OGH 8Ob657/87

OGH8Ob657/8728.6.1988

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Scheiderbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Vogel, Dr. Melber und Dr. Kropfitsch als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei D*** AG B***, Internationale Spedition, Leimenstraße 1, CH-4002 Basel, Schweiz, vertreten durch Dr. Hans Gerhard Schreiber, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagten Parteien 1) T*** S*** M.B.H.,

Dr. Salzmannstraße 10, 4600 Wels, und

2) S*** M.B.H., Wolfsgrub 10, 4812 Pinsdorf, die zweitbeklagte Partei vertreten durch Dr. Gerhard Blasche, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 3,802.124,-- s.A. (Revisionsstreitwert S 3,043.006,70), infolge Revision der zweitbeklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 24. Juni 1987, GZ 2 R 131/86-53, womit infolge Berufung der zweitbeklagten Partei das Urteil des Kreisgerichtes Wels vom 14. Februar 1986, GZ 7 a Cg 213/84-38, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die zweitbeklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 28.169,40 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin Barauslagen von S 6.000,-- und Umsatzsteuer von S 2.015,40) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin begehrte mit ihrer am 23.8.1984 beim Erstgericht eingebrachten Klage die Verurteilung der Beklagten zur ungeteilten Hand zur Zahlung von S 3,802.124,-- sA im wesentlichen mit der Begründung, sie habe als Spediteur von der Firma S*** & S*** AG die Besorgung eines Transportes von 23 Schaltelementen von Linz nach Bagdad übernommen. Mit der Durchführung des Transportes von 7 Schaltanlagen habe sie die Erstbeklagte, deren Firma damals "C*** S***esmbH" gelautet habe, beauftragt. Diese habe

den Frachtauftrag an die Zweitbeklagte weitergereicht. Deren Fahrer habe am 23.1.1983 im Irak einen Verkehrsunfall verschuldet, bei dem die Ladung total beschädigt worden sei. Die Klägerin habe ihrer Auftraggeberin S*** & S*** AG am 20.3.1984 den Schaden von sfr 450.062,-- ersetzt. Nach den Bestimmungen der CMR seien die Beklagten verpflichtet, der Klägerin den Klagsbetrag zu bezahlen. Die Erstbeklagte hat keine Klagebeantwortung erstattet. Die Klägerin stellte keine weiteren die Erstbeklagte betreffende Anträge. Die Zweitbeklagte wendete im wesentlichen ein, nur mit der Erstbeklagten, nicht aber mit der Klägerin in einem Vertragsverhältnis gestanden zu sein, sodaß es an der Aktivlegitimation der Klägerin mangle. Der Klagsanspruch sei verjährt. Die Zweitbeklagte sei gemäß Art 17 Abs 2 und Abs 4 lit c CMR von einer Haftung befreit; der Unfall sei auf höhere Gewalt bzw auf die unsachgemäße Verladung des Transportgutes durch die Firma S*** & S*** in Linz zurückzuführen. Die Klagsforderung sei überhöht, weil sie das Haftungslimit des Art 23 Abs 3 CMR übersteige und weil der Wert des Frachtgutes zum maßgeblichen Zeitpunkt der übernahme der Ware zur Beförderung in Linz nur S 2,336.303,50 betragen habe.

Das Erstgericht verurteilte die Zweitbeklagte zur Zahlung von S 3,043.006,70 sA und wies das auf Zahlung eines weiteren Betrages von S 759.117,30 sA gerichtete Mehrbegehren der Klägerin ab.

Es stellte im wesentlichen folgenden Sachverhalt fest:

Die Erstbeklagte erhielt etwa seit 1982 von der Klägerin ständig Aufträge zum Transport von Waren zu einem fixen Preis je Ladung. Die Erstbeklagte gab alle diese Transportaufträge wiederum an andere Transportunternehmer, unter anderem auch an die Zweitbeklagte, weiter, die dann die Transporte durchführten. Diese Vorgangsweise war der Klägerin bekannt.

