OGH 8Ob86/99a

OGH8Ob86/99a26.8.1999

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Langer, Dr. Rohrer, Dr. Adamovic und Dr. Spenling in der Rechtssache der klagenden Partei Georg Klaus W*****, vertreten durch Dr. Johannes Riedl und Dr. Gerold Ludwig, Rechtsanwälte in Haag, wider die beklagte Partei Verlassenschaft nach Wilhelm Johann S*****, vertreten durch Dr. Gerhard Schlager, Rechtsanwalt in Wien als bestellten Verlassenschaftskurator, wegen Feststellung (Streitwert S 300.000,--) und Zustimmung zur Eigentumseinverleibung, infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 25. März 1998, GZ 13 R 7/98i-33, mit dem infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 14. Oktober 1997, GZ 2 Cg 88/96t-26, bestätigt wurde, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird teilweise Folge gegeben.

Die angefochtene Entscheidung wird dahingehend abgeändert, daß die Absätze 1, 2 und 5 der erstgerichtlichen Entscheidung lauten:

"Das Klagebegehren, es werde festgestellt, daß der Kläger Georg Klaus W*****, Eigentümer von 97/222 Anteilen, mit denen Wohnungseigentum an der Wohnung Top Nr. 1 untrennbar verbunden ist, die bücherlich derzeit dem Wilhelm S*****, an der Liegenschaft EZ 410, Grundbuch 20132 H*****, bestehend aus dem Grundstück 390/56, Baufläche (begrünt) zugeschrieben sind, sei, und

es werde weiters festgestellt, daß der Kläger Georg Klaus W*****, Alleineigentümer der Liegenschaft EZ 409, Grundbuch 20132 H*****, bestehend aus dem Grundstück 390/55, Baufläche (begrünt), derzeit bücherlich dem Wilhelm S*****, zugeschrieben, sei,

wird abgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, dem Kläger S 3.445,-- an Gerichtsgebühren binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen. Im übrigen werden die Kosten gegenseitig aufgehoben."

Im übrigen, also hinsichtlich der Absätze 3 und 4 des erstgerichtlichen Urteils wird die angefochtene Entscheidung des Berufungsgerichtes bestätigt.

Die Kosten des Verfahrens zweiter und dritter Instanz werden gegenseitig aufgehoben.

Text

Entscheidungsgründe:

Der verstorbene Johann Wilhelm S***** war fremdnütziger Treuhänder des Klägers hinsichtlich der 97/222 Anteile, mit denen Wohnungseigentum an Top Nr. 1 verbunden ist, an der im Spruch genannten Liegenschaft sowie der weiteren im Spruch genannten Liegenschaft. Er ist als grundbücherlicher Eigentümer eingetragen. Erbserklärungen wurden bisher nicht abgeben.

Der Kläger behauptet sein Eigentum an der im Spruch genannten Liegenschaft und dem dort genannten Liegenschaftsanteil mit der Begründung, der Verstorbene habe diese nur als sein Treuhänder gehalten und das Eigentumsrecht des Klägers daran nie bestritten. Er begehrt nunmehr nach dem Tod des Treuhänders einerseits die Feststellung seines Eigentums daran und andererseits die Abgabe entsprechender Erklärungen, die zur Einverleibung seines Eigentumrechtes notwendig sind.

Die beklagte Verlassenschaft bestritt vorerst das Vorliegen einer Treuhandvereinbarung und behauptete das Eigentumsrecht des Verstorbenen wie im Grundbuch eingetragen.

