OGH 8Ob665/87

OGH8Ob665/879.12.1987

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichthofes Dr. Stix als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Vogel, Dr. Kropfitsch und Dr. Zehetner als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Kurt B***, Osserstraße 34, 8000 München, BRD, wider die beklagte Partei G***-W*** Handelsgesellschaft mbH, Textilhandel, Grazbachgasse, 8010 Graz, wegen Wiederaufnahme des Verfahrens 7 Cg 184/85 des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz infolge Rekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Graz vom 11. September 1987, GZ Jv 15.347-17d/87-3, womit der Ablehnungsantrag des Klägers betreffend den "4. Zivilsenat" des Oberlandesgerichtes Graz zurückgewiesen wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Mit Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 14. Oktober 1985, 7 Cg 184/85, wurde das gegen die GÖ-WA Handelsgesellschaft mbH, Textilgroßhandel erhobene auf Zahlung von DM 30.975,42 sA gerichtete Klagebegehren Kurt B*** abgewiesen.

Der am 14. April 1986 von Kurt B*** gestellte Antrag, ihm die Verfahrenshilfe zur Einbringung einer Wiederaufnahmsklage hinsichtlich des Verfahrens 7 Cg 184/85 des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz zu bewilligen wurde abgewiesen (Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 17. Juni 1986, 7 Nc 2/86). Der von Kurt B*** dagegen erhobene Rekurs an das Oberlandesgericht Graz blieb erfolglos. Auch ein am 18. September 1986 gestellter, auf die Bewilligung der Verfahrenshilfe zum Zwecke der Erhebung der genannten Wiederaufnahmsklage gerichteter Antrag Kurt B*** wurde rechtskräftig angewiesen (7 Nc 6/86 des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz). Mit Beschluß vom 1. April 1987 wies das Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz einen weiteren Antrag des ehemaligen Klägers auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Einbringung einer Wiederaufnahmsklage hinsichtlich des Verfahrens 7 Cg 184/85, der am 27. Oktober 1986 gestellt worden war, wegen Aussichtslosigkeit der beabsichtigten Rechtsverfolgung ab. Dem dagegen von Kurt B*** erhobenen Rekurs gab das Oberlandesgericht Graz nicht Folge (Beschluß vom 26. Juni 1987, 4 R 124/87-12). In dem an das Oberlandesgericht Graz, 4. Zivilsenat, gerichteten Schreiben vom 5. August 1987 erklärte Kurt B*** unter Hinweis auf den Beschluß des Oberlandesgerichtes Graz vom 26. Juni 1987, 4 R 124/87-12, "neuerlich einen Ablehnungsantrag gegen den 4. Senat des Oberlandesgerichtes Graz zu stellen, weil die Begründung dieses Beschlusses nur die subjektive Meinung des Erstgerichtes wiedergebe und sein Vorbringen hinsichtlich der Beweise, die er dem Gericht zu liefern in der Lage sei, nicht zugelassen worden sei."

Mit Beschluß vom 11. September 1987, Jv 15.347-17d/87-3, wies das Oberlandesgerichtes Graz diesen Ablehnungsantrag als unzulässig zurück. Gegen den bestätigenden Beschluß des Oberlandesgerichtes Graz sei ein weiteres Rechtsmittel gemäß § 528 ZPO nicht zulässig. Der Beschluß des Rekursgerichtes sei somit unanfechtbar und rechtskräftig. Nach eingetretener Rechtskraft könnten aber Ablehnungsgründe hinsichtlich des zu dieser Entscheidung führenden Verfahrens nicht mehr wahrgenommen werden (Fasching, Lehrbuch Rdz 162). Jede andere Auffassung führte zu dem systemwidrigen Ergebnis, daß eine rechtskräftige Entscheidung bloß im Rahmen eines nachfolgenden Ablehnungsverfahrens, nämlich durch einen späteren Ablehnungsantrag in Verbindung mit dessen rechtskräftiger Stattgebung beseitigt werden könnte, obwohl eine derartige Durchbrechung der Rechtskraft grundsätzlich der Nichtigkeitsklage nach § 529 ZPO vorbehalten sei und selbst eine solche nicht auf einen Ablehnungsgrund gestützt werden könne (Fasching aaO, Rdz 2046). Letzteres ergäbe sich eindeutig aus dem Wortlaut des § 529 Abs 1 Z 1 ZPO, der im Gegensatz zu § 477 Abs 1 Z 1 ZPO den rechtskräftig abgelehnten Richter nicht erwähne, was auch gerechtfertigt erscheine, weil dieser Nichtigkeitsgrund in der Regel bereits im Hauptverfahren bekannt gewesen sei und in diesem mit ordentlichem Rechtsmittel habe geltend gemacht werden können (Fasching aaO, Rdz 2046). Soweit es sich - wie hier - um Richter handle, deren Entscheidung nicht mehr mit ordentlichem Rechtsmittel anfechtbar sei, treffe diese Auffassung allerdings nicht zu. Hier handle es sich jedoch nach herrschender Meinung um eine gewollte Regelungslücke (Fasching aaO, Rdz 2046).

Schon aus diesen Erwägungen erweise sich der Ablehnungsantrag - der im übrigen auch inhaltlich unbegründet

sei - als unzulässig.

Am 1. Oktober 1987 langte beim Oberlandesgericht Graz der mit 30. September 1987 datierte Schriftsatz Kurt B*** ein, in dem er erklärt, gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Graz vom 11. September 1987, Jv 15.347-17d/87-3, "Nichtigkeitsbeschwerde gemäß § 529 ZPO" zu erheben "bzw. die Gewährung von Verfahrenshilfe zwecks Beigebung eines Rechtsanwaltes zum Einbringen der Nichtigkeitsklage gemäß § 529 ZPO" zu beantragen. Nach Einleitung eines Verbesserungsverfahrens (§§ 84, 85 ZPO) legte Kurt B*** seinen Schriftsatz fristgerecht mit der weiteren Erklärung wieder vor, gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Graz vom 11. September 1987 Rekurs erheben zu wollen; gegen den "Rekursbeschluß" 4 R 124/87 beabsichtige er mit "Nichtigkeitsklage" vorzugehen. Es ist daher davon auszugehen, daß der vorliegende Schriftsatz Kurt B*** als Rekurs gegen die Zurückweisung des von ihm erhobenen Ablehnungsantrag aufzufassen ist.

Rechtliche Beurteilung

Gegenstand des Verfahrens ist zunächst nur die Bewilligung der Verfahrenshilfe zwecks Einleitung eines Rechtsstreits. Schon in diesem Verfahrensstadium, somit vor Einleitung des eigentlichen Rechtsstreits, ist, wie der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung SZ 33/122 ausgesprochen hat, ein Ablehnungsantrag möglich, weil gemäß § 63 Abs 1 ZPO bei Bewilligung der Verfahrenshilfe geprüft werden muß, ob die beabsichtigte Rechtsverfolgung nicht offenbar mutwillig und aussichtslos erscheint, demnach eine gewisse rechtliche Beurteilung der Sache bereits in diesem Verfahrensstadium stattzufinden hat. Durch § 528 Abs 1 Z 3 ZPO sind Rekurse gegen Entscheidungen des Gerichtes zweiter Instanz über die Verfahrenshilfe unzulässig. Darunter fallen alle Entscheidungen, die Gegenstände betreffen, die im siebenten Titel des ersten Abschnitts der ZPO (§§ 63 bis 73 ZPO) geregelt sind (4 Ob 134/84; EFSlg. 34.834; EvBl. 1977/175; EvBl. 1975/34; Fasching Komm. ErgBd 58; Fasching, Lehrbuch Rz 2020), gleichgültig, ob das Gericht zweiter Instanz in der Angelegenheit der Verfahrenshilfe in erster oder zweiter Instanz entschieden hat (RZ 1980/65). Dem Gesetz ist jedoch nicht zu entnehmen, daß der Rechtsmittelausschluß auch für eine Entscheidung über die Ablehnung von Richtern in diesem Verfahrensstadium zu gelten habe, sodaß die Bestimmung des § 24 Abs 2 JN, die eine vollständige Ordnung des Rechtsmittelzuges eigener Art beinhaltet (EvBl. 1977/173; RZ 1955, 95; JBl. 1951, 488; SZ 18/6), ohne Einschränkung zur Anwendung gelangt. Der erhobene Rekurs ist daher zulässig, aber nicht berechtigt. Das Oberlandesgericht Graz hat zutreffend erkannt, daß der Beschluß des Rekursgerichtes vom 26. Juni 1987, 4 R 124/87-12, in Rechtskraft erwachsen ist und Ablehnungsgründe hinsichtlich des zu dieser Entscheidung führenden Verfahrens nicht mehr wahrgenommen werden können (in diesem Sinne auch 8 Ob 510/76, 8 Ob 528/76, 8 Ob 547/77 ua). Die Entscheidung des Oberlandesgerichtes Graz über den Ablehnungsantrag entspricht somit der Sach- und Rechtslage. Dem Rekurs konnte daher kein Erfolg beschieden sein.

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