Die S*** & S*** AG Aarau beauftragte die Klägerin am 12.1.1983, einen Transport von etwa 23 Schaltelementen in den Irak durchzuführen. Die S*** & S*** AG Aarau hatte von einem irakischen staatlichen Unternehmen den Auftrag zur Errichtung einer Kraftwerksanlage erhalten, sozu sie Schaltzellen des Typs PAD 207 benötigte. Sie kaufte bei der S*** & S*** GesmbH Linz, die solche Geräte erzeugt, 23 Stück um S 7,768.566,-- (S 337.764,-- je Stück). Dieser Preis umfaßte die Ware seemäßig verpackt ab Werk Linz einschließlich der österreichischen öffentlichen Gebühren und Kosten, jedoch unversichert. Die Klägerin stellte für den von der S*** & S*** AG Aarau in Auftrag gegebenen Transport Frachtbriefe mit dem Aufdruck "CMR" aus und gab den Transportauftrag an die Erstbeklagte zu einem Fixpreis weiter. Im Frachtbrief wurde in der Rubrik Frachtführer/Transporteur "C*** W***" eingesetzt. Die Erstbeklagte gab den Transportauftrag für zumindest 7 Kisten (eine LKW-Ladung mit 18.300 kg Gesamtgewicht) an die Zweitbeklagte zu einem fixen Preis weiter. Die Frachtpapiere samt Rechnungen für die Ladung erhielt die Zweitbeklagte über die S*** & S*** GesmbH in Linz ausgefolgt. Die Rechnungssumme von sfr 441.844,-- wurde am Frachtbrief nicht eingetragen. Die Rechnungen wurden stets verschlossen übergeben. Der Wert der Ladung war der Zweitbeklagten nicht bekannt. Von der Erstbeklagten wurde mit der Zweitbeklagten für den Transport ein fixer Betrag je Tonne befördertes Gut vereinbart. Die Klägerin sandte den Frachtbrief, die Rechnungen und noch andere für den Transport erforderliche Dokumente an die Erstbeklagte, die sie an die S*** & S*** GesmbH in Linz weitersandte. Diese gab sie dann vor der Abfahrt an den Fahrer der Zweitbeklagten weiter. Dabei wurde nur ein einziger Frachtbrief verwendet, den die Klägerin ausgestellt hatte. Der Fahrer der Zweitbeklagten Manfred M*** übernahm auf dem Werksgelände der S*** & S*** GesmbH in Linz die in 7 Kisten verpackten Schaltzellen. Die Beladung des LKW-Zuges führte die S*** & S*** GesmbH in Linz durch. Die Art der Beladung und Verpackung war vorbildlich, fachgerecht und sorgfältig. M*** fuhr nun zum Zielort in den Irak. Etwa 3 km vor dem Ziel durchfuhr er eine starke Kurve mit etwa 40 km/h. Er bemerkte ein Schlagloch und verlenkte seinen LKW-Zug, der als Folge dieses Verlenkens und wegen des durch die Ladung verursachten hohen Schwerpunktes umkippte. Wenn M*** das Schlagloch früher gesehen hätte, hätte er den Unfall verhindern können. Schlaglöcher sind auf den dortigen Straßen durchaus üblich; mit ihnen muß jederzeit gerechnet werden. Die Schaltzellen wurden durch das Umkippen so beschädigt, daß sie nicht verwendet und auch nicht repariert werden konnten. Die total beschädigte Ladung wurde spätestens am 24.1.1983 vom Empfänger S*** & S*** Bagdad als Werkunternehmer des Auftraggebers "THE S*** O*** FOR E*** B***" übernommen. Ab diesem Tag konnte S*** &

S*** Bagdad darüber verfügen. Nach der Untersuchung der Ladung durch Fachleute ergab sich, daß eine auch nur teilweise Wiederverwendung insbesondere aus Sicherheitsgründen technisch nicht möglich war. Wegen der irakischen Ein- und Ausfuhrbestimmungen konnte die Ladung auch nicht aus dem Irak ausgeführt werden. Wegen der üblichen Vorgangsweise irakischer Behörden, die Schadensabwicklung zu verzögern und nur einen Bruchteil des Wertes als Entschädigungsleistung anzubieten, nahm die Klägerin die irakische Transportversicherung nicht in Anspruch.

