaftlicher Daten, die Fakturierung, die Führung der landwirtschaftlichen Schlagkartei, die Verwaltung der Versicherungspolizzen, die Miet- und Pachtverträge und „anderes mehr" zuständig. Außerdem beschäftigte er sich mit Fragen der Grundstücksverwaltung, des Wasserrechts für eigene Grundwasserbrunnen, der Gebietsfeststellung der Eigenjagden und hatte bis zur Privatisierung auch die Buchhaltung im Sinn einer Kammeralistik über.

Der Kläger war als Vertragsbediensteter VB 1 eingestuft und bezog bis zu seiner Kündigung ein Bruttomonatsgehalt von EUR 2.137,80 14 x jährlich.

Nicht strittig ist, dass der Kläger am 21. 2. 2005 zum 31. 7. 2005 „wegen Bedarfsmangels" gekündigt wurde.

„Vorsichtshalber" wurde eine weitere Kündigung zum 31. 12. 2005 ausgesprochen.

Der Kläger begehrt die Feststellung des aufrechten Bestandes des Dienstverhältnisses über den 31. 7. 2005 bzw über den 31. 12. 2005 hinaus. Mit dem im Kündigungsschreiben angeführten Kündigungsgrund „Bedarfsmangel" beziehe sich die beklagte Partei auf § 32 Abs 4 VBG 1948. Ein Bedarfsmangel im Sinn dieser Bestimmung liege allerdings nicht vor, die Kündigung sei daher rechtsunwirksam. Im Übrigen sei das arbeitsverfassungsrechtliche Kündigungsverfahren bereits Ende November 2004 abgeschlossen worden und erst 12 Wochen danach die Kündigung ausgesprochen worden; dies führe ebenfalls zur rechtlichen Unwirksamkeit der Kündigungserklärung.

Ergänzend brachte der Kläger vor, dass die Kündigung offenbar im unmittelbaren Zusammenhang bzw aus Anlass einer Fusionierung mit einer anderen GmbH ausgesprochen worden sei. Diese Fusionierung stelle einen Betriebsübergang im Sinn des § 3 Abs 1 AVRAG, sodass eine damit im Zusammenhang stehende Kündigung jedenfalls unzulässig sei.

Auch hinsichtlich der „Eventualkündigung" liege kein Bedarfsmangel vor.

Die beklagte Partei bestritt die Klagebegehren. Grund für die Kündigung nach § 32 Abs 4 VBG sei sowohl eine Änderung des Arbeitsumfangs als auch der Organisation des Dienstes gewesen. Ein wesentlicher Tätigkeitsbereich des Klägers sei die Durchführung der Abrechnung hinsichtlich der von der beklagten Partei an Dritte vermietete Wohnungen gewesen; diese Tätigkeit sei nunmehr aus dem Bereich der beklagten Partei ausgelagert worden, weiters sei die vom Kläger bisher durchgeführte Datenerfassungstätigkeit betreffend die Verarbeitung von Förderungsanträgen an die Agrarmarkt Austria weggefallen; diese Tätigkeit werde nunmehr zentral für die beklagte Partei an der Betriebsstelle Königshof wahrgenommen. Die verbleibenden Tätigkeiten des Klägers (Dateiführung über die Lagerbestände und Führung der Handkasse in der Betriebsstätte Fuchsenbigl sowie Kontrolle und Weiterleitung der Lieferscheine und Rechnungen) seien derart marginal, dass sie die Heranziehung eines eigenen Mitarbeiters nicht rechtfertigen könnten. Diese „Resttätigkeiten" würden nun von einer Sekretärin wahrgenommen. Eine Weiterbeschäftigung des Klägers im Versetzungsbereich seiner Personalstelle sei nicht möglich. Die beklagte Partei habe geprüft, ob sich im Bereich ihres eigenen Unternehmens eine andere Verwendungsmöglichkeit für den Kläger fände. Eine derartige Verwendungsmöglichkeit habe sich aber nicht gefunden. Die beklagte Partei habe sich auch bemüht, den Kläger außerhalb ihres eigenen Betriebs unterzubringen; der Kläger sei in diesem Zusammenhang vom Geschäftsführer der beklagten Partei mehrfach mündlich zur Bewerbung bei der M*****gesellschaft mbH aufgefordert worden, habe dieser Aufforderung aber keine Folge geleistet. Die Behauptung des Klägers, „das arbeitsverfassungsrechtliche Kündigungsverfahren" sei bereits Ende November 2004 abgeschlossen gewesen und „die erst 12 Wochen danach ausgesprochene Kündigung habe nicht ohne neuerliches Vorverfahren mängelfrei erfolgen können", sei unrichtig. Die vom Kläger angesprochene Frist resultiere aus dem Umstand, dass es der Kläger selber gewesen sei, der wiederholt auf Aufforderungen, sich zu bewerben, nicht reagiert habe und sich erst nach entsprechender schriftlicher Aufforderung zu einem Bewerbungsgespräch bereit gefunden habe bzw. zu einem anderen gar nicht erschienen sei. Das Erstgericht wies die Klagebegehren ab, wobei es zusätzlich zum eingangs wiedergegebenen unstrittigen Sachverhalt noch folgende, für das Revisionsverfahren relevante Feststellungen traf:

„Die Betriebsstätte Fuchsenbigl hatte zwischen 20 und 30 Mietwohnungen. Dafür hatte der Kläger die Abrechnungen gemacht, war auch bei Interesse von neuen Mietern mit der Besichtigung der Immobilien beschäftigt; seit dem Krankenstand des Klägers ab 20. 4. 2005 beschäftigte sich die Mitarbeiterin Frau W***** mit dieser Wohnungsverwaltung. Die Tätigkeit ist aber bereits aus dem Bereich der beklagten Partei ausgelagert und an ein Immobilienmanagement übertragen worden, dies ab 1. 1. 2006.

Ein wesentlicher Tätigkeitsbereich des Klägers ist dadurch weggefallen.

Weiters war der Kläger auch mit der Datenerfassung betreffend die Verarbeitung von Förderungsanträgen, sogenannten „KPA-Anträgen" beschäftigt. Diese Förderungsanträge werden von der beklagten Partei an die Agrarmarkt Austria gerichtet.

Hier geht es um die Flächenverwaltung.

Diese Förderungsanträge müssen einmal im Jahr, und zwar Ende Mai, abgegeben werden. Etwa 14 Tage vorher müssen die Daten vollständig erfasst werden.

Seit etwa 3 Jahren wird dies bereits zentral in der Betriebsstätte Königshof von einer gewissen Frau S***** durchgeführt. Der Kläger ist damit nicht mehr befasst.

Mit der vollständigen Datenerfassung zur Weiterleitung an Frau S***** ist vielmehr dessen Vorgesetzter, der Zeuge N*****, in Fuchsenbigl beschäftigt. Er wird dabei von der Angestellten Frau W***** unterstützt. So war der Zeuge N***** im Mai 2005 etwa 2 bis 3 Wochen intensiv nur mit diesen Vorarbeiten der Datenerfassung für die Förderungsanträge beschäftigt.

Weiters war der Kläger an der Betriebsstätte Fuchsenbigl noch mit verschiedenen Büroarbeiten wie der Karteiführung über die Lagerbestände und der Führung der Handkasse beschäftigt. Auch musste er die einlangenden Lieferscheine und Rechnungen auf ihre formelle Übereinstimmung kontrollieren und die Lieferscheine und Rechnungen dann an diejenigen Bediensteten, die die bestellten Waren übernommen hatten, weiterreichen.

In der Betriebsstätte Fuchsenbigl ist die Karteiführung über die Lagerbestände nunmehr im Verantwortungsbereich der Frau W*****, ebenso die Handkasse. Lieferscheine und Rechnungen kontrolliert der Vorgesetzte N***** selbst. Lieferscheine fallen pro Woche in unterschiedlichem Ausmaß an, zwischen 10 und 50 pro Woche. Durch das Ausscheiden des Klägers ist der Zeuge N***** zu etwa 20 bis 30 Wochenstunden mehr beschäftigt als vorher, ist aber durch die zentrale Erfassung gewisser Agenden in Wieselburg mittlerweile wieder entlastet.

Das Rechnungswesen für alle Betriebe - also Fuchsenbigl, Königshof und Wieselburg - wird zentral in Wieselburg durchgeführt. Für die Datenerfassung genügt das Anlernen einer Bürokraft. In Wieselburg arbeiten im kaufmännischen Zentrum 3 Personen. Dort wird auch der Einkauf zentral durchführt.

