Spruch:
Die Verjährung wird schon durch die Klage unterbrochen, wenn auch der Mangel einer erforderlichen besonderen Ermächtigung zur Prozeßführung erst später beseitigt wird
OGH 18. 5. 1971, 8 Ob 91/71 (OLG Innsbruck 1 R 230/70; LG Innsbruck 7 Cg 31/69)
Text
Adolf B, der außereheliche Vater der Erst- bis Drittkläger, wurde am 21. 1. 1966 auf der Bundesstraße am westlichen Ortsausgang von Brixlegg durch den vom Zweitbeklagten gelenkten PKW der Erstbeklagten niedergestoßen und getötet. Der Zweitbeklagte wurde deshalb mit Urteil des Landesgerichtes Innsbruck des Vergehens nach § 335 StG schuldig erkannt.
Die Erst- bis Drittkläger begehrten vom Zweitbeklagten als schuldigem Lenker und von der Erstbeklagten als Halter des Unfallsfahrzeuges unter Berücksichtigung eines Eigenverschuldens des Getöteten von einem Drittel gemäß § 1327 ABGB ab 1. 1. 1969 eine Monatsrente von S 400.-. Mit dem Leistungsbegehren verbunden sie ein dementsprechendes Feststellungsbegehren. Der Viertkläger, der Bezirksfürsorgeverband bei der Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel, begehrte im Hinblick auf seine Leistungen an die Erst- bis Drittkläger bis 31. 12. 1968 unter Berücksichtigung einer Zahlung der PVA von den Beklagten die Zahlung von S 15.312.50 aus dem Titel des Schadenersatzes und der Verwendung.
Die Beklagten haben bestritten, Klagsabweisung beantragt, insbesondere Verjährung eingewendet und ein 75%iges Eigenverschulden des Getöteten behauptet, weil sich dieser schwer alkoholisiert statt am Bankett auf der linken Fahrbahnhälfte bewegt habe.
Das Erstgericht hat - ausgehend von einer Verschuldensaufteilung zwischen dem Zweitbeklagten und Adolf B von 1 : 1 - dem Feststellungsbegehren der Erst- bis Drittkläger stattgegeben und ihnen eine Monatsrente von je S 100.- monatlich zugesprochen. Dem Viertkläger hat es S 8250.- zuerkannt.
Das Berufungsgericht hat infolge der beiderseitigen Berufungen das Ersturteil teilweise abgeändert. Es stellte die Solidarhaftung der Beklagten für die Hälfte des durch den Tod ihres außerehelichen Vaters den Erst- bis Drittklägern entstehenden künftigen Entganges fest. Es sprach diesen ab 1. 1. 1969 eine Monatsrente von je S 167.- bis zur Selbsterhaltungsfähigkeit zu und wies das Mehrbegehren von je S 233.- monatlich ab. Es wies das auf Zahlung eines Betrages von S 15.312.50 gerichtete Begehren des Viertklägers ab.
Der Oberste Gerichtshof hat die Revision der Beklagten, soweit sie Nichtigkeit geltend macht, verworfen und im übrigen den Revisionen beider Streitteile nicht Folge gegeben.
Rechtliche Beurteilung
Aus den Entscheidungsgründen:
Die Revision der Beklagten erblickt eine Nichtigkeit nach § 503 Z 1 (§ 477 Z 5) ZPO darin, daß die Klage der Erst- bis Drittkläger ohne pflegschaftsbehördliche Genehmigung eingebracht und hinsichtlich der Erstbeklagten verspätet saniert wurde. Nach der Aktenlage wurde die Klage der Erst- bis Drittkläger am 20. 1. 1969 eingebracht. Bei der ersten Tagsatzung vom 11. 3. 1969 wurde vom Erstrichter der Auftrag erteilt, binnen 14 Tagen die pflegschaftsbehördliche Genehmigung vorzulegen. Diesem Auftrag wurde fristgerecht lediglich hinsichtlich der Klage gegen den Zweitbeklagten entsprochen. Hierauf setzte der Erstrichter mit Beschluß vom 11. 4. 1969, der den Klägern am 19. 4. 1969 zugestellt wurde, diesen neuerlich eine achttägige Frist zur Vorlage der Prozeßermächtigung. Diese wurde mit dem am 25. 4. 1969 zur Post gegebenen Schriftsatz vorgelegt. Da die Beibringung der Prozeßermächtigung hinsichtlich der Klagsführung gegen die Erstbeklagte nicht in der ersten Frist erfolgt war, hat die Erstbeklagte einen Antrag auf Fällung eines abweislichen Versäumungsurteils gestellt, den das Erstgericht mit einem in das Urteil aufgenommenen Beschluß abgewiesen hat, wogegen die Beklagten in ihrer Berufung remonstrierten. Anläßlich der Erledigung dieser Rüge hat das Berufungsgericht ausgeführt, daß die nicht fristgerechte Behebung des Mangels der Prozeßermächtigung nicht zur Fällung eines klagsabweisenden Versäumnisurteils, sondern nur zur Nichtigerklärung des Verfahrens hätte führen können. Das Berufungsgericht erblickte jedoch in der neuerlichen Fristsetzung durch den Erstrichter eine zulässige Fristverlängerung, in der die Behebung des Mangels erfolgte. Das Berufungsgericht ist somit in die Prüfung der Frage einer allfälligen im erstinstanzlichen Verfahren unterlaufenen Nichtigkeit eingegangen und hat eine solche verneint. Dies steht der Geltendmachung einer solchen angeblichen Nichtigkeit im Verfahren dritter Instanz entgegen (vgl RZ 1968, 108). Die wegen Nichtigkeit erhobene Revision war daher zu verwerfen.
Die Ausführungen der Rechtsrüge, die sich erneut mit der Frage der verspätet eingelangten Prozeßermächtigung auseinandersetzen, sind auf die Ausführungen zur Erledigung des Revisionsgrundes nach § 503 Z 1 ZPO zu verweisen. Geht man hievon aus, dann können auch die Ausführungen der Rechtsrüge zur Verjährung nicht zum Ziel führen. Durch die Sanierung des Mangels der Prozeßermächtigung ist die Klage so zu behandeln, als ob sie von Haus aus mängelfrei eingebracht worden wäre. Damit ist aber nach herrschender Lehre auch die Unterbrechung der Verjährung durch die Klagseinbringung nach § 1497 ABGB eingetreten. Dies ergibt sich insbesondere auch daraus, daß der Gesetzgeber - der Rechtsfürsorgepflicht nach § 21 ABGB entsprechend - in § 6 Abs 2 Satz 2 ZPO die besondere Regelung getroffen hat, daß bei Gefahr im Verzug selbst die prozeßunfähige Partei oder deren Vertreter, vorbehaltlich der Beseitigung des Mangels, zur Vornahme notwendiger Prozeßhandlungen zugelassen werden kann (zB zur Wahrung der Verjährungsfrist, Fasching II 155 Anm 10). Eine derartige Regelung ist nur dann sinnvoll, wenn nach Beseitigung des Mangels die zwischenzeitig gesetzten Prozeßhandlungen voll wirksam werden. Mit Recht haben daher die Vorinstanzen die Unterbrechung der Verjährung durch die Klage der Erst- bis Drittkläger bejaht.
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