Unter der Bezeichnung "Gruppe S*** & S***" treten

selbständige Unternehmen (juristische Personen) in mehreren Staaten auf, darunter auch in Österreich und in der Schweiz. Das Stammhaus ist in Aarau, Schweiz. Die S*** & S*** AG Aarau kaufte nach dem geschilderten Unfall von der S*** & S*** GesmbH in Linz die verunfallte Ladung (7 Schaltzellen PAD 207) um S 3,435.600,06 nach. Um mit den anderen im Hauptauftrag gelieferten Geräten kombiniert werden zu können, mußten diese Geräte gesondert nachgefertigt werden. Wegen der geringen Stückzahl und wegen der inzwischen vergangenen Zeit von zwei Jahren verteuerten sich die für diese Nachbestellung notwendigen Materialzukäufe gegenüber jenen, die für den Hauptauftrag getätigt wurden. Die Geräte des Typs PAD 207 sind Einzelanfertigungen, für die kein Markt- oder Börsenpreis existiert. Preisangaben hierüber werden vom Erzeuger nur vertraulich behandelt. Die S*** & S*** AG Aarau hatte für die verunfallte Ladung mit dem irakischen Kunden einen Preis von sfr 441.844,-- vereinbart. Darin ist ein eigener Aufwand von rund 20 % für Entwicklung, Verwaltung, Verkauf und Versand enthalten. Der Klägerin verrechnete die S*** & S*** AG Aarau für die beim Unfall beschädigten Geräte sfr 426.272,--, ferner für Fracht und Versicherung sfr 23.790,--. Die Klägerin bezahlte Mitte Jänner 1984 an die S*** & S*** AG Aarau sfr 450.062,--.

Die Klägerin teilte der Erstbeklagten und Dr. F*** als Vertreter des österreichischen Transportversicherers (der Zweitbeklagten) mit Einschreiben vom 26.1.1983 und zugleich noch fernschriftlich mit, daß sie für sämtliche Schäden aus diesem Unfall in Anspruch genommen werden. Bis Mitte Juni 1984 verhandelten die Klägerin und Dr. F*** wegen der Schadensregulierung; mit Schreiben vom 15.6.1984 lehnte Dr. F*** als Sachbearbeiter dieses Schadensfalles die Haftung letztlich ab. Weder die Klägerin noch die Erstbeklagte oder die S*** & S*** AG Aarau haben bis zur vorliegenden Klage Forderungen gegen die Zweitbeklagte aus diesem Unfall gestellt.

Rechtlich beurteilte das Erstgericht den festgestellten Sachverhalt im wesentlichen dahin, daß die CMR anzuwenden sei. Da der Transport, für den ein durchgehender CMR-Frachtbrief ausgestellt worden sei, Gegenstand eines einzigen Vertrages gewesen sei, sei die Zweitbeklagte Vertragspartner der Klägerin geworden und hafte dieser für die Beschädigung des Transportgutes. Den Entlastungsbeweis, daß die Beschädigung auf unvermeidbare Umstände zurückzuführen oder durch Verpackungsmängel verursacht worden sei, habe die Zweitbeklagte nicht erbringen können. Die Klägerin sei nach Art 36 CMR verpflichtet gewesen, der S*** & S*** AG den Schaden zu ersetzen. Nach Art 37 CMR sei sie daher berechtigt, Rückgriff gegen die Zweitbeklagte zu nehmen. Dieser Regreßanspruch der Klägerin sei nicht verjährt. Die einjährige Verjährungsfrist des Art 32 CMR habe mit dem Zeitpunkt der Zahlung der Klägerin an die S*** & S*** AG begonnen, sodaß die Klage fristgerecht eingebracht worden sei. Mangels eines Börsen- oder Marktpreises der beschädigten Ware richte sich der von der Zweitbeklagten zu ersetzende Wert des Transportgutes nach dem im Zeitpunkt der Übernahme der Beförderung zwischen der S*** & S*** AG und deren irakischen Kunden ausgehandelten Preis. Dieser übersteige die Haftungshöchstgrenze des Art 23 Abs 3 und Abs 7 CMR, die im vorliegenden Fall im Hinblick auf das Rohgewicht des beschädigten Gutes S 2,841.981,20 betragen habe. Über diesen Höchstbetrag hinaus habe die Zweitbeklagte der Klägerin auch noch die für Fracht, Zölle und sonstige Kosten aufgelaufenen Beträge von insgesamt S 201.025,50 zu erstatten, womit sich der zugesprochene Betrag ergebe. Diese Entscheidung des Erstgerichtes wurde nur in ihrem klagsstattgebenden Teil von der Zweitbeklagten mit Berufung bekämpft. Das Berufungsgericht gab mit dem angefochtenen Urteil diesem Rechtsmittel keine Folge.

Es übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes mit der Maßgabe, daß es davon ausging, die Belastung des Kontos der Klägerin mit dem Betrag von sfr 450.062,-- durch die S*** & S*** AG Aarau sei am 20.3.1984 erfolgt.

Rechtlich führte das Berufungsgericht im wesentlichen aus, daß auf den hier zu beurteilenden Transport die Bestimmungen der CMR anzuwenden seien. Diese Vorschriften hätten auch für Fixkostenspediteure zu gelten. Der ursprüngliche Frachtführer (Hauptfrachtführer) sei nicht verpflichtet, die Beförderung selbst durchzuführen. Er könne die von ihm selbst geschuldete Beförderung des Gutes einem anderen Frachtführer (dem Unterfrachtführer) im eigenen Namen übertragen. Das Kapitel VI der CMR enthalte Bestimmungen über die Beförderung durch aufeinanderfolgende Frachtführer. Nach Art 34 CMR hafte, wenn eine Beförderung, die Gegenstand eines einzigen Vertrages sei, von aufeinanderfolgenden Straßenfrachtführern ausgeführt werde, jeder von ihnen für die Ausführung der gesamten Beförderung; der zweite (und jeder folgende) Frachtführer werde durch die Annahme des Gutes und des Frachtbriefes nach Maßgabe der Bedingungen des Frachtbriefes Vertragspartner. Zwar umschreibe Art 34 CMR seinem Wortlaut nach eine fortgesetzte Beförderung; eine analoge Anwendung dieser Bestimmung auf den Fall, daß der gesamte Transport einem Unterfrachtführer weitergegeben werde, erscheine jedoch angebracht. Lege doch eine gänzliche Übernahme des Transportes durch den Unterfrachtführer den vollen Umfang der Haftung sogar noch eher nahe, als wenn der Transport nur auf einem Teil der Beförderungsstrecke fortgesetzt werde. Art 34 CMR umfasse also auch jene Fälle, in denen der Hauptfrachtführer den gesamten Auftrag einem Unterfrachtführer weitergebe. Die Argumentation der Zweitbeklagten, ein durchgehender Frachtbrief liege schon deshalb nicht vor, weil ein Frachtbrief, der den Anforderungen des Art 34 CMR genügen solle, als Absender denjenigen aufweisen müsse, der den ersten Fixkostenspediteur/Frachtführer beauftragt habe, gehe fehl. Die genannte Voraussetzung sei nämlich sehr wohl gegeben. Der Absender sei die Person, die den Frachtführer im eigenen Namen mit der Beförderung des Gutes beauftragt habe. Die Zweitbeklagte sei offenbar der irrigen Meinung, die S*** & S*** AG Aarau müsse als Absender angesehen werden. Der Absender brauche aber keineswegs zugleich der Eigentümer des beförderten Gutes zu sein. Vielmehr sei etwa der Spediteur, der im eigenen Namen für Rechnung des Versenders einen Transportauftrag erteile, Absender im Sinne der CMR. Absender des hier zu beurteilenden Transportes sei daher nicht die S*** & S*** AG gewesen, sondern die Klägerin, die die Erstbeklagte im eigenen Namen mit dem Transport in den Irak beauftragt und zu diesem Zweck einen CMR-Frachtbrief ausgestellt habe. Da zwischen der Erstbeklagten und der Zweitbeklagten kein gesonderter Frachtvertrag geschlossen worden sei, liege ein einziger Beförderungsvertrag vor, für den ein durchgehender Frachtbrief ausgestellt worden sei. Demnach sei aber die Zweitbeklagte auch Vertragspartner der Klägerin geworden; sie hafte der Klägerin gemäß Art 17 Abs 1 CMR für Beschädigungen des Gutes zwischen Übernahme und Ablieferung. Daran ändere auch die Feststellung nichts, daß die Ladung von S*** & S*** Badgad als Werkunternehmer des irakischen Auftraggebers übernommen worden sei. Da der Empfänger bzw. dessen Beauftragter S*** & S*** Badgad keine Ansprüche gegen die Zweitbeklagte erhoben hätten (sondern sich vielmehr die S*** & S*** AG Aarau als durch die Zerstörung der in ihrem Eigentum stehenden Geräte in ihrem Vermögen Geschädigte an der Klägerin schadlos gehalten habe), sei die Klägerin als Absenderin auch nach Übergang der frachtrechtlichen Verfügungsbefugnis auf den Empfänger anspruchsberechtigt und auch klagebefugt geblieben. Der Frachtführer sei im Anwendungsbereich der CMR von der Haftung für Verlust oder Beschädigung des Frachtgutes gemäß Art 17 Abs 2 CMR dann befreit, wenn es ihm auch durch Anwendung äußerster, nach den Umständen des Falles möglicher und vernünftigerweise zumutbarer Sorgfalt nicht möglich gewesen sei, den Schadenseintritt zu verhindern. Es stehe fest, daß der Unfall nicht auf eine unsachgemäße Verladung, sondern auf die Fahrweise des Lenkers der Zweitbeklagten zurückzuführen sei, der offenbar auf den Umstand, daß sich durch die Beladung der Schwerpunkt seines Fahrzeuges erhöhte, nicht entsprechend Bedacht genommen habe. Der Zweitbeklagten sei der Beweis ihrer Behauptung, die Beschädigung des Transportgutes sei auf nicht vermeidbare Umstände zurückzuführen, ebensowenig gelungen wie der Beweis, daß die Verladung der Geräte durch die S*** & S*** GesmbH Linz unsachgemäß erfolgt wäre. Der Zweitbeklagten komme daher eine Haftungsbefreiung nach Art 17 Abs 4 lit c CMR in Verbindung mit Art 18 Abs 2 CMR nicht zustatten.

