OGH 8Ob725/89

OGH8Ob725/8918.1.1990

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Griehsler als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kropfitsch, Dr. Huber, Dr. Graf und Dr. Jelinek als weitere Richter in der Vormundschaftssache der mj. Tanja F***, geboren am 26. Oktober 1984, infolge Revisionsrekurses des M*** DER S*** W***, Bezirksjugendamt für den 6. und 7. Bezirk, 1060 Wien, Hamerlingstraße 11, gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 31. August 1989, GZ 44 R 566/89-30, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Favoriten vom 2. August 1989, GZ 1 P 58/89-27, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Der M*** DER S*** W***, Bezirksjugendamt für den 6. und 7. Bezirk, beantragte seine Enthebung von der Stelle eines besonderen Sachwalters nach § 9 UVG für die mj. Tanja F***, geboren am 26. Oktober 1984, weil das Jugendamt zur Durchsetzung der Unterhaltsansprüche der Minderjährigen nichts mehr beizutragen vermöge (ON 24).

Das Erstgericht wies den Antrag ab. Sein Beschluß wurde vom Rekursgericht bestätigt.

Beide Instanzen legten ihren Entscheidungen zugrunde, daß der unterhaltsverpflichtete Vater der mj. Tanja F*** in der Zeit vom 1. Jänner 1989 bis 30. Juni 1989 eine Haftstrafe verbüßt und der Minderjährigen für diese Zeit Unterhaltsvorschüsse gemäß § 4 Z 3 UVG gewährt werden. Das Jugendamt habe bisher die Interessen des Kindes dadurch gewahrt, daß es nach Anerkennung der Vaterschaft eine Unterhaltsvereinbarung geschlossen und für die Zeit der nunmehrigen Strafhaft des Vaters die Gewährung von Unterhaltsvorschüssen bewirkt habe. Auch nach der spätestens zum 1. Juni 1990 zu erwartenden Haftentlassung des Vaters sei mit Schwierigkeiten bei der Durchsetzung des Unterhaltsanspruches der Minderjährigen zu rechnen, zu deren Überwindung das Jugendamt in der Regel besser in der Lage sei. Insbesondere im Hinblick auch auf die Möglichkeit einer vorzeitigen Haftentlassung des Vaters handle es sich um einen relativ kurzen Zeitraum, so daß eine vorübergehende Enthebung des Unterhaltssachwalters nicht gerechtfertigt erscheine. Gegen die Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz erhebt der M*** DER S*** W***, Jugendamt, einen auf den Beschwerdegrund der "Gesetzwidrigkeit" gestützten Revisionsrekurs mit dem Begehren, die vorinstanzlichen Beschlüsse in Stattgebung seines Antrages abzuändern. Hiezu wird vorgebracht, im Falle zukünftiger Schwierigkeiten könne der Vertreter der Minderjährigen jederzeit beim Jugendamt eine Erklärung gemäß § 212 Abs 2 ABGB abgeben und dieses sodann sofort wieder für das Kind tätig werden. Die vorinstanzlichen Entscheidungen entsprächen daher nicht dem geltenden Recht (§ 9 Abs 3 UVG).

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 16 AußStrG kann gegen einen bestätigenden Beschluß des Gerichtes zweiter Instanz ein Revisionsrekurs nur aus den Beschwerdegründen der Nichtigkeit, der Aktenwidrigkeit und der offenbaren Gesetzwidrigkeit erhoben werden. Eine offenbare Gesetzwidrigkeit liegt nach der ständigen Rechtsprechung lediglich dann vor, wenn ein Fall im Gesetz ausdrücklich und so klar gelöst ist, daß kein Zweifel über die Absicht des Gesetzgebers aufkommen kann und dennoch eine damit in Widerspruch stehende Entscheidung gefällt wurde. Es bildet daher nicht schon eine (einfache) unrichtige rechtliche Beurteilung eine "offenbare" Gesetzwidrigkeit (siehe hiezu Verfahren Außerstreitsachen MGA30 E 19 zu § 16). Wenn es sich um Ermessensentscheidungen handelt, kann schon begrifflich keine offenbare Gesetzwidrigkeit vorliegen (Verfahren Außerstreitsachen aaO E 23).

Nach der Regelung des § 9 Abs 3 UVG ist die Bezirksverwaltungsbehörde als besonderer Sachwalter zu entheben, "wenn sie zur Durchsetzung des Unterhaltsanspruches des Kindes nach der Lage des Falles nichts beizutragen vermag." Diese Bestimmung ordnet somit nicht ausdrücklich an, unter welchen konkreten Voraussetzungen eine Enthebung des besonderen Sachverwalters zu erfolgen hat, sondern macht dies von den jeweiligen Umständen des Einzelfalles abhängig. Damit scheidet die Annahme eines Verstoßes der angefochtenen Entscheidung gegen eine ausdrückliche gesetzliche Regelung aber von vornherein aus. Die Beurteilung des Rekursgerichtes, nach den Umständen des vorliegenden Falles werde der besondere Sachwalter schon in der nächsten Zeit wieder mit der Durchsetzung des Unterhaltsanspruches der mj. Tanja F*** gegen ihren Vater befaßt sein, so daß eine Enthebung nicht stattzufinden habe, erscheint demgemäß nicht offenbar gesetzwidrig. Der Revisionsrekurs war daher als unzulässig zurückzuweisen.

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