Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die Klägerin ist schuldig, den Beklagten die mit 10.563,45 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin die Barauslagen von 1.500 S und die Umsatzsteuer von 823,95 S) je zur Hälfte binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin beantragte gegenüber den Beklagten die Feststellung, daß ihr an der Wohnung top. Nr. 15 im Haus Seilerstätte 16 in Wien Hauptmietrechte zustünden. Die seinerzeitige Mieterin Dr. Brigitte S*** habe das ihr eingeräumte Recht, die Mietrechte an einen Dritten weiterzugeben, durch Übertragung der Mietrechte an die Klägerin ausgeübt. Obwohl die Hausverwalterin davon in Kenntnis gesetzt wurde, lehnten es die Beklagten ab, die Klägerin als Hauptmieter zu akzeptieren.
Die Beklagten beantragten die Abweisung des Klagebegehrens. Ein Weitergaberecht sei Dr. S*** nur an solche Dritte zugestanden worden, gegen die keine begründeten Bedenken bestanden. Beim Vertragsabschluß im Jahre 1982 seien Wohnzwecke im Vordergrund gestanden, dies mit der Berechtigung, die Räumlichkeiten auch teilweise als Büro und Ordination zu verwenden. Die Bedenken gegen die Klägerin bestünden darin, daß mit baupolizeilichen Schwierigkeiten zu rechnen ist, weil die Räumlichkeiten als Wohnung gewidmet sind, von einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung aber naturgemäß nicht als Wohnung verwendet werden können. Deshalb werde eine Weitergabe an eine GesmbH abgelehnt. Um eine Zustimmung zur Weitergabe der Bestandrechte an die Klägerin seien die Beklagten außerdem nie gefragt worden; es sei ihnen lediglich die "Weitergabe" mitgeteilt worden.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es traf nachstehende Feststellungen:
Im Mietvertrag vom 15. Februar 1982 wurde der Hauptmieterin Dr. Brigitte S*** unter anderem nachstehende Berechtigung eingeräumt:
"Der Mieter ist berechtigt, alle Rechte und Pflichten dieses Vertrages innerhalb einer Frist von 5 Jahren ab Mietbeginn an Dritte abzutreten, gegen die keine begründeten Bedenken bestehen und treten diese sohin vollinhaltlich in diesen Mietvertrag ein (§ 10 3. Satz des Mietvertrages)."
Die Weitergabe an eine juristische Person ist im Vertrag nicht ausdrücklich ausgeschlossen. Auch ist im Vertrag das Erfordernis einer ausdrücklichen Zustimmung der Hauseigentümer zu der in Aussicht genommenen dritten Person ebensowenig wie ein sonstiges Mitwirkungserfordernis der Hauseigentümer vorgesehen. Mit dem Schreiben vom 13. September 1985 erklärte die Hauptmieterin, alle Rechte und Pflichten aus ihrem Mietvertrag an die Klägerin per 1.Oktober 1985 abzutreten. Die Person der Klägerin als "Nachmieter" wurde der Hausverwalterin mitgeteilt. Diese antwortete mit dem Schreiben vom 27.September 1985, daß sie dieses Schreiben weder als Kündigung noch als Veräußerung eines Unternehmens ansehe und Dr. S*** nach ihrer Auffassung weiterhin Mieter sei. Sie ersuchte in dem Antwortschreiben an Dr. S***, dies auch dem von ihr namhaft gemachten Nachmieter Dr. S*** zur Kenntnis zur bringen. Die "Hausinhabung" ist keinesfalls mit der Übertragung des Vertrages an eine Handelsgesellschaft einverstanden. Mit dem Schreiben vom gleichen Tag teilte die Klägerin der Hausverwalterin ihren Eintritt in den Mietvertrag Dris. S*** per 1. Oktober 1985 mit, was mit dem Antwortschreiben der Hausverwalterin an Dr. S*** vom 2. Oktober 1985 nochmals abgelehnt wurde.
Rechtlich ging das Erstgericht davon aus, daß die Vormieterin Dr. S*** von einem ihr eingeräumten Recht Gebrauch gemacht und ihre Mietrechte auf die Klägerin per 1. Oktober 1985 daher wirksam übertragen habe. Eine Mitwirkung bzw. eine Zustimmung der Bestandgeber sei zu diesem Übertragungsakt nicht erforderlich. Die vom Vermieter geäußerten Bedenken gegen die Person der Klägerin seien unbegründet, weil auch eine juristische Person ein Bestandobjekt zu Wohnzwecken mieten könne und darüber hinaus die Wohnung nicht ausschließlich zu Wohnzwecken vermietet gewesen sei. Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten Folge, änderte das erstgerichtliche Urteil dahin ab, daß es das Klagebegehren abwies und sprach aus, daß der von der Abänderung betroffene Wert des Streitgegenstandes 300.000 S übersteigt. Das Berufungsgericht vertrat die Auffassung, daß es sich im vorliegenden Fall zwar um ein vereinbartes echtes Weitergaberecht der Hauptmieterin gehandelt habe, wobei allerdings aus dem Vorbehalt, daß gegen den Dritten, an den die Mietrechte abgetreten werden, "keine begründeten Bedenken" bestehen dürfen, eindeutig ein Mitwirkungswille des Bestandgebers im Hinblick auf die Auswahl der Person des Dritten zu entnehmen sei. Wenn auch dieser Vorbehalt nicht gerade griffige Anhaltspunkte dafür liefere, welche Bedenken der Dritte gegen sich gelten lassen muß, so könne doch nicht von vornherein davon ausgegangen werden, daß bei Einräumung des Abtretungsrechtes bereits eine unbedingte Zustimmung für alle in Betracht kommenden Mietrechtsabtretungen erteilt worden wäre. Aufgrund der bloßen Verständigung von der Abtretung des Mietrechtes an die Klägerin sei ein Bestandverhältnis daher noch nicht zustandegekommen. Ob der vom Vermieter erhobene Einwand gegen den Dritten nach den Grundsätzen von Treu und Glauben akzeptiert werden müsse oder nicht, bräuchte allerdings erst in einem Verfahren auf Erwirkung der Zustimmung des Vermieters geprüft zu werden. Gegen die Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz richtet sich die Revision der Klägerin aus dem Anfechtungsgrund des § 503 Abs 1 Z 4 ZPO mit dem Antrag, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, daß die Entscheidung des Erstgerichtes wiederhergestellt werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Die Beklagten beantragen in der Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
Die Klägerin stellt sich in der Revision auf den Standpunkt, daß im bezogenen Bestandvertrag unter Berücksichtigung des Textes des Vertrages in seiner Gesamtheit weder das Erfordernis einer ausdrücklichen Zustimmung noch ein sonstiges Mitwirkungserfordernis der Hauseigentümer zum in Aussicht genommenen Nachmieter vorgesehen sei. Dazu war zu erwägen:
Wenn der Vermieter im Mietvertrag im vorhinein einem Mieterwechsel zustimmte und der Mieter in der Folge sein Mietrecht einem anderen überträgt, tritt dieser andere dann, ohne daß es einer weiteren Zustimmung des Vermieters bedarf, in die vollen Rechte und Pflichten des bisherigen Mieters ein; dieser scheidet aus dem Mietverhältnis aus, der neue Mieter wird voller Vertragspartner des Vermieters; es liegt eine Vertragsübernahme vor, der Übergang der Rechte und Pflichten aus dem Bestandvertrag ist mit der Mitteilung an den Bestandgeber vollzogen (vgl. MietSlg 25.132; MietSlg 26.114 ua). Mit einem solchen Vertrag geht der Bestandgeber allerdings ein Risiko ein, weil er den künftigen aus dem Bestandvertrag Verpflichteten noch nicht kennt und daher seine Fähigkeit, die Verpflichtungen aus dem Vertrag zu erfüllen, nicht abschätzen kann. Im Zweifel ist daher ein solche Zustimmung zur Vertragsübernahme unter Befreiung des bisherigen Mieters von dessen Verpflichtungen nicht anzunehmen (MietSlg 26.114 ua).
Wurde der Vermieter vor einer gegen die redliche Verkehrsübung verstoßenden Auswahl des Nachmieters - wie im vorliegenden Fall - durch die Aufnahme einer Bestimmung in den Mietvertrag geschützt, wonach das Mietobjekt nur an jemanden weitergegeben werden dürfe, gegen den keine begründeten Bedenken obwalten, so wurde das Auswahlrecht des Mieters in dieser Richtung beschränkt. Wurde diese Beschränkung des Auswahlrechtes bei Mietvertragsabschluß iS des Standpunktes der Klägerin nicht näher besprochen, dann ist sie gemäß § 914 ABGB so zu verstehen, wie es der Übung des redlichen Verkehrs entspricht. Der Übung des redlichen Verkehrs entspricht es, daß der Mieter dem Hauseigentümer den in Aussicht genommenen Nachmieter bekanntgibt und ihm eine angemessene Frist zur Stellungnahme einräumt. Innerhalb dieser Frist ist es Sache des Hauseigentümers, in die Mietrechtsübertragung einzuwilligen oder diese abzulehnen (MietSlg 20.155; 7 Ob 588/84 ua). Letzteres gilt aber auch, wenn der Standpunkt der Beklagten, wonach der Vertragszweck ohnedies erörtert worden und primär der Wohnzweck im Vordergrund gestanden sei, zum Tragen kommt.
Im vorliegenden Fall übten nun die Beklagten ihr Recht, in die Mietrechtsübertragung einzuwilligen oder diese abzulehnen, dahin aus, daß sie sowohl gegenüber der Mieterin als auch gegenüber deren Nachmieterin, der Klägerin, ausdrücklich erklären ließen, mit der Übertragung der Mietrechte an diese nicht einverstanden zu sein. Dabei wiesen sie darauf hin, daß die Klägerin eine Handelsgesellschaft sei, was nur dahin verstanden werden kann, daß die Beklagten im Sinne ihres von Anfang an vertretenen Standpunktes gegen die Übertragung der Mietrechte von einer natürlichen auf eine juristische Person begründete Bedenken hatten und aus diesem Grund mit der vorgesehenen Maßnahme nicht einverstanden waren. Unter diesen Umständen fehlt es daher der auf Feststellung des Bestehens von Hauptmietrechten am Bestandgegenstand gerichteten Klage an der erforderlichen Zustimmung der Beklagten zur Abtretung der Hauptmietrechte durch Dr. S*** an die Klägerin. Ob die Ablehnung zu Recht erfolgte, ist nicht im Feststellungsprozeß zwischen Nachmieter und Vermieter, sondern im Rechtsstreit zwischen Mieter und Vermieter zu entscheiden, in welchem der Vermieter im Falle seiner unbegründeten Weigerung verhalten werden kann, der Übertragung der Mietrechte zuzustimmen (MietSlg 20.155; 7 Ob 588/84 ua). Solange die Beklagten aber die Zustimmung nicht erteilt haben oder durch Richterspruch dazu verpflichtet wurden, fehlt es an einer wesentlichen Voraussetzung für die Wirksamkeit der bezogenen Mietrechtsübertragung und damit an einer wesentlichen Anspruchsvoraussetzung für das Zurechtbestehen des Klagebegehrens. Der Revision der Klägerin mußte sohin der Erfolg versagt werden. Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.
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