Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben und die Rechtssache an das Erstgericht zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung zurückverwiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung
Die Beklagte, die im Raum Oberösterreich fünfzehn Bereichspostämter betreibt, denen wieder Bezirks- und Regionalpostämter unterstehen, veranstaltet seit etwa drei Jahren zur Verbesserung des Informationsflusses in verschiedenen dienstlichen Angelegenheiten sogenannte Kommunikations- und Informationsmeetings. Diese werden einerseits für die Bereichspostamtsleiter während der normalen Dienstzeit veranstaltet. Für diese ist die Teilnahme auch verpflichtend. Sie erhalten diese Zeit als Arbeitszeit vergütet und Reisespesen ersetzt. Andererseits sollen die Bereichspostamtsleiter ihrerseits wieder für die ihnen unterstehenden Regionalpostämter gleichartige Informationsveranstaltungen organisieren. So hat auch der Leiter des Bereichspostamtes Schärding in der Zeit vom November 1998 bis Februar 2000 insgesamt fünf solche Informations- und Kommunikationsveranstaltungen abgehalten, zu denen die Amtsleiter und Schalterbedienstete des Bereiches eingeladen wurden. Diese Einladungen waren mit dem Hinweis versehen, dass der Besuch freiwillig ist.
Zu der am 15. 2. 2000 um 19 Uhr in einem Gasthaus stattfindenden Veranstaltung erging die Einladung an ca 40 Mitarbeiter in den Postämtern, von denen 14 teilgenommen haben. Die Themen dieser Veranstaltungen waren regelmäßig dienstlicher Natur, etwa zur Erhöhung der Verkaufsleistungen, Schalterkonzepte, PSK-Erlöse, Dienstkleidung, Marktausschöpfung oder - am 15. 2. 2000 - die Präsentation von Telefonen und anderen Geräten. Bei dieser Informationsveranstaltung sollten die Teilnehmer in die Lage versetzt werden, die Kunden fachgerecht zu beraten. Bei den Veranstaltungen wurden Teilnehmerlisten geführt. Die mangelnde Teilnahme an den Veranstaltungen führte jedoch für die Bediensteten zu keinen nachteiligen Folgen. Es konnte aber vorkommen, dass aufgrund der mangelnden Information eine Verärgerung des Vorgesetzten eintrat, ohne dass dies mit dienstrechtlichen Konsequenzen verbunden war. Die Bediensteten konnten dann aus ihren Fehlern lernen und sich auf diese Weise die Informationen aneignen. Androhungen, dass es im Hinblick auf die mangelnde Teilnahme zu Benachteiligungen bei Postenvergaben oder Geldbelohnungen kommen werde, gab es nicht. Dennoch befürchteten einige Bedienstete solche Konsequenzen. Konkrete Ausschlüsse von Geldbelohnungen oder Benachteiligungen bei der Postenvergabe gab es nicht.
Der klagende Personalausschuss begehrt die Feststellung, dass für die Arbeitnehmer, die an der fünften Informations- und Kommunikationsveranstaltung des Bereiches Postamt Schärding am 15. 2. 2000 ab 19 Uhr teilgenommen haben, diese Zeit als Arbeitszeit zu werten und zu bezahlen ist. Es stützt sich dabei zusammengefasst darauf, dass den Bediensteten wiederholt zu verstehen gegeben worden sei, dass ein Fernbleiben von der Veranstaltung auf ein mangelndes Interesse am Dienst schließen lasse und dies sich bei Bewerbungen und Geldbelohnungen auswirken werde. Bei den Veranstaltungen seien fast ausschließlich dienstliche Belange behandelt und die Teilnahme mit Teilnehmerlisten erfasst worden. Im Ergebnis handle es sich um Schulungsveranstaltungen der Beklagten die als Arbeitszeit zu werten seien. Diese hätten sich auch ausschließlich an Arbeitnehmer gerichtet, die mit den jeweiligen Themen befasst seien. Im Ergebnis sei die Teilnahme auf Weisung der Beklagten erfolgt und daher von dieser auch zu bezahlen. Dies solle mit der Feststellungsklage gemäß § 54 Abs 1 ASGG geltend gemacht werden. Die geringe Teilnahme an der Veranstaltung sei auf einen Boykottaufruf der Postgewerkschaft zurückzuführen.