In Fuchsenbigl müssen nur mehr reine Datenerfassungsarbeiten gemacht werden, außerdem die laufende Post, die Eingangs- und Ausgangsrechnungen.

Bei Fuchsenbigl handelt es sich nunmehr um einen reinen Produktionsbetrieb und sind die verbleibenden administrativen Tätigkeiten so gering, dass sie nicht einmal einen Mitarbeiter auslasten.

Die Warenübernahme erfolgt durch einen Beschäftigten in Fuchsenbigl namens N*****.

Sowohl Herr N***** als auch Frau W***** haben eine Steigerung ihres Arbeitspensums hinzunehmen. Es ist intensiver zu arbeiten, das Arbeitspensum ist jedoch von den nach dem Ausscheiden des Klägers verbleibenden Arbeitskräften zu bewältigen, zumal, wie dargestellt, viele Agenden in die zentrale Verwaltung in Wieselburg bzw an Fremdfirmen ausgelagert wurden.

Rechtlich folgerte das Erstgericht, dass „ein Betriebsübergang gemäß § 3 Abs 1 AVRAG nicht feststellbar" sei, das Dienstverhältnis dem Vertragsbedienstetengesetz, nicht aber dem Landarbeitsgesetz 1984 unterliege und bereits die erste Kündigung, umso eher die zweite Kündigung des Klägers zwar „seine wesentlichen Interessen" betroffen habe, jedoch durch betriebliche Erfordernisse, die seiner Weiterbeschäftigung entgegenstanden, begründet gewesen seien. Der Kläger sei berechtigt wegen Bedarfsmangel im Sinn des § 32 Abs 4 VBG 1948 gekündigt worden; eine Weiterbeschäftigung im Versetzungsbereich der beklagten Partei sei nicht möglich gewesen.

Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil, ohne allerdings auf das Berufungsargument des Klägers einzugehen, dass mangels des erforderlichen zeitlichen Zusammenhangs zwischen Verständigung des Betriebsrats und Ausspruch der Kündigung letztere unwirksam sei. Es vertrat die Ansicht, dass § 105 ArbVG nicht anwendbar sei, da es sich bei der beklagten Partei um einen Betrieb der Land- und Forstwirtschaft im Sinn des § 33 Abs 2 Z 1 ArbVG handle. Die ordentliche Revision sei mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision des Klägers ist entgegen dem, den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichts zulässig, da von den Vorinstanzen in teilweiser Verkennung der Rechtslage für die rechtliche Beurteilung wesentliche rechtliche Aspekte nicht beachtet wurden; sie ist auch teilweise berechtigt.

Soweit der Rechtsmittelwerber die Frage der Anwendbarkeit des AVRAG als erhebliche Rechtsfrage releviert, kann ihm allerdings nicht gefolgt werden. Insbesondere fehlt (erstinstanzliches) Vorbringen aufgrund welcher konkreter Umstände ein „Betriebsübergang" anzunehmen sei. Nicht nachvollziehbar ist die Ansicht des Rechtsmittelwerbers, dass schon die Feststellungen über die „Auslagerung der Wohnungsverwaltung und Übertragung an ein Immobilienmanagement" die Kriterien eines Betriebsübergangs erfüllen würden. Der Europäische Gerichtshof hat klargestellt, dass bei Übertragung von Aufgaben an einen (neuen) Auftragnehmer zu prüfen ist, ob relevante materielle oder immaterielle Betriebsmittel übernommen werden oder ein nach Zahl und Sachkunde wesentlicher Belegschaftsteil übernommen wurde, da nur in diesen Fällen vom Betriebsübergang auszugehen sei (EUGH Rs C-13/95 Süzen, Slg 1997, I-1259 = DRdA 1997/34, 305). Diese Voraussetzungen wurden vom Rechtsmittelwerber nicht einmal behauptet. Zu Recht wendet sich der Rechtsmittelwerber allerdings gegen die Rechtsansicht der Vorinstanzen, dass - ausgehend vom festgestellten Sachverhalt - bereits die erste Kündigung des Klägers Wirksamkeit entfaltet hätte.