Im Revisionsverfahren ist nicht mehr strittig, daß der Verstorbene fremdnütziger Treuhänder des Klägers war.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung in der Hauptsache, sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 52.000,-- und S 260.000,-- übersteige und die ordentliche Revision nicht zulässig sei, weil keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung zu lösen gewesen sei. In rechtlicher Hinsicht ging es von der im Revisionsverfahren nun nicht mehr strittigen Tatsache aus, daß zwischen dem Kläger als Treugeber und dem Verstorbenen als Treuhänder ein fremdnütziges Treuhandverhältnis bestanden habe. Der Treuhänder könne das übertragene Eigentum aufgrund einer besonderen obligatorischen Bindung zum Treugeber ausüben. Der Treugeber bleibe "wirtschaftlicher Eigentümer". Die Ausgestaltung des Rechtsverhältnisses zwischen den Parteien hinsichtlich einer Beendigung des Treuhandverhältnisses hänge von der Regelung im Einzelfall ab. Im Zweifel ende das Treuhandverhältnis mit dem Tod des Treuhänders. Damit erlösche das Eigentum des Treuhänders von selbst und falle an den "Schuldner". Der Titel für den Eigentumsübergang sei der Treuhandvertrag, Modus die begehrte Aufsandungserklärung. Das Erstgericht habe daher zu Recht ein Eigentumsrecht des Klägers an den genannten Liegenschaften bejaht. Auch die begehrte Aufsandungserklärung sei berechtigt und nicht unbestimmt gefaßt.

Gegen die Entscheidung des Berufungsgerichtes richtet sich die außerordentliche Revision der beklagten Partei wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung und Mangelhaftigkeit des Verfahrens mit dem Antrag auf Zulassung der außerordentlichen Revision und Abänderung der angefochtenen Entscheidung im klagsabweisenden Sinn; hilfsweise stellt sie auch einen Aufhebungsantrag.

Der Kläger beantragt, die außerordentliche Revision zurückzuweisen, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig und teilweise auch berechtigt.

Die beklagte Partei macht geltend, daß diese Entscheidung mit sich selbst im Widerspruch stehe. Bejahe man das Erfordernisses eines Übertragungsaktes, könne der Kläger noch nicht Eigentümer sein; das Feststellungsbegehren wäre daher abzuweisen. Verneine man das Erfordernis eines sachenrechtlichen Übertragungsaktes, bedeute dies ein Abgehen von den §§ 380, 425 und 431 ABGB und der darauf aufbauenden ständigen Rechtsprechung.

Zuzubilligen ist dem Revisionswerber der Einwand, daß die Entscheidung mit sich selbst insoweit im Widerspruch steht, als sich die Feststellung des Eigentumsrecht des Klägers (Absätze 1 und 2 des erstgerichtlichen Urteilsspruch) und die Verpflichtung der beklagten Partei zur Abgabe der für die Eigentumseinverleibung notwendigen Aufsandungserklärungen (Absätze 3 und 4 des erstgerichtlichen Urteilsspruch) nicht vereinbaren lassen, weshalb die außerordentliche Revision zulässig ist.

Mit der notwendigen Deutlichkeit begehrt der Kläger die Einverleibung seines Eigentumsrechts im Grundbuch infolge Beendigung des Treuhandverhältnisses durch den Tod des Treuhänders; er hält also im Sinn der ständigen Rechtsprechung einen sachenrechtlichen Übertragungsakt für nötig. Mit Punkt 1 und 2 seines Begehrens will er offensichtlich festgestellt wissen, daß er "wirtschaftlicher Eigentümer" (SZ 25/249; 45/21; 53/31 uva) der streitgegenständlichen Liegenschaften infolge des Vorliegens eines Treuhandverhältnis zwischen ihm als Treugeber und dem Verstorbenen als Treuhänder ist, weil diese Treuhandvereinbarung vorerst von der beklagten Verlassenschaft bestritten wurde.