Schließlich stützte sich die klagende Partei auch noch auf den Gleichbehandlungsgrundsatz, da den anderen Bediensteten ja die Teilnahme bezahlt worden sei.
Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wendete im Wesentlichen ein, dass die Teilnahme an den Informationsveranstaltungen völlig freiwillig gewesen sei und es sich weder um Schulungen noch sonstige Ausbildungsmaßnahmen gehandelt habe. Es habe weder eine Anwesenheitspflicht bestanden, noch seien dienstliche Repressalien gegen nichterscheinende Bedienstete ausgeübt worden. Einladungen zu Schulungsveranstaltungen seien anders gestaltet. Auf diesen werde darauf verwiesen, dass die Vergütung der Reisekosten erfolge, die Einladung als Dienstreisegenehmigung gelte und auch Überstunden verrechnet werden könnten.
Für die Bereichspostamtsleiter sei die Teilnahme ja auch nicht freiwillig gewesen.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es beurteilte den einleitend festgestellten Sachverhalt rechtlich dahin, dass es sich um eine freiwillige Teilnahme der Mitarbeiter an der Veranstaltung gehandelt habe. Es stehe dem Arbeitgeber auch frei, besonderes Engagement in der Freizeit bei etwaigen Beförderungen zu berücksichtigen. Eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes liege schon deshalb nicht vor, da es sich bei jenen Arbeitnehmern, denen ein Entgelt für die Teilnahme an den Veranstaltungen gewährt worden sei um die Bereichspostamtsleiter gehandelt habe, für die die Teilnahme verpflichtend angeordnet worden sei. Dies stelle einen sachlichen Grund für die Ungleichbehandlung dar. Hinzu komme, dass es die Aufgabe der Bereichspostamtsleiter gewesen sei, Informationen an ihre Mitarbeiter weiterzuleiten und entsprechende Veranstaltungen zu organisieren.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der klagenden Partei Folge und änderte das Urteil im klagsstattgebenden Sinn ab. Es ging dabei rechtlich davon aus, das als Arbeitszeit im Sinne des Arbeitszeitgesetzes die Zeit vom Beginn bis zum Ende der Arbeit ohne Ruhezeit zu verstehen sei (§ 2 Abs 1 Z 1 AZG). Zeiten, in denen der Arbeitgeber völlig frei über seinen Aufenthalt und sein Verhalten entscheiden könne, seien grundsätzlich nicht als Arbeitszeiten zu werten. Entscheidend für die Wertung als Arbeitszeit sei, dass der Arbeitnehmer tatsächlich Arbeit geleistet habe. Der Arbeitszeitbegriff des Arbeitsvertragsrechtes sei weit auszulegen. Jedenfalls wenn die Tätigkeit über Anordnung bzw Weisung des Arbeitgebers erfolge, sei von Arbeit auszugehen.
Nun sei weder eine ausdrückliche noch eine schlüssige Anordnung zur Teilnahme an den Informationsveranstaltungen ersichtlich. Habe die Beklagte doch ausdrücklich die Teilnahme als "freiwillig" eingestuft. Es seien jedoch auch solche Arbeitsleistungen zu vergüten, die zwar nicht angeordnet aber vom Arbeitgeber entgegengenommen wurden. Hier habe es sich in Wahrheit um Schulungsveranstaltungen gehandelt, die auch der Beklagten zum Vorteil gereicht hätten. Eine Arbeitsleistung liege vor, da die Beklagte notwendige Verrichtungen entgegengenommen habe. Der Anspruch der Arbeitnehmer auf Entgelt ergebe sich schon aus § 1152 ABGB.