Der Rechtsmittelwerber behauptete bereits in erster Instanz die Verletzung des betriebsverfassungsrechtlichen Kündigungsvorverfahrens und rügte dies auch in der Berufung. Das Berufungsgericht ging aufgrund seiner nicht näher begründeten Rechtsansicht, dass die Ausnahmebestimmung des § 33 Abs 2 Z 1 ArbVG zum Tragen komme, nicht auf diese, auch in der Revision wiederholte Rüge ein. Ohne, dass es eines Eingehens auf die Frage bedarf, ob es sich beim Betrieb der Beklagten um einen landwirtschaftlichen Betrieb im Sinn des § 5 Landarbeitsgesetz (LAG) handelt, erweist sich die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichts, dass es einer Behandlung der Rüge des Klägers nicht bedürfe, weil das LAG Anwendung finde, schon deshalb als unrichtig, weil § 210 LAG Regelungen wie § 105 ArbVG enthält und ebenfalls ein „Kündigungsvorverfahren" vorsieht. Im Hinblick auf den identen Regelungszweck dieser Bestimmung kann die zu § 105 ArbVG ergangene Rechtsprechung auch für die dem Geltungsbereich des LAG unterstellten Kündigungen herangezogen werden. Zwischen der erforderlichen Verständigung des Betriebsrats durch den Betriebsinhaber einerseits und der Kündigungserklärung andererseits, muss ein sachlicher und zeitlicher Zusammenhang bestehen. Dieser ist insbesondere dann anzunehmen, wenn es sich um einen einzigen Kündigungsfall handelt und die Kündigung zum ehest zulässigen Termin (9 ObA 147/93 mwH; 9 ObA 233/01z; RIS-Justiz RS0051425) erfolgt. Schon angesichts der Regelung des § 33 VBG 1948, wonach eine Kündigung des Klägers (unter Einhaltung der 5-monatigen Frist) zu jedem Monatsletzten hätte erfolgen können, wäre der zeitliche Zusammenhang zwischen der Verständigung des Betriebsrats von der beabsichtigten Kündigung und dem Ausspruch der Kündigung erst nach einem Zeitraum von rund 12 Wochen nicht mehr gewahrt. Zwar hat das Erstgericht keine Feststellungen getroffen, zu welchem konkreten Zeitpunkt der Betriebsrat von der beabsichtigten Kündigung verständigt wurde, doch gehen die Parteien übereinstimmend davon aus, dass zwischen Verständigung des Betriebsrats und Kündigung rund 12 Wochen lagen, wenn auch die beklagte Partei behauptet, dass die Verzögerungen beim Ausspruch der Kündigung auf die mangelnde Mitwirkung des Klägers bei der Auffindung eines „Ersatzarbeitsplatzes" zurückzuführen seien.

Dieser Einwand ist allerdings unbeachtlich, obliegt es doch dem Dienstgeber, das Vorliegen geeigneter Beschäftigungsmöglichkeiten im Versetzungsbereich der Personalstelle des Dienstnehmers vor Verständigung des Betriebsrates von der beabsichtigten Kündigung zu prüfen. Es erweist sich daher das Klagebegehren hinsichtlich der „ersten" Kündigung als berechtigt.

Hinsichtlich der weiteren „per 31. 12. 2005" vorsichtshalber ausgesprochenen Kündigung ist die Einhaltung des „Kündigungsvorverfahrens" nicht strittig.

