Spruch:
Der außerordentlichen Revision wird Folge gegeben.
Hinsichtlich des Zweit- und des Drittklägers werden die Entscheidungen der Vorinstanzen dahin abgeändert, dass sie wie folgt zu lauten haben:
“Die beklagte Partei ist schuldig, der zweitklagenden Partei EUR 1.755,05 samt 8,5 % Zinsen seit 16. 7. 1998 und der drittklagenden Partei EUR 1.555,19 samt 8,5 % Zinsen seit 1. 1. 1999 binnen 14 Tagen zu zahlen.
Die beklagte Partei ist ferner schuldig, der zweitklagenden Partei die mit EUR 1.518,05 bestimmten Kosten des Verfahrens erster Instanz (darin EUR 240,46 Umsatzsteuer und EUR 75,24 Barauslagen) sowie die mit EUR 376,47 bestimmten Kosten des Verfahrens zweiter Instanz (darin EUR 42,23 Umsatzsteuer und EUR 123,08 Barauslagen) und der drittklagenden Partei die mit EUR 1.454,76 bestimmten Kosten des Verfahrens erster Instanz (darin EUR 229,97 Umsatzsteuer und EUR 74,95 Barauslagen) sowie die mit EUR 324,55 bestimmten Kosten des Verfahrens zweiter Instanz (darin EUR 36,41 Umsatzsteuer und EUR 106,10 Barauslagen) binnen 14 Tagen zu ersetzen."
Die beklagte Partei ist ferner schuldig, der zweitklagenden Partei EUR 338,78 (darin EUR 29,96 Umsatzsteuer und EUR 159,- Barauslagen) und der drittklagenden Partei EUR 282,31 (darin EUR 24,97 Umsatzsteuer und EUR 132,50 Barauslagen) an Kosten des Revisionsverfahrens zu ersetzen.
Hinsichtlich der erst- und der viertklagenden Partei werden die Entscheidungen der Vorinstanzen - die in der Abweisung des Klagebegehrens des Viertklägers im Umfang von EUR 254,35 sA von dieser Entscheidung unberührt bleiben - aufgehoben. Die Arbeitsrechtssache wird im Umfang der Aufhebung an die erste Instanz zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung zurückverwiesen. Die auf das Verfahren der erst- und der viertklagenden Partei entfallenden Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Kläger sind Außendienstmitarbeiter der beklagten Versicherungsgesellschaft. Sie begehrten den Zuspruch von S 22.457,- (Erstkläger), S 24.150,- (Zweikläger), S 21.400 (Drittkläger) und S 18.800,- (Viertkläger) und brachten dazu vor, dass ihnen diese Beträge im Laufe ihres Arbeitsverhältnisses unter Berufung auf eine interne Richtlinie der Beklagten als “Faxbeteiligung" vom Gehalt abgezogen worden seien. Diese Kostenbeteiligung für die Installation von Faxgeräten, Kopierern und PCs sei sittenwidrig, weil die Beklagte damit die Finanzierung von dem allgemeinen Standard entsprechenden Betriebsmitteln den Klägern auferlegt habe. Die Beklagte habe überdies in unzulässiger Weise Druck auf die Außendienstmitarbeiter ausgeübt, die Richtlinie zu unterfertigen. Eine Zurückziehung der einmal erteilten Zustimmung sei nicht möglich gewesen. Es sei auch sittenwidrig, dass das Risiko für die Nichtbenützbarkeit der Geräte (wegen deren Reparaturbedürftigkeit, aber auch wegen Krankheit oder Urlaub der Mitarbeiter) ausschließlich den Außendienstmitarbeitern auferlegt worden sei. Vorteile durch die Richtlinie habe daher nur die Beklagte gehabt.
Die Beklagte beantragte, das Klagebegehren abzuweisen. Die Kläger hätten der Richtlinie schriftlich zugestimmt; sie hätten diese Zustimmung auch jederzeit widerrufen können. Die Beklagte habe ihnen ohnedies sämtliche für einen Außendienstmitarbeiter erforderlichen Betriebsmittel (Handy, Psion für Offertberechnung) gratis zur Verfügung gestellt, dazu in den Landesdirektionen (ebenso gratis) PCs, Faxgeräte und Kopierer. Die “Faxbeteiligung" beziehe sich lediglich auf die laufenden Betriebskosten der in den regionalen Beratungsstellen befindlichen PCs, Faxgeräte und Kopierer, die den Klägern zusätzlich zu den oben genannten Geräten zur unentgeltlichen und uneingeschränkten Privatnutzung rund um die Uhr zur Verfügung gestellt worden seien. Die Anschaffungskosten für diese Geräte habe die Beklagte selbst getragen.
