OGH 8ObA239/95

OGH8ObA239/9513.6.1996

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Huber als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Petrag und Dr.Langer und die fachkundigen Laienrichter Dipl.Ing.Dr. Hans Peter Bobek und Dr.Anton Wladar als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Heinz U*****, vertreten durch Sattlegger & Partner, Rechtsanwälte in Linz, wider die beklagte Partei G***** AG, ***** vertreten durch Baumann & Partner, Rechtsanwälte in Linz, wegen S 125.613 und Feststellung (Streitwert S 502.452) infolge Rekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 18.Jänner 1995, GZ 13 Ra 83/94-15, mit dem infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Steyr als Arbeits- und Sozialgericht vom 18.Mai 1994, GZ 8 Cga 125/93b-11, aufgehoben wurde, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Da die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichtes zutreffend ist, genügt es, grundsätzlich auf diese zu verweisen (§ 48 ASGG).

Den Rekursausführungen des Klägers, der die Rechtsausführungen des Berufungsgerichtes mißversteht, ist im einzelnen zu erwidern: Der Kläger mißversteht offenbar die Rechtsausführungen des Berufungsgerichtes.

Auszugehen ist davon, daß der Kläger mit einer dreijährigen Unterbrechung vom 1.1.1952 bis 31.7.1992 bei der beklagten Partei als Angestellter beschäftigt war und daß er seit 1.8.1992 eine Alterspension bezieht. Durch Betriebsvereinbarung zwischen dem Arbeiter- und Angestelltenbetriebsrat der beklagten Partei und der beklagten Partei wurde ein Pensionsstatut erstellt, das ua vorsieht, daß der Arbeitnehmer nach zwanzig vollendeten Dienstjahren Anspruch auf eine Alterspension nach dem Pensionsstatut hat, wenn ihm bei Auflösung des Dienstverhältnisses ein Anspruch auf Alterspension nach den §§ 253 und 270 ASVG zusteht. Die beklagte Partei hat sich in dieser Vereinbarung ausdrücklich das Recht vorbehalten, Leistungen aus dem Pensionsstatut zu kürzen oder einzustellen, wenn sich ihre wirtschaftliche Lage nachhaltig so wesentlich verschlechtert, daß die volle Aufrechterhaltung der zugesagten Leistungen eine Gefährdung ihres Weiterbestandes zur Folge hätte; weiters hat sie sich vorbehalten, mit der Auszahlung der zugesagten Leistungen, unbeschadet des Weiterbestandes des Rechtsanspruches, vorübergehend zum Teil oder zur Gänze auszusetzen, wenn das ihre Liquiditätslage zwingend erforderlich macht; in diesem Fall sollten aber die gestundeten Leistungen spätestens binnen drei Jahren nachgezahlt werden.

Der Kläger hätte ab August 1993 Anspruch auf Pensionsleistungen gehabt, die die beklagte Partei jedoch nicht erfüllte. Vielmehr teilte sie ihm am 24.5.1993 mit, daß sie wegen der schlechten wirtschaftlichen Lage gezwungen sei, die Betriebspension zu widerrufen.

Tatsächlich hatte sich die wirtschaftliche Lage der beklagten Partei wesentlich verschlechtert. Sie versuchte daher eine Reduzierung der Personalkosten ua durch völligen Abbau der Pensionsregelung zu erreichen, was ihr durch Abschluß von Vergleichen auch weitgehend gelang. Mit Ausnahme des Klägers wurden alle Pensionisten aus dem Pensionsstatut abgefunden; dadurch war die beklagte Partei in der Lage, 110 Mio.Schilling an Pensionsrückstellungen aufzulösen und im laufenden Wirtschaftsjahr ein negatives Ergebnis zu vermeiden. Nunmehr führt sie den Betrieb unter drastischen Einschränkungen - der Beschäftigtenstand wurde auf weniger als die Hälfte verringert - weiter.

Zutreffend nahm das Berufungsgericht an, daß die dem Kläger aus dem Pensionsstatut zustehenden Leistungen in ihrer Gesamtheit nicht dem Betriebspensionsgesetz unterliegen, da er die nach dem Pensionsstatut erforderliche Wartezeit von 20 Jahren bereits vor dem 1.7.1990 erfüllt hatte und daher in der Zeit zwischen Inkrafttreten des BPG und der Beendigung des Dienstverhältnisses zur beklagten Partei keine weiteren Anwartschaften mehr erwarb. Zwar verwandelt sich in dem Augenblick, in dem der zukünftige Pensionist aus dem Betrieb ausscheidet, die bisher als Inhaltsnorm wirkende Pensionszusage in der Betriebsvereinbarung in einen vertraglichen Anspruch des Pensionisten gegen seinen ehemaligen Arbeitgeber. Dennoch darf dieser auch gegenüber dem Pensionisten von seinem aus der Betriebsvereinbarung abgeleiteten Widerrufsvorbehalt Gebrauch machen; es muß aber ein strenger Maßstab angelegt werden (näheres hiezu OGH E vom 14.12.1988, 9 ObA 512/88; SZ 61/275 = Arb 10.763 ua Veröffentlichungsstellen mit Glossen).