Auch die Verjährungseinrede der Zweitbeklagten sei nicht berechtigt. Für Rückgriffsansprüche zwischen Frachtführern hätten gemäß Art 39 Abs 4 CMR die Bestimmungen des Art 32 CMR zu gelten. Die Verjährung beginne jedoch entweder mit dem Tag des Eintrittes der Rechtskraft eines Urteiles über die nach den Bestimmungen des Übereinkommens zu zahlende Entschädigung oder, wenn ein solches rechtskräftiges Urteil nicht vorliege, mit dem Tag der tatsächlichen Zahlung. Im vorliegenden Fall liege ein rechtskräftiges Urteil nicht vor, sodaß es darauf ankomme, ob die Klagseinbringung am 23.8.1984 innerhalb der Einjahresfrist des Art 32 CMR nach der Entschädigungszahlung der Klägerin an die S*** & S*** AG Aarau erfolgte. Dies sei vom Erstgericht, das als Zahlungstermin Mitte Jänner 1984 angenommen habe, bejaht worden und sei um so weniger zu bezweifeln, als die Belastung des Kontos der Klägerin zu Gunsten der S*** & S*** AG Aarau tatsächlich erst am 20.3.1984 erfolgt sei. Die Klagsforderung sei daher nicht verjährt.

Gemäß Art 23 Abs 1 CMR sei der zu leistende Schadenersatz nach dem Wert des Gutes am Ort und zur Zeit der Übernahme der Beförderung zu berechnen; nach Abs 2 dieses Artikels bestimme sich der Wert des Gutes nach dem Börsenpreis, mangels eines solchen nach dem Marktpreis oder mangels beider nach dem gemeinen Wert von Gütern gleicher Art und Beschaffenheit. Da sich für die hier in Frage stehenden Schaltelemente weder ein Börsen- noch ein Marktpreis ermitteln lasse, sei die der Klägerin zu leistende Entschädigung nach dem gemeinen Wert des Transportgutes festzusetzen. Damit werde der allgemeine Verkaufswert des beförderten Gutes, also sein objektiver, ohne Rücksicht auf besondere Verhältnisse und subjektive Interessen des Geschädigten zu bestimmender Gebrauchswert zur Grundlage der Schadensberechnung. Entscheidend sei der allgemeine Verkaufswert, der zwar nicht notwendigerweise dem Fakturenwert entsprechen müsse; in der Regel könne aber davon ausgegangen werden, daß der in der Lieferrechnung angegebene Nettopreis des beförderten Gutes mit dem gemeinen Wert übereinstimme. Zu Recht habe das Erstgericht bei der Ermittlung des gemeinen Wertes den zwischen der S*** & S*** AG Aarau und ihrem irakischen Kunden vereinbarten Verkaufspreis als Anhaltspunkt herangezogen.

Da der so ermittelte Wert des Transportgutes den im Abs 3 des Art 23 CMR normierten Haftungshöchstbetrag von 8,33 Rechnungseinheiten pro Kilogramm Rohgewicht der Ladung übersteige, habe sich die der Klägerin gebührende Entschädigung nicht nach dem gemeinen Wert, sondern am Haftungsmaximum des Art 23 Abs 3 CMR zu orientieren. Daß die Rechnungseinheit, nämlich das Sonderziehungsrecht des Internationalen Währungsfonds (Art 23 Abs 7 CMR), am Tag des Ersturteils S 18,6434 betragen habe, werde von der Berufung nicht bestritten. Mit Rücksicht auf das mit

18.300 kg unbekämpft festgestellte Rohgewicht des beschädigten Gutes errechne sich der von der Zweitbeklagten zu leistende Entschädigungsbetrag daher mit S 2,841.981,20. Da gemäß Art 23 Abs 4 CMR außerdem auch noch Fracht, Zölle und sonstige aus Anlaß der Beförderung des Gutes entstandene Kosten zurückzuerstatten seien und diese Kosten für Fracht und Versicherung unbekämpft mit sfr 23.790,--, das sind, zum Tagesmittelkurs am Urteilstag umgerechnet, S 201.025,50, festgestellt worden seien, errechne sich die Klagsforderung insgesamt mit dem vom Erstgericht zugesprochenen Betrag von S 3,043.006,70.

Gegen diese Entscheidung des Berufungsgerichtes richtet sich die Revision der Zweitbeklagten. Sie bekämpft sie aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne der vollinhaltlichen Abweisung des Klagebegehrens abzuändern; hilfsweise stellt sie einen Aufhebungsantrag.

Die Klägerin hat eine Revisionsbeantwortung mit dem Antrag erstattet, der Revision keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist im Hinblick auf die Höhe des Streitgegenstandes, über den das Berufungsgericht entschieden hat, ohne die im § 503 Abs 2 ZPO normierte Einschränkung der Revisionsgründe zulässig, sachlich aber nicht berechtigt. Wenn die Zweitbeklagte in ihrer Rechtsrüge den Versuch unternimmt, darzutun, daß die Klägerin der erste Frachtführer (Hauptfrachtführer) des hier zu beurteilenden Transportes gewesen sei, verletzt sie in Wahrheit das Neuerungsverbot. Denn sie hat im Verfahren erster Instanz (übereinstimmend mit dem Standpunkt der Klägerin) ausdrücklich vorgebracht, daß die Klägerin die Besorgung der Güterversendung durch Frachtführer für Rechnung ihres Auftraggebers übernommen habe, also als Spediteur tätig geworden sei (ON 33 S 106). Tatsachenbehauptungen in der Richtung, daß die Klägerin als Fixkostenspediteur tätig geworden wäre oder die Güterversendung im Rahmen einer Sammelladung bewirkt hätte (§ 413 HGB), hat die Zweitbeklagte im Verfahren erster Instanz nicht aufgestellt. Es ist ihr daher im Revisionsverfahren infolge des hier herrschenden Neuerungsverbotes verwehrt, derartige Tatsachenbehauptungen nachzuholen. Es ist daher im Sinne der von der Zweitbeklagten selbst im Verfahren erster Instanz aufgestellten Behauptung davon auszugehen, daß die Zweitbeklagte im Rahmen des hier zu beurteilenden Gütertransportes als Spediteur im eigenen Namen auf Rechnung des Versenders, der S*** & S*** AG Aarau, tätig wurde.

Geht man davon aus, dann ergibt sich zunächst, daß entgegen der Rechtsansicht der Zweitbeklagten die Voraussetzungen für die Anwendung der Bestimmungen des Kapitels VI der CMR über die Beförderung durch aufeinanderfolgende Frachtführer sehr wohl vorliegen. Die Erstbeklagte wurde nach den Feststellungen der Vorinstanzen als Fixkostenspediteur tätig; sie ist daher nach den Bestimmungen der CMR wie ein Frachtführer zu behandeln (Glöckner, Leitfaden zur CMR6 Art 1 Rz 3; SZ 54/160 ua). Nach Art 34 CMR haftet, wenn eine Beförderung, die Gegenstand eines einzigen Vertrages ist, von aufeinanderfolgenden Straßenfrachtführern ausgeführt wird, jeder von ihnen für die Ausführung der gesamten Beförderung; der zweite und jeder folgende Frachtführer wird durch die Annahme des Gutes und des Frachtbriefes nach Maßgabe der Bedingungen des Frachtbriefes Vertragspartei. Art 34 CMR umfaßt auch jene Fälle, in denen der Hauptfrachtführer den gesamten Auftrag einem Unterfrachtführer weitergibt; ist der vom Absender beauftragte Fixkostenspediteur wie ein Frachtführer zu behandeln, dann müssen dieser Vorschrift auch jene Fälle unterstellt werden, in denen ein derartiger Fixkostenspediteur mit einem Frachtführer einen Frachtvertrag abschließt. Für die Anwendung des Art 34 CMR wird nur vorausgesetzt, daß die grenzüberschreitende Beförderung Gegenstand eines einzigen Vertrages war und auch ein einziger (durchgehender) Frachtbrief ausgestellt wurde, den jeder der unter Umständen aufeinanderfolgenden Frachtführer mit dem Gut annimmt und allenfalls weitergibt (zuletzt JBl 1986, 317 mwN).

Diese Voraussetzungen lagen hier vor. Die Klägerin stellte als Absender einen einzigen durchgehenden Frachtbrief aus, der von der ebenso wie die Zweitbeklagte als Frachtführer zu behandelnden Erstbeklagten angenommen, von ihr der Zweitbeklagten übergeben und von dieser zusammen mit dem Gut angenommen wurde.

Daraus folgt die Berechtigung der Klägerin, im Sinne des Art 36 CMR gegen beide Beklagte Ansprüche wegen Verlustes oder Beschädigung des Transportgutes geltend zu machen. Es handelt sich bei den geltend gemachten Ansprüchen der Klägerin nicht um solche im Sinne des Art 37 CMR; die Klägerin hat nicht als Frachtführer eine Entschädigung bezahlt, für welche sie nach dieser Bestimmung Regreß nehmen könnte. Es handelt sich vielmehr um Ersatzansprüche der Klägerin als Absenderin im Sinne des Art 17 CMR, wobei es für die Klagslegitimation der Klägerin unerheblich ist, ob sie allenfalls durch Bezahlung des Schadens des Eigentümers des Transportgutes dessen Ersatzforderung einlöste oder ob sie berechtigterweise als Interessenvertreter ihres Auftraggebers dessen Rechte aus Schäden am Frachtgut einem Frachtführer gegenüber geltend macht (SZ 57/75 mwN). Der Oberste Gerichtshof hat bereits in der in SZ 57/75 veröffentlichten Entscheidung den Rechtsstandpunkt vertreten, daß auch nach Ablieferung des Gutes an den Empfänger (Art 13 Abs 1 CMR) der Absender berechtigt bleibt, Schadenersatzansprüche gegen den Frachtführer geltend zu machen. Von diesem mit der Rechtsprechung des BGH (NJW 1974, 1614) übereinstimmenden und auch in der Literatur (Glöckner aaO Art 13 Rz 4 und Art 17 Rz 20) vertretenen Rechtsstandpunkt abzugehen, bieten die Revisionsausführungen keinen Anlaß.

Den Revisionsausführungen der Zweitbeklagten kann auch insoweit nicht gefolgt werden, als sie darzutun versucht, daß sie nach der Bestimmung des Art 17 Abs 4 lit c CMR von ihrer Haftung für den eingetretenen Schaden befreit wäre. Nach den Feststellungen der Vorinstanzen kippte der LKW-Zug der Zweitbeklagten infolge eines abrupten Ausweichmanövers des Lenkers und des durch die Ladung verursachten hohen Schwerpunktes um. Die Beladung des LKW-Zuges war durch die S*** & S*** GesmbH in Linz allerdings fachgerecht und sorgfältig erfolgt. Jede Beladung eines Kraftfahrzeuges kann zu einer Erhöhung des Schwerpunktes führen. Die Bestimmung des Art 17 Abs 4 lit c CMR schließt die Haftung des Frachtführers für Schäden aus, die aus besonderen Gefahren infolge unsachgemäßen Verladens des Gutes durch den Absender oder Dritte, die für ihn handeln, entstehen (Glöckner aaO Art 17 Rz 41); diese Bestimmung kann aber nicht deswegen zur Ablehnung der Frachtführerhaftung führen, weil durch fachgerechte Beladung der Schwerpunkt des Transportfahrzeuges erhöht wurde.

Auf das Vorliegen des Haftungsbefreiungstatbestandes des Art 17 Abs 2 CMR beruft sich die Zweitbeklagte in ihrer Revision nicht mehr; er wurde von den Vorinstanzen auf Grund der von ihnen getroffenen Feststellungen zutreffend verneint.

Den Ausführungen der Zweitbeklagten zur Höhe des der Klägerin zugesprochenen Ersatzes ist zu entgegnen, daß der nach den getroffenen Feststellungen vorliegende Totalschaden des beförderten Gutes dem Verlust gleichzuhalten ist (Helm in HGB-GK3 D 78 f § 429 Anm 34; 8 Ob 594/83; 7 Ob 30/86). Die von der Zweitbeklagten zu erbringende Ersatzleistung ist daher nicht nach Art 25 CMR, sondern nach Art 23 CMR zu ermitteln. Maßgebend ist demnach der Wert des Gutes am Ort und zur Zeit der Übernahme zur Beförderung, wobei sich der Wert des Gutes nach dem Börsenpreis, mangels eines solchen nach dem Marktpreis oder mangels beider nach dem gemeinen Wert von Gütern gleicher Art und Beschaffenheit bestimmt. Der zu ersetzende gemeine Wert des Ladungsgutes - ein Börsen- oder Marktpreis besteht im vorliegenden Fall nicht - besteht nicht etwa in den Herstellungskosten; er ist mit dem Verkaufswert für Güter gleicher Art und Beschaffenheit gleichzusetzen (Glöckner aaO Art 23 Rz 2,3) und stimmt in der Regel mit dem in der Lieferrechnung angegebenen Nettopreis des beförderten Gutes überein (Heuer, Die Haftung des Frachtführers nach dem Übereinkommen über den Beförderungsvertrag im internationalen Straßengüterverkehr 120). Wenn unter diesen Umständen die Vorinstanzen bei Ermittlung der Höhe der der Zweitbeklagten obliegenden Ersatzleistung von dem zwischen der S*** & S*** AG Aarau und ihrem irakischen Kunden vereinbarten Verkaufspreis ausgegangen sind und, da dieser Wert die im Art 23 Abs 3 CMR festgesetzte Höchstgrenze der Entschädigung übersteigt, die der Zweitbeklagten obliegende Ersatzleistung nach der letztgenannten Bestimmung festgesetzt haben, ist darin ein Rechtsirrtum nicht zu erkennen.

Letztlich kann auch in der Frage der Verjährung den Rechtsausführungen der Zweitbeklagten nicht gefolgt werden. Es ist ihr insoweit zuzustimmen, als für die Verjährung des von der Klägerin geltend gemachten Anspruches, bei dem es sich, wie bereits oben ausgeführt, nicht um einen Rückgriffsanspruch zwischen Frachtführern handelt, nicht die Bestimmung des Art 39 Abs 4 CMR, sondern ausschließlich die des Art 32 CMR maßgebend ist. Daraus ist aber für die Zweitbeklagte nichts zu gewinnen.

Da der vorliegende Fall nicht den im Art 32 Abs 1 lit a und lit b CMR geregelten Sachverhalten zu unterstellen ist, begann die dort normierte einjährige Verjährungsfrist im Sinne des Art 32 Abs 1 lit c CMR mit dem Ablauf einer Frist von drei Monaten nach dem Abschluß des Beförderungsvertrages, also im April 1983. Eine Hemmung der Verjährung nach Art 32 Abs 2 CMR trat gegenüber der Zweitbeklagten nicht ein, da nach den getroffenen Feststellungen ihr gegenüber eine schriftliche Reklamation nicht erfolgte. Gemäß Art 32 Abs 3 CMR gilt aber unbeschadet der Bestimmungen des Abs 2 für die Hemmung der Verjährung das Recht des angerufenen Gerichtes. Es entspricht ständiger Rechtsprechung, daß unter dem Gesichtspunkt redlicher Rechtsausübung durch Vergleichsverhandlungen die Verjährung im Sinne einer Ablaufhemmung gehemmt ist, wenn nur nach deren Scheitern innerhalb angemessener Frist die Klage überreicht wird, wobei es genügt, daß für den Schuldner dessen Versicherer tätig wird, der seine Interessen wahrzunehmen hat (SZ 38/72; SZ 48/33 ua; siehe dazu auch Bydlinski in JBl 1967, 130 ff, insbesondere 135).

Im vorliegenden Fall fanden nach den Feststellungen der Vorinstanzen zwischen der Klägerin und dem Versicherer der Zweitbeklagten bis Mitte Juni 1984 Vergleichsverhandlungen statt; erst mit Schreiben vom 15.6.1984, also bereits nach Ablauf der einjährigen Verjährungsfrist des Art 32 Abs 1 CMR, lehnte der Versicherer eine Ersatzleistung ab. Daß diese Vergleichsverhandlungen irgendwelche Teile des Klagsanspruches nicht betroffen hätten, wurde weder behauptet noch festgestellt. Da die Klage bereits am 23.8.1984, also rund zwei Monate nach Ablehnung der Entschädigung durch den Versicherer der Zweitbeklagten, bei Gericht eingebracht wurde, ist im Sinne der dargestellten Rechtsprechung nach den im vorliegenden Fall gegebenen Umständen die Verjährung der Klagsforderung zu verneinen.

Die Rechtsrüge der Zweitbeklagten erweist sich somit insgesamt als unberechtigt; der Revision muß daher ein Erfolg versagt bleiben. Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.

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