Gegen die Klageforderung des Erstklägers wendete die Beklagte aus dem Titel “Gehaltsexekution" eine Gegenforderung von S 11.850,91 compensando ein. Der Viertkläger, bei dem die Faxbeteiligung nur S 15.300,- betragen habe, müsse sich S 7.500,- aus einer zu viel ausgezahlten Kostensonderbonifikation anrechnen lassen. Im Übrigen werde die rechnerische Höhe der Klagebegehren außer Streit gestellt.
Erst- und Viertkläger bestritten die eingewendeten Gegenforderungen. Der Erstkläger brachte dazu vor, dass die eingewendete Forderung tituliert sei und sie daher nicht in diesem Verfahren geltend gemacht werden könne. Außerdem sei das Erstgericht zur Entscheidung darüber nicht zuständig.
Das Erstgericht wies die Klagebegehren ab und stellte im Wesentlichen folgenden Sachverhalt fest:
Die Kläger waren bis 1998 bzw 1999 hauptberufliche Außendienstmitarbeiter der Beklagten. Ihr Aufgabengebiet umfasste die Versicherungsvermittlung, die Betreuung eigener und zugewiesener Kunden, den organisatorischen Ausbau des Arbeitsgebietes und die Unterstützung der unterstellten Mitarbeiter (nebenberufliche Mitarbeiter und Inkassoorganisationen). Zur Erfüllung dieser Aufgaben waren den Klägern Gemeindebezirke bzw. Inspektorate zugeordnet, in denen ihnen die Kundenaquisition und die Kundenbetreuung oblag. Neben der Landesdirektion waren in einigen Wiener Bezirken insgesamt fünf Beratungsstellen eingerichtet, die sowohl für die Beklagten als auch für die Außendienstmitarbeiter von Vorteil waren. Die Mitarbeiter waren näher beim Kunden und ersparten sich gegebenenfalls den Weg in die Landesdirektion. Sie konnten ihren Regionalbereich effektiver abdecken. Das Unternehmen war den Kunden gegenüber präsenter.
Alle Kläger waren in der Regel etwa 1 bis 1 1/2 Stunden täglich in den ihnen zugewiesenen Beratungsstellen anwesend. Sie erledigten dort administrative Arbeiten. Weiters hielten sie sich bei Teambesprechungen und bei eingeteiltem Journaldienst in der Beratungsstelle auf. Ansonsten war ihre Zeiteinteilung frei. Eine Verpflichtung zur täglichen Anwesenheit in der Beratungsstelle bestand nicht. Allerdings mussten sich die Außendienstmitarbeiter einmal täglich zumindest telefonisch melden. Jeder Kläger hatte für die Beratungsstelle einen eigenen Schlüssel; lediglich der Viertkläger besaß keinen Schlüssel, weil er keinen wollte.
Alle Kläger benötigten für die Erfüllung ihrer Aufgaben primär ein Handy und einen Handtarif bzw. Psion-Geräte. Weitere technische Hilfsmittel waren für die Ausübung ihres Berufs nicht erforderlich. Das Handy wurde in der Regel von der Beklagten zur Verfügung gestellt; die Kosten seiner Benutzung (auch die Grundgebühr) trugen die Klägers selbst.
Sämtliche Kläger hatten auch in ihren Wohnungen private kleine Büros eingerichtet, die technisch unterschiedlich ausgestattet waren.
Mit 1. 8. 1994 wurde von der Beklagte die interne Richtlinie 110 (“Installation von Faxgeräten, Kopierern und PCs in Beratungsstellen" erlassen, durch die das Kostenbewusstsein bei den Außendienstmitarbeitern gefördert und den Mitarbeitern vermittelt werden sollte, dass weniger Kosten mit einem höheren Umsatz verbunden sein können. Diese Richtlinie hat enthält ua folgende Bestimmungen:
“........
Im Interesse dieser Bewusstseinsbildung und der Kontrolle der Kosten werden daher die Mitarbeiter des Außendienstes an den laufenden Kosten für Einrichtung der Bürotechnik in Beratungsstellen, insbesondere Kopierern, Fax-Geräten und PCs beteiligt, wenn sie zusätzliche technische Unterstützung in den Beratungsstellen durch Einsatz derartiger Geräte wünschen.