Gemäß § 32 Abs 4 VBG 1948 kann der Arbeitgeber bei einer Änderung der Organisation oder der Arbeitsbedingungen kündigen, wenn eine Weiterbeschäftigung des Vertragsbediensteten in einer seiner Einstufung entsprechenden Verwendung im Versetzungsbereich seiner Personalstelle nicht möglich ist, es sei denn, die Kündigungsfrist würde in einem Zeitpunkt enden, in dem er das 50. Lebensjahr vollendet und bereits zehn Jahre in einem Dienstverhältnis zugebracht hat. Nach ständiger Rechtsprechung zur Vorgängerbestimmung des § 32 Abs 1 lit g VBG 1948 ist Voraussetzung für die Kündigung, dass sie notwendige Folge einer solchen Organisationsänderung ist (RdW 2000, 622; 8 ObA 204/99d; 9 ObA 218/93 ua). Durch diese Kündigungsmöglichkeit soll verhindert werden, dass überflüssig gewordene Dienstnehmer weiter im Dienst belassen werden müssen (Arb 9715; RIS-Justiz RS0082463). Die Kündigung ist allerdings dann ausgeschlossen, wenn die vom betreffenden Dienstnehmer bisher ausgeübte Tätigkeit nach wie vor erforderlich ist und geleistet werden muss (RIS-Justiz RS0082443; 9 ObA 280/00d). Ist hingegen infolge der Organisationsänderung - etwa infolge der Auflassung von Abteilungen - die vom betreffenden Dienstnehmer bisher ausgeübte Tätigkeit nicht mehr erforderlich, ist der Kündigungsgrund verwirklicht (Arb 10.637). Dabei liegt die „Organisationshoheit" beim Dienstgeber. Nur dieser entscheidet, ob die der Kündigung zugrunde liegende Umgliederung, Rationalisierung oder sonstige Neuorganisation notwendig oder auch nur zweckmäßig ist (Schrank ZRS 1979, 174; Arb 9882; 9 ObA 218/93 ua).

Der Oberste Gerichtshof schließt sich der Auffassung des Berufungsgerichts an, dass die hier noch gegenständliche „Eventualkündigung" nach § 32 Abs 4 VBG wirksam erfolgte (§ 510 Abs 3 ZPO). Insbesondere ist ein wesentlicher Tätigkeitsbereich des Klägers durch Übertragung der von ihm bisher wahrgenommenen Wohnungsverwaltung an ein Immobilienmanagement im engen zeitlichen Zusammenhang mit der Kündigung weggefallen. Überdies wurden diverse Agenden in die zentrale Verwaltung in Wieselburg ausgelagert und sind die in Fuchsenbigl - das als reiner Produktionsbetrieb weiter betrieben wird - verbleibenden administrativen Tätigkeiten so gering, dass sie nicht einmal einen Mitarbeiter auslasten.

Ergänzend ist auszuführen, dass es einer näheren Auseinandersetzung mit dem allgemeinen Kündigungsschutz wegen „Sozialwidrigkeit" iSd § 105 ArbVG nicht bedarf.

Der Oberste Gerichtshof hat in seiner Entscheidung 8 ObA 204/99d dargelegt, dass es dann, wenn der Arbeitnehmer dem Kündigungsschutz des VBG 1948 unterliegt, überflüssig sei, dem Vertragsbediensteten auch noch den allgemeinen Kündigungsschutz nach § 105 ArbVG zuzubilligen. Durch die Bindung des Dienstgebers an wichtige Gründe werde eine Äquivalenz zu den sonst der Belegschaftsvertretung nach § 105 Abs 3 bis 6 ArbVG zustehenden Rechte auf Anfechtung der Kündigung eingeräumt. In der Lehre wird die Frage, ob neben dem besonderen Kündigungsschutz der allgemeine zur Anwendung kommen soll, uneinheitlich beantwortet. Ein Teil der Lehre (Grillberger in Floretta/Spielbüchler/Strasser, Arbeitsrecht I4, 391) bejaht das Nebeneinander von Kündigungsschutz nach VBG 1948 und ArbVG. Der überwiegende Teil der Lehre vertritt allerdings den Standpunkt, dass der besondere Kündigungsschutz dem allgemeinen vorgeht (Weiss in Mazal/Risak, Das Arbeitsrecht, Kap XIX, Rz 129; Schrank, Der Fortbestand des Arbeitsverhältnisses als Schutzobjekt der Rechtsordnung 208 ff und 230 f; Löschnigg, ArbR10, 511). Eine nach einzelnen Arbeitnehmergruppen differenzierende Anwendung vertreten Jabornegg/Resch/Strasser (ArbR2, Rz 840). Einer abschließenden Klärung dieser Problematik bedarf es jedoch nicht: Da die Voraussetzungen für eine Kündigung nach § 32 Abs 4 VBG 1948 vorliegen, verwirklichen diese Umstände jedenfalls die „Betriebsbedingtheit" der Kündigung im Sinn des § 105 Abs 2 lit b ArbVG.

Der Revision war daher in Ansehung der Stattgebung des Feststellungsbegehrens hinsichtlich der ursprünglichen, nicht aber der „eventualiter" ausgesprochenen Kündigung stattzugeben. Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 43, 50 ZPO.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte