Spruch:
Der Revision wird hinsichtlich der Abweisung eines Teilbetrages von S 142.810,-- brutto samt 4 % Zinsen seit 1. 8. 1994 nicht Folge gegeben und das Berufungsurteil insoweit als Teilurteil bestätigt.
Im übrigen, dh hinsichtlich eines Teilbetrages von S 71.405,-- brutto samt 4 % Zinsen seit 1. 8. 1994 und der Kostenentscheidung wird der Revision Folge gegeben und das Berufungsurteil in diesem Umfang aufgehoben.
Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens sämtlicher Instanzen bleibt der Endentscheidung vorbehalten.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger wurde am 20. 7. 1989 von der beklagten Partei als Berufsfussballer im Angestelltenverhältnis bei der Wiener Gebietskrankenkasse zur Sozialversicherung angemeldet. Das Arbeitsverhältnis des Klägers dauerte bis 30. 6. 1994 und endete durch Zeitablauf. Sein für die Abfertigungsberechnung heranzuziehendes Monatsentgelt betrug zuletzt S 71.405,-- brutto. Gemäß Punkt VII Pkt 3 des Spielervertrages sind offene Ansprüche aus dem gegenständlichen Spielervertrag - soweit dem nicht zwingende gesetzliche Bestimmungen entgegenstehen - bei sonstigem Verfall innerhalb von 6 Monaten ab Fälligkeit beim Verein schriftlich (nach Ende des Vertragsverhältnisses eingeschrieben) geltend zu machen. Bei rechtzeitiger Geltendmachung bleiben die allgemein maßgeblichen Verfalls- bzw Verjährungsfristen gewahrt. Der Spielervertrag enthält keine die Abfertigung betreffenden Bestimmungen. Gemäß Punkt VII Pkt 6 des Spielervertrages gelten, soweit keine besonderen Regelungen enthalten sind, die jeweils anzuwendenden arbeitsrechtlichen gesetzlichen Regelungen.
Mit Schreiben vom 14. 2. 1997 machte der Kläger erstmalig seinen Abfertigungsanspruch gegenüber der beklagten Partei geltend.
Der Kläger begehrte den Zuspruch einer Abfertigung im Ausmaß von drei Monatsentgelten mit dem Vorbringen, sein Arbeitsverhältnis habe fünf Jahre gedauert. Die Verfallsklausel gelte nur für Ansprüche aus dem Spielervertrag; der gegenständliche Abfertigungsanspruch werde im Vertrag nicht erwähnt und beruhe auf dem Gesetz. Weiters handle es sich beim Abfertigungsanspruch um zwingendes Recht. Eine einzelvertragliche Verkürzung der gesetzlichen Verjährungsfrist sei bei derartigen Ansprüchen unzulässig.
Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und brachte vor, der Anspruch des Klägers sei verfallen; überdies habe das Arbeitsverhältnis erst am 20. 7. 1989 begonnen und daher weniger als fünf Jahre gedauert.
Das Erstgericht sprach dem Kläger mit Teilurteil S 142,719,-- brutto samt 4 % Zinsen seit 1. 8. 1994 zu. Dabei ging es von den eingangs wiedergegebenen Feststellungen aus.
In rechtlicher Hinsicht führte es aus, die Verfallsbestimmung des Spielervertrages betreffe lediglich offene Ansprüche aus diesem Vertrag, der aber keine Abfertigungsregelung enthalte. Gemäß Punkt VII 6 des Vertrages kämen für nicht geregelte Ansprüche die jeweils anzuwendenden arbeitsrechtlichen Bestimmungen in Betracht. Für die Verjährung des nicht im Vertrag geregelten Abfertigungsanspruches gelte nach § 1486 Z 5 ABGB eine dreijährige Verjährungsfrist, innerhalb welcher die Klage eingebracht worden sei. Da die fünfjährige Dauer des Arbeitsverhältnisses noch einer abschließenden Klärung bedürfe, gebührten dem Kläger jedenfalls zwei Monatsbezüge an Abfertigung.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der beklagten Partei Folge und änderte das angefochtene Urteil dahin ab, dass es mit Endurteil das ganze Klagebegehren von S 214.215,-- brutto samt 4 % Zinsen seit 1. 8. 1994 abwies. Weiters erklärte es die Revision für zulässig.
In rechtlicher Hinsicht führte es aus, das Vertragsverhältnis zwischen den Streitteilen sei als Arbeitsverhältnis zu beurteilen. Ob der Kläger Arbeiter oder Angestellter sei, könne auf sich beruhen, weil der Abfertigungsanspruch für beide Arbeitnehmergruppen gleich geregelt sei. Nach herrschender Auffassung sei die einzelvertragliche Vereinbarung einer Präklusivfrist für Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis zulässig (Arb 10.174). Diese könne sich sowohl auf vertragliche als auch auf gesetzliche Ansprüche beziehen. Der zwingende Charakter der Abfertigung habe nicht zur Folge, dass eine einzelvertragliche Vereinbarung einer Verfallsfrist unwirksam wäre. Eine besondere Verjährungs- oder Präklusionsfrist, von der zum Nachteil des Arbeitnehmers nicht abgewichen werden dürfe, werde im Gesetz nicht festgelegt. Für die Verjährung gelte vielmehr die allgemeine Bestimmung für die Verjährung von Dienstnehmerforderungen (§ 1486 Z 5 ABGB). Diese Bestimmung sei aber insofern dispositiv, als § 1502 ABGB zwar keine vertragliche Verlängerung, wohl aber eine vertragliche Verkürzung von Verjährungsfristen zulasse, sodass eine Verfallsklausel nicht gegen zwingende gesetzliche Bestimmungen verstoße. Verfallsklauseln seien daher nach herrschender Rechtsprechung nicht schon deshalb unwirksam, weil sie unabdingbare Ansprüche beträfen. Derartige Verfallsklauseln beschränkten nicht die Ansprüche selbst, sondern nur ihre Geltendmachung. Sittenwidrig seien Verfallsklauseln nur dann, wenn sie die Geltendmachung von Ansprüchen ohne sachlichen Grund übermäßig erschwerten. Dies sei nach ständiger Rechtsprechung bei einer 6-monatigen Verfallsfrist nicht der Fall.
Die Verfallsklausel gemäß Punkt VII 3 des gegenständlichen Spielervertrages beziehe sich nach ihrem Wortlaut auf "Ansprüche aus dem gegenständlichen Spielervertrag". Bei Auslegung eines Vertrages sei zunächst vom Wortsinn in seiner gewöhnlichen Bedeutung und der dem Sinn und Zweck der Vereinbarung entsprechenden Parteiabsicht auszugehen. Punkt VII 3 enthalte eine Verfallsklausel, aus welcher sich die Absicht der Parteien, die Geltendmachung von Ansprüchen aus dem Arbeitsverhältnis zeitlich zu begrenzen, ergebe. Hätten Parteien eine Präklusivfrist für Ansprüche aus einem Arbeitsvertrag vereinbart, so sei davon auszugehen, dass damit eine Klärung aller aus dem Arbeitsverhältnis entspringenden Ansprüche bezweckt werde. Der Hinweis in Punkt VII 6. des Vertrages auf die Anwendung gesetzlicher Vorschriften auf nicht geregelte Ansprüche diene lediglich der Klarstellung und könne nicht dahingehend aufgefasst werden, dass hinsichtlich aller nicht im Vertrag ausdrücklich geregelter Ansprüche die Verjährungsregel des § 1486 Z 5 ABGB zu gelten habe.
Soweit der Kläger in seiner Berufungsbeantwortung die Auffassung vertrete, er hätte mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit der Hereinnahme dieser Klausel in den Spielvertrag dann nicht zugestimmt, wenn er darüber aufgeklärt worden wäre, dass sie sich auch auf Abfertigungsansprüche beziehen könne, sei ihm entgegenzuhalten, dass der Inhalt einer Urkunde durch deren Unterfertigung zum Inhalt der Willenserklärung des Unterfertigenden werde. Dies ungeachtet davon, ob eine Aufklärung über die Verfallsklausel erfolgt sei oder nicht.
Die Revision sei zuzulassen, da, soweit überblickbar, zur Frage der Auslegung einer einzelvertraglichen Verfallklausel dahin, dass sie sich auch auf alle im Arbeitsvertrag nicht geregelten Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis beziehe, eine Rechtsprechung des Höchstgerichtes nicht bestehe.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Klägers aus den Gründen der Mangelhaftigkeit und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, es abzuändern und dem Klagebegehren stattzugeben; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die beklagte Partei beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grunde zulässig, sie ist aber nur teilweise berechtigt.
Mangelhaft ist das Berufungsverfahren insoweit, als es über den Berufungsantrag und erstinstanzlichen Entscheidungsgegenstand hinausgehend nicht nur das Teilurteil abänderte, sondern das weitergehende Klagebegehren ebenfalls abwies. Hinsichtlich des vom Erstgericht einem Endurteil vorbehaltenen Teiles des Klagebegehrens war noch keine erstinstanzliche Entscheidung ergangen, über die das Berufungsgericht zu entscheiden berechtigt war. Die Rechtsprechung beurteilt einen Verstoß gegen § 405 ZPO als wesentlichen Verfahrensmangel (Rechberger-Rechberger ZPO Rz 6 zu § 405 ZPO); analog hiezu, ist das Überschreiten der Entscheidungsbefugnis des Berufungsgerichtes ebenfalls als Mangel des Berufungsverfahrens zu werten. Insoweit ist der Revision Folge zu geben und dieser Teil der Berufungsentscheidung aufzuheben.
Zu Unrecht wendet sich der Revisionswerber aber gegen die Auslegung der gegenständlichen Verfallsklausel durch das Berufungsgericht. Im ungenauen Sprachgebrauch werden die Ausdrücke "Arbeitsvertrag" und "Arbeitsverhältnis" vielfach gleichbedeutend gebraucht und die Unterscheidung, jener sei der Begründungsvorgang zu diesem, nicht getroffen. Die in Punkt VII 3. gebrauchte Formulierung entspricht
diesem ungenauen Sprachgebrauch ("..... offene Ansprüche aus dem
gegenständlichen Spielervertrag sind [...........] bei sonstigem
Verfall innerhalb von sechs Monaten ab Fälligkeit beim Verein schriftlich [nach Ende des Vertragsverhältnisses eingeschrieben] geltend zu machen ....). Wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat, spricht auch der Zweck der vertraglichen Regelung dafür, die Präklusivfrist auf alle aus dem Arbeitsverhältnis entspringenden Ansprüche zu beziehen.
Durch das Unterfertigen des Vertrages wird dieser zum Vertragsinhalt. Ein vom schriftlichen Vertragswortlaut abweichendes Verständnis des Vertrages hat der Kläger erstmalig in seiner Berufungsbeantwortung vorgebracht; "er hätte mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit der Hereinnahme dieser Klausel in den Spielervertrag dann nicht zugestimmt, wenn er darüber aufgeklärt worden wäre, dass sie sich auch auf Abfertigungsansprüche beziehen könne". Dieses erstmalig nach Schluss der mündlichen Verhandlung erstattete Vorbringen des schon in erster Instanz qualifiziert vertretenen Klägers muss am Neuerungsverbot scheitern.
Soweit sich der Kläger gegen die Zulässigkeit der einzelvertraglichen Verfallsklausel für einen nach dem Gesetz zwingenden Abfertigungsanspruch wendet, ist er auf die ständige Rechtsprechung zu verweisen, wonach Verfallsklauseln nur dann gegen die guten Sitten verstoßen, wenn sie die Geltendmachung von Ansprüchen ohne sachlichen Grund übermäßig erschweren (Arb 8515 = EvBl 1968/356; Arb 10.219 = SZ 56/27 ua). Dies wird von der Rechtsprechung bei drei Monate
überschreitenden Fristen regelmäßig verneint (Arb 10.475 = JBl 1986,
330; Arb 10.578 = SZ 59/180 = DRdA 1989/12 [Pfeil] ua). Dies ist für
die Verkürzung von Verjährungsfristen (von drei Jahren) durch Kollektivvertrag ausgesprochen worden. Es ist jedoch kein Grund ersichtlich, warum eine Verkürzung der Verjährungsfrist eines nach dem Gesetz unabdingbaren Anspruches nicht auch durch Einzelvertrag erfolgen könnte, wenn nämlich zwischen dem Anspruch und der Geltendmachung unterschieden wird (Arb 10.174 = ZAS 1983/19 [Irresberger] mwN). Dies bezweifelt zwar Krejci in Rummel ABGB2 Rz 123 zu § 879, ebenso Spielbüchler in Floretta/Spielbüchler/Strasser Arbeitsrecht I4, 265, der diese Unterscheidung als "Selbsttäuschung" bezeichnet. Demgegenüber meint Bydlinski (in Anm zu ZAS 1975/24), Inhalt und Umfang eines Anspruches einerseits und seine Verjährung andererseits seien durchaus verschiedene Fragen, wie jede einschlägige Regelung in Gesetzen und Kollektivverträgen belege (aaO 222 f). § 1432 ABGB beweise, dass durch die Verjährung von Rechten gerade nur die Klagbarkeit entfalle. Es ist daran festzuhalten, dass sowohl eine kollektivvertragliche als auch eine einzelvertragliche Verfallsklausel nicht gegen die guten Sitten verstößt, wenn sie die Geltendmachung der Ansprüche nicht unbillig erschwert. Bei einer 6-monatigen Frist kann von einer "sittenwidrigen Erschwernis der Geltendmachung" keine Rede sein, verlangt doch der Gesetzgeber im Falle der rechtswidrigen Beendigung eines Arbeitsverhältnisses, dass der Arbeitnehmer innerhalb der selben Frist seine Ansprüche auf Kündigungsentschädigung geltend mache (§ 34 AngG; § 1162d ABGB). Nur eine vertragliche Abkürzung der Fallfrist zur Geltendmachung der Schadenersatzansprüche im Sinne der §§ 34 AngG und 1162d ABGB wird als unzulässig angesehen (Schubert-Rummel ABGB2 Rz 2 zu § 1502). Es kann also davon keine Rede sein, dass die Verfallsklausel auf eine Rechtsverweigerung hinausliefe bzw den Anspruch des Klägers auf ein nudum jus reduzierte.
Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 Abs 1 zweiter Satz ZPO.
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