............
2.1. Geräte der Kommunikations- und Büro-Technik können in Beratungsstellen nur installiert werden, wenn die der jeweiligen Beratungsstelle zugeteilten Mitarbeiter des Außendienstes mit der V***** vereinbaren, einen laufenden Beitrag zu den Betriebskosten der Geräte zu leisten. Von dieser Verpflichtung sind Kopierer, Fax-Geräte und PCs betroffen.
........
2.2. Kopierer, Fax-Geräte und PCs können in einer Beratungsstelle nur dann installiert werden, wenn alle zugeteilten Mitarbeiter des angestellten Außendienstes sowie alle Ausschließlichkeitsagenturen zur Leistung eines Kostenbeitrages bereit sind.
.....
2.4. Sind in einer Beratungsstelle Geräte der Bürotechnik aufgrund einer Vereinbarung zur Leistung eines Kostenbeitrages bereits installiert, so ist auch mit neu eintretenden Mitarbeitern vor ihrem Eintritt die Vereinbarung zur Leistung dieses Kostenbeitrags zu treffen. Eine Neueinstellung ohne diese Vereinbarung mit dem eintretenden Mitarbeiter ist nicht möglich. .......
...........
2.6. ....... Eine Zurückziehung der einmal erteilten Zusage zur Übernahme der Kostenbeteiligung durch einzelne Mitarbeiter ohne gemeinsamen Beschluss aller Außendienst-Mitarbeiter einer Beratungsstelle ist nicht möglich. ..........
2.7. Die Beteiligung der Außendienst-Mitarbeiter an den Betriebskosten deckt grundsätzlich die Nutzung der Geräte für Geschäftszwecke. Eine Nutzung der Geräte für private Zwecke ist bei Zustimmung aller Mitarbeiter einer Beratungsstelle möglich.
..........
3.1. .........
Die Höhe der Kostenbeteiligung ist unternehmensweit für alle Mitarbeiter des Außendienstes, die sich zur Kostenbeteiligung entschlossen haben, gleich und ist unabhängig von der Anzahl der einer Beratungsstelle zugeteilten Mitarbeiter. Ebenso ist sie unabhängig von der Art der installierten Geräte und von der Intensität der Nutzung der Geräte. ...........
3.2. Die fixen Sätze der Kostenbeteiligung sind so kalkuliert, dass darin ein Kostenanteil für die “Eigennutzung" der Geräte durch die V***** (z.B. durch den Innendienst der Beratungsstelle) berücksichtigt ist. .......
3.3. Die V***** hat das Recht, die Höhe der Kostenbeteiligung aufgrund der jeweiligen aktuellen Kostenentwicklung neu festzusetzen. ..........
..........
4.1. Die Kostenbeteiligung der Außendienst-Mitarbieter wird grundsätzlich vom Gehalt einbehalten. ..........
4.2. Die Kostenbeteiligung wird grundsätzlich nur für ganze Kalendermonate verrechnet. ..........
4.3. Für die Zeit einer vorübergehenden, kurzfristigen Nichtbenützbarkeit der Geräte wegen eines technischen Defektes, eines Software-Fehlers, wegen Wartungsarbeiten, Störungen im Telefonnetz etc. besteht kein Anspruch auf Refundierung der Kostenbeteiligung. Ebenso besteht kein Anspruch auf Refundierung der Kostenbeteiligung für Zeiten, in denen der jeweilige Mitarbeiter krank, auf Urlaub, auf Schulung bzw. anderweitig verhindert ist.
........... ."
In der Folge wurden unter der Voraussetzung, dass sämtliche Außendienstmitarbeiter einer Beratungsstelle Zustimmungserklärungen abgaben, Faxgeräte, Kopierer und PCs von der Beklagten beschafft. Nach deren Installation wurde den Außendienstmitarbeitern direkt vom Gehalt ein monatlicher Pauschalbetrag von einigen hundert Schilling abgezogen. Allen Klägern war bekannt, dass mit dieser “Faxbeteiligung" auch die private Nutzung von Telefon, PC, Faxgerät und Kopierern rund um die Uhr in den Beratungsstellen erlaubt sei. Darüber hinaus standen solche Geräte den Klägern auch in den Landesdirektionen zur freien Verfügung.
Eine Verpflichtung zur Zustimmung bestand nicht. Den bereits bei der Beklagten tätigen Außendienstmitarbeitern wurde jedoch vom Betriebsrat nahegelegt, ihre Zustimmung zu erteilen. Diejenigen Außendienstmitarbeiter, die die Geräte nützen wollten, versuchten, den anderen Mitarbeitern die Zustimmung zur Richtlinie einzureden. Die Beklagte versuchte mit Überredungs- und Überzeugungstaktik, den Außendienstmitarbeitern die Kostenbeteiligung schmackhaft zu machen. Es kann nicht festgestellt werden, dass die Beklagte Partei Druck in der Form ausgeübt hat, dass für den Fall der Unterlassung der Zustimmung mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses gedroht wurde. Für neue Außendienstmitarbeiter war die Zustimmung ein Anstellungserfordernis.
Jeder der Kläger stimmte der Richtlinie schriftlich zu.
Sämtliche Kläger nutzten in der Folge - wenn auch in unterschiedlichem Umfang - den PC, das Faxgerät, den Kopierer und das Telefon, wenn sie in der Beratungsstelle anwesend waren. Der monatliche Gehaltsabzug von im Schnitt rund S 500,- bis S 700,- (teilweise S 900,-) wurde von den Klägern nicht goutiert und war immer wieder Gesprächsthema sowohl mit dem Betriebsrat als auch mit dem direkten Vorgesetzten.
Die Kläger konnten die Kostenbeteiligung steuerrechtlich zu ihrem Vorteil behandeln. Die “Faxbeteiligung" wurde auch bei der Berechnung der Kostensonderbonifikation berücksichtigt. Sie minderte die errechneten Kosten des Außendienstmitarbeiters und war letztlich auch dafür relevant, ob jemand eine Kostensonderbonifikation erhielt oder nicht.
Auf dieser Grundlage vertrat das Erstgericht die Rechtsauffassung, dass eine grobe Verletzung rechtlich geschützter Interessen iSd § 879 ABGB nicht erkennbar sei. Die betroffenen Geräte gingen über die übliche Arbeitsausstattung eines Außendienstmitarbeiters hinaus und müssten daher nicht kostenlos zur Verfügung gestellt werden. Auch sei die Kostenbeteiligung nicht zum ausschließlichen Nutzen der Beklagten. Unzulässiger Druck auf die Mitarbeiter sei nicht erkennbar.
Mit dem angefochtenen Urteil hat das Berufungsgericht diese Entscheidung, die in der Abweisung des Klagebegehrens des Viertklägers im Umfang von S 3.500,- unangefochten in Rechtskraft erwuchs, bestätigt. Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei.
Das Berufungsgericht billigte die Rechtsauffassung des Erstgerichtes, dass die Vereinbarung über den Abzug der “Faxbeteiligung" nicht sittenwidrig sei. Die hier zu beurteilende Konstellation sei mit Fällen, in denen der Oberste Gerichtshof von einer sittenwidrigen Überwälzung des Arbeitgeberrisikos ausgegangen sei, nicht vergleichbar. Für diese Beurteilung sei wesentlich, dass die aus der Vereinbarung resultierenden Kosten von den Arbeitnehmern beeinflussbar und voraussehbar seien. Auch stehe die Höhe der Einkommen der Kläger mit den abgezogenen Beträgen in keinem auffallenden Missverhältnis.
Die Anschaffung der Geräte, auf die sich im Übrigen der Abzug nicht beziehe, sei nicht ausschließlich im Interesse des Arbeitgebers gelegen, sondern auch im Interesse der Außendienstmitarbeiter, die im Hinblick auf ihre vorwiegend auf Provisionsbasis erfolgende Entlohnung an effizienter und rascher Arbeit interessiert sein müssten. Dies sei auch daraus ersichtlich, dass arrivierte Mitarbeiter, die zunächst nicht zugestimmt hatten, der Kostenbeteiligung letztlich doch zugestimmt hätten, um neuen Mitarbeitern “nicht ihre Chancen zu verbauen".
Dem Einwand der Kläger, die private Nutzung der Geräte habe ihnen in Wahrheit keinen Vorteil gebracht und sei großteils gar nicht in Anspruch genommen worden, sei zu entgegnen, dass es ausreiche, wenn der Vorteil der Arbeitnehmer in der Möglichkeit der privaten Nutzung liege.
Dass die Beklagte den Klägern nicht gestattet habe, eigene Geräte in den Beratungsstellen aufzustellen und sich damit den Kostenbeitrag zu ersparen, mache die Regelung nicht sittenwidrig, weil die Arbeit grundsätzlich mit den Mitteln des Arbeitgebers zu leisten sei und ein Rechtsanspruch der Kläger auf Ausgestaltung des Arbeitsplatzes mit eigenen Bürogeräten nicht bestehe.
Ebenso wenig sei der Einwand der Kläger berechtigt, dass auch Innendienstmitarbeiter in den Beratungsstellen tätig seien und die Beklagte für diese die Geräte ohnedies anschaffen müsse. Da die Kostenbeteiligung so kalkuliert sei, dass darin ein Kostenanteil für die Eigennutzung der Geräte durch die Beklagte berücksichtigt sei, liege keine sittenwidrigen Verlagerung der auf den Innendienst entfallenden Bürokosten auf den Außendienst vor.
Auch von einer Verletzung des arbeitsrechtlichen Gleichheitsgrundsatzes wegen einer Ungleichbehandlung von Innen- und Außendienstmitarbeitern bzw. von Mitarbeitern in Wien und Mitarbeitern im ländlichen Raum könne wegen der jeweils unterschiedlichen Gegebenheiten und Voraussetzungen nicht gesprochen werden.
Dass die Kostenbeteiligung gestiegen sei, treffe zwar zu; mangels entsprechender Behauptungen der Kläger sei aber nicht auszuschließen, dass diese Steigerungen durch eine Erhöhung der Anzahl der aufgestellten Geräte ausgelöst worden sei. Es sei auch richtig, dass der für die Eigennutzung der Geräte durch den Innendienst einkalkulierte Anteil nicht transparent sei und dass ein Außendienstmitarbeiter die Geräte in geringerem Maß nutze als ein Innendientsmitabeiter. Auch daraus lasse sich aber eine grobe Verletzung rechtlich geschützter Interessen nicht ableiten. Gleiches gelte für den Umstand, dass Zeiten einer vorübergehenden kurzfristigen Nichtbenützbarkeit der Geräte am Abzug ebenso wenig änderten, wie krankheits-, urlaubs- oder schulungsbedingte Abwesenheiten der Mitarbeiter.
Der Vorwurf unzulässiger Druckausübung sei durch die Feststellungen nicht gedeckt.
Da keiner der Fälle des § 46 Abs 3 ASGG vorliege und keine Rechtsfrage erheblicher Bedeutung im Sinne des § 46 Abs 1 ASGG zu beantworten sei, sei die ordentliche Revision nicht zulässig.
Gegen dieses Urteil richtet sich die außerordentliche Revision der Kläger mit dem Antrag, die Entscheidung im Sinne der Stattgebung der noch offenen Klagebegehren abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen, hilfsweise, ihr nicht Folge zu geben. Eventualiter wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist zulässig, weil die hier zu lösende Rechtsfrage, zu der der Oberste Gerichtshof noch nicht Stellung genommen hat, wegen der möglichen Beispielwirkung in ihrer Bedeutung weit über den Anlassfall hinausreicht.
Die Revision ist auch berechtigt.
In Lehre und Rechtsprechung ist anerkannt, dass die unverhältnismäßige Beeinträchtigung (auch nur dispositiv-rechtlich) geschützter Interessen des Vertragspartners durch vertragliche Regelungen zugunsten des überlegenen, den Benachteiligten unter Druck setzenden Partners sittenwidrig iSd § 879 ABGB ist. Äquivalenzstörung und “verdünnte Willensfreiheit" ergeben in Kombination das Unwerturteil der Sittenwidrigkeit (so etwa SZ 66/168; Krejci in Rummel, ABGB³ Rz 90 zu § 879). Dies gilt naturgemäß gerade auch für den Arbeitsvertrag, für den die gegenüber dem Arbeitgeber weit geringere Möglichkeit des Arbeitnehmers, auf die Vertragsgestaltung Einfluss zu nehmen, geradezu typisch ist (vgl etwa 8 ObA 277/01w; 8 ObS 204/00h).
In diesem Sinne hat der Oberste Gerichtshof - wie das Berufungsgericht ohnedies ausgeführt hat - eine gröbliche und daher sittenwidrige Benachteiligung des Arbeitnehmers in einem Fall angenommen, in dem der Arbeitgeber die Kosten für die Teilnahme an einer Messe anteilig auf die Mitarbeiter überwälzt hatte, obwohl diese keine Einflussnahme auf Art und Umfang des Messestandes und die mit seiner Gestaltung verbundenen Kosten hatten. Obwohl (auch) den Mitarbeitern ein Erfolg der Messeteilnahme durch Steigerung ihrer Provisionseinnahmen zugute kam, ging der Oberste Gerichtshof von einer auffallenden Inäquivalenz der beiderseitigen Rechtspositionen und einer unzulässigen Überwälzung des Unternehmerrisikos aus. Die “Freiwilligkeit" der Teilnahme an den Messen erachtete er als nicht entscheidend, weil die Betroffenen - wollten sie auf den für sie wesentlichen Vertriebsweg nicht verzichten - keine andere Wahl hatten, als das entsprechende Angebot des Arbeitgebers anzunehmen (DRdA 1990, 228; in RdW 1985, 117 hatte der Oberste Gerichtshof die teilweise Tragung von Kosten der Messebeteiligungen und von Kleininseraten durch die Arbeitnehmer noch als zulässig erachtet, wobei damals aber die Initiative von den Arbeitnehmern ausgegangen war).
Auch in der ebenfalls schon vom Berufungsgericht zitierten Entscheidung 9 ObA 260/92 (Arb 11.065) hat der Oberste Gerichtshof die Vereinbarung über eine Belastung des Arbeitnehmers mit Werbemaßnahmen, über deren Einsatz und Gestaltung allein der Arbeitgeber zu bestimmen hatte, als sittenwidrige Überwälzung des Unternehmerrisikos qualifiziert. Er begründete dies unter anderem damit, dass die Arbeit grundsätzlich mit den Mitteln des Arbeitgebers zu leisten ist und dem Arbeitnehmer darüber hinaus beim Einsatz eigener Mittel zur Besorgung der Arbeit im Interesse des Arbeitgebers gemäß § 1014 ABGB der Ersatz des Aufwandes und des allenfalls erlittenen Schadens zusteht (Arb 11.065 mwN).
Das Berufungsgericht erachtete die diesen Entscheidungen zugrunde liegenden Überlegungen hier als unanwendbar, weil es die Auffassung vertrat, dass - anders als in den den zitierten Vorentscheidungen zugrunde liegenden Fällen - im hier zu beurteilenden Fall die Kosten von den Arbeitnehmern beeinflussbar und für sie voraussehbar seien. Abgesehen davon, dass dieser Umstand allein nicht ausreichen könnte, eine unzulässige Überwälzung des Unternehmerrisikos jedenfalls auszuschließen, ist diese Annahme aber durch den festgestellten Sachverhalt nicht oder nur teilweise gedeckt. Richtig ist nur, dass die den Arbeitnehmern auferlegte Kostenbeteiligung in der von der Beklagten erlassenen Richtlinie ziffernmäßig festgelegt und daher (zunächst) vorhersehbar und kalkulierbar war. Das Berufungsgericht lässt aber in diesem Zusammenhang außer Acht, dass sich die Beklagte in der Richtlinie die einseitige Erhöhung der Kostenbeteiligung vorbehielt. Der diesem Vorbehalt angefügte Hinweis auf die aktuelle Kostenentwicklung macht allfällige (und auch tatsächlich durchgeführte) Erhöhungen des Kostenbeitrags nicht transparenter oder kalkulierbarer, weil ja die Beklagte - wie das Berufungsgericht an anderer Stelle selbst ausführt - die Kalkulation des Beitrags nicht in nachvollziehbarer Weise offengelegt hat.
Vor allem aber trifft es nicht zu, dass die Mitarbeiter Einfluss auf die Höhe der Kostenbeteiligung nehmen konnten. Aus der Richtlinie ergibt sich, dass die Höhe des Beitrags von der Art der installierten Geräte, von der Zahl der die Geräte nutzenden Mitarbeiter und von der Intensität der Nutzung der Geräte unabhängig ist. Eine wie immer geartete Einflussnahme der Mitarbeiter auf die Höhe des Beitrags bestand daher - abgesehen davon, das Kostensteigerungen zu einer Erhöhung führen konnten - nicht. Dazu kommt, dass nach der Richtlinie die kurzfristige Nichtbenützbarkeit der Geräte, vor allem aber auch die mangelnde Benützungsmöglichkeit wegen Urlaubs, Krankheit oder schulungsbedingter Abwesenheit zu keiner Reduktion der Kostenbeteiligung führt. Und auch die Möglichkeit, die Zustimmung zur Richtlinie zu widerrufen und damit den Kostenbeitrag zu vermeiden, ist durch die Richtlinie stark eingeschränkt, weil ein widerrufswilliger Mitarbeiter an die Zustimmung auch der anderen die Beratungsstelle nutzenden Mitarbeiter gebunden war.
Noch wesentlicher erscheint, dass sich die Außendienstmitarbeiter der Beklagten nach Ansicht des Obersten Gerichtshofs sehr wohl in einer Drucksituation befanden. Zwar erachtete das Erstgericht als nicht feststellbar, dass für den Fall der Verweigerung der Zustimmung zur Richtlinie mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses gedroht wurde. Es steht aber fest, dass Betriebsrat und Arbeitgeber den Außendienstmitarbeitern die Zustimmung nahe legten (“Überredungs- und Überzeugungstaktik") und dass sich ein zusätzlicher Druck daraus ergab, dass Mitarbeiter, die der Regelung zustimmen wollten, auf die Zustimmung der anderen die Beratungsstelle nutzenden Kollegen angewiesen waren und diese daher bedrängten. Ein Neueintritt als Außendienstmitarbeiter war überhaupt nur mehr im Falle der Zustimmung zur Richtlinie möglich. Auch der Umstand, dass die Kläger zwar der Richtlinie zustimmten, dass der Abzug aber dessen ungeachtet von ihnen nicht goutiert wurde und immer wieder Gegenstand von Gesprächen mit dem Betriebsrat und mit dem Vorgesetzten war, relativiert die von der Beklagten ins Treffen geführte “Freiwilligkeit". Es hieße, die durch die typischerweise von “verdünnter Willensfreiheit" gekennzeichnete Realität des Arbeitslebens verkennen, wollte man hier das Vorliegen einer Drucksituation verneinen.
Dass die Installierung der Geräte auch im Interesse der Arbeitnehmer lag, deren Arbeits- und Verdienstmöglichkeiten dadurch verbessert wurden, steht außer Zweifel. Ebenso wenig kann aber außer Betracht bleiben, dass die Ausstattung der Beratungsstellen mit zeitgemäßen Bürogeräten auch im Interesse des Arbeitgebers liegt, der ja vom Arbeitserfolg der Außendienstmitarbeiter ebenso profitiert, wie diese bzw. auf diesen Arbeitserfolg angewiesen ist. In diesem Zusammenhang verweisen die Revisionswerber außerdem zu Recht auf den Umstand, dass ja auch die in den Beratungsstellen tätigen Innendienstmitarbeiter die Geräte nutzen. Dies wird von der Beklagten gar nicht bestritten, die im Übrigen in der von ihr erlassenen Richtlinie ausdrücklich darauf hingewiesen hat, dass bei der Ermittlung der Kostenbeteiligung die “Eigennutzung" durch die Innendienstmitarbeiter einkalkuliert wurde (dass das Ausmaß dieser Berücksichtigung in keiner Weise erkenn- und kontrollierbar ist, wurde bereits ausgeführt).
Der Beklagten ist zuzubilligen, dass die Außendienstmitarbeiter ihre Aufgaben auch ohne die in den Beratungsstellen aufgestellten Geräte hätten verrichten können und dass kein Anspruch der Mitarbeiter auf Ausstattung mit moderner Büroorganisation besteht. Davon zu unterscheiden ist aber die Frage, ob der Arbeitgeber berechtigt ist, sich für die - zweifellos vor allem auch ihm massiv zugute kommende - Ausstattung mit zeitgemäßen und den Arbeitserfolg fördernden Bürogeräten zu entscheiden, die Kosten des Betriebs dieser Geräte aber ganz oder teilweise (das Ausmaß der Kostendeckung kann ja mangels einer nachvollziehbaren Offenlegung der Kalkulation nicht beurteilt werden) mit der Begründung auf die Arbeitnehmer zu überwälzen, dass auch sie von besseren Arbeitsergebnissen im Wege besserer Verdienstmöglichkeiten profitieren.
Eine derartige Überwälzung ist jedenfalls dann unzulässig, wenn sie unter (wenn auch subtilem) Druck erfolgt und wenn die Ausgestaltung der damit verbundenen Vertragspositionen der Beteiligten als auffallende Inäquivalenz beurteilt werden muss.
Von einer derartigen Inäquivalenz muss aber hier ausgegangen werden. Die Beklagte vermag sich zur Rechtfertigung der Überwälzung der Einsatzkosten von Betriebsmitteln in Wahrheit nur darauf zu berufen, dass den Klägern die Privatnutzung der aufgestellten Geräte (aber auch des - allerdings in der Richtlinie nicht erwähnten - Telefons) eröffnet wurde. Sie hat aber weder behauptet noch bewiesen, dass die Kläger, die nach den Feststellungen die Beratungsstellen nur in sehr beschränkten Umfang nutzten, von dieser Möglichkeit in relevantem Umfang Gebrauch gemacht haben bzw. dass diese Privatnutzung angesichts der von den Klägern ohnedies unterhaltenen Privatbüros einen relevanten, einen Kostenbeitrag rechtfertigenden Wert darstellte. Die Meinung, dass die bloße Möglichkeit der Nutzung auch dann als die Kostenüberwälzung rechtfertigender Vorteil angesehen werden müsse, wenn die Arbeitnehmer daran nicht interessiert sind und nicht davon in relevantem Umfang Gebrauch machen, wird vom Obersten Gerichtshof nicht geteilt.
Dazu kommt der schon erwähnte Umstand, dass nach der Richtlinie die kurzfristige Nichtbenützbarkeit der Geräte - was kurzfristig ist, wird in keiner Weise ausgeführt - vor allem aber auch die mangelnde Benützungsmöglichkeit wegen Urlaubs, Krankheit oder schulungsbedingter Abwesenheit zu keiner Reduktion der Kostenbeteiligung führt.
Der Oberste Gerichtshof teilt somit die Rechtsauffassung der Kläger, dass sie durch die Gestaltung der in Rede stehenden Vereinbarung massiv benachteiligt wurden, dass diese Vereinbarung sittenwidrig iSd § 879 ABGB ist und dass sie daher Anspruch auf Rückzahlung der ihnen im Hinblick auf diese Vereinbarung abgezogenen Beiträge haben.
Die Höhe dieser Beiträge ist im Revisionsverfahren nicht mehr strittig, sodass hinsichtlich Zweit- und Drittkläger die Entscheidungen der Vorinstanzen im Sinne der Stattgebung ihrer Klagebegehren abzuweisen ist.
Hinsichtlich des Erst- und des Viertklägers hat die Beklagte allerdings Gegenforderungen eingewendet, mit denen sich die Vorinstanzen auf Grund ihrer vom Obersten Gerichtshof nicht geteilten Rechtsauffassung noch nicht auseinandergesetzt haben. Hinsichtlich dieser beiden Kläger sind die Entscheidungen der Vorinstanzen daher aufzuheben; in diesem Umfang ist die Rechtssache an die erste Instanz zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung zurückzuverweisen.
Zur gegen das Klagebegehren des Erstklägers eingewendeten Gegenforderung ist aber schon jetzt festzuhalten, dass der vom Erstkläger behauptete Umstand, dass diese Forderung tituliert sei, ihre Berücksichtigung in diesem Verfahren nicht ausschließt. Allerdings hätte dieser Umstand zur Konsequenz, dass im Urteil nicht über den Bestand der Gegenforderung abzusprechen, sondern nur - gegebenenfalls - die Aufrechnung auszusprechen ist (RIS‑Justiz RS0041017; 7 Ob 555/87).
Nähere Ausführungen zu den Gegenforderungen sind mangels jeglicher Feststellungen dazu noch nicht möglich.
Die Entscheidung über die Verfahrenskosten gründet sich auf die §§ 41, 50, 52 Abs 1 ZPO. Den zweit- und den drittklagenden Parteien stehen die auf sie entfallenden Kosten des Verfahrens aller Instanzen zu. Soweit die Verfahren gemeinsam geführt wurden, sind die von allen vier Klägern gemeinsam verzeichneten Kosten im Verhältnis der Streitwerte auf die einzelnen Kläger aufzuteilen. Für das erstinstanzliche Verfahren entfallen auf den Zweit- und auf den Drittkläger im ersten gemeinsamen Verfahrensabschnitt je ca 25 % der Kosten, im zweiten Verfahrensabschnitt (nach Ausdehnung des Begehrens) ca 26 % (Zweitkläger) bzw. ca 23 % (Drittkläger). Im Rechtsmittelverfahren errechnet sich der Anteil des Zweitklägers an den gemeinsam aufgewendeten Kosten mit ca 30 %, jener des Drittklägers mit ca 25 %.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)