Rechtliche Beurteilung
Die gegen dieses Urteil erhobene Revision der Beklagten ist gemäß § 46 Abs 3 Z 2 ASGG jedenfalls zulässig und im Sinne der Aufhebung der Entscheidungen der Vorinstanzen berechtigt.
Nach § 54 Abs 1 ASGG können die parteifähigen Organe der Arbeitnehmerschaft in Arbeitsrechtssachen nach § 50 Abs 1 ASGG im Rahmen ihres Wirkungsbereiches auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens von Rechten oder Rechtsverhältnissen, die mindestens drei Arbeitnehmer ihres Betriebes oder Unternehmens betreffen, klagen oder geklagt werden.
Voranzustellen ist nun, dass dem klagenden Personalausschuss nach § 73 des Post-Betriebsverfassungs- gesetzes die Wahrnehmung aller Befugnisse der Arbeitnehmer zukommt, soweit nichts anderes bestimmt ist. Da eine dahingehende Einschränkung nicht geltend gemacht wurde, ist also der Personalausschuss zur Erhebung der Feststellungsklage nach § 54 Abs 1 ASGG befugt.
Der Begriff des Rechtes oder Rechtsverhältnisses im Sinne des § 54 Abs 1 ASGG kann nur eine bestimmte, durch den vorgetragenen Sachverhalt gegebene und konkretisierte rechtlich geregelte Beziehung von Personen untereinander oder von Personen zu einem Gegenstand bzw die rechtlichen Folgen einer solchen Rechtsbeziehung umfassen (vgl zuletzt OGH 25. 6. 2001, 8 ObA 10/01f mwN = RIS-Justiz RS0085596 = EvBl 1992/120, 511 = Arb 11.001 = ecolex 1992, 258; Kuderna, Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz2, 347).
Die hier primär begehrte Feststellung, dass es sich bei der Teilnahme an der Informations- und Kommunikationsveranstaltung um Arbeitszeit handelt, kann nur als Feststellung innerhalb der jeweiligen konkretisierten rechtlich geregelten Beziehung dieser Personen zur Beklagten verstanden werden.
Die Arbeitnehmer der Beklagten unterliegen jedoch völlig unterschiedlichen arbeitsrechtlichen Regelungen. Die grundlegenden Bestimmungen dazu finden sich im Bundesgesetz über die Einrichtung und Aufgaben der Post und Telekom Austria AG (Poststrukturgesetz - PTSG).
Dieses sieht nun im § 17 vor, dass die aktiven Beamten der Post und
Telegraphenverwaltung in den Dienststand - nunmehr der Beklagten -
übernommen werden, jedoch die dienstrechtlichen Bestimmungen im
Wesentlichen unberührt bleiben. Es bedeutet, das
öffentlich-rechtliche Dienstverhältnisse weiter von den im PTSG
vorgesehenen Dienstbehörden nach dem Dienstrechtsverfahrensgesetz
behandelt werden (vgl § 17 Abs 4 PTSG ebenso § 17a PTSG). Für die
Entscheidung über dienstrechtliche Ansprüche dieser Beamten nach dem
BDG und dem GehG sind also gar nicht die ordentlichen Gerichte
zuständig, da es sich um keine privatrechtlichen Ansprüche handelt
(vgl OGH 16. 11. 1988, 9 ObA 502/88 = Arb 10.749 = JBl 1989, 734;
ähnlich OGH 18. 3. 1992, 9 ObA 12-15/92 = Arb 11.020 ua).