Hiebei hat der Dienstgeber aber den Gleichbehandlungsgrundsatz zu beachten. Dem in § 18 Abs 1 BPG ausdrücklich normierten Gleichbehandlungsgebot kommt nur deklatorische Bedeutung zu; der Arbeitgeber hat den Gleichbehandlungsgrundsatz auch ohne ausdrückliche gesetzliche Anordnung zu beachten, sodaß dieser auch auf nicht dem BPG unterliegende Pensionszusagen und deren Widerrufsmöglichkeit anzuwenden ist (Schrammel, BPG 196 mwN). Das Gleichbehandlungsgebot enthält nicht ein bloßes Diskriminierungs-, sondern auch ein Differenzierungsverbot (Strasser, Betriebspenion und Gleichbehandlung 36 f; vgl auch Eichinger, ZAS 1991, 132). Verpönt sind Differenzierungen nicht nur dann, wenn einzelne Arbeitnehmer gegenüber einer Mehrheit willkürlich schlechter behandelt werden; das Gleichbehandlungsgebot verlangt vielmehr Gleichbehandlung bei gleicher Sachlage. Verboten ist jede willkürliche Differenzierung zwischen Arbeitnehmern oder Arbeitnehmergruppen; daher stellt auch die unsachliche Bevorzugung einer Minderheit, die zB keine Leistungskürzung hinnehmen muß, eine Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes dar (Schrammel aaO 201 f).

Die vom Kläger vertretene Ansicht, daß nur zu prüfen sei, ob die beklagte Partei imstande sei, ihm nunmehr die Betriebspension zu bezahlen, nachdem alle anderen Arbeitnehmer sich mit Abschlagszahlungen begnügt haben ( - was dazu führen würde, daß allein er sämtliche ihm nach dem Pensionsstatut zustehenden Leistungen erhält, weil sich die beklagte Partei unstrittig leisten kann, eine Betriebspension zu bezahlen - ), widerspricht diesem Gleichbehandlungsgrundsatz.

Der Hinweis, daß es auch den anderen Arbeitnehmern freigestanden wäre, sich mit dem Abfindungsbetrag nicht einverstanden zu erklären, ändert daran daran. Würde man keine Gesamtbetrachtung dahin anstellen, ob der Widerruf oder die Einschränkung der Pensionszusagen wegen schlechter wirtschaftlicher Lage gerechtfertigt ist, führte dies unweigerlich dazu, daß für die Betroffenen völlig willkürlich verschiedene Widerrufskriterien maßgeblich wären: Hätten sich genügend Pensionisten mit einer Abschlagszahlung einverstanden erklärt oder wäre gegenüber einer genügend großen Zahl von Pensionisten gerichtlich festgestellt, daß der Widerruf oder die Einschränkung der Pensionzusage gerechtfertigt ist, erhielten die übrigen Pensionisten, sofern sich die beklagte nunmehr Partei die Bezahlung der verbliebenen Pensionszusagen ohne Gefährdung ihres Weiterbestandes leisten könnte, allenfalls die volle Pensionsleistung.

Um solche Ungleichbehandlungen zu vermeiden, ist es erforderlich, das Vorliegen der Voraussetzungen für einen Widerruf der Pensionsleistungen nach dem Pensionsstatut zum Widerrufszeitpunkt bezogen auf alle aus dem Pensionsstatut leistungsberechtigten Pensionisten zu beurteilen. Es ist also zu prüfen, ob sich die wirtschaftliche Lage der beklagten Partei zum Zeitpunkt des Widerrufs der Pensionsleistungen aus dem Pensionsstatut so wesentlich verschlechtert hatte, daß die volle Aufrechterhaltung der zugesagten Leistungen eine Gefährdung des Weiterbestandes der beklagten Partei zur Folge gehabt hätte bzw wie weit sämtliche Pensionsleistungen eingeschränkt werden müssen, um die Gefährdung des Weiterbestandes zu vermeiden.

Da dafür die vom Erstgericht getroffenen Feststellungen nicht ausreichen hat das Berufungsgericht zu Recht die Entscheidung des Erstgerichtes aufgehoben und die Rechtssache zur Ergänzung des Verfahrens und neuerlichen Entscheidung zurückverwiesen.

Die Entscheidung über die Kosten des Rekursverfahrens gründet sich auf § 52 Abs 1 ZPO.

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