Das Begehren in der vorliegenden Form, in der es auch in die Entscheidungen der Vorinstanzen eingegangen ist, ist aber aus zwei Gründen nicht berechtigt: Einerseits ist es - offensichtlich irrig - auch auf die Feststellung des dinglichen Eigentums des Klägers gerichtet, was unzutreffend ist, weil das Treugut nur wirtschaftlich seinem Vermögen zuzurechnen ist und der Treuhänder nur auf Grund schuldrechtlicher Bindung seinen Weisungen unterliegt, das Vollrecht an dem Treugut aber dem Treuhänder zusteht, dieser also mehr "kann", als er "darf" (für alle Koziol/Welser, Grundriß des bürgerlichen Rechts I10 179 mwN). Andererseits ist das Feststellungsbegehren aber auch deshalb unberechtigt, weil der Kläger ein Leistungsbegehren (Abgabe aller zur Einverleibung seines Eigentumsrecht notwendigen Erklärungen) stellen kann und auch gestellt hat; ist ein Leistungsbegehren möglich und bringt es wie hier alles oder mehr, was auch das Feststellungsbegehren bringen könnte, fehlt die Anspruchsvoraussetzung des rechtlichen Interesses an der alsbaldigen Feststellung und ist es nach der Rechtsprechung abzuweisen (dazu für alle Fasching LB2 Rz 1096), sodaß das Feststellungsbegehren selbst dann, wenn es auf Feststellung nur seines "wirtschaftlichen" Eigentums eingeschränkt würde, unberechtigt wäre.

Die Absätze 1 und 2 der angefochtenen Entscheidung sind daher im klagsabweisenden Sinn abzuändern.

Hingegen ist die Verurteilung der beklagten Verlassenschaft zum Leistungsbegehren (Abgabe der für die Einverleibung des Eigentumsrechts des Klägers notwendigen Erklärungen, insbesondere entsprechende Aufsandungserklärungen) berechtigt.

Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, daß die Beendigung eines Treuhandverhältnisses von der Regelung im Einzelfall abhängt, im Zweifel aber mit dem Tod des Treuhänders endet (SZ 49/25): Das Treuhandverhältnis ist nämlich in der Regel ein Auftragsverhältnis (SZ 66/82 ua) und das persönlich entgegengebrachte Vertrauen bildet die Voraussetzung für die Treuhand (SZ 49/25), weshalb es gemäß § 1022 ABGB durch den Tod des Treuhänders erlischt.

Allerdings geht entgegen den irreführenden Ausführungen der Berufungsentscheidung das Eigentum - von hier nicht vorliegenden Ausnahmsfällen abgesehen (Tod als auflösende Bedingung vereinbart, die aber bei Liegenschaften nicht möglich ist [Kastner in FS - Hämmerle 165]) - nicht von selbst auf den Treugeber über, sondern es bedarf der Eigentumsübergang eines gültigen Titels und Modus. Titel ist der Tod des Treugebers, weil - wie bereits erwähnt - in der Regel gemäß § 1022 ABGB das Treuhandverhältnis durch den Tod des Treuhänders erlischt, sofern nicht im Einzelfall anders bestimmt ist. Modus ist bei Liegenschaften die Einverleibung des Eigentumsrechts im Grundbuch für den Treugeber. Um diese zu ermöglichen, ist bei Beendigung des Treuhandverhältnisses der Treuhänder und im Falle seines Todes seine Verlassenschaft bzw seine Erben schuldrechtlich aus dem Treuhandverhältnis und dessen Nachwirkungen verpflichtet, die für die Eigentumseinverleibung notwendigen Erklärungen abzugeben.

Die beklagte Verlassenschaft wurde daher zu Recht zur Abgabe dieser Erklärungen verurteilt, sodaß insoweit (hinsichtlich der Absätze 3 und 4 des erstgerichtlichen Urteils) die Entscheidung des Berufungsgerichtes zu bestätigen ist.

Der vorsichtsweise auch unter dem Revisionsgrund der Mangelhaftigkeit des Verfahrens erhobene Einwand der beklagten Partei, daß auch dieses Leistungsbegehren abzuweisen wäre, weil es sich nur auf den Rechtsgrund des Eigentumsrecht stütze und der Kläger keinen obligatorischen Anspruch auf Übertragung seines Eigentumsrechts geltendgemacht habe, ist verfehlt. Der Kläger hat hinreichend deutlich gemacht, daß das Ende des Treuhandverhältnisses ihm einen obligatorischen Anspruch auf Übertragung des Eigentums gibt, mag er auch unscharf bereits von "seinem Eigentum" gesprochen haben, obwohl derzeit die Liegenschaften nur wirtschaftlich seinem Vermögen zuzurechnen sind.

Die Entscheidung über die Kosten sämtlicher Instanzen beruht auf den §§ 43 Abs 1 und 50 ZPO.

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