Auch wenn nun durch das Post-Betriebsverfassungsgesetz eine umfassende Vertretungsbefugnis der Organe der Arbeitnehmerschaft vorgesehen ist, ändert dies nichts daran, dass ein Feststellungsverfahren nach § 54 Abs 1 ASGG nur in Arbeitsrechtssachen nach § 50 Abs 1 ASGG anhängig gemacht werden kann. Dies sind jedoch nur bürgerliche Rechtsstreitigkeiten, nicht aber Streitigkeiten aus einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis. Soweit also das Klagebegehren darauf gerichtet sein sollte, Feststellungen hinsichtlich des Vorliegens von Arbeitszeit und Entgeltansprüchen von Beamten zu treffen, wäre dies wegen der Unzulässigkeit des Rechtsweges zurückzuweisen. Wesentlich ist ferner, dass damit auch gar nicht feststeht, ob überhaupt drei Arbeitnehmer - die nicht Beamte sind - von dem Feststellungsverfahren erfasst sind.
Weiters fällt aber ins Gewicht, dass auch sonst die Arbeitnehmer der Beklagten nicht einem einheitlichen Dienstrecht unterliegen.
So ist nach § 18 PTSG für die bisher bei der Post und Telegraphenverwaltung beschäftigten Vertragsbediensteten vorgesehen, dass deren vor dem Inkrafttreten bestehende Rechte gewahrt werden und für sie allerdings zusätzlich auch der nach § 19 Abs 4 PTSG abzuschließende Kollektivvertrag gilt.
Für die neueintretenden Bediensteten sieht nun wieder § 19 Abs 1 PTSG vor, dass diese dem Angestelltengesetz und dem Kollektivvertrag (vorweg der Dienstordnung) unterliegen.
Weiters bestimmt § 19 Abs 5 PTSG, dass auf die Dienstverhältnisse von Personen, die fallweise jeweils bis zu zwölf Wochen, insbesondere zur Erleichterung der Urlaubsabwicklung aufgenommen werden (Urlaubsersatzkräfte) weder die Bestimmungen des Angestelltengesetzes noch des Kollektivvertrages zur Anwendung kommen.
Schließlich wird in § 15 Abs 2 PTSG festgelegt, dass das Unternehmen unter anderem weder den Bestimmungen des Arbeitszeitgesetzes noch des Arbeitsruhegesetzes unterliegt.
Für die ehemaligen Vertragsbediensteten kommt also hinsichtlich der Regelung der Dienstzeit vorweg § 20 VBG zur Anwendung, der auf die Bestimmungen der §§ 47a bis 50d BDG 1979 mit entsprechenden Modifikationen verweist.
Für die neueintretenden Arbeitnehmer die nicht nur als Urlaubsersatzkräfte im Sinne des § 19 Abs 5 PTSG beschäftigt werden, kommen die Regelungen des Angestelltengesetzes, insbesondere § 6 AngG, aber auch die Bestimmungen des Kollektivvertrages - hier insbesondere die §§ 10 ff der Dienstordnung 2000 (deren Ergänzung durch § 10a ist hier noch nicht anzuwenden, da diese erst mit 1. 10. 2000 wirksam wurde) - in Betracht. Selbst dies gilt jedoch wiederum nicht für die vom § 19 Abs 5 PTSG erfassten Arbeitnehmer.
Neben den Beamten sind also drei weitere Arbeitnehmergruppen in ihren rechtlichen Beziehungen zur Beklagten zu unterscheiden. Es ist nun weder ersichtlich, welche Arbeitnehmergruppe nun konkret von dem Feststellungsbegehren erfasst sein soll, noch ob bei den jeweiligen Veranstaltungen tatsächlich drei Arbeitnehmer der betreffenden Gruppe teilgenommen haben und betroffen sind. Insoweit ist das Feststellungsbegehren und das Vorbringen und die Feststellungen zu unbestimmt.
Dies wurde jedoch bisher weder von der Beklagten eingewendet, noch vom Gericht erörtert. Auch der Oberste Gerichtshof darf die Parteien nicht mit einer Rechtsansicht überraschen. Daher war die Rechtssache zur Erörterung und allfälligen Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurückzuverweisen.
Der Kostenvorbehalt gründet sich auf §§ 2 ASGG, 52 ZPO.
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