European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1986:0080OB00650.85.0213.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die Beklagte ist schuldig, der Klägerin die mit S 26.119,65 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin die Barauslagen von S 4.800,‑ und die Umsatzsteuer von S 1.938,15) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Entscheidungsgründe:
Der am 18. 2. 1976 verstorbene Josef S* war grundbücherlicher Eigentümer der Liegenschaft in EZ * KG *, bestehend ua aus der Bp 54, dem Wohn‑ und Geschäftshaus * (Gasthaus „S*“). Mit Mietvertrag vom 9. 12. 1964 hatte Josef S* einen Geschäftsraum im Erdgeschoß dieses Hauses im Ausmaß von rund 87 m2 auf die Dauer von 25 Jahren, sohin bis zum 31. 3. 1989, an die Klägerin vermietet, wobei dieser außerdem das Mitbenützungsrecht an einer sanitären Anlage und das Recht des Abstellens von Fahrzeugen neben dem Hause zugestanden worden war. In der Folge hatte die Klägerin in diesem Geschäftsraum eine Sparkassenfiliale eingerichtet, deren Leiter seit 2. 1. 1973 Mathias W* ist. In den Jahren nach Abschluß des Mietvertrages interessierte sich die Klägerin wegen der räumlich beengten Situation bei Josef S* um die Anmietung von weiteren Räumlichkeiten im Hause. Gespräche darüber wurden zwischen Mathias W* und Josef S* bereits in den Jahren 1974 und 1975 geführt, ohne daß es diesbezüglich zu einer Vereinbarung kam.
Mit der zunächst gegen die Verlassenschaft nach Josef S* eingebrachten und nach Einantwortung gegen die nunmehrige Beklagte als Alleineigentümerin der Liegenschaft gerichteten Klage begehrte die Klägerin die Feststellung, daß das im Kaufvertrag vom 29. 1./5. 2. 1976 beurkundete Rechtsgeschäft, abgeschlossen zwischen Josef S* als Verkäufer einerseits und der Klägerin als Käuferin andererseits, womit Josef S* an die Klägerin aus dem Hause *, Bp 54 in EZ * KG * im Erdgeschoß den Kassenraum im Ausmaß von rund 87 m2 sowie im ersten Obergeschoß die zum Teil darüberliegenden drei Zimmer im Ausmaß von rund 60 m2, dargestellt im Bestandsplan des Dipl.Ing. Robert S*, Nr. 164/27 vom 17. 2. 1976 und darin mit „23“, „24“ und „25“ bezeichnet, verkauft und übergeben hat, rechtsgültig zustandegekommen sei. Weiters wurde ein Eventualbegehren auf Zuhaltung des Kaufvertrages durch Einwilligung in die Einverleibung des Eigentumsrechtes hinsichtlich näher konkretisierter Miteigentumsanteile an der genannten Liegenschaft gestellt. Josef S* habe mit dem genannten Kaufvertrag der Klägerin die Räumlichkeiten und Flächen um den vereinbarten Kaufpreis von 2,7 Millionen verkauft und übergeben, die Klägerin habe diese Räumlichkeiten gekauft und übernommen. Es sei vorgesehen gewesen, daß für den Kaufgegenstand Wohnungseigentum gebildet werde. Die Rechtsnachfolger des Josef S* seien nicht bereit, diesen Kaufvertrag zuzuhalten. Der Kaufvertrag sei aber rechtsgültig, wenn auch mangels Vorliegens einer Nutzwertfestsetzung noch nicht in verbücherungsfähiger Form abgeschlossen worden. Die Klägerin habe daher ein rechtliches Interesse an der alsbaldigen Feststellung, daß der Kaufvertrag rechtsverbindlich zustandekam.
Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Es sei zum Abschluß eines Kaufvertrages zwischen Josef S* und der Klägerin nicht gekommen. Josef S* habe jeder Verkaufswille gefehlt. Er habe sich insbesondere am 29. 1. 1976 in keiner Weise zu einem Verkauf bereitfinden und binden wollen. Auf dem Vertragsentwurf, der Josef S* am 29. 1. 1976 zur Unterfertigung vorgelegt worden sei, sei vor der Unterschrift folgender Beisatz geschrieben worden: „Mit meiner Unterschrift erkläre ich, daß ich grundsätzlich für diesen Vertrag einverstanden bin und für weitere Verhandlungen grundsätzlich einverstanden bin.“ Aus dieser Textierung ersehe man auch, daß zum Zeitpunkt der Vertragsunterfertigung sowohl Josef S* als auch Mathias W* nicht nüchtern gewesen seien. Nach dem Tod des Josef S* habe dessen Witwe einen schriftlichen Aufsatz des Verstorbenen gefunden, in dem dieser „zum Entwurf des Kaufvertrages Stellung“ genommen und festgehalten habe, daß er mit W* nur von Vermietung der erwähnten, im ersten Stock des genannten Hauses gelegenen Räumlichkeiten gesprochen habe, einem Verkauf jedoch nie zustimmen könnte. Durch die Unterfertigung des Kaufvertragsentwurfes habe Josef S* also nur zum Ausdruck gebracht, daß er mit weiteren Verhandlungen grundsätzlich einverstanden sei. Es habe Josef S* aber damals jeder Verkaufswille gefehlt. Dies sei auch der Klägerin bewusst gewesen und sie habe deshalb auch nach dem Tod des Josef S* laufend den Mietzins für die Räumlichkeiten überwiesen. Abgesehen davon hätten Aussprachen zwischen Josef S* und den Vertretern der Klägerin deshalb zu keinen gültigen Vereinbarungen führen können, weil Josef S* damals nicht über die notwendige Geschäfts- und Vertragsfähigkeit verfügte. Am 29. 1. 1976 sei Josef S* erheblich alkoholisiert gewesen. Ein allfenfalls zustandegekommenes Rechtsgeschäft werde überdies wegen Irrtums angefochten. Die Vertreter der Klägerin hätten Josef S* dadurch in Irrtum geführt, daß sie ihm einen Verkauf durch in Aussicht gestellte Steuervorteile schmackhaft gemacht und ihm erklärt hätten, es handle sich lediglich um ein Scheingeschäft zur Erreichung von Steuervorteilen.
Die Klägerin replizierte, daß dem Vertragsabschluß mehrere Besprechungen vorausgegangen seien. Schon bei einer Aussprache am 10. 1. 1976 zwischen Josef S*, dem Direktor der Klägerin Wilhelm K* und dem Zweigstellenleiter der Filiale * habe sich Josef S* nach Besichtigung der Räumlichkeiten im ersten Obergeschoß grundsätzlich damit einverstanden erklärt, die in Rede stehenden Räumlichkeiten der Klägerin zu überlassen. Dabei habe Josef S* selbst darauf hingewirkt, daß keine Erweiterung des Bestandvertrages erfolge, sondern ein Kaufgeschäft abgeschlossen werde. Am 14. 1. 1976 sei es zum entscheidenden Gespräch zwischen Josef S*, Direktor Wilhelm K*, Notar Dr. P* und Mathias W* gekommen. Dabei seien alle Details besprochen worden und es sei ein Einvernehmen über den Kaufpreis von 2,7 Millionen Schilling erzielt worden, womit der Kaufvertrag zustandekam, was auch von allen Gesprächspartnern bestätigt wurde. Auf Ersuchen des Josef S* habe Notar Dr. P* dann die Vertragsurkunde errichtet, welche Mathias W* am 29. 1. 1976 Josef S* zur Unterfertigung vorlegte. Der von der Beklagten erwähnte Zusatz sei damals deshalb in die Vertragsurkunde aufgenommen worden, weil die Möglichkeit eines späteren gemeinschaftlichen Um‑ und Aufbaues erörtert worden sei. Die Dispositionsfähigkeit des Josef S* sei weder im Zeitpunkt der entscheidenden Besprechungen, noch im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses und der Unterfertigung beeinträchtigt gewesen. S* sei sich der Tragweite seiner Entscheidung voll bewußt gewesen und nicht unter Alkoholeinfluß gestanden. Allfällige spätere Niederschriften des Verstorbenen hätten auf die Gültigkeit des zustandegekommenen Kaufvertrages keinen Einfluß.
Das Erstgericht gab dem Hauptbegehren mit der Einschränkung statt, daß (nur) zum zweiten Absatz des Punktes 3 des Kaufvertrages eine rechtsgeschäftliche Einigung nicht zustandegekommen sei. Es traf nachstehende Feststellungen:
Anfangs 1976 wurden die zwischen W* und S* geführten Gespräche über die Anmietung weiterer Räumlichkeiten konkret. Am 10. 1. 1976 trafen sich Josef S*, Direktor K* und Mathias W* im ersten Stock des Gasthauses S*. Sie verhandelten über die Anmietung und schließlich auch über den Ankauf von drei weiteren Räumlichkeiten im Hause. Ob Josef S* oder die Vertreter der Klägerin das Gespräch auf ein Kaufgeschäft brachten, ist nicht feststellbar. Die Verhandlungspartner sprachen auch über etwaige am Haus vorzunehmende bauliche Veränderungen, insbesonders über eine Erhöhung des ganzen Gebäudes. In der Folge besichtigte Direktor K* die drei im Plan des Dipl.Ing. Robert S* vom 17. 2. 1976 mit 23, 24 und 25 bezeichneten drei Räume sowie ein ebenfalls im ersten Stock gelegenes Bad.
Ob Josef S* im Zeitpunkt der Verhandlungen mit Direktor K* am 10. 1. 1976 alkoholisiert war und ob der Grad einer etwaigen Alkoholisierung des Genannten zur Verminderung oder zum Ausschluß seiner Geschäftsfähigkeit geführt hatte, ist nicht feststellbar.
Josef S* hatte zu Beginn der 60-Jahre bei einem Unfall eine Kopfverletzung erlitten und wurde deshalb auch operiert. Nach dieser Kopfoperation sprach er vermehrt dem Alkohol zu, dies insbesonders im Zuge von Kartenpartien in seinem Gasthaus, die sich des öfteren vom Abend bis in die Morgenstunden des nächsten Tages hinzogen. Unter Alkoholeinfluß zeigte sich Josef S* immer wieder gewalttätig. In den letzten Monaten vor seinem plötzlichen Tode stand er fast ständig unter Alkoholeinfluß. Nach seiner Kopfverletzung traten bei ihm vermehrt Kopfschmerzen und eine erhöhte Empfindlichkeit und Reizbarkeit sowie eine gewisse Alkoholintoleranz und ein gewisser geistiger Abbau auf. Ein Zustand krankhafter Geistestätigkeit, der die freie Willensbestimmung ausgeschlossen hätte, lag jedoch bei Josef S* bis zu seinem Tode nicht vor.
Josef S* einigte sich am 10. 1. 1976 schließlich grundsätzlich mit Direktor K* über den Verkauf der von der Klägerin bereits genützten Geschäftsräumlichkeit sowie der besichtigten drei Räume im Obergeschoß. In der Folge informierte Direktor K* den Notar Dr. Christian P*, der bis zum 31. 12. 1980 Vorstandsvorsitzender der Klägerin war, über den Inhalt der Verhandlungen und bat ihn, bei weiteren Vertragsverhandlungen mit Josef S* teilzunehmen.
Am 14. 1. 1976 gegen Mittag trafen sich Josef S*, Mathias W*, Direktor K* und Dr. P* im ersten Stock des Hauses des Josef S*. Josef S* war an diesem Tag zum Zeitpunkt der Verhandlungen alkoholisiert. Daß er nach dem Grad seiner Alkoholisierung in seiner freien Willensbestimmung beeinträchtigt gewesen wäre, konnte jedoch nicht festgestellt werden. Die Verhandlungen bezogen sich auf den Ankauf der angeführten Räumlichkeiten durch die Klägerin. Ob von Seiten der Vertreter der Klägerin oder von Seiten des Josef S* darüber gesprochen wurde, daß das in Aussicht gestellte Kaufgeschäft ein Scheingeschäft darstellen sollte, welches nur zu dem Zweck geschlossen werde, Josef S* steuerliche Vorteile zu bringen, ist nicht feststellbar. Josef S* wollte den Verkauf der genannten Räumlichkeiten jedenfalls unter dem Gesichtspunkt von ihm erwarteter steuerlicher Vorteile tätigen. Ob er von den übrigen Anwesenden auf diesen Gesichtspunkt aufmerksam gemacht wurde und ob ihm diese Personen steuerliche Vorteile bei Verkauf der Räumlichkeiten anstatt der Vermietung zusagten, ist nicht feststellbar. Im Zuge der Verhandlungen fand wiederum eine Besichtigung der im ersten Stock befindlichen, von der Klägerin angesprochenen drei Räume statt.
Schließlich einigte sich Josef S* mit den Vertretern der Klägerin auf einen Kaufpreis von S 2,7 Mill. gegen Verkauf der im Parterre gelegenen ca. 87 m2 umfassenden Geschäftsräumlichkeit sowie der drei angeführten im ersten Stock befindlichen Räume. Die Anwesenden einigten sich neben dem Kaufpreis auch über die Autoabstellmöglichkeiten der Klägerin und deren Kunden auf BP 54 und darüber, daß in Zukunft von Seiten der Klägerin wie auch des Josef S* bauliche Veränderungen am Haus ‑ etwa Erhöhungen ‑ vorgenommen werden sollten. Josef S* erteilte auch die Ermächtigung zur Parifizierung und man einigte sich darüber, daß an den von der Klägerin erworbenen Räumlichkeiten Wohnungseigentum begründet werden sollte. Um eine direkte Verbindung zwischen dem im Parterre gelegenen Raum und den Zimmern im ersten Stock herzustellen, sollte eine Wendeltreppe innerhalb der Geschäftsräumlichkeiten angebracht werden.
Ob den Verhandlungspartnern am 14. 1. 1976 handschriftliche Skizzen zur Verfügung standen, war nicht feststellbar. Die Vertragspartner waren sich jedenfalls über die zu verkaufenden Räumlichkeiten, insbesonders die im Plan des Dipl.Ing. S* vom 17. 2. 1976, 167/27, mit 23, 24 und 25 bezeichneten, einig. Einigung wurde auch darüber erzielt, daß Notar Dr. P* den die getroffene Vereinbarung beurkundenden schriftlichen Kaufvertrag entwerfen sollte.
Nicht feststellbar ist, ob bzw. in welcher Weise sich Josef S* mit den übrigen Anwesenden über eine Mitbenützung der im ersten Stock befindlichen Damen‑ und Herren‑Toiletten samt Waschgelegenheiten sowie des Hausganges und des Stiegenhauses einigen konnte.
In der Folge wurde von Dr. P* der schriftliche Kaufvertrag errichtet und das Original an Josef S* übermittelt. Dieser zögerte jedoch die Unterfertigung des Vertrages hinaus und erklärte Mathias W*, nachdem er von jenem mehrmals zur Unterfertigung aufgefordert worden war, er könne das Original nicht mehr finden. Über Drängen des Mathias W* kam Josef S* schließlich am 29. 1. 1976 in die Geschäftsräumlichkeiten der Klägerin im Parterre des Hauses * in *, wo die Unterfertigung des Vertrages durch Josef S* in einem dem Zweigstellenleiter vorbehaltenen Raum ohne Beisein weiterer Personen erfolgte. Vor der Unterfertigung fügte Mathias W* über Wunsch des Josef S* über dem Datumsvermerk den maschingeschriebenen Beisatz ein: „Mit meiner Unterschrift erkläre ich, daß ich grundsätzlich für diesen Vertrag einverstanden bin und für weitere Verhandlungen grundsätzlich einverstanden bin“. Was Josef S* bzw. Mathias W* zur Anfügung dieses Beisatzes bewog und was damit ausgedrückt werden sollte, ist nicht mit ausreichender Sicherheit feststellbar.
Der schriftliche Kaufvertrag beinhaltet im wesentlichen die zwischen S* und den Vertretern der Klägerin am 14. 1. 1976 getroffene Vereinbarung. Er ging darüber insoweit hinaus, als zu Punkt 3 Absatz 2 auch eine Regelung über die unentgeltliche Mitbenützung der im ersten Stock befindlichen Damen‑ und Herren‑Toiletten samt Waschgelegenheiten, des Hauseinganges und des Stiegenhauses durch die Klägerin festgehalten war.
Es ist davon auszugehen, daß Josef S* auch am 29. 1. 1976 alkoholisiert war. Ob dies auch bei Mathias W*, welcher ebenfalls oft schon in den Vormittagsstunden dem Alkohol zusprach, der Fall war, konnte nicht festgestellt werden. Es konnte auch nicht mit genügender Sicherheit geklärt werden, ob S* Alkohol in derart großen Mengen zu sich genommen hatte, daß dies seine freie Willensbestimmung beeinträchtigt hätte.
In der Folge wurde von der Klägerin Dipl.Ing. Robert S* beauftragt, die Vermessung des Hauses durchzuführen. Diese erfolgte am 17. 2. 1976. Die Handskizzen (Beilagen F 1 und F a) wurden ebenfalls von Dipl.Ing. S* nach dem 29. 1. 1976 angefertigt; der genaue Zeitpunkt ist nicht feststellbar, desgleichen nicht, ob derartige Skizzen auch schon vor diesem Tage vorgelegen hatten.
Nach der Unterfertigung des Kaufvertrages äußerte sich Josef S* gegenüber Gästen mehrfach dahingehend, daß er keinesfalls gewillt sei, Räumlichkeiten seines Hauses zu verkaufen. Die Unterfertigung des Kaufvertrages durch die Klägerin erfolgte am 5. 2. 1976. Ob der Verkauf der Räumlichkeiten im Vergleich zu einer Vermietung derselben steuerliche Vorteile in sich birgt, war nicht feststellbar.
Am 18. 2. 1976 verstarb Josef S* plötzlich und unvorhergesehen. Die Klägerin setzte sich in der Folge mit den Hinterbliebenen wegen Zuhaltung der Kaufvereinbarung in Verbindung. Eine Einigung konnte darüber jedoch nicht erzielt werden. Die Klägerin leistete in der Folge weiter monatliche Zahlungen in Höhe des bisher bezahlten Mietzinses an die Beklagte.
Rechtlich war das Erstgericht der Ansicht, daß Josef S* im Jänner 1976 trotz der vorliegenden Kopfverletzung und nachfolgenden Kopfoperation sowie chronischer Alkoholneigung in seiner Geistestätigkeit grundsätzlich nicht gestört und zu einer freien Willensbestimmung durchaus in der Lage gewesen sei. Seine Geschäftsfähigkeit während jener Zeit sei gegeben gewesen. Daß Josef S* am 14. 1. und 29. 1. 1976 derartige Mengen Alkohol zu sich genommen hätte, daß seine Dispositionsfähigkeit ausschließende Bewußtseinsstörungen aufgetreten wären, habe nicht erwiesen werden können. Es sei am 14. 1. 1976 zu einer Einigung der Verhandlungspartner über Kaufgegenstand, Kaufpreis und die im schriftlichen Kaufvertrag festgehaltenen Nebenabreden (mit Ausnahme jener über die Mitbenützung der Toilettenanlagen im ersten Stock, des Hauseinganges und Stiegenhauses) gekommen. Josef S* und die Klägerin hätten somit damals einen mündlichen Vertrag über den Verkauf der Räumlichkeiten samt Nebenabreden geschlossen. Dieser Vertrag sei auch hinreichend determiniert. Die Beklagte müsse diesen Vertrag als Rechtsnachfolgerin des Verkäufers gegen sich gelten lassen. Die Unterfertigung des im wesentlichen die mündliche Vereinbarung beinhaltenden schriftlichen Kaufvertrages stelle lediglich eine Beurkundung des am 14. 1. 1976 geschlossenen mündlichen Vertrages dar und sei daher nicht mehr von Belang. Die Einrede des Irrtums greife ebenfalls nicht Platz, weil nicht einmal geklärt werden konnte, ob der Verkauf der Räumlichkeiten tatsächlich gegenüber der Vermietung Steuervorteile mit sich bringe oder nicht.
Das Berufungsgericht verwarf die von der Beklagten wegen Nichtigkeit erhobene Berufung, gab ihr im übrigen nicht Folge, sondern bestätigte die erstgerichtliche Entscheidung und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes 300.000 S übersteigt. Die Einholung eines Gutachtens aus dem Steuerberatungswesen sei zu Recht unterblieben, weil der darauf abzielende Antrag nur auf einer Verschleppungsabsicht beruhte. Im übrigen hätten sich aus diesem Beweismittel keine neuen Gesichtspunkte für die angestrebte Irrtumsanfechtung der Beklagten nach § 871 ABGB ableiten lassen. Der schriftliche Zusatz, daß Josef S* „grundsätzlich für diesen Vertrag einverstanden und für weitere Verhandlungen grundsätzlich einverstanden sei“, könne auch dahin verstanden werden, daß für die bücherliche Durchführung des abgeschlossenen Kaufvertrages noch weitere Verhandlungen im Zusammenhang mit dem Verfahren zur Feststellung der Nutzwerte und dem Abschluß eines Wohnungseigentumsvertrages samt Aufsandungsklausel als erforderlich angesehen wurden. Der Kaufgegenstand sei im Vertrag ausreichend bestimmt. Der Einwand der Beklagten, der Kaufvertrag sei infolge Verstoßes gegen § 24 WEG nichtig und undurchführbar, sei im Verfahren erster Instanz nicht erhoben worden. Abgesehen davon würden Josef S* und dessen Rechtsnachfolger als schlichte Miteigentümer nicht zu dem nach § 24 WEG geschützten Personenkreis gehören. Schließlich sei der Beklagten der ihr obliegende Beweis nicht gelungen, daß Josef S* im Zeitpunkt des Abschlusses des Vertrages nicht handlungsfähig war. Wer Handlungsunfähigkeit behauptet, habe diese zu beweisen. Die Feststellungsklage sei berechtigt, weil sich einerseits die Beklagte gegen das angestrebte Recht wandte, andererseits noch keine Aufsandungsklausel vorliege und für einen Eigentumserwerb durch die Klägerin noch die Festsetzung der Nutzwerte sowie der Abschluß eines Wohnungseigentumsvertrages erforderlich sein werde.
Gegen die Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz richtet sich die Revision der Beklagten, in welcher sie die Revisionsgründe „der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens, der unrichtigen Tatsachenfeststellung und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung“ geltend macht. Sie beantragt die Abänderung der angefochtenen Entscheidung dahin, daß das Klagebegehren abgewiesen werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Klägerin beantragt in der Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
Die von der Beklagten geltend gemachte Mangelhaftigkeit des berufungsgerichtlichen Verfahrens liegt nicht vor, was nicht näher zu begründen ist (§ 510 Abs. 3 ZPO). Auf behauptete unrichtige Tatsachenfeststellungen ist im Revisionsverfahren nicht einzugehen. Dies trifft sowohl für die in diese Richtung expressis verbis geltend gemachte „unrichtige Tatsachenfeststellung“ als auch für die in den Anfechtungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung aufgenommene Bekämpfung der Beweiswürdigung der Vorinstanzen zu. Diese haben festgestellt, daß am 14. 1. 1976 vor der schriftlichen eine mündliche Vereinbarung zwischen den Parteien zustande kam, weshalb alle gegenteiligen Annahmen der Beklagten an dieser für das Revisionsverfahren bindenden Feststellung scheitern. Der Hinweis der Beklagten auf den oben dargestellten schriftlichen Vertragszusatz ist in seiner Konsequenz nicht zielführend: Die maschinengeschriebenen zusätzlichen Zeilen können einerseits durchaus im Sinne der vom Berufungsgericht vorgenommenen Interpretation verstanden werden, wogegen andererseits die von der Beklagten in der Revision gegebene Version, wonach „die Zeilen nur von jemand stammen können, der ein Interesse hat, dem nicht verkaufswilligen Gesprächspartner auf irgendeine Weise ein Versprechen abzuringen“, sehr weit hergenommen erscheinen und in den Feststellungen keine Deckung finden.
Soweit die Beklagte abschließend behauptet, daß über die Errichtung von Wohnungseigentum keine Einigkeit erzielt wurde, ist sie wiederum auf die Feststellungen zu verweisen, wonach sich die Vertragspartner im Gegensatz zu ihrer Darstellung darüber einigten, daß an den von der Klägerin erworbenen Räumlichkeiten Wohnungseigentum begründet werden sollte (Seite 10 Berufungsurteil). Daß schließlich eine allfällige Ungültigkeit des Vertrages gemäß § 24 WEG nicht von Amts wegen zu beachten ist (SZ 52/146; 1 Ob 784/79 uza), hat bereits das Berufungsgericht klar ausgesprochen und zutreffend darauf hingewiesen, daß die Beklagte eine solche Ungültigkeit in erster Instanz nicht geltend gemacht hat.
Fragen der widerlegten Behauptung einer Handlungsunfähigkeit Josef S*s werden nicht mehr releviert. Ebenso werden die Darlegungen des Berufungsgerichtes zum behaupteten Irrtum S*s nicht mehr in Frage gestellt. Es genügt daher diesbezüglich sowie zum nicht bestrittenen Feststellungsinteresse auf die zutreffende Begründung des Berufungsgerichtes zu verweisen. Abschließend ist noch festzuhalten, daß die stichwortartige Wiedergabe des Inhaltes der geschlossenen schriftlichen Vereinbarung im Urteilsspruch der erstgerichtlichen Entscheidung nur so verstanden werden kann, daß diese ‑ von der festgehaltenen Ausnahme abgesehen ‑ ihrem gesamten Inhalt nach zwischen den Parteien rechtswirksam ist.
Der Revision war somit der Erfolg zu versagen